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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1120;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. Juni 1992, Zl. 6/3 - 3233/91-08, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte bestellten im Oktober 1987 ihrer gemeinsamen Tochter zu deren Verehelichung (27. Juni 1987) ein Heiratsgut; die Beschwerdeführerin leistete 300.000 S, ihr Gatte 100.000 S.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Einkommensteuerbescheid 1987 anerkannte die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin keine außergewöhnliche Belastungen, weil diese die zumutbare Mehrbelastung nicht überstiegen hätten. Die Tochter habe einen zivilrechtlichen Anspruch auf Heiratsausstattung im Ausmaß von 20 bis 30 Prozent des Familieneinkommens. Zur Ausmessung des zivilrechtlichen Anspruches nehme die belangte Behörde im gegenständlichen Fall wegen der stark schwankenden Jahreseinkommen auf die Einkommenssituation im Zeitraum 1985 bis 1987 Bedacht. Es würden sich wirtschaftliche Einkommen in folgender Größenordnung ergeben:
Jahr Beschwerdeführerin Ehegatte
1987 437.620 S 805.581 S
1986 134.591 S 692.101 S
1985 90.214 S 728.197,S
Durchschnitt 220.808 S 741.960 S
Das durchschnittliche Familieneinkommen betrage somit 962.768 S und werde zu 23 Prozent (220.808 S) von der Beschwerdeführerin und zu 77 Prozent (741.960 S) von ihrem Ehegatten erzielt. Auf Grund dieses Familieneinkommens ergebe sich die rechtliche Verpflichtung zu Hingabe eines Heiratsgutes im Betrage von 265,692 S, der sich wie folgt errechne:
500.000 S X 30 % = 150.000 S
462.768 S X 25 % = 115.692 S
Summe 265.692 S
Die Verpflichtung der Bestellung des Heiratsgutes treffe die Beschwerdeführerin nur insoweit, als sie zum Familieneinkommen beitrage, also nur im Ausmaß von 23 Prozent, sohin im Betrage von 61.109 S. Dieser Betrag übersteige jedoch die zumutbare Mehrbelastung nach § 34 Abs. 5 EStG 1972 (im gegenständlichen Fall 73.595,-- Schilling) nicht.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Gemäß § 34 Abs. 4 leg. cit. wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch außergewöhnlichen Belastungen nur insoweit wesentlich beeinträchtigt, als die Aufwendungen die zumutbare Mehrbelastung übersteigen.
Unbestritten ist, daß die Hingabe des Heiratsgutes im gegenständlichen Fall dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen ist; sie erfolgte nämlich im Oktober 1987 (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1991, 90/13/0111), und somit nach der ab dem 6. August 1987 wirksamen Aufhebung der diesbezüglichen Ausschlußbestimmung im § 34 Abs. 2 letzter Satz EStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 587/1983 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1987, G 52/87. Der Höhe nach bestimmt sich der steuerlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennende Betrag eines Heiratsgutes nach dem Ausmaß, in dem zivilrechtlich die Dotationsverpflichtung besteht. Denn nur Aufwendungen, die in Entsprechung des nach § 1220 ABGB bestehenden Anspruches geleistet werden, können als zwangsläufig erwachsen im Sinne des § 34 EStG 1972 angesehen werden. Darüber hinausgehende Zahlungen erfüllen als freiwillige Leistungen diese Voraussetzung nicht (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 90/14/0191).
Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, sie habe ihrer Tochter ein Heiratsgut im Betrag von 400.000 S hingegeben. Beide Elternteile wären zur Befriedigung des Anspruches auf Heiratsgut verpflichtet. Die belangte Behörde habe aber lediglich auf das Einkommen der Beschwerdeführerin abgestellt, unter Heranziehung des Einkommens des Vaters hätte sich ein weitaus höherer Ausstattungsanspruch ergeben.
Das Vorbringen zur Höhe des hingegebenen Betrages erweist sich als aktenwidrig. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren mit Eingabe vom 4. April 1989 die Höhe ihrer Ausstattungsleistung mit 300.000 S angegeben. Auch ist die belangte Behörde entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin bei Überprüfung der Höhe des Heiratsgutsanspruches der Tochter im angefochtenen Bescheid vom Familieneinkommen ausgegangen, hat also das Einkommen des Gatten der Beschwerdeführerin berücksichtigt.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es liege in der freien Entscheidung der Eltern, in welchem Verhältnis sie sich die steuerliche Geltendmachung einer am Familieneinkommen orientierten Heiratsgutszahlung aufteilten. Die Dotierungsverpflichtung richte sich ausschließlich nach dem Einkommen im Jahr der Eheschließung.
Dem ist entgegenzuhalten, daß beide Eltern je nach ihren Lebensverhältnissen anteilig, aber nicht solidarisch für das Heiratsgut haften, das Kind sich daher nur getrennt an jeden der beiden Elternteile wenden und von ihm einen angemessenen Teil für sein Heiratsgut begehren kann (vgl. Petrasch in Rummel, ABGB2, § 1220 Rz. 2; Hofstätter/Reichel, EStG 1972, § 34 Einzelfälle, Seite 13). Der belangten Behörde kann daher nicht erfolgreich entgegengetreten werden, wenn sie die Ansicht vertritt, daß die Beschwerdeführerin nur jenen Teil des Heiratsgutes zwangsläufig geleistet hat, der ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit entsprochen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Heiratsgut mit 25 bis 30 Prozent des wirtschaftlichen Nettoeinkommens zu bemessen, wobei grundsätzlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Eheschließung des Kindes maßgebend sind. Wenn allerdings die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dotationspflichtigen starken Schwankungen unterliegen, ist eine über das Jahr der Verehelichung hinausgehende Betrachtungsweise geboten, um die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten richtig zu erfassen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 90/14/0191, vom 19. Dezember 1990, 90/13/0015; und vom 26. März 1980, 1047/78). Der Verwaltungsgerichtshof kann es nicht als rechtswidrig erkennen, wenn die belangte Behörde im gegenständlichen Fall auf Grund der starken Einkommensschwankungen auch auf die Jahre vor der Verehelichung Bedacht genommen hat.
Sollte im übrigen die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vorgetragene Behauptung zutreffen, das Einkommen der Beschwerdeführerin sei im Streitjahr deshalb so hoch gewesen, weil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuerfreie Beträge (nach § 27 Abs. 3 EStG 1972) zur Auflösung gekommen seien, wäre darauf zu verweisen, daß derartige Beträge bei Ermittlung des wirtschaftlichen Nettoeinkommens auszuscheiden gewesen wären (vgl. nochmals hg. Erkenntnis 90/14/0191).
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, bei Ausmessung des Dotationsanspruches wäre auch das Vermögen der Eltern zu berücksichtigen gewesen, ist entgegenzuhalten, daß ein auf die Vermögenskomponente entfallender Teil des Anspruches durch Hingabe von Vermögenswerten zu befriedigen wäre und daher insoweit nicht als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden könnte (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1972, § 34 Einzelfälle, Seite 15). Nur Aufwendungen, die das laufende Einkommen belasten, können nämlich als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1972 abzugsfähig sein.
Die Beschwerdeführerin wird sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992130174.X00Im RIS seit
20.11.2000