TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/26 95/04/0112

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Veröffentlicht am 26.09.1995
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Index

E3L E06204000;
E3L E16300000;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art10;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art11;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
GewO 1994 §204 Abs2 Z1 lita;
GewO 1994 §204 Abs2;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Ing. P in S, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. März 1995, Zl.317.817/1-III/5a/95, betreffend die Verwendung der Bezeichnung "Gewerblicher Architekt", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, festzustellen, daß er als Gewerbetreibender neben der Bezeichnung "Baumeister" auch die Bezeichnung "Gewerblicher Architekt" verwenden dürfe, abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach dem von der Bundesgewerbeschule in Krems am 20. Juli 1962 ausgestellten Reifezeugnis die Reifeprüfung nach erfolgreicher Beendigung des fünften Jahrganges der höheren Abteilung für Tiefbau abgelegt. Die Feststellung, daß der Gewerbetreibende, dessen Gewerbeberechtigung das Recht zur umfassenden Planung gemäß § 202 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 beinhaltet, die Bezeichnung "gewerblicher Architekt" verwenden dürfe, setze jedoch nach § 204 Abs. 2 Z. 1 lit. a GewO 1994 die Ablegung der Reifeprüfung an einer einschlägigen inländischen höheren Lehranstalt - Hochbau voraus. Da der Beschwerdeführer somit keine der im § 204 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 angeführten alternativen Voraussetzungen erfülle, komme die von ihm angestrebte Feststellung bereits aus diesem Grunde nicht in Betracht.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Verleihung bzw. Führung des Titels "Gewerblicher Architekt" verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, er habe in den Jahren 1958 bis 1962 fünf Klassen der Bundesgewerbeschule Krems höhere Abteilung für Tiefbau besucht und am 20. Juli 1962 dort die Reifeprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg abgelegt. Die Klausurarbeiten seien unter anderem in Deutsch und Tiefbau verfaßt worden, wobei der Beschwerdeführer im Fach Tiefbau aus den Gegenständen Stahlbau, städtischer Tiefbau und Hochbau geprüft worden sei. Am 9. Mai 1967 habe er beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die Baumeisterprüfung abgelegt und er sei seit dem Jahre 1969 als selbständiger Planungsbaumeister im In- und Ausland tätig. Die Bundesgewerbeschule in Krems habe mehrere Abteilungen, darunter auch die Zweige für Hochbau und Tiefbau. Beide Fachzweige würden einen Absolventen berechtigen, nach erfolgreichem Abschluß durch die Reifeprüfung und nach dem Nachweis einer entsprechenden praktischen Betätigung, den Titel Ingenieur zu führen. Weiters sei man nach Abschluß einer dieser Zweige der Bundesgewerbeschule zum Studium als ordentlicher Hörer an einer Technischen Hochschule berechtigt und zwar sowohl nach Absolvierung des Zweiges Hochbau, als auch nach dem erfolgreichen Abschluß des Zweiges Tiefbau. Es werde in dieser Hinsicht keinerlei Unterscheidung zwischen diesen beiden Richtungen der inländischen höheren Lehranstalten getroffen. Auch durch das Studium an einer Technischen Hochschule könne man mit diesem Abschluß, egal welche Fachrichtung man abgeschlossen habe, mit Nachweis aller vom Gesetz vorausgesetzten Bedingungen, den Titel gewerblicher Architekt führen. In diesem Bereich werde vom Gesetzgeber kein Unterschied zwischen den verschiedenen Fachrichtungen getroffen und es sei für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde gerade im gegenständlichen Fall eine Unterscheidung zwischen den Fachrichtungen Hochbau und Tiefbau vornehme. Überdies habe sich eine Unterscheidung der beiden Fachrichtungen erst Ende der Fünfzigerjahre ergebe und es sei zuvor der Abschluß der Bundesgewerbeschule mit dem Erwerb der Befähigung für beide Teilbereiche verbunden gewesen. Auch der ehemalige Direktor der Bundesgewerbeschule in K Dipl. Ing. W. sehe keinen Unterschied in den beiden Fachrichtungen. Er vermeine, daß sich Tiefbau nur mehr mit mathematischen Fächern beschäftige, hingegen beim Hochbau mehr Wert auf zeichnerische Fächer gelegt werde. Auch in § 202 GewO 1994, der den Tätigkeitsbereich und die Berechtigungen eines Baumeisters regle, finde sich keine wie immer geartete Unterscheidung zwischen den Fachrichtungen Hochbau und Tiefbau. Man könne daher mit Sicherheit davon ausgehen, daß diese beiden Fachrichtungen eng miteinander verwandt und durch einen starken Konnex verbunden seien. Die von der belangten Behörde bei Auslegung des § 204 GewO 1994 getroffene Differenzierung sei nicht gerechtfertigt und daher rechtswidrig. Sowohl in der Fachrichtung Tiefbau müsse der Absolvent einer einschlägigen höheren technischen Lehranstalt über die Fächer, die sich mit Hochbau beschäftigen, Prüfungen ablegen, wie sich auch in der Fachrichtung Hochbau der Absolvent mit Fragen des Tiefbaus beschäftigen müsse. Somit könne man wohl bei diesen beiden Fachrichtungen von einer umfassenden Ausbildung in beiden Gegenständen ausgehen. Praktisch sei die Absolvierung der Abteilung Tiefbau schwieriger, sodaß im allgemeinen zwei Drittel der Schüler das Fach Hochbau und nur ein Drittel das Fach Tiefbau belegt. Zudem sei die Ausbildung in den ersten Jahren in beiden Fachrichtungen dieselbe und es werde eine Unterteilung erst in den späteren Jahrgängen durchgeführt. Es könne daher der Zusatz Hochbau, der in § 204 Abs. 2 Z. 1 lit. a GewO 1994 als Klammerausdruck aufscheine, vom Gesetzgeber nur als beispielhafte Aufzählung von Fachrichtungen von inländischen höheren technischen Lehranstalten gemeint sein und nicht alle anderen Fachrichtungen außer Hochbau ausschließen. Im übrigen besitze der Beschwerdeführer seit 1975 eine Konzession für das gesamte technische Bauwesen, das heißt, er sei befähigt, sowohl im Bereich des Hoch- wie des Tiefbaues Baumeistertätigkeiten durchzuführen. Auch daraus ergebe sich seine Befähigung für den von der belangten Behörde geforderten Bereich des Hochbaues. Weiters sei der Beschwerdeführer von der Finanzlandesdirektion einem Zivilingenieur für Bauwesen bezüglich Ausbildung, Tätigkeit und steuertechnischen Belangen völlig gleichgestellt worden. Er könne auf eine 25-jährige Praxis als selbständiger Planungsbaumeister zurückblicken und er sei in dieser Funktion zeitweise im Ausland tätig gewesen. Durch die Vorenthaltung des Titels "Gewerblicher Architekt" würden ihm - vor allem bei seiner Tätigkeit im Ausland - ständig überaus große geschäftliche Nachteile erwachsen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 204 Abs. 2 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten frühestens nach einer Beobachtungszeit von einem Jahr ab dem 5. März 1994 auf Antrag des Gewerbetreibenden innerhalb von drei Monaten durch Bescheid festzustellen, daß der Gewerbetreibende, dessen Gewerbeberechtigung das Recht zur umfassenden Planung gemäß § 202 Abs. 1 Z. 1 beinhaltet, neben der Bezeichnung "Baumeister" auch die Bezeichnung "Gewerblicher Architekt" verwenden darf, wenn er

1) ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis entsprechend den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie 85/384/EWG vom 10. Juni 1985 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr, ABl Nr. L 223 vom 21. August 1985,

S 15/25-Anhang VII Z. 18 des EWR-Abkommens,

a) entweder auf Grund der erfolgreichen Ablegung der Reifeprüfung an einer einschlägigen inländischen höheren technischen Lehranstalt (Hochbau) erworben hat und mindestens 10 Jahre als Baugewerbetreibender oder in einer dem gleichzuhaltenden Funktion tätig war

b) oder auf Grund eines inländischen einschlägigen Hochschul-(Universitäts)Studiums erworben hat und

2) in einem Mitgliedsstaat des europäischen Wirtschaftsraumes oder der europäischen Union auf Grund der dort geltenden Vorschriften und Normen oder auch nur tatsächlich von der Übernahme von öffentlichen Aufträgen auf dem Fachgebiet seiner Gewerbeberechtigung oder von der Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen oder auf Grund der dort geltenden Vorschriften und Normen von der Übernahme von privaten Aufträgen oder von der Beteiligung an privaten Ausschreibungen nur deshalb ausgeschlossen wurde, weil er diese Bezeichnung nicht führen darf, sofern dieser Ausschluß nicht nur gegenüber einem inländischen Wettbewerbsteilnehmer wirksam wird.

Gemäß Art. 11 der zitierten Richtlinie in der Fassung des EWR-Abkommens Anhang VII Z. 18 sind Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise im Sinne des Art. 10 der Richtlinie unter anderem "die Ingenieurdiplome der höheren technischen Lehranstalten (HTL) für Bautechnik in Verbindung mit der Baumeisterkonzession, die eine mindestens sechsjährige Berufserfahrung in Österreich bescheinigt, abgeschlossen durch eine Prüfung."

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kann der in § 204 Abs. 2 Z. 1 lit. a GewO 1994 der Wortfolge "einer einschlägigen inländischen höheren technischen Lehranstalt" nachgestellte Klammerausdruck "(Hochbau)" nicht anders denn als Einschränkung der in Betracht kommenden Lehranstalten auf jene des Hochbaues verstanden werden. Für die Annahme, es handle sich um eine "beispielhafte Aufzählung von Fachrichtungen" fehlt nämlich schon deshalb jeder Anhaltspunkt, weil gemäß Art. 11 der zitierten Richtlinie als einschlägige Lehranstalten nur jene für Bautechnik (also - abgesehen von Sonderformen dieser Lehranstalten - nur Hochbau und Tiefbau) in Frage kommen.

Beim Verwaltungsgerichtshof sind auf Grund des Beschwerdevorbringens keine Bedenken dahin entstanden, daß diese Einschränkung sachlich nicht begründet und daher mit dem Gleichheitsgebot der Bundesverfassung unvereinbar wäre. Denn ausgehend davon, daß in der Führung des Titels "Gewerblicher Architekt" die Fähigkeit zu baukünstlerischer Gestaltung sowohl in technischer als auch in ästhetischer Hinsicht zum Ausdruck gebracht wird, ist es nicht ungerechtfertigt, diesen Titel den Absolventen solcher höherer technischer Lehranstalten vorzubehalten, welche Kenntnisse und Fähigkeiten in beiderlei Hinsicht vermitteln. Während aber entsprechend den für höhere Lehranstalten für Hochbau erlassenen Lehrplänen insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit Fragen der (nicht nur technischen) Gestaltung von baulichen Vorhaben zum Inhalt dieser Ausbildung zählen (und zählten), scheinen entsprechende Gegenstände in den, höhere Lehranstalten für Tiefbau betreffenden Lehrplänen nicht auf. Schon aus diesem Grund besteht daher zwischen den beiden Ausbildungen unter dem Blickwinkel der in Rede stehenden Befugnis zur Verwendung des Titels "gewerblicher Architekt" ein, eine differenzierende Behandlung rechtfertigender Unterschied.

Im übrigen erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Abschluß des Studiums an einer technischen Hochschule "egal welcher Fachrichtung" berechtige zur Führung des Titels "Gewerblicher Architekt" im Grunde des Art. 11 der zitierten Richtlinie als unzutreffend. Selbst wenn es aber zuträfe, wäre es allenfalls geeignet die Sachlichkeit der in § 204 Abs. 2 Z. 1 lit. b GewO 1994 getroffenen Regelung zu beeinträchtigen, nicht aber die Sachlichkeit der in § 204 Abs. 2 Z. 1 lit. a GewO 1994 getroffenen Regelung.

Auch mit seinem weiteren Beschwerdevorbringen, er sei seit 1975 befähigt, sowohl im Bereich des Hochbaues wie des Tiefbaues Baumeisterarbeiten durchzuführen und er werde von den Finanzbehörden einem Zivilingenieur für Bauwesen bezüglich Ausbildung, Tätigkeit und steuertechnischen Belangen völlig gleichgestellt, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung darzutun, er erfülle von den im § 204 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 genannten Voraussetzungen weder jene der lit. a, noch jene der lit. b, weil es nach dem Gesetz allein auf die Absolvierung der entsprechenden Schule ankommt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040112.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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