Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. Dezember 1994, Zl. GA 9-437/94, betreffend Rechtsgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer gewährte (wie er selbst als Kläger im Verfahren 16 Cg nnn des LGZ Wien behauptete) dem R im Jahr 1991 ein Darlehen von insgesamt S 5 Mio, welches durch eine Interzession des F als Bürge und Zahler besichert und worüber schließlich am 10. März 1992 eine ausdrücklich als Darlehensvertrag bezeichnete und vom Beschwerdeführer später im zitierten Gerichtsverfahren als Bl/A vorgelegte Urkunde errichtet wurde. Die Urkunde wurde sowohl vom Beschwerdeführer als Darlehensgeber als auch vom Darlehensschuldner R sowie vom Bürgen F jeweils eigenhändig unterfertigt.
Das LGZ Wien übermittelte in der Folge eine Kopie der Darlehensurkunde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit dem Ersuchen um Prüfung, ob der Vorgang dem Finanzamt angezeigt wurde.
Das Finanzamt setzte daraufhin mit Bescheiden vom 1. Dezember 1993 gegenüber dem Beschwerdeführer für den Darlehensvertrag und die Bürgschaft Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 8 bzw. TP 7 Abs. 1 Z. 1 GebG in Höhe von S 40.000,-- bzw. S 50.000,-- fest und nahm gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. Gebührenerhöhungen von je 50 % (also im Ausmaß von S 20.000,-- bzw. S 25.000,--) vor.
Dagegen berief der Beschwerdeführer einerseits mit der Begründung, die Darlehensurkunde sei ausschließlich im Interesse des Schuldners und seines Bürgen errichtet worden (um einer sofortigen Fälligstellung des Darlehens zu entgehen) und andererseits mit dem Argument, die Bürgschaft sei im ausschließlichen Interesse des Hauptschuldners (allenfalls des Bürgen selbst) erfolgt. Dem Darlehensgeber seien daher zu Unrecht Gebühren vorgeschrieben worden.
Nach dem Ergehen abweislicher Berufungsvorentscheidungen begehrte der Beschwerdeführer fristgerecht die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufungen; zusätzlich führte er ins Treffen, die Darlehensurkunde sei ihm selbst gar nicht zur Verfügung gestanden.
Die belangte Behörde wies die Berufungen des Beschwerdeführers als unbegründet ab und nahm insbesondere unter Hinweis auf die Position des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt in Abänderung der erstinstanzlichen Bescheide Gebührenerhöhungen im Ausmaß von je 80 % (also in Höhe von S 32.000,-- bzw. S 40.000,--) vor.
Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gebührenfreiheit und Nichtfestsetzung einer Gebührenerhöhung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde auch vom Berechtigten unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.
§ 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. verpflichtet bei einseitigen Rechtsgeschäften denjenigen zur Entrichtung der Gebühr, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist.
§ 9 Abs. 2 GebG lautet:
"(2) Das Finanzamt kann zur Sicherung der Einhaltung der Gebührenvorschriften bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung oder nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige bei den im Abs. 1 genannten Gebühren zusätzlich eine Erhöhung bis zu 50 v.H., bei den anderen Gebühren eine Erhöhung bis zum Ausmaß der verkürzten (gesetzmäßigen) Gebühr erheben. Bei Festsetzung dieser Gebührenerhöhung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Gebührenschuldner bei Beachtung dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Gebührenpflicht einer Schrift oder eines Rechtsgeschäftes zugemutet werden konnte, ob eine Gebührenanzeige geringfügig oder beträchtlich verspätet erstattet wurde sowie ob eine Verletzung der Gebührenbestimmungen erstmalig oder wiederholt erfolgt ist."
Kern der Beschwerdeausführungen ist ausschließlich die Behauptung, der Beschwerdeführer habe die Darlehensurkunde nie erhalten, sie sei ausschließlich im Interesse des Darlehensschuldners und seines Bürgen errichtet worden, die damit ein Beweismittel für eine Stundung in Händen haben wollten. Der Beschwerdeführer habe auf Anfertigung einer Kopie der Urkunde gedrängt, um seinerseits eine Verfälschung auszuschließen.
Der Beschwerdeführer, der somit ganz offensichtlich in Richtung des Gebührenschuld-Entstehungstatbestandes nach § 16 Abs. 1 Z. 2 lit. a GebG argumentiert, übersieht dabei grundlegend, daß im vorliegenden Fall die Darlehensurkunde vollkommen unstrittigermaßen von allen beteiligten Personen, insbesondere von ihm selbst als dem aus dem Darlehensvertrag berechtigten Gläubiger eigenhändig unterfertigt wurde. Damit ist aber die Gebührenschuld bereits mit der Unterfertigung der Urkunde entstanden (§ 16 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG; vgl. dazu die von Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, ErgW, 4/1 W Abs. 5 zu § 16 GebG referierten hg. Erkenntnisse vom 23. September 1982, 82/15/0074, und vom 25. Mai 1987, 86/15/0046) und jedes weitere Eingehen auf die Frage, ob und wann der Beschwerdeführer die Urkunde (die er im Gerichtsverfahren als Beilage vorlegte) übergeben erhielt, entbehrlich.
Da der Beschwerdeführer überdies als der durch die Bürgschaft gesicherte Darlehensgeber nach ständiger hg. Judikatur auch jene Vertragspartei ist, in deren Interesse über das Darlehen und die Bürgschaft (wobei es sich um einseitig verbindliche Rechtsgeschäfte handelt) die Urkunde ausgestellt wurde (vgl. Fellner, a.a.O. Abs. 5 sowie ErgY, 3 Y, vorletzter Absatz zu § 28 GebG), ist jede weitere Auseinandersetzung mit der Behauptung des Beschwerdeführers, die Urkunde sei im Interesse des Darlehensschuldners bzw. seines Bürgen errichtet worden, entbehrlich.
Was schließlich die vorgenommene Gebührenerhöhung anlangt, übersieht der Beschwerdeführer, daß es vollkommen der hg. Judikatur entspricht, wenn die belangte Behörde darauf hinwies, daß es gerade dem Beschwerdeführer als Rechtsanwalt zumutbar war, die Gebührenpflicht der in Rede stehenden Urkunde zu erkennen (vgl. Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren5 E 24 und 34 zu § 9 GebG), zumal es sich im vorliegenden Fall keineswegs um eine zweifelhafte oder noch nicht entschiedene Rechtsfrage handelt (Fellner a.a.O. E 33). Aus diesem Grund kann daher die von der belangten Behörde vorgenommene und ausreichend begründete Ermessensübung ebenfalls nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da sich der angefochtene Bescheid sohin insgesamt als frei von Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995160016.X00Im RIS seit
20.11.2000