TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/28 95/18/1172

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Veröffentlicht am 28.09.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §4 Abs4;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Mai 1995, Zl. SD 620/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. Mai 1995 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe für die Zeit von Juni 1991 bis Jänner 1994 Sichtvermerke erhalten, weil auch ihr Ehegatte, ebenfalls ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei. Da der Antrag des Ehegatten auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden sei, sei auch der Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 10. November 1994 unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin bestreite nicht, daß ihr Aufenthalt seit Dezember 1994 nicht mehr rechtmäßig sei. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe. Gegen den Ehegatten der Beschwerdeführerin sei ein Aufenthaltsverbot erlassen worden, worüber derzeit eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei, der von diesem Gerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Da das "Amt der Wiener Landesregierung" auch den Antrag des Ehegatten auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen habe, sei auch dessen Aufenthalt nicht mehr rechtmäßig. Die Ausweisung stelle daher keinen relevanten Eingriff im Sinne des § 19 FrG dar. Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit über einem Jahr unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nach und trotz einer Bestrafung wegen des unerlaubten Aufenthaltes gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin tritt der - unbedenklichen - Auffassung der belangten Behörde, daß sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht entgegen. Dabei ist es unerheblich, ob die Beschwerdeführerin nur bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer des zuletzt erteilten Sichtvermerkes im Jänner 1994 oder tatsächlich - wie die belangte Behörde meint - bis Dezember 1994 zum Aufenthalt berechtigt war.

2. Die Beschwerdeführerin hält die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG für unzulässig. Sie halte sich seit Anfang 1991 in Österreich auf. Hier lebten nicht nur ihr Gatte, sondern auch ihr Kind. Sie und ihre Familie seien daher vollkommen sozial und wirtschaftlich integriert. Lediglich aus der unverschuldeten Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung könne keine Gefährdung von öffentlichen Interessen abgeleitet werden.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit der Ausweisung ein im Grunde des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden wäre. Denn selbst wenn man dies bejahte, wäre die Ausweisung - von der belangten Behörde zutreffend erkannt - zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig. Erweist sich schon der zumindest seit Dezember 1994 bestehende und trotz (der von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen) Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes aufrecht gehaltene unrechtmäßige Aufenthalt in Österreich als Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens von beachtlichem Ausmaß, so ist zusätzlich zu beachten, daß der Beschwerdeführerin - schon mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen ist - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden darf. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich die Beschwerdeführerin unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1027, m.w.N.).

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß vorliegend auch die mit Erkenntnis vom 16. Juni 1995, B 1611 bis 1614/94, ausgedrückten Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes nicht zum Tragen kommen, wonach - von Mißbrauchsfällen abgesehen - im Falle eines "jahre- bzw. jahrzehntelangen" rechtmäßigen Aufenthaltes von Fremden, die - aus welchem Grund immer - über keine aufrechte Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, eine mit Art. 8 MRK in Einklang befindliche Auslegung des § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz die Ermöglichung der Stellung eines Antrages auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Inland aus verlange. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hielt sich die Beschwerdeführerin nämlich erst etwa vier Jahre - wenn auch überwiegend rechtmäßig - im Bundesgebiet auf (vgl. das zur Frage der Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 95/18/0404).

Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht verschuldet zu haben, ist ihr entgegenzuhalten, daß es für die Überprüfung des angefochtenen Ausweisungsbescheides ohne Bedeutung ist, ob sie ein Verschulden an der Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung trifft.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß es ihr infolge der bekannten politischen Entwicklung in ihrer ehemaligen Heimat an jeglicher Existenzgrundlage fehle, ist entgegenzuhalten, daß mit der Erlassung der Ausweisung lediglich die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden ist (§ 22 FrG), nicht jedoch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1995, Zl. 95/18/0308).

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995181172.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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