TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/22 94/11/0134

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Veröffentlicht am 22.09.1995
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

WehrG 1990 §36a Abs1 Z2 idF 1992/690;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Mag. Dr. R in A, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. März 1994, Zl. 679.084/7-2.5/92, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 1990 auf (endgültige) Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß "§ 36 Abs. 2 Z. 2" des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305, abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der am 21. Februar 1981 der Stellung unterzogene und für tauglich befundene Beschwerdeführer aufgrund der Anregung seines Dienstgebers von Amts wegen aus öffentlichen Interessen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befristet bis 15. Mai 1990 befreit gewesen sei. Zuletzt sei er mit Bescheid des Militärkommandos Salzburg vom 17. September 1990 wegen Vorliegens besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen infolge seines befristeten Dienstverhältnisses bei der Universität Salzburg, Zoologisches Institut, von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befristet bis 15. Februar 1991 befreit gewesen. Sein nunmehr von ihm geltend gemachtes befristetes Arbeitsverhältnis mit der Universität Salzburg (Vertragsassistentenstelle am Zoologischen Institut Salzburg zwecks Durchführung eines mit S 1,800.000,-- dotierten Forschungsprojektes) begründe keine rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Wehrgesetzes; die von ihm hiebei geltend gemachten öffentlichen Interessen seien nicht Gegenstand des Verfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß sich die Verhältnisse im Vergleich zur "Bewilligung für den vorläufigen Aufschub im Jahre 1990" insbesondere insoweit geändert hätten, als er nun mit der Durchführung eines Forschungsprojektes beauftragt worden sei, welches mit S 1,800.000,-- dotiert sei, die aus öffentlichen Geldern stammten. Seine Stelle an der Universität Salzburg sei mit diesem Forschungsprojekt verbunden, er habe ausreichende wissenschaftliche Ergebnisse in Form von Publikationen vorzulegen. Er arbeite auch auf seine Habilitation hin; seine Befreiung liege somit nicht nur in seinem persönlichen Interesse, sondern auch im Interesse der Öffentlichkeit, was in seiner Lehr- und Forschungstätigkeit begründet sei. Seine wissenschaftlichen Ergebnisse würden kontinuierlich auf internationalen wissenschaftlichen Kongressen präsentiert; er vertrete die österreichische Wissenschaft nicht nur im Insondern auch im Ausland. Es wäre "widersinnig", ein Forschungsprojekt, das mit öffentlichen Geldern finanziert werde, aufzugeben, um den Präsenzdienst abzuleisten. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, sie wäre von Amts wegen verpflichtet gewesen, "entsprechende Erhebungen" bei der Universität Salzburg zu tätigen.

Damit vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Gemäß § 36 Abs. 2 des Wehrgesetzes 1990 - nunmehr § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 i. d. F. des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 690/1992 (WG) - können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 95/11/0015, mit weiterem Judikaturhinweis) hat ein Wehrpflichtiger die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes so vorzunehmen, daß für den Fall seiner Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Den Wehrpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden. Dementsprechend muß der Beschwerdeführer darauf hingewiesen werden, daß seine nun in Angriff genommene Tätigkeit im Zusammenhang mit dem von ihm ins Treffen geführten Forschungsprojekt keine besondere Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen im Sinne des Wehrgesetzes zu begründen vermag, weil dem Beschwerdeführer zumindest im Hinblick auf die bereits vorangegangenen befristeten Befreiungen zu Bewußtsein hätte kommen müssen, daß er nach Ablauf der Befristung damit zu rechnen hat, den Grundwehrdienst ableisten zu müssen. Er war daher verhalten, die Vereinbarkeit dieser ihn treffenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung mit der Aufnahme seiner neuen Arbeitstätigkeit zu prüfen. Er wäre somit verpflichtet gewesen, entweder seine beruflichen Dispositionen so zu gestalten, daß er in die Lage versetzt wird, seiner Präsenzdienstpflicht nachzukommen, oder aber, wenn er zu dem Schluß gekommen wäre, dessen Ableistung würde eine erfolgreiche Bearbeitung des Projekts unmöglich machen, von der sich ihm bietenden Möglichkeit auf Aufnahme der neuen Tätigkeit vorerst Abstand zu nehmen. Die belangte Behörde ist somit im Recht, wenn sie die besondere Rücksichtswürdigkeit wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Wehrgesetzes deshalb verneint hat, weil er die ihn treffende Harmonisierungspflicht nicht wahrgenommen hat. Abgesehen davon, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte "entsprechende Erhebungen" bei der Universität Salzburg tätigen müssen, nicht hinreichend konkretisiert ist, konnten weitere Ermittlungen zum Grund und zur Art der vom Beschwerdeführer aufgenommenen Forschungstätigkeit im Hinblick auf die angeführte Rechtslage entfallen. Auch daß er an seiner Habilitation arbeitet, vermag nicht die Befreiung von der Präsenzdienstpflicht zu begründen.

Insoweit der Beschwerdeführer darauf abzustellen sucht, daß seine (weitere) Befreiung im öffentlichen Interesse geboten sei, ist ihm zu entgegnen, daß es im gegebenen Zusammenhang nur darauf ankommt, ob er besonders rücksichtwürdige eigene Interessen an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht hat, nur das kann Inhalt eines Befreiungsantrages nach § 36a Abs. 1 Z. 2 WG sein.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war

sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i. V. m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110134.X00

Im RIS seit

28.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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