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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Y, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 7. März 1994, Zl. St 43/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 1 FrG ausgewiesen. Der Beschwerdeführer sei am 4. Juli 1992 von der Türkei über Bulgarien, Jugoslawien und Ungarn kommend, unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt. Er habe sich beim Passieren der jeweiligen Grenzkontrollen im Bus versteckt. Der Beschwerdeführer sei weder im Besitz eines Reisepasses noch eines Sichtvermerkes gewesen. Sein Asylantrag vom 10. Juli 1992 sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1993 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, verbunden mit dem Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 29. Oktober 1993 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung "im Umfang der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz" zuerkannt. Der Beschwerdeführer sei zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigt gewesen. Zum einen sei er nicht direkt aus dem Staat gekommen, in dem er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen, noch hätte ihm mangels Reisepasses und Sichtvermerkes die Einreise gestattet werden können. Der vom Bundesasylamt, Außenstelle Linz, ausgestellten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung komme keine konstitutive, sondern nur eine deklarative Wirkung zu; ein Recht sei ihm daraus nicht erwachsen. Auch der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes räume dem Beschwerdeführer kein absolutes Aufenthaltsrecht ein, sondern nur "im Umfang der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz". Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei somit nicht rechtmäßig. Die Familie des Beschwerdeführers lebe in der Türkei; in Österreich befänden sich der Bruder, mehrere Onkeln und Neffen des Beschwerdeführers. Ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers sei nicht zu ersehen. Aber selbst wenn ein solcher vorliegen sollte, wäre die Erlassung der Ausweisung zur Aufrechterhaltung der "Ordnung" dringend geboten, weil eine illegale Einreise von Fremden schwerwiegend gegen öffentliche Interessen verstoße.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, er halte sich rechtmäßig in Österreich auf. Im Asylverfahren sei ihm das vorläufige Aufenthaltsrecht zugekommen, weil er fristgerecht um Asyl angesucht habe und in keinem Drittland vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe seiner Beschwerde im Asylverfahren mit Beschluß vom 29. Oktober 1993 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof habe die Wirkung, daß das vorläufige Aufenthaltsrecht sich bis zum rechtskräftigen Vorliegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Asylverfahren verlängere.
Die damit aufgeworfene Frage ist im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in der Fassung des Art. II Z. 2
BGBl. Nr. 838/1992 von rechtlicher Relevanz, weil im Falle des Vorliegens einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gegen den betreffenden Fremden keine Ausweisung erlassen werden darf. Die dazu vorgetragene Argumentation der Beschwerde ist indes zur Begründung, daß der Beschwerdeführer über eine solche Aufenthaltsberechtigung verfügte, untauglich. Was die Beurteilung der Frage anlangt, ob ein Fremder gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigt ist, hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner dazu ergangenen, ständigen Rechtsprechung fest (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0575, und vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0495). Auf den vorliegenden Fall angewendet, führt diese Rechtsprechung (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) unter Zugrundelegung der unbestrittenen Einreise des Beschwerdeführers aus der Türkei über Bulgarien, Jugoslawien und Ungarn unter Umgehung der Grenzkontrolle, indem er sich beim Passieren der Grenzkontrollstelle im Bus versteckt hatte, zu dem Ergebnis, daß ihm der am 10. Juli 1992 gestellte Asylantrag keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verschafft hat. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen darzutun versucht, daß er - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 habe, scheitert dieses Unterfangen schon deshalb, weil der unbestrittene Sachverhalt die nach § 7 Abs. 1 erster Satz leg. cit. für die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erforderliche Voraussetzung, gemäß § 6 leg. cit. eingereist zu sein, nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer ist weder direkt aus dem Staat, in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen, nämlich der Türkei, gekommen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), er bringt auch keine Gründe vor, bzw. hat keine vorgebracht, daß er in den Durchreisestaaten verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen wäre, noch durfte er gemäß § 37 FrG nicht zurückgewiesen werden, sodaß ihm die Einreise zu gestatten gewesen wäre (§ 6 Abs. 2 leg. cit.). Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergibt sich, daß im Beschwerdefall zufolge des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in der Fassung des Art. II Abs. 2 BGBl. Nr. 838/1992 der Anwendung des § 17 Abs. 1 kein rechtliches Hindernis entgegenstand. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung "im Umfang der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz" dem Beschwerdeführer keine weitere Rechtsstellung zu geben vermochte, als er im Asylverfahren gehabt habe, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0099).
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß bei richtiger Würdigung der konkreten Umstände, insbesondere der ihm für den Fall der Abschiebung in sein Heimatland drohenden persönlichen Nachteile, die Erlassung der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG unzulässig sei.
Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß einerseits mit der Ausweisung nicht die Verpflichtung zur Ausreise (oder die allfällige Abschiebung) in einen bestimmten Staat verbunden ist, sodaß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid als solchen nicht in der von ihm behaupteten Weise gefährdet wird, und daß andererseits nur Eingriffe in das in Österreich geführte Privatleben die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG unzulässig machen können, nicht aber Umstände, die künftig in einem bestimmten anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0350).
Beim gegebenen Sachverhalt begegnet die Annahme der belangten Behörde, daß die Ausweisung keinen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers bewirke, keinen Bedenken. Es ist daher entbehrlich, auf die Frage einzugehen, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers nach § 19 FrG dringend geboten war.
Mit der nicht näher konkretisierten Behauptung, die belangte Behörde habe sich mit den in der Berufung vorgetragenen Argumenten nicht hinreichend auseinandergesetzt, vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel darzutun.
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210005.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
16.04.2010