TE Vwgh Beschluss 1995/9/25 AW 95/04/0041

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Veröffentlicht am 25.09.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990;
GewO 1994;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1.) der Marktgemeinde N, 2.) der Marktgemeinde P, 3.) der Gemeinde B,

4.) der H in L, 5.) der AS in N, und 6.) des KS in N, alle vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, der gegen den Bescheid des BMwA vom 4.11.1994, Zl. 313.575/1-III/A/2a/94, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mP: XY-GmbH in T, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. November 1994 wurden Berufungen gegen die Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung einer Änderung der bereits gewerberechtlich genehmigten Abfalldeponie L abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., daß mit keinen Einwirkungen, sei es an Lärm- oder Luftschadstoffen, auf die Einrichtungen der beschwerdeführenden Gemeinden (Schulen, Kindergärten, Kurzentrum) zu rechnen sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 28. März 1995 dem Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gab.

Mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 189/95-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Auch hinsichtlich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die zur hg. Zl. 95/04/0151 protokollierte Beschwerde mit dem Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Gleich wie im verfassungsgerichtlichen Verfahren begründen die Antragsteller ihren Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter Hinweis auf ein Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. R. Y damit, daß der Deponiestandort ungeeignet sei, weil im Störfall mit der Kontaminierung des Grundwassers und daher mit einer schweren gesundheitlichen Gefährdung der Wassernutzer zu rechnen sei. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden auch keine öffentlichen Interessen entgegen, da "ein Überangebot an Deponieflächen insgesamt in Österreich und auch im Raume rund um die verfahrensgegenständliche Deponie verbunden mit einem entsprechenden Konkurrenzkampf der Deponiebetreiber um das gesunkene Müllaufkommen gegeben" sei. Im übrigen wird die Zuverlässigkeit der Betreiberfirma wegen der konsenswidrigen Lagerung gefährlicher Abfälle bezweifelt.

In ihrer Stellungnahme vom 25. August 1995 spricht sich die belangte Behörde gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Dem Aufschub des Vollzuges des angefochtenen Verwaltungsaktes stünden nicht nur die privaten Interessen der Genehmigungswerberin auf Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebes, sondern zwingende öffentliche Interesse, nämlich die Erhaltung einer geordneten Abfallwirtschaft, entgegen: Die gegenständliche Deponie sei hinsichtlich ihres früheren Konsenses erschöpft und seien die verfahrensgegenständlichen Erweiterungsflächen zur Sicherung der Ablagerungskapazitäten zahlreicher Gemeinden, Gewerbe- und Industriebetriebe des Industrieviertels unbedingt erforderlich. Bei der gegenständlichen Deponie handle es sich um die einzige Deponie des Industrieviertels, mit der Stoffe bis zur Eluatklasse 3b abgelagert werden dürften. Bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde würden zahlreiche Gebietskörperschaften, aber auch private und öffentliche Unternehmen über keine Ablagerungsmöglichkeit für ihre Abfälle mehr verfügen und der "Müllnotstand" in einer wirtschaftlich wichtigen Region Österreichs ausbrechen. Es wäre jedoch auch für die Beschwerdeführer nach Abwägung aller berührten Interessen mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch die Genehmigungswerberin nicht mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden, weil nach dem bisherigen Ermittlungsverfahren, von dem auszugehen sei, mit keinen Einwirkungen auf die Einrichtungen der beschwerdeführenden Gemeinden zu rechnen sei. Die übrigen Beschwerdeführer hätten jedoch an dem bisherigen Verwaltungsverfahren nicht teilgenommen und es erübrige sich daher auf allfällige berührte Interessen dieser Beschwerdeführer einzugehen.

Auch die mitbeteiligte Partei wendet sich gegen den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der gegenwärtige Verfahrensstand ist dadurch gekennzeichnet, daß bereichts im erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid vom 9. Juli 1993 der nachfolgenden Berufung unter einem die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles aberkannt worden war. Ebenso wie der Verfassungsgerichtshof im obzitierten Beschluß vom 28. März 1995 geht der Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden der Ausführungen der belangten Behörde davon aus, daß im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Weiterverwendbarkeit der Abfalldeponie in L gefährdet erscheint, weshalb schon aus Gründen einer geordneten Abfallwirtschaft ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Davon abgesehen, hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten und zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes führenden Erwägungen in diesem Provisorialverfahren ebenso wenig wie die daraus abgeleitete rechtliche Schlußfolgerung nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen.

Dem Aufschiebungsantrag war daher unter den derzeit gegebenen Voraussetzungen nicht stattzugeben.

Schlagworte

Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:AW1995040041.A00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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