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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 24. Mai 1991, B 176-3/90, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer übt den Beruf eines Grafik-Designers aus. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1988 nahm er den ermäßigten Steuersatz für Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler nach § 10 Abs 2 Z 8 UStG 1972 in Anspruch.
Das Finanzamt beurteilte die Tätigkeit des Beschwerdeführers hingegen - auf den Bericht gemäß § 151 Abs 3 BAO über eine beim ihm durchgeführte abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 1984 bis 1987 bezugnehmend - in dem für das genannte Jahr erlassenen Umsatzsteuerbescheid als gewerbliche Tätigkeit.
Die belangte Behörde vertritt zur strittigen Frage der Beurteilung der Arbeiten des Beschwerdeführers als künstlerische oder gewerbliche unter Anführung der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Kriterien und nach Aufzählung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeiten im wesentlichen die Ansicht, Grafik könne sowohl der Kunst als auch dem Kunstgewerbe zugerechnet werden; der Kunst dann, wenn die vom Grafiker hergestellten Entwürfe in ihrer überwiegenden Mehrzahl grafische Kunstwerke darstellten, dem Kunstgewerbe dann, wenn mit einfachen Gestaltungsmitteln, wie Fotomontagen, Ornamentik und Schriftgestaltung das Niveau einer erlernbaren, somit jedem einschlägig Begabten zugänglichen Technik nicht überschritten werde (vgl Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Tz 18 zu § 22). Gebrauchsgrafik, die als Sammelbegriff für eine Vielzahl von Vervielfältigungs- und Druckerzeugnissen ein breites Tätigkeitsfeld in der Werbung finde, sei als Werbegrafik bei fast allen Konsumgütern vertreten. Aus den vorgelegten Arbeiten gehe hervor, daß sich der Beschwerdeführer zum weitaus größten Teil einfacher Mittel der Fotografie und der Schriftgestaltung bediene, welche in erster Linie Werbewirksamkeit anstrebten und im Betrachter nicht den Eindruck sich selbst genügender Kunstwerke erweckten. Der beherrschende Werbezweck komme dabei nicht nur im Bildthema zum Ausdruck, sondern auch in den dazugefertigten Texten oder Sprüchen. Da die eingesehenen Arbeiten als typische Erzeugnisse der Werbe- und Gebrauchsgrafik erkennbar seien, sei eine Befragung der Sachverständigenkommission beim Bundesministerium für Unterricht und Kunst entbehrlich gewesen, zumal der Beschwerdeführer in einer Niederschrift selbst zugegeben habe, seine Arbeiten, an denen er dem Kunden nur die Nutzungsrechte einräume, würden am Kunstmarkt nicht gehandelt. Ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes preisgekröntes Plakat sowie ein Kunstpreis stünden in keinem Zusammenhang mit den im Streitjahr erzielten Einnahmen. Auch sagten verliehene Preise oder die Mitgliedschaft bei einer bestimmten Berufsvereinigung über den künstlerischen Wert einer konkret zu untersuchenden Tätigkeit nichts aus. Bei einigen vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeiten habe kein Zusammenhang mit den von ihm erzielten Einnahmen festgestellt werden können. Die künstlerische Begabung des Beschwerdeführers, die diesem in einem Schreiben des akademischen Malers und Grafik-Designers Mag. RW bekundet werde, werde nicht in Abrede gestellt. Eine Würdigung der vom Beschwerdeführer tatsächlich vorgelegten Arbeiten enthalte dieses Schreiben allerdings nicht. Darüber hinaus begründeten Gestaltungen der Werbe(Gebrauchs)Grafik nicht schon der Ausbildung oder einer anerkannten Kunstbefähigung wegen zwangsläufig Kunstwerkcharakter. Dies sei bereits aus einer gegen den Beschwerdeführer gerichteten Anzeige eines Konkurrenten an die Handelskammer sowie einem Straferkenntnis des Gewerbeamtes wegen Anfertigung einer in einem Druckwerk veröffentlichten Werbegrafik ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ersichtlich.
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe sich bei Beurteilung der strittigen Frage von einer fiskalischen Zweckorientierung und von subjektiven Geschmacksvorstellungen, nicht aber von fachkompetenten Kriterien leiten lassen. Weder subjektive Geschmacksvorstellungen noch Anzeigen bei der Handelskammer stellten taugliche bzw objektive Kriterien für die Beurteilung einer Tätigkeit als künstlerische dar. Auch angesichts der ihm verliehenen Kunst- und Förderungspreise zeige sich, wie wenig objektiv sich die belangte Behörde mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt habe, zumal seine Tätigkeit seit Verleihung dieser Preise ihrer Art nach unverändert sei. Es gehe - wie im hg Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, 89/14/0020, ausgeführt worden sei - nicht an, bei Beurteilung der strittigen Frage lediglich auf die Verwendung seiner Arbeiten zu Werbezwecken abzustellen, dabei aber zu übersehen, daß der Gebrauchswert einer Arbeit dieser nicht von vornherein die Eigenschaft eines Kunstwerkes nehme. Es sei unverständlich und der Pflicht der belangte Behörde zur Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zuwiderlaufend, daß diese weder die gutachtliche Stellungnahme des Mag. RW berücksichtigt noch die Sachverständigenkommission beim Bundesministerium für Unterricht und Kunst befragt habe. Schließlich sei aus dem aktenkundigen Schreiben des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie an den Verband der Grafik-Designer Österreichs ersichtlich, daß ein Grafik-Designer kein Gewerbetreibender im Sinn der Gewerbeordnung 1973 sei. Sein Beruf sei deshalb vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgeschlossen, "weil es um die Ausübung der schönen Künste geht".
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung, ob die in der Herstellung eines Gegenstandes bestehende Tätigkeit eine künstlerische ist, ausschließlich die Art und Weise der Gestaltung des Gegenstandes maßgebend. Erfolgt diese nach Gestaltungsprinzipien, die für ein umfassendes Kunstfach wie beispielsweise Malerei, Bildhauerei oder Architektur charakteristisch sind, dann ist eine derartige Tätigkeit als die eines Künstlers anzusehen. Gleiches gilt für eine Tätigkeit, die in der Gestaltung des hergestellten Gegenstandes den Gestaltungsprinzipien in einem umfassenden Kunstfach deswegen gleichzustellen ist, weil sie eine weitreichende künstlerische Ausbildung und Begabung erfordert. Das Vorliegen dieser Sachverhaltselemente hat die belangte Behörde in einem Akt der Beweiswürdigung zu beurteilen. Diese Beweiswürdigung hat in der Beurteilung der Werkgestaltung einen repräsentativen Querschnitt der Arbeiten, die die steuerlich relevante Tätigkeit bildeteten, zu umfassen (vgl die Erkenntnisse vom 15. September 1993, 91/13/0112, mwA, und vom 5. Juli 1994, 94/14/0032).
Der Beschwerdeführer zeigt mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe bei der Beurteilung der strittigen Frage lediglich darauf abgestellt, daß die betreffenden Arbeiten zu Werbezwecken verwendet worden seien, keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß das Vorliegen eines Gebrauchswertes der von ihm hergestellten Arbeiten nichts über die Eigenschaft dieser Gegenstände als Kunstwerk oder Kunsthandwerk aussagt (vgl das hg Erkenntnis vom 15. September 1993, 91/13/0237). Insoweit die belangte Behörde ihrer abgabenrechtlichen Beurteilung der Arbeiten des Beschwerdeführers als Kriterium für das Nichtvorliegen von Kunstwerken die Tatsache der weitgehenden Verwendung einfacher Mittel der Fotografie und der Schriftgestaltung zugrunde gelegt hat, erweist sich diese Beurteilung als frei von Rechtswidrigkeit.
Auf den künstlerischen Ruf und die Beteiligung an Wettbewerben kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung einer Tätigkeit als künstlerische im Sinn der Abgabengesetze nicht an (vgl das bereits erwähnte Erkenntnis vom 15. September 1993, 91/13/0237). Auch das vom Beschwerdeführer im Abgabenverfahren vorgelegte Schreiben des akademischen Malers und Grafik-Designers Mag. RW ist nicht geeignet, für die Gestaltung der vom Beschwerdeführer produzierten Arbeiten solche Prinzipien als kennzeichnend zu erweisen, welche im Sinn der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seine Tätigkeit als künstlerische beurteilen ließe (vgl das bereits erwähnte Erkenntnis vom 15. September 1993, 91/13/0112). Zu Recht verweist die belangte Behörde darüber hinaus auf den Umstand, daß diesem Schreiben keinerlei Begutachtung der tatsächlich vorgelegten Arbeiten durch Mag. RW zugrunde lag, er somit die künstlerischen Eigenschaften dieser Arbeiten überhaupt nicht beurteilte. Mit den diesbezüglichen Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer daher keine von der belangten Behörde zu vertretende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Das mit dem Schreiben des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie im Zusammenhang stehende Vorbringen des Beschwerdeführers, ein Grafik-Designer sei vom sachlichen Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgeschlossen, weil er Künstler sei, zeigt ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn der Regelungszweck der Gewerbeordnung hat mit der Einkünfteordnung des Abgabenrechtes nichts gemeinsam; ihr Gewerbebegriff bietet der im Umsatzsteuerrecht geforderten Beurteilung einer Tätigkeit als künstlerische keine Hilfe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Abgabenbehörde Arbeiten eines Steuerpflichtigen der Sachverständigenkommission beim Bundesministerium für Unterricht und Kunst dann nicht zur Beurteilung vorlegen, wenn sie dazu befähigt ist, eine solche aus eigener Anschauung heraus vorzunehmen. Im Erkenntnis vom 26. November 1985, 83/14/0249, 0260, 0261, hat der Verwaltungsgerichtshof speziell für typische Arbeiten der Werbe- und Gebrauchsgrafik ausgesprochen, daß den Mitgliedern des abgabenbehördlichen Berufungssenates die Beurteilung des künstlerischen Wertes dieser Arbeiten zugemutet werden kann. Eine Verpflichtung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens besteht nur im Zweifelsfall (vgl auch die Erkenntnisse vom 23. Oktober 1990, 89/14/0068, und vom 15. September 1993, 91/13/0237). Für das Vorliegen eines solchen Zweifelsfalles bei der Abgabenbehörde findet sich in den Verwaltungsakten kein Hinweis.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Kunst Kunsthandwerk AbgrenzungDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Kunst Kunsthandwerk Abgrenzung künstlerischer Ruf Beteiligung an WettbewerbenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992150086.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.12.2009