TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/21 95/19/0100

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Veröffentlicht am 21.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2 idF 1994/610;
AVG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Jänner 1995, Zl. 4.320.761/15-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zunächst ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/19/0280, zu verweisen; mit diesem wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 3. August 1992 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit dem nunmehr ergangenen Ersatzbescheid vom 5. Jänner 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. August 1991, mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzung für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorliege, (erneut) gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe rechtswidrig das Asylgesetz 1991 angewandt und ihm so in einer rechtsstaatlich bedenklichen Weise die Möglichkeit der Berücksichtigung von Neuerungen im Berufungsverfahren entzogen, ist er auf § 25 Abs. 2 AsylG 1991 zu verweisen; danach sind die am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Da die Berufung des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt unbestritten bei der belangten Behörde anhängig war, war diese somit verpflichtet, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 ihrer Entscheidung zugrundezulegen. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zlen. G 1387/92, B 1542/92, ausgesprochen, daß gegen § 25 Abs. 2 AsylG 1991 und die sich daraus ergebende Anwendung des Asylgesetzes 1991 im anhängigen Berufungsverfahren keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/1019 mit weiteren Nachweisen).

Dem Beschwerdeführer kann gleichfalls nicht gefolgt werden, wenn er der belangten Behörde einen Verstoß gegen § 63 VwGG vorwirft: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits erwähnten Erkenntnis vom 24. März 1994 ausgeführt, daß der auf das Berufungsvorbringen gestützten Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht gefolgt werden könne. Dem nunmehr bekämpften Bescheid jedoch wurde gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 allein das erstinstanzliche Vorbringen des Beschwerdeführers zugrundegelegt; daß die belangte Behörde in ihre (beweiswürdigenden) Überlegungen das Berufungsvorbringen miteinbezogen hätte, behauptet der Beschwerdeführer gerade nicht und ist auch dem bekämpften Bescheid nicht zu entnehmen. Auf die Frage der "inländischen Fluchtalternative" - hier ging der Verwaltungsgerichtshof von einem Mangel infolge Verletzung des Parteiengehörs aus - kam die belangte Behörde im vorliegenden bekämpften Bescheid nicht mehr zurück, sodaß auch hier der Vorwurf eines Verstosses gegen § 63 VwGG ins Leere geht.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde habe nach Aufhebung des in dieser Sache zunächst ergangenen Bescheides vom 3. August 1992 durch den Verwaltungsgerichtshof mit dem bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 24. März 1994 keine Möglichkeit zur Berufungsergänzung eingeräumt, ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß eine solche im Falle des Vorliegens einer den Erfordernissen des § 63 Abs. 3 und 5 AVG entsprechenden Berufung jederzeit - auch ohne eine entsprechende Aufforderung durch die Behörde - zulässig ist, wobei die Berufungsbehörde dann auf das neue Vorbringen der Partei Bedacht zu nehmen und sich mit diesem - soweit verfahrensrechtlich relevant - auseinanderzusetzen hat. Dem Beschwerdeführer stand überdies seit der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, Zl. G 92,93/94-10, mit welchem das Wort "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 als verfassungswidrig aufgehoben wurde, mit BGBl. Nr. 610/1994 vom 5. August 1994 die uneingeschränkte Möglichkeit offen, durch eine Berufungsergänzung auch einfache Verfahrensmängel zu rügen. Diese Möglichkeit hat der Beschwerdeführer jedoch nicht genützt und darüber hinaus auch in der Beschwerde keine relevanten Verfahrensmängel des erstintanzlichen Verfahrens aufgezeigt. Denn wenn der Beschwerdeführer (auch) in Ausführung der Verfahrensrüge vorbringt, die Ermittlungsbehörde habe die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt, so ist ihm entgegenzuhalten, daß nach ständiger hg. Judikatur im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen ist und es daher diesem obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Eine weitere Ermittlungspflicht im Sinne des § 16 Abs. 1 AsylG 1991 traf die belangte Behörde nicht, zumal hinreichend deutliche Hinweise auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor (staatlicher) Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 in Frage kommt, im Vorbringen des Beschwerdeführers in erster Instanz nicht enthalten waren. Auch ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht Aufgabe der Behörde nach § 13a AVG, dem Asylwerber Unterweisungen dahin zu erteilen, wie er sein Vorbringen auszuführen habe, damit seinem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/19/0715, mwN). Im übrigen ist nicht ersichtlich, zu welchen - in der Beschwerde nicht näher konkretisierten - Anleitungen die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, seine Angaben in erster Instanz seien nicht vollständig protokolliert worden, hielt ihm die belangte Behörde entgegen, daß er mit seiner Unterschrift unter das anläßlich seiner Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 27. Juli 1991 angefertigte Protokoll bestätigt habe, daß er seinen dort festgehaltenen Angaben nichts mehr hinzuzufügen habe. Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten, zumal sich aus dem Akteninhalt nichts anderes ergibt und der Beschwerdeführer auch vor dem Gerichtshof nicht darlegt, warum seine in erster Instanz gemachten Angaben nur unvollständig protokolliert worden sein sollten.

Da sohin relevante erstinstanzliche Verfahrensmängel nicht vorliegen und der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren keine Bescheinigungsmittel vorlegte, die ihm im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugänglich waren, hat die belangte Behörde auf Grund des von ihr in der bereinigten Form anzuwendenden § 20 AsylG 1991 eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens aus Gründen der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zurecht unterlassen.

Bei der rechtlichen Beurteilung des demnach zugrundezulegenden Sachverhaltes ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, daß nur dann von gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention gesprochen werden könnte, wenn die Übergriffe von staatlichen Stellen seines Heimatlandes ausgegangen oder von diesen zumindest geduldet worden wären (vgl. nur das bereits erwähnte Erkenntnis vom 21. April 1994). Daß dies jedoch der Fall gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren ebensowenig vorgebracht, wie, daß er gegen die Angriffe "der Moslems" bei den staatlichen Behörden vergeblich Schutz gesucht habe. Der Auffassung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer komme Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht zu, da er wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht habe, kann daher schon aus diesem Grunde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190100.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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