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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des I in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Februar 1995, Zl. 104.174/2-III/11/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 31. Jänner 1994 hatte die Erstbehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 29. September 1993 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen.
2. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 20. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück.
Begründet wurde diese Entscheidung wie folgt:
"Berufungen sind gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Da die Zustellung rechtswirksam am 26.04.1994 gemäß § 25 Abs. 1 ZustG erfolgte und Ihre Berufung erst am 14.07.1994 und daher verspätet eingebracht wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.
Überdies ist festzuhalten, daß Sie nicht erst am 12.07.1994 durch Ihren Rechtsvertreter von dem oben angeführten Bescheid des Magistrates Linz erfahren haben, sondern vielmehr schon am 15.06.1994, da an diesem Tag mit Ihnen bei der BPD Linz eine Niederschrift aufgenommen wurde und Ihnen diese Tatsache mitgeteilt wurde.
Da es sich bei all Ihren polizeilichen Meldungen nur um Scheinmeldungen handelte, mußten alle Zustellversuche des Magistrates Linz ins Leere gehen und ist somit die Zustellung vom 26.04.1994 rechtswirksam. Vielmehr wären Sie verpflichtet gewesen Ihre tatsächliche Zustelladresse der bescheiderlassenden Behörde mitzuteilen, da eine für Inländer ortsübliche Unterkunft ein wesentliches Kriterium im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung darstellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde ist der Ansicht, daß der Anschlag des erstinstanzlichen Bescheides vom 31. Jänner 1994 (in der Zeit vom 11. bis 26. April 1994) an der Amtstafel der Erstbehörde i. S. des § 25 Zustellgesetz keine rechtswirksame Zustellung an den Beschwerdeführer bewirkt habe. Die Voraussetzungen für diese Art von Zustellung seien im Beschwerdefall nicht vorgelegen, weil die Abgabestelle des Beschwerdeführers allen Behörden bekannt gewesen sei. Es sei dies einerseits die Wohnung in L, S-Straße 9, andererseits jene Stelle in der H-Straße 22 (in L), an der sich die OEG des Beschwerdeführers befunden habe. Das Lokal des Beschwerdeführers an der zuletzt genannten Anschrift, in dem er sich aufhalte und das er betrieben habe, sei der Erstbehörde hinreichend bekannt; er habe dort tagsüber immer erreicht werden können. Es sei daher diese Arbeitsstelle, die immer bekannt gewesen sei, eine Abgabestelle i.S. des Zustellgesetzes, weshalb § 25 dieses Gesetzes überhaupt nicht hätte angewendet werden dürfen.
2. Mit diesem Beschwerdevorbringen, das mit dem unter dem Titel "Klärung der Zustellungsfrage" erstatteten Vorbringen in der Berufung des Beschwerdeführers vollinhaltlich übereinstimmt, wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit dargetan.
Die Erstbehörde hatte - insoweit ganz im Sinne dieses Vorbringens des Beschwerdeführers - ihren abweislichen Bescheid vom 31. Jänner 1994 an die vom Beschwerdeführer schon in seinem Antrag unter der Rubrik "Gesicherte Unterkunft in Österreich" angegebene Abgabestelle H-Straße 22, L, zugestellt. Die Sendung war, wie dem im Akt erliegenden Rückschein zu entnehmen ist, nach einem vergeblichen Zustellversuch am 10. Februar 1994 und einer Verständigung des Beschwerdeführers von der Hinterlegung durch Einlegen in das Hausbrieffach, beim Zustellpostamt Linz 4020 hinterlegt worden, wobei als Beginn der Abholfrist der 10. Februar 1994 vermerkt worden war. Dieser der Regelung des § 17 Zustellgesetz entsprechende Vorgang hatte zur Folge, daß die hinterlegte Sendung (der erstinstanzliche Bescheid) im Grunde des Abs. 3 dieser Bestimmung mit dem 10. Februar 1994 als zugestellt galt. Im Hinblick darauf, daß der erwähnte Rückschein (Zustellschein), auf dem vom Zusteller die Zustellung beurkundet ist und der auch sonst zu keinen Bedenken Anlaß gibt, als öffentliche Urkunde die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges begründet (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 auf S. 1232 f. zitierten hg. Entscheidungen) - eine diesbezügliche (zulässige) Bestreitung seitens des Beschwerdeführers liegt nicht vor -, war der in Rede stehende Bescheid vom 31. Jänner 1994 mit dem 10. Februar 1994 als gültig (rechtswirksam) zugestellt anzusehen.
Angesichts dessen steht die Zurückweisung der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer am 14. Juli 1994, also lange nach Ablauf der im § 63 Abs. 5 AVG normierten zweiwöchigen Frist, zur Post gegebenen Berufung durch die belangte Behörde mit dem Gesetz in Einklang.
3. An diesem Ergebnis vermag weder die Tatsache, daß die Erstbehörde im Anschluß an die Zustellung ihres Bescheides vom 31. Jänner 1994 durch Hinterlegung auch noch eine Zustellung desselben durch öffentliche Bekanntmachung vorgenommen hatte, noch der Umstand etwas zu ändern, daß der Beschwerdeführer in seinem Bewilligungsantrag unter der Rubrik "Derzeitiger Wohnsitz" eine Anschrift in O, Oberösterreich, angegeben und er der Erstbehörde im Zuge des bei ihr anhängigen Verfahrens als "Wohnung/Unterkunft" eine weitere Anschrift in L, nämlich W-Straße 65, bekanntgegeben hatte.
3.1. Der Beurteilung, daß der seinen Antrag abweisende Bescheid der Erstbehörde dem Beschwerdeführer bereits als mit dem 10. Februar 1994 im Wege der Hinterlegung rechtswirksam zugestellt zu gelten hatte, tut es keinen Abbruch, daß nachfolgend derselbe Bescheid nochmals durch Anschlag an der Amtstafel zugestellt wurde. Denn mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Zustellgesetz handelte es sich hiebei um keine gültige Zustellung, weshalb ihr auch keinerlei Rechtswirkung zukam. Aber selbst wenn es eine rechtswirksame Zustellung gewesen wäre, wäre nach der Vorschrift des § 6 Zustellgesetz die erste Zustellung, also jene durch Hinterlegung maßgebend.
3.2. Was indes die vom Beschwerdeführer der Erstbehörde gegenüber angegebenen weiteren Anschriften (O; L, W-Straße 65) anlangt, so handelte es sich - wie den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers anläßlich seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Linz am 15. Juni 1994 (Niederschrift erliegt im vorgelegten Verwaltungsakt) zweifelsfrei zu entnehmen ist - um eine versuchte Irreführung der Erstbehörde, hatte sich doch der Beschwerdeführer in diesen Wohnungen überhaupt nie bzw. nur ganz kurze Zeit und das bloß fallweise aufgehalten, wobei eine Anmeldung allein zu dem Zweck vorgenommen worden war, "um einen Wohnsitz für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung vorzutäuschen" (so in der Niederschrift vom 15. Juni 1994). Die besagten Wohnungen waren demnach in keiner Phase des erstinstanzlichen Verfahrens als Abgabestellen des Beschwerdeführers i.S. des § 4 Zustellgesetz zu qualifizieren, weshalb die belangte Behörde seinen diesbezüglichen Angaben für die Frage der Rechtswirksamkeit der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an ihn zu Recht keine Bedeutung beimaß.
4. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers wenn auch mit teilweise unrichtiger Begründung, so doch im Ergebnis zutreffend zurückwies, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995180729.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.06.2009