TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/28 95/18/1225

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Veröffentlicht am 28.09.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Juni 1995, Zl. SD 345/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. Juni 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 eine "Scheinehe" geschlossen habe, um eine Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung im Inland zu erwerben. Weiters habe er die Gültigkeitsdauer des im Reisepaß befindlichen Sichtvermerkes in der Weise verfälscht, daß das Datum vom 13. Jänner 1994 auf 13. Jänner 1996 geändert wurde. Deswegen sei der Beschwerdeführer gemäß den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden. Ein Aufenthaltsverbot könne ausschließlich auf § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes gestützt werden, wenn triftige Gründe vorlägen, die in ihrer Gesamtheit die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten. Die Verfälschung eines Wiedereinreisesichtvermerkes stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch und solcherart ein Verhalten des Beschwerdeführers dar, das als gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens zu werten sei. Weiters habe der Beschwerdeführer gegen melderechtliche Bestimmungen verstoßen und verfüge seit 13. Jänner 1994 über keine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet. Aufgrund des langen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und im Hinblick auf seine Eheschließung am 28. Februar 1995 mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei aber die gegen ihn gesetzte Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Auch die gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmende Interessenabwägung müsse zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, zumal sich dieser nicht mit Erfolg auf seine mit einer österreichischen Staatsbürgerin bestehende Ehe berufen könne, weil er diese erst nach "Erlassung des Aufenthaltsverbotes" geschlossen habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Ansicht des Beschwerdeführers habe die Berücksichtigung einer "Scheinehe" zu entfallen, weil diese nicht geschlossen worden sei, um über eine Arbeitsbewilligung verfügen zu können; weiters sei die Ehe keineswegs nach § 23 Ehegesetz, sondern nach § 55 Ehegesetz geschieden worden.

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, daß durch die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe allein zur Beschaffung von fremdenrechtlich bedeutsamen Berechtigungen - der Beschwerdeführer bestreitet nicht, unmittelbar nach Eheschließung die Ausstellung eines Befreiungsscheines beantragt zu haben - die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdet werde und daher die in § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Die Beurteilung, ob eine Ehe rechtsmißbräuchlich zwecks Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen worden sei, setzt die Nichtigerklärung dieser Ehe nicht voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/0970), weshalb der behauptete Umstand einer Scheidung der Ehe gemäß § 55 Ehegesetz am Vorliegen einer "Scheinehe" nichts ändert.

Dem Beschwerdevorbringen, zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Bundesgebiet überhaupt keine Veranlassung gehabt zu haben, seinen Wiedereinreisesichtvermerk zu verfälschen, ist die rechtskräftige Verurteilung wegen einer Verfälschung einer besonders geschützten Urkunde entgegenzuhalten.

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß aufgrund des angeführten Verhaltens des Beschwerdeführers die in § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, stößt auf keine Bedenken.

Der Einwand des Beschwerdeführers, sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet gründe sich ausschließlich darauf, daß die Frist für einen Verlängerungsantrag versäumt worden sei, geht ins Leere, weil schon das Eingehen einer "Scheinehe" und die Verfälschung des Sichtvermerkes für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausreichen.

Zur Frage, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in § 19 FrG genannten Ziele dringend geboten sei, bringt der Beschwerdeführer nichts vor; gegen die Bejahung dieser Frage durch die belangte Behörde bestehen auch hg. keine Bedenken.

2. Offensichtlich gegen das Ergebnis der nach § 20 Abs. 1 Fremdengesetz vorzunehmenden Interessenabwägung wendet der Beschwerdeführer ein, sich bereits seit Jahren bzw. Jahrzehnten im Bundesgebiet aufgehalten und zwischenzeitig eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet zu haben. Ein "jahrzehntelanger Aufenthalt" im Bundesgebiet wird vom Beschwerdeführer nicht näher konkretisiert und kann auch der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Nach zutreffender Ansicht der belangten Behörde vermag die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen, weil die Eheschließung am 28. Februar 1995 zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0448).

Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 Fremdengesetz vorgenommenen Interessenabwägung nahm die Behörde auf alle zu berücksichtigenden privaten und familiären Gesichtspunkte, die gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sprechen, Bedacht, und es wurden die auf diese Umstände zurückzuführenden negativen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und dessen Familie berücksichtigt. Dem stellte die belangte Behörde aber zutreffend das sehr große Gewicht der maßgeblichen für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber. Wenn die belangte Behörde wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwerer wiegend ansah als das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf die "Novellen zum Aufenthaltsgesetz" nichts zu ändern, weil die Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ungeachtet aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen zu beurteilen ist.

3. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995181225.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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