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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 1995, Zl. 301.333/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer neunmal wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden sei, davon einmal wegen Übertretung nach dem Paßgesetz, dreimal wegen Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkerberechtigung, einmal wegen Verstoßes gegen das Fremdenpolizeigesetz, zweimal wegen Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit, und anderen nicht näher inhaltlich bestimmten Übertretungen. Durch diese Übertretungen habe er gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze einzuhalten und zu respektieren. Insbesondere die wiederholten Verwaltungsstrafen wegen § 64 Abs. 1 KFG seien derart schwerwiegende Verwaltungsübertretungen (zähle doch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen gegen das KFG), daß das diesen Bestrafungen zugrundeliegende Fehlverhalten die Annahme rechtfertige, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.
Angesichts dieser, durch sein Verhalten bewirkten schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen, sei festzustellen, daß bei Abwägung seiner privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 EMRK die öffentlichen Interessen überwiegen.
Der Beschwerdeführer führt die neun Verwaltungsstrafen dem Datum nach aus und tritt der von der Behörde festgestellten Rechtskraft nicht entgegen. Jedoch tritt er den drei Bestrafungen wegen Lenkens ohne Lenkerberechtigung mit dem Argument entgegen, er habe einen tschechischen Führerschein besessen, dieser sei im Akt 2 BAZ 6501/94 des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Wels ersichtlich. Zudem habe er am 29. Juni 1994 diesen tschechischen Führerschein bei der Polizeidirektion Wels mit dem Antrag auf Ausstellung eines entsprechenden österreichischen Führerscheines vorgelegt. Die Nichteinholung des genannten Aktes sei eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Eine weitere derartige Rechtswidrigkeit liege darin, daß die beantragte Vernehmung des Geschäftsführers seiner Dienstgeberfirma unterblieben sei, welcher aus eigener Wahrnehmung hätte bestätigen können, daß der Beschwerdeführer "eine überaus verläßliche Person" sei und "keinerlei Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle".
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß es sich bei den neun rechtskräftigen Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen teilweise um belanglose Formaldelikte handle, die schon vor der letzten Sichtvermerkserteilung der Erstbehörde
(9. November 1992) begangen wurden. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, sie sei schlechthin an diese verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen gebunden und es könnten die, diesen Verurteilungen zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen im Zuge dieses Verfahrens nicht widerlegt werden, sei unrichtig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Frage, ob dem Beschwerdeführer laut § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz eine Bewilligung erteilt werden durfte, war allein danach zu beurteilen, ob dem ein Ausschließungsgrund im Sinne dieser Gesetzesstelle entgegenstand oder nicht (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0104, und vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0326).
Der Beschwerdeführer verkennt zunächst die Auswirkungen der Rechtskraft von Verwaltungsstrafen. Denn der Eintritt der Rechtskraft hat zur Folge, daß der rechtliche Inhalt des Bescheides im gesamten Bereich der Rechtsordnung anerkannt und beachtet werden muß. Es ist jeder Behörde verwehrt, sich über eine rechtskräftige Entscheidung hinwegzusetzen (vgl. zu den Auswirkungen der sogenannten "materiellen Rechtskraft" Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Rz 451 ff). Sollte der Beschwerdeführer das Vorbringen hinsichtlich seines tschechischen Führerscheines nicht ohnehin in dem betreffenden Verwaltungsstrafverfahren erstattet haben, so wäre es an ihm gelegen, es im Rahmen eines allfälligen Rechtsmittels oder nach rechtskräftigem Abschluß im Rahmen eines auf § 69 oder § 71 AVG gestützten Antrages vorzubringen. Das gegenständliche Verfahren ist jedoch nicht der Ort, die rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren neu aufzurollen.
Lediglich zur Information wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß selbst die Tatsache, daß er im Besitz eines tschechischen Führerscheines war, im Hinblick auf § 64 Abs. 1 und 5 KFG nur im - hier offenbar nicht vorliegenden - Ausnahmefall zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich berechtigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1985, ZfVB 1986/2/627). Daher stellt die Nichteinholung des Gerichtsaktes keinen Verfahrensmangel dar.
In bezug auf die gerügte Unterlassung der beantragten Vernehmung des Geschäftsführers seiner Dienstgeberfirma übersieht der Beschwerdeführer, daß Auskunftspersonen, die nur ihre Meinung oder Schlüsse über ein (zu erwartendes) Verhalten einer Person zum Ausdruck bringen sollen, nicht ernstlich einen ausreichenden Beweis für bestimmte Sachverhalte zu liefern imstande sind (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 321, zitierte Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer vermißt die Einvernahme zum Beweisthema, daß der Zeuge "aus eigener Wahrnehmung bestätigen hätte können, daß (der Beschwerdeführer) eine überaus verläßliche Person (sei) und keinerlei Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle". Damit unterläßt es der Beschwerdeführer darzulegen, welche TATSACHEN der Zeuge hätte vorbringen können, sondern stellt nur die vom Zeugen zu ziehenden SCHLUßFOLGERUNGEN dar, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen.
Aus inhaltlicher Sicht kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die den neun rechtskräftigen Strafen wegen Verwaltungsübertretungen zugrundeliegenden Tatbeständen zum Ergebnis gelangt ist, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG). Denn es handelt sich bei Übertretungen des Paßgesetzes, des Fremdenpolizeigesetzes (beide dienen unter anderem der Regelung des Fremdenwesens), dem dreimaligen Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkerberechtigung (dies ist eines der schwersten Verstöße gegen das KFG) und zwei Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit (Geschwindigkeitsüberschreitungen zählen zu den häufigsten Unfallursachen) im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keineswegs um geringfügige Übertretungen. Auch daß teilweise Delikte bereits vor der letzten Sichtvermerkserteilung (9. November 1992) begangen wurden, ist nicht entscheidungsrelevant, da es wesentlich darauf ankommt, ob das GESAMTE Verhalten des Fremden die in § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt. Daß der Beschwerdeführer neben den sieben dem Tatbestand nach umschriebenen Verwaltungsübertretungen noch bezüglich zweier weiterer rechtskräftig bestraft ist, welche die belangte Behörde inhaltlich nicht näher umschrieben hat, unterstreicht bloß die Neigung des Beschwerdeführers, österreichische Rechtsvorschriften zu mißachten, und läßt die Annahme, sein Aufenthalt laufe öffentlichen Interessen zuwider, umso mehr als zutreffend erkennen.
Der von der Behörde - in knapper Form - vorgenommenen Interessenabwägung im Hinblick auf Art. 8 MRK ist der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegengetreten.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Beweismittel Zeugen Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Diverses Rechtskraft Beweismittel Zeugenbeweis Ablehnung eines BeweismittelsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190340.X00Im RIS seit
11.07.2001