TE Vfgh Erkenntnis 1993/6/24 V56/92, V57/92, V58/92, V59/92, V60/92, V61/92, V62/92, V63/92, V64/92,

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Veröffentlicht am 24.06.1993
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Index

96 Straßenbau
96/01 Bundesstraßengesetz 1971

Norm

B-VG Art18 Abs2
Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 8 Innkreis Autobahn im Bereich der Gemeinden Sattledt. Steinerkirchen an der Traun. Steinhaus und Wels, BGBl 464/1991
BStG 1971 §4 Abs1
BStG 1971 §4 Abs3
BStG 1971 §4 Abs5
BStG 1971 §14 Abs1

Leitsatz

Abweisung von Individualanträgen auf Aufhebung einer Trassenverordnung betreffend die A 8 Innkreis Autobahn; planerische Entscheidung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgrund ausreichender Unterlagen über die Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens

Spruch

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Antragsteller sind nach ihren eigenen Vorbringen, die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten außer Streit gestellt wurden, Eigentümer von Grundstücken, über welche die Straßentrasse verläuft, die durch die angefochtene Verordnung festgelegt wird.

Sie beantragen gemäß Art139 B-VG die Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 8 Innkreis Autobahn im Bereich der Gemeinden Sattledt, Steinerkirchen an der Traun, Steinhaus und Wels, BGBl. 464/1991, zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit.

2.a. Die angefochtene Verordnung lautet:

"Auf Grund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 159/1990 wird verordnet:

Der Straßenverlauf eines Abschnittes der A 8 Innkreis Autobahn wird im Bereich der Gemeinden Sattledt, Steinerkirchen an der Traun, Steinhaus und Wels wie folgt bestimmt:

Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei Plan-km 75,156 (entspricht km 75,00 der Verordnung BGBl. Nr. 694/1974) nördlich des Autobahnknotens Voralpenkreuz (früher Autobahnknoten Sattledt), verläuft in der Folge im westlichen Talbereich des Aiterbachtales zur Anschlußstelle Wels/Süd mit Zu- und Abfahrtsrampen von und zur Forstberger Gemeindestraße und bindet nach Querung der Traun bei Plan-km 64,700 in den bereits verordneten Abschnitt der A 8 Innkreis Autobahn im Bereich der Anschlußstelle Wels/West ein.

Im einzelnen ist der Verlauf der neu herzustellenden Straßentrasse einschließlich der Anschlußstelle Wels/Süd mit ihren Zu- und Abfahrtsrampen sowie der Anschlußstelle Wels/West mit den Spuren 200 und 400 aus den beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung sowie bei den Gemeinden Sattledt, Steinerkirchen an der Traun, Steinhaus und Wels aufliegenden Planunterlagen im Maßstab 1:2000 zu ersehen.

§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind den aufliegenden Planunterlagen zu entnehmen.

Durch diese Verordnung wird die Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 10. Oktober 1984, BGBl. Nr. 401 bezüglich des Bereiches von km 64,70 bis km 65,20 sowie bezüglich der Rampen 200 und 400 der Anschlußstelle Wels/West abgeändert."

b. Zur Antragslegitimation bringen die Antragsteller vor, daß der mit der genannten Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten verordnete Verlauf der A 8 Innkreis Autobahn über Grundstücke führe, die in ihrem Eigentum stehen. Durch die genannte Verordnung werde "unmittelbar und nachteilig" in ihre Rechtssphäre eingegriffen, es stehe ihnen auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung.

c. Die angefochtene Verordnung erachten die Antragsteller wegen Widerspruchs zu §4 Abs1 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) als gesetzwidrig, weil - neben Fehlern im Anhörungsverfahren - vor ihrer Erlassung die Umweltverträglichkeit - insbesondere in bezug auf den Wasserhaushalt des Aiterbachtales -, die Wirtschaftlichkeit sowie die Verkehrsfunktionalität der verordneten Trasse nicht ausreichend untersucht worden und daher die Entscheidungsgrundlagen der verordnungserlassenden Behörde unzureichend geblieben seien. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten habe darüber hinaus das ihm durch §4 Abs1 BStG 1971 eingeräumte Ermessen überschritten und unsachlich genutzt, "weil er den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens ebenso wie den Grundsatz der Umweltverträglichkeit aufs Gröbste verletzt hat".

Die Antragsteller begründen ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung im wesentlichen wie folgt:

Das gemäß §4 Abs1 iVm Abs3 und 5 BStG 1971

vorgeschriebene Anhörungsverfahren sei zwar durchgeführt worden, die im Anhörungsverfahren eingereichten Äußerungen seien dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten jedoch erst zu einem Zeitpunkt übermittelt worden, als die Verordnung bereits erlassen war. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hätte daher dem Erfordernis der "Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Anhörung" gemäß §4 Abs1 BStG 1971 mangels Einsicht in die Stellungnahmen nicht Rechnung tragen können.

Die gemäß §4 Abs5 BStG 1971 vor Erlassung einer Verordnung nach Abs1 leg.cit. aufzulegenden "ausreichenden Planunterlagen" hätten in mehreren Punkten nicht mit dem verordneten Trassenverlauf übereingestimmt. Eine in dem zur Einsicht aufgelegten Plan enthaltene Betriebsumkehr ("Betriebsumkehr Felbermühle") sei im endgültigen, der Verordnung zugrundeliegenden Plan nicht mehr enthalten. Ebenso sei die Anschlußstelle Wels/West gegenüber den zur Einsicht aufgelegten Planunterlagen abgeändert worden. Auch ein im Zuge des Auflageverfahrens aufgestelltes Modell der geplanten Autobahn hätte nicht mit der verordneten Trasse übereingestimmt.

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung ergibt sich nach Ansicht der Antragsteller vor allem daraus, daß die Abwägung der in §4 Abs1 BStG 1971 genannten Kriterien zur Verordnungserlassung infolge mangelhafter Unterlagen nicht möglich gewesen sei. Insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der verordneten Trasse auf den Wasserhaushalt des Aiterbachtales seien die der gegenständlichen Verordnung zugrundeliegenden Unterlagen "äußerst mangelhaft": Die Auswirkungen der verordneten Trasse auf die Grundwassersituation und auf vorhandene Wasserversorgungseinrichtungen (Quellen, Hausbrunnen) seien mangels ausreichender Untersuchungen nicht bekannt, damit sei auch "völlig unklar, mit welchen Kosten die notwendigen Grundwassereinfassungen und Umleitungen ... sowie die strikte Trennung der Fahrbahnabwässer von anderen Gewässern und deren Klärung verbunden wäre. Dies vor allem deshalb, weil die Grundwassersituation entlang der Trasse noch gar nicht untersucht wurde ...". Wegen diesbezüglich fehlender Information seien auch entsprechende Kosten nicht berücksichtigt worden, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten "konnte daher sowohl auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens als auch auf die Umweltverträglichkeit nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend Bedacht nehmen".

Auch die vorliegende Nutzen-Kosten-Untersuchung der verordneten Trasse sei "äußerst mangelhaft". Die auf Grund einer angenommenen bedingten Verkehrswirksamkeit anderer Trassenführungen ("Ostvarianten") zurückgestellte Untersuchung dieser Varianten sei "durch das tatsächliche Verkehrsverhalten widerlegt". Durch verkehrslenkende Maßnahmen sei der überregionale Verkehr bereits zu 70 % auf die bereits bestehende Autobahnumfahrung Wels über die Autobahnen A 25 und A 1 umgeleitet, das diesbezügliche Verkehrsproblem für die Stadt Wels sei "damit gelöst". Die von den Gutachtern angenommene bedingte Verkehrswirksamkeit der Ostvarianten sei im Vergleich mit verschiedenen anderen, bereits bestehenden Umfahrungen (A 2 Süd Autobahn zwischen Hartberg und Gleisdorf, Umfahrung von Salzburg, Umfahrung von Villach) "nicht verständlich".

Neben den genannten Ostvarianten seien auch die Westvarianten mangelhaft untersucht worden. Es fehle "jedenfalls eine detaillierte Prüfung der Variante 6 und der bestandsnahen Trasse und eine Aufnahme in die Nutzen-Kosten-Untersuchung ...".

3. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beantragt in seiner Äußerung, den vorliegenden Individualanträgen keine Folge zu geben.

Das Anhörungsverfahren sei "ordnungsgemäß und unter Einhaltung sämtlicher vorgeschriebener Fristen durchgeführt" worden. Die eingegangenen Äußerungen seien gemeinsam mit den Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden, der Bundesstraßenverwaltung Oberösterreich und des Landes Oberösterreich am 11. Mai 1989 mit dem gleichzeitigen Ersuchen der Oberösterreichischen Landesregierung, die angefochtene Verordnung zu erlassen, dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten übermittelt worden. Die Festlegung der Trasse sei in voller Kenntnis dieser Unterlagen erfolgt.

Im Zuge des Anhörungsverfahrens seien umfangreiche Unterlagen zur Einsichtnahme aufgelegt worden, deren "zugrundeliegende, eingerechnete Straßenachse exakt der (angefochtenen) Verordnung BGBl. 464/1991 vom 28.8.1991 entspricht". In den im Zuge des Auflageverfahrens verwendeten Projektsunterlagen der A 8 Innkreis Autobahn seien jedoch - zur besseren Veranschaulichung des künftigen Gesamtzustandes - teilweise auch Maßnahmen enthalten gewesen, die nicht Gegenstand der bekämpften Verordnung seien, etwa Nebenanlagen der Autobahn wie die "Betriebsumkehr Felbermühle". Änderungen solcher Nebenanlagen berührten jedoch die Vollständigkeit der aufgelegten Planunterlagen nicht.

Entgegen den Vorbringen der Antragsteller seien die vorgenommenen Veränderungen im Bereich der Anschlußstelle Wels/West bereits nachweislich "im Rahmen des Anhörungsverfahrens öffentlich und vollständig aufgelegt" worden. Die Verlängerung eines Unterflurbereichs sei auf Grund von Anregungen und Wünschen aus den Anhörungsverfahren erfolgt.

Insgesamt bestehe Identität zwischen jenem Projekt, welches im Anhörungsverfahren der Öffentlichkeit präsentiert wurde und der verfahrensgegenständlichen Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Die für das Anhörungsverfahren aufgelegten Unterlagen seien auch "so umfangreich, vollständig und klar ausgearbeitet" worden, daß die Kriterien des §4 Abs1 BStG 1971 ausreichend beurteilt werden konnten. Sämtliche für die Entscheidungsfindung erforderlichen Untersuchungen seien zum Zeitpunkt des Auflageverfahrens durchgeführt gewesen. Detaillierte Untersuchungen hinsichtlich des Wasserhaushalts des Aiterbachtales - insoweit sie für den Bau der verordneten Trasse unbedingt notwendig sind - könnten erst nach Erlassung einer Trassenverordnung gemäß §4 BStG 1971 durchgeführt werden. "Es ist sohin - entgegen den als wirklichkeits- und praxisfremd zu bezeichnenden Vorstellungen der Antragsteller - geradezu unmöglich, bereits zum Zeitpunkt der Verordnung einer Trasse sämtliche Details und Einzelheiten bis ins Kleinste zu kennen, festzulegen und die Kosten hiefür exakt anzugeben." In den prognostizierten Kosten seien selbstverständlich "auch Aufwendungen für Grundwasserfassung, wasserbauliche Maßnahmen und dergleichen enthalten".

Das Projekt sei zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung von unabhängigen Fachleuten beurteilt gewesen, dabei seien auch die voraussehbaren Kosten für alle in Frage kommenden Trassenvarianten unter den gleichen Voraussetzungen ermittelt worden. Zum Vorwurf, im Rahmen der Nutzen-Kosten-Untersuchung wären die sogenannten "Ostvarianten" nicht ausreichend dargestellt worden, verweist der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten darauf, daß diese sehr wohl in die Nutzen-Kosten-Untersuchung in einer "weit über das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten in Dienstanweisungen geforderte Mindestmaß hinaus" miteinbezogen und dokumentiert worden seien.

Die Leitung des Verkehrs über die bestehenden Autobahnen A 25 Linzer Autobahn und A 1 West Autobahn als Umfahrung der Stadt Wels sei "ein Provisorium und daher in keiner Weise geeignet, als dauernder Ersatz für die Autobahnverbindung Wels - Sattledt zu fungieren". Entsprechend einem vorliegenden Gutachten (Dr. S) wären lediglich 3 % der Verkehrsteilnehmer bereit, den rund 25 km längeren Weg der Umfahrung über die Autobahnen A 25 und A 1 zu akzeptieren.

Überdies wären entsprechende Überlegungen der Antragsteller unmaßgeblich, weil gemäß dem Verzeichnis 1 zum BStG 1971 idgF ein gesetzlicher Auftrag bestehe, eine Autobahn von "Sattledt (A 1, A 9) - Knoten Wels (A 25) ..." zu realisieren.

Auch die in den Stellungnahmen des Oberösterreichischen Beirates für Natur- und Landschaftsschutz befürchteten Auswirkungen von Veränderungen entlang der künftigen Autobahn erschienen "einigermaßen überzogen und realitätsfern". In diesbezüglich von den vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beauftragten Gutachtern erarbeiteten Ergänzungen ihrer Untersuchungen und Stellungnahmen seien diese Befürchtungen "sehr glaubhaft relativiert und daher entkräftet" worden.

Insgesamt stützt sich nach Ansicht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten die Trassenentscheidung somit auf umfangreiche Trassenuntersuchungen, "deren Ergebnisse und Empfehlungen in der Nutzen-Kosten-Untersuchung zusammengefaßt und aufbereitet wurden. ... Das Ergebnis auch dieser Untersuchung bestätigt die verordnete Trasse als jene Variante, die im Vergleich der untersuchten Kriterien als beste Lösung hervorgeht."

4. Mit Schriftsatz vom 3. März 1993 nahmen die Antragsteller zur Äußerung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie zu verschiedenen, im Zuge des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorgelegten Aktenbestandteilen Stellung:

Aus dem Verwaltungsakt des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten ergebe sich, daß die Abteilung VI/14 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten der Meinung sei, daß neuerliche Variantenuntersuchungen notwendig seien. Nach Auffassung der genannten Abteilung hätten zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung die gemäß §4 BStG 1971 gesetzlich vorgegebenen Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens sowie die Bedachtnahme auf das Ergebnis des Anhörungsverfahrens nicht ausreichend beurteilt werden können. Nach Meinung jener Abteilung "deshalb, weil die ho. verlangte Variantengegenüberstellung erst im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Bewilligung erstellt werden soll und die zwischenzeitig erfolgten bzw. beantragten Ergänzungen zum generellen Projekt, deren finanzielle Auswirkungen bzw. deren Auswirkungen ... auf die dem Anhörungsverfahren zugrunde gelegte Achsfestlegung erst im Rahmen der Detailprojektierung geklärt werden können ...".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da die Antragsteller Eigentümer von Grundstücken sind, über die die durch die bekämpfte Verordnung festgelegte neue Straßentrasse der A 8 Innkreis Autobahn verläuft, sind ihre Anträge im Sinne der mit VfSlg. 9823/1983 beginnenden ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Anfechtung von Trassenverordnungen nach dem BStG 1971 (VfSlg. 12084/1989, 12149/1989; VfGH 5.10.1991, V203/90; 13.12.1991, V159/90; 3.10.1992, V62/91 ua.) zulässig.

2. In der Sache teilt der Verfassungsgerichtshof die rechtlichen Bedenken der Antragsteller nicht.

a. §4 Abs1 BStG 1971 idF der hier maßgeblichen Novelle BGBl. 63/1983 ordnet an, daß der Straßenverlauf nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges durch Verordnung zu bestimmen ist. Dabei ist auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz, die Umweltverträglichkeit, die Ergebnisse der Anhörung (gemäß den Abs3 und 5 des §4 BStG 1971) sowie auf die Bestimmungen der §§7 und 7 a BStG 1971 Bedacht zu nehmen. Durch die Verweisung auf die §§7 und 7 a BStG 1971 wird zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf eine sichere Benützbarkeit der Straßen gewährleisten muß und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ermöglicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist.

Für die konkrete Festlegung einer Trasse durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist somit von der gesetzlichen Erklärung des Straßenzuges zur Bundesstraße im Verein mit der damit verbundenen Beschreibung der Strecke in den einen Teil des Gesetzes bildenden Verzeichnissen sowie von den Verkehrserfordernissen und der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges auszugehen. Als weitere Entscheidungsfaktoren sind die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens", der "Denkmalschutz", die "Umweltverträglichkeit", die "Verkehrssicherheit" und der "Nachbarschutz" zu berücksichtigen. Mit Rücksicht auf die bei jeder Straßentrasse jeweils unterschiedliche Sachlage hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, eine Rang- oder Reihenfolge dieser Entscheidungsgesichtspunkte allgemein im voraus zu bestimmen. Wie der Verfassungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom 5. Oktober 1991, V203/90, (unter Verweis auf seine Vorjudikatur, vgl. insbesondere VfSlg. 9823/1983) ausgesprochen und in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, V159/90, wiederholt hat, ist es auf Grund des §4 Abs1 BStG 1971 Aufgabe der planenden Verwaltungsbehörde, "anhand der angeführten gesetzlichen Abwägungskriterien für einen bestimmten Straßenverlauf eine wohlabgewogene Entscheidung nach Maßgabe des konkreten, festgestellten Sachverhaltes zu treffen, die auch auf einer Auseinandersetzung mit den im Zuge der Anhörung vorgetragenen Argumenten beruht" (vgl. auch VfGH 3.10.1992, V62/91 ua.).

b. Soweit die Antragsteller Mängel im Anhörungsverfahren gemäß §4 Abs3 und 5 BStG 1971 rügen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß dieses Verfahren den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge dem Gesetz gemäß abgewickelt wurde. Im Hinblick auf die eingehende Stellungnahme der Abteilung Bundesstraßenverwaltung-Autobahnen im Amt der Oberösterreichischen Landesregierung zu den abgegebenen - negativen - Äußerungen (Z BauA-II-811/1217-1988) ist darin gemeinsam mit den vom Land Oberösterreich sowie den Gemeinden Sattledt, Steinerkirchen an der Traun und Wels abgegebenen positiven Erklärungen trotz der negativen Stellungnahme der Gemeinde Steinhaus eine gehörige Grundlage für die Entscheidung des - zur "Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Anhörung" verpflichteten - Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß §4 Abs1 BStG 1971 zu sehen.

Wenn die Antragsteller weiters Divergenzen zwischen den gemäß §4 Abs5 BStG 1971 aufgelegten Planunterlagen und dem verordneten Trassenverlauf behaupten, sind sie nicht im Recht. Die in dem der angefochtenen Verordnung zugrundeliegenden Plan eingetragenen Straßenachsen und die Begrenzung des Bundesstraßenplanungsgebietes gemäß §14 Abs1 BStG 1971 stimmen vielmehr mit den aufgelegten Planunterlagen überein. Daß einzelne Details der baulichen Gestaltung sowie der Nebenanlagen, die zur besseren Veranschaulichung (wenn auch ohne gesetzliche Notwendigkeit) in den aufgelegten Planunterlagen enthalten waren, im nachhinein abgeändert wurden und im Zuge der Detailplanung weiterhin werden, kann keine Mangelhaftigkeit des Anhörungsverfahrens begründen. Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 8697/1979 zum insoweit durchaus vergleichbaren Auflageverfahren bei der Erlassung von Flächenwidmungsplänen nach den verschiedenen Raumplanungsgesetzen der Länder ausgeführt (und in VfSlg. 10471/1985 ausdrücklich bestätigt), daß Änderungen des Entwurfs eines Planes auf Grund der abgegebenen Stellungnahmen die zwangsläufige Folge des mit der öffentlichen Auflegung verbundenen Zweckes bilden (S. 349).

c. Aber auch die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung, die von den Antragstellern damit begründet wird, daß die Auswirkungen der verordneten Trasse auf den Wasserhaushalt des Aiterbachtales nicht hinreichend geprüft worden und daher auch die der gegenständlichen Verordnung zugrundeliegenden Unterlagen mangelhaft gewesen seien, liegt nicht vor. Wie dem hydrogeologischen Gutachten des Sachverständigen Dr. H P vom Jänner 1990 entnommen werden kann (Kurzfassung, S. 2), "erscheint die Erhaltung der Grundwasserkommunikation und damit des naturnahen Wasserkreislaufes durchaus wahrscheinlich und ökonomisch möglich". Im übrigen wird darauf verwiesen, daß die möglicherweise auftretenden Probleme aus hydrogeologischer Sicht "im Generellen Projekt 1987 bereits angesprochen und Lösungsvorschläge, sowie entsprechende technische Maßnahmen dem Prinzip nach vorgelegt" wurden. Entgegen der Meinung der Antragsteller wurden daher auch - dem Genauigkeitsgrad eines generellen Projektes entsprechend - Kosten für begleitende Maßnahmen zur Erhaltung der hydrogeologischen Situation in die Nutzen-Kosten-Untersuchung miteinbezogen.

Zu Recht wird in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde darauf verwiesen, daß Trassenentscheidungen in Gestalt von Trassenverordnungen gemäß §4 Abs1 BStG 1971 stets auf der Grundlage genereller Projekte getroffen werden müssen, sodaß in jenem Entscheidungsstadium Herstellungskosten nur über Erfahrungswerte in die Kostenschätzung einfließen, eine genauere Berechnung hingegen dem Detailprojekt vorbehalten bleiben muß.

Die von den Antragstellern behauptete Mangelhaftigkeit der vorliegenden Nutzen-Kosten-Untersuchung als Entscheidungsgrundlage für die verordnete Trasse liegt nicht vor. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten konnte auf Grund der "Variantengegenüberstellung" im "Endbericht" der Gutachter Dr. P, Dr. R und Dr. K vom April 1987 davon ausgehen, daß die bestandsfernen "Ostvarianten" eine "überaus geringe Verkehrswirksamkeit (haben), wodurch die Realisierungswürdigkeit dieser Varianten grundsätzlich in Frage gestellt werden muß". Ausgeschieden aus der näheren Nutzen-Kosten-Untersuchung wurden ferner die westlich des Aiterbachtales liegenden Trassenvarianten sowohl wegen der besonders hohen Kosten als auch wegen des damit verbundenen "gestalterischen Problembereiches des 60 m Anstieges ... aus der Welser Heide". Im Rahmen der "Nutzen-Kosten-Untersuchung 1987" des Ingenieurbüros Dr. F - Dr. R wurden daher letztlich zwei Trassenvarianten von Westumfahrungen (Planfälle 5.1 und 5.2) sowie zwei Trassenvarianten bestandsnaher Ostumfahrungen (Planfälle 7.1 und 7.2) entsprechend der Empfehlung und Schlußfolgerung des Endberichtes 1987 der "Variantengegenüberstellung" verglichen. Dieser Nutzen-Kosten-Untersuchung, an deren Ergebnissen zu zweifeln der Verfassungsgerichtshof keinen Anlaß hat, ist zu entnehmen, daß die beiden bestandsnahen Ostvarianten "trotz leichter ökologischer Vorteile als 'nicht finanzierbar' ausgeschieden werden" müssen, und zwischen den verbleibenden Westvarianten "das entscheidungsrelevante Kriterium der Effizienz der Investitionen (Kosten-Nutzen-Verhältnis) sehr deutlich für den Planfall 5.1 'Aiterbachtalvariante' (spricht)", bei dem "die direkten Investitionskosten ... nur 57 % des Planfalles 5.2" (Hochebenenvariante) betragen (S. 70 der "Nutzen-Kosten-Untersuchung 1987").

d. Der Verfassungsgerichtshof ist somit der Auffassung, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, als er mit der angefochtenen Verordnung die Planungsvariante 5.1 ("modifizierte Aiterbachtaltrasse") im Sinne des §4 Abs1 BStG 1971 festlegte, seine planerische Entscheidung auf ausreichende Unterlagen über die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" und dessen "Umweltverträglichkeit" stützen konnte. Aus Ausführungen der Gutachter Dr. F und Dr. R vom 30. Oktober 1990 zum "Generellen Projekt 1987" geht insbesondere auch hervor, daß die verordnete Trasse im Gegensatz zur seinerzeit verordneten Amtstrasse (Variante 5.0, welche straßenbautechnisch die klassisch-ökonomisch richtige Linienfindung bedeutete, aber den Wertmaßstäben einer umweltgerechten Planung nicht entsprach) die "Schonung ökologisch hochwertiger Flächen" bezweckt und einen "Kompromiß zwischen Biotopschutz und Beanspruchung hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen" dadurch herbeizuführen sucht, daß sie "in Randeffektslage zwischen den Biotopbereichen des Aiterbachtales und den Flächen höchster landwirtschaftlicher Nutzung des Hochplateaus im Westen" verläuft. In diesen Zugeständnissen an das Anliegen einer umweltschonenden Trassenführung, die mit nicht unerheblichen Mehrkosten (im Vergleich zur seinerzeitigen Amtstrasse 5.0) verbunden ist, dürfte auch der Grund für die gegen die Erlassung der gegenständlichen Verordnung gerichtete ministeriumsinterne Stellungnahme der Abteilung VI/14 (vgl. deren Hinweis im

2. Einlageblatt zu Z924.508/1-VI/14-89, daß "die immer größeren Mehrkosten für die immer umfangreicher werdenden Unterflurstrecken" aus Gründen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit abgelehnt werden, "weil die Maßnahmen über den 'Standard' der einschlägigen ho. Dienstanweisung hinausgehen") und deren Vorschlag "neuerlicher Variantenuntersuchungen" liegen (vgl. dazu auch unten e.).

Wie bereits der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 9823/1983, 12084/1989, VfGH 13.12.1991, V159/90, 3.10.1992, V62/91 ua.) entnommen werden kann, ist eine Trassenfestlegung durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mangels Bedachtnahme auf die "Umweltverträglichkeit" oder die "Wirtschaftlichkeit" im Sinne des §4 Abs1 BStG 1971 nur dann gesetzwidrig, wenn im Zuge des Planungsverfahrens diese Faktoren nicht hinreichend erhoben und/oder gegeneinander sowie gegenüber den sonstigen gesetzlichen Entscheidungskriterien abgewogen wurden. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat angesichts der im "Generellen Projekt 1987" für den Abschnitt Wels-Sattledt der A 8 Innkreis Autobahn gründlich erarbeiteten Unterlagen zu den Auswirkungen der Trasse auf Verkehr, Raum und Umwelt sowie zu den dafür erforderlichen Aufwendungen für Investitions- und Erhaltungskosten sein Planungsermessen, wie es ihm §4 Abs1 BStG 1971 einräumt, auf hinreichende Sachverhaltserhebungen gestützt. Er ist aber nicht nur seiner Verpflichtung zur Bedachtnahme auf die gesetzlich festgelegten Kriterien für die Bestimmung des Straßenverlaufes zureichend nachgekommen, sondern er hat mit der verordneten Trasse eine Entscheidung getroffen, die auf Grund der Unterlagen nachvollziehbar ist und keinesfalls - wie die Antragsteller meinen - einen fehlsamen Gebrauch des ihm eingeräumten Planungsermessens beinhaltet. Die Bedenken der Antragsteller gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung treffen demgemäß nicht zu. Den Anträgen war keine Folge zu geben.

e. Im Hinblick auf den ergänzenden Schriftsatz der Antragsteller vom 3. März 1993 hält es der Verfassungsgerichtshof für sinnvoll darauf hinzuweisen, daß die Erlassung der Verordnung gemäß §4 Abs1 BStG 1971 in der ausschließlichen Verantwortung des dafür zuständigen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten liegt. Ihm allein ist von Rechts wegen aufgegeben, auf der Grundlage entsprechender Unterlagen zur Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens und zu dessen Umweltverträglichkeit sowie unter Berücksichtigung der sonstigen in den §§4 Abs1, 7 und 7 a BStG 1971 angeführten Kriterien in Ausübung seiner gesetzlich eingeräumten planerischen Gestaltungsfreiheit den Straßenverlauf von Bundesstraßen durch Verordnung zu bestimmen. Mag sohin auch die zuständige Abteilung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten (9. Einlageblatt zu Z924.508/1-VI/14-89, "Zusammenfassung") die Auffassung vertreten haben, "daß für den gegenständlichen Verordnungsbereich die Voraussetzungen nach dem Bundesstraßengesetz insbesondere Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens und Umweltverträglichkeit aber auch die Bedachtnahme auf das Ergebnis des Anhörungsverfahrens nicht ausreichend beurteilt werden können", so ist der zuständige Bundesminister dadurch nicht gehindert, die Verordnung nach §4 Abs1 BStG 1971 zu erlassen, sofern ihm dies auf Grund hinreichend sachverständig erarbeiteter Entscheidungsgrundlagen möglich ist. Daß dies aber der Fall ist, wurde bereits dargetan.

Insbesondere hindert im Gegensatz zu der von der betreffenden Abteilung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vertretenen Auffassung die eventuelle Notwendigkeit weiterer naturschutzrechtlicher oder wasserrechtlicher Bewilligungen im Rahmen und auf Grund der späteren Detailprojektierung keineswegs die Erlassung der Verordnung nach §4 Abs1 BStG 1971. Wie bereits im Erkenntnis vom 3. Oktober 1992, V62/91 ua. S. 29, dargetan, können spezielle Bedenken naturschutz- und wasserrechtlicher Art lediglich Gegenstand entsprechender naturschutz- oder wasserrechtlicher Verfahren sein. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten handelte jedenfalls nicht rechtswidrig, wenn er auf die Umweltverträglichkeit der von ihm gewählten Trasse anhand und nach Maßgabe der ihm vorliegenden Sachverständigengutachten Bedacht nahm.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenverwaltung, Straßenverlaufsfestlegung, Umweltschutz, Naturschutz, Landschaftsschutz, Trassierungsverordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V56.1992

Dokumentnummer

JFT_10069376_92V00056_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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