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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der W in O, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 29. August 1994, Zl. St 234/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 29. August 1994 wurde die Beschwerdeführerin, eine vietnamesische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 FrG ausgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin am 2. Juni 1991 gemeinsam mit ihrem Gatten und ihrem Kind aus der damaligen Tschechoslowakei kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei. Am 4. Juni 1991 habe sie einen Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft eingebracht, der, nachdem sie in eine bundesbetreute Unterkunft nach Oberösterreich verlegt worden sei, mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. Oktober 1991 abgewiesen worden sei. Auch die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Jänner 1994 abgewiesen worden. Dieser Bescheid sei am 4. Februar 1994 rechtswirksam erlassen worden. Vor ihrer über Rumänien, Ungarn und die Tschechoslowakei erfolgten Einreise habe sich die Beschwerdeführerin schon sechs Jahre hindurch in Bulgarien als Gastarbeiterin aufgehalten. Durch die Verhältnisse in Bulgarien sei es notwendig geworden, daß sie in ihr Heimatland zurückreise. Sie habe die nötigen Mittel dafür jedoch nicht gehabt. Nach Abschluß des Asylverfahrens habe die Beschwerdeführerin keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich. Das Fremdengesetz sei somit auf sie zur Gänze anwendbar. Ausgehend von einem relevanten Eingriff in ihr Privat- und/oder Familienleben erachtete die belangte Behörde die Erlassung der Ausweisung als dringend geboten. Es könne im Sinne eines geordneten Fremdenwesens nicht hingenommen werden, wenn aufbauend auf rein faktischen Verhältnissen versucht werde, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu erreichen. Dazu komme, daß die Beschwerdeführerin, wenn sie weiterhin im Bundesgebiet verbleiben wollte, den Antrag für die in diesem Falle erforderliche Aufenthaltsbewilligung zwingend vom Ausland aus stellen müsse (§ 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin behauptet, sie halte sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie habe gegen den das Asylverfahren negativ beendenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingelegt und sei dieser antragsgemäß die aufschiebende Wirkung in dem Umfang zuerkannt worden, daß ihr die Rechtsstellung zukomme, die sie als Asylwerberin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gehabt habe.
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 in der Fassung Art. II Z. 2 BGBl. Nr. 838/1992, findet das Fremdengesetz auf Flüchtlinge, die Asyl haben, sowie auf Asylwerber, die eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung (§ 7) und auf Fremde mit befristeter Aufenthaltsberechtigung (§ 8), mit Ausnahme der §§ 17, 23 bis 25, 27 Abs. 3 und 4, 28 bis 36, 38 bis 40 sowie 63 und 82 Anwendung. Unstrittig ist, daß der Beschwerdeführerin während des Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukam. Der das Asylverfahren negativ beendende letztinstanzliche Bescheid wurde am 4. Februar 1994 erlassen. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erlosch mit diesem Datum. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an eine Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof wirkt lediglich ex nunc, also mit Zustellung (Erlassung) des betreffenden Beschlusses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 94/18/0802, mit weiteren Nachweisen), was für die aufschiebende Wirkung in Ansehung der Beschwerde gegen den die Beschwerdeführerin betreffenden negativen Asylbescheid nach dem Akteninhalt nicht vor dem 6. September 1994 angenommen werden kann. Mit Beschluß von diesem Tag erkannte der Verwaltungsgerichtshof der im Asylverfahren eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung im genannten Umfang zu. Im Zeitpunkt der Erlassung des den Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden Ausweisungsbescheides hielt sich daher die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Ausweisung ist daher vorbehaltlich ihrer Zulässigkeit im Grunde des § 19 FrG zu Recht erlassen.
Zur Begründung ihrer Auffassung, daß die Ausweisung in ihr Privatleben eingreife, weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sie im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland mit ernsthaften Problemen zu rechnen habe. Die belangte Behörde hätte konkret erheben müssen, welche Nachteile ihr für den Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland drohten.
Der Beschwerdeführerin ist darauf zu entgegnen, daß die belangte Behörde ohnehin von einem im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in ihr Privat- und Familienleben ausgegangen ist. Zu ihrem Vorbringen ist sie darauf zu verweisen, daß nur Eingriffe in das in Österreich geführte Privatleben die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG unzulässig machen können, nicht aber Umstände, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0350). Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge ist daher der Boden entzogen.
Die Beschwerdeführerin meint, daß ihr, sollte ihrer Beschwerde gegen den genannten negativen Asylbescheid nicht stattgegeben werden, eine Aufenthaltsbewilligung im Inland erteilt werden müsse. Eine Antragstellung aus dem Ausland sei nicht notwendig, weil sie vor dem 31. Dezember 1992 in das Bundesgebiet eingereist, integriert sei und keine Sichtvermerksversagungsgründe vorlägen.
Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin keine Bedenken gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, mit denen begründet wird, warum die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten sei, zu erwecken. Der Umstand, daß die Einreise (ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle) bereits mehr als drei Jahre zurückliegt, ändert nichts daran, daß die Ausweisung im Interesse der öffentlichen Ordnung dringend geboten ist. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführerin würde dazu führen, daß ihre Einreise ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle Tatsachen schaffen würde, die ihr zwar keine Aufenthaltsberechtigung (abgesehen von einer allfälligen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz) in Österreich vermitteln, ihr aber den tatsächlichen Aufenthalt in Österreich ermöglichen. Daß ein solches Ergebnis den Interessen des österreichischen Staates an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderlaufen würde, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Erlassung eines Ausweisungsbescheides ist demnach in solchen Fällen dringend geboten.
Da die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210078.X00Im RIS seit
29.01.2002