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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der E in Wien, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Juni 1995, Zl. SD 1362/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. Juni 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen die Beschwerdeführerin, eine polnische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren. In der Begründung ging die belangte Behörde von der Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei sowie Monopolhehlerei bzw. wegen Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre Probezeit, zu einer Geldstrafe von S 1,5 Millionen, sowie zu einer Wertersatzstrafe von S 200.000,-- aus. Demnach lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes vor. Das den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten der Beschwerdeführerin sowie die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten auch die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme. Aufgrund des relativ langen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich und im Hinblick auf den Aufenthalt ihres Sohnes in Österreich sei ohne jeden Zweifel von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Grunde des § 19 leg. cit. auszugehen. Dessen ungeachtet sei aber die gegen sie gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz des wirtschaftlichen Wohls Österreichs - dringend geboten und "soweit" zulässig. Immerhin habe die Beschwerdeführerin mehr als 38.000 Stangen geschmuggelte Zigaretten mit dem Vorsatz, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt bzw. im Sommer 1993 verbotene Waffen, nämlich
70 Tränengasspraydosen, besessen. Außerdem weise die Beschwerdeführerin drei finanzbehördliche Vorstrafen auf. Auch die gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmende Interessensabwägung müsse zu Ungunsten der Beschwerdeführerin ausschlagen. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes wögen nicht schwerer als die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin ihrer Verantwortung gegenüber ihrem minderjährigen Sohn nicht auch im Ausland nachzukommen vermöge.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Ansicht der belangten Behörde, daß aufgrund des oben wiedergegebenen, unbestritten gebliebenen Sachverhaltes der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Ziffer 1 FrG verwirklicht, die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 19 Fremdengesetz zum Schutz von ihm Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (insbesondere zur Verhinderung von strafbaren Handlungen) dringend geboten sei, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen und stößt auf keine Bedenken.
2. Die Beschwerdeführerin bekämpft das Ergebnis der gemäß § 20 Abs. 1 Fremdengesetz vorzunehmenden Interessenabwägung.
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen dahingehend angestellt, wie weit die kulturelle und sprachliche Integration ihres Sohnes durch den Besuch österreichischer Schulen vorangeschritten sei und inwiefern ein Wechsel zum momentanen Zeitpunkt an eine Schule in Polen negative Auswirkungen auf seine psychische, soziale und intellektuelle Entwicklung mit sich bringen würde.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin jedoch keinen Verfahrensfehler aufzuzeigen. Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wurde nämlich nicht ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß sie abgeschoben werde. Grundsätzlich kann die Beschwerdeführerin einer (angenommenen) Sorgepflicht gegenüber ihrem minderjährigen Sohn auch im Ausland dadurch nachkommen, daß sie ihn dorthin mitnimmt. Im übrigen wären mit einem Wechsel des Sohnes an eine polnische Schule zwar möglicherweise gewisse Umstellungsschwierigkeiten verbunden; eine Unmöglichkeit dieses Wechsels vermag aber die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen.
Wertete auch die belangte Behörde die negativen Auswirkungen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres minderjährigen Sohnes als beträchtlich, so stellte sie ebenso zutreffend das sehr große Gewicht der maßgeblichen für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber. Wenn die belangte Behörde wegen der Schwere der von der Beschwerdeführerin begangenen strafbaren Handlung das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als zumindest ebenso schwerwiegend ansah wie das gegenläufige private Interesse der Beschwerdeführerin, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Unter dem Beschwerdegrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vermißt die Beschwerdeführerin eine konkrete Bezeichnung der Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation und insbesondere auf die ihres Sohnes, weshalb in Wahrheit auch hier eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Wie bereits oben ausgeführt, berücksichtigte die belangte Behörde bei ihrer Interessenabwägung ohnedies die mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen negativen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres minderjährigen Sohnes; die Beschwerdeführerin vermag keine unberücksichtigten Umstände aufzuzeigen, welche zu einem für sie günstigeren Ergebnis der Interessenabwägung im Grunde des § 20 Abs. 1 Fremdengesetz führen hätten können.
3. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995181222.X00Im RIS seit
20.11.2000