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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des G, derzeit in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIIa) vom 29. März 1995, Zl. 17-94/4209/11, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:
Der Beschwerdeführer nahm im Jahr 1992 als Filialleiter einer Bank wissentlich eine große Anzahl gestohlener, falscher oder durch sonstige strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangter Travellerschecks zur Einlösung entgegen, wobei er einen Betrag von S 6,744.290,-- tatsächlich ausbezahlte und sich im Einvernehmen mit den Mittätern dafür eine 10 %ige "Provision" von S 674.429,-- verrechnete und einbehielt. Einen Teil des Geldes zahlte der Beschwerdeführer auf das Konto eines Komplizen ein, um damit diesem durch unerlaubte Geldbehebungen von fremden Sparbüchern verschaffte Überziehungskredite von rund S 1,7 Mio abzudecken.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 23. September 1993, Zl. 11e Vr 343/93, wurde der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter wegen des Verbrechens der - teils vollendeten, teils versuchten - Untreue (§ 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall und § 15 StGB) sowie des Vergehens der Urkundenfälschung (§ 223 Abs. 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zur Zahlung von S 2 Mio Schadenersatz an die privatbeteiligte Bank zur ungeteilten Hand mit den Mitangeklagten verurteilt. Schon zuvor waren mit Beschluß des Strafgerichtes vom 23. Juni 1993 Sparguthaben des Beschwerdeführers in Höhe von insgesamt S 180.053,10 sowie ein Wertpapier-Kassabon des Beschwerdeführers gemäß § 143 StPO beschlagnahmt und zugunsten des Bundes gesperrt worden.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 1. September 1993 wurden die dem Beschwerdeführer im Jahr 1992 unstrittig in Höhe von S 674.429,-- zugeflossenen Gelder im Veranlagungsweg als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer unterzogen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der genannte Betrag sei nicht endgültig bei ihm verblieben, sondern von ihm zur Abdeckung des erwähnten illegalen Bankkredites verwendet worden. Einkünfte aus strafbaren Handlungen könnten jedoch nur dann der Einkommensteuer unterzogen werden, wenn sie tatsächlich dem Empfänger verblieben. Im vorliegenden Fall seien aber die noch vorhandenen bzw. nicht zur Rückzahlung des Bankkredites verwendeten Beträge gerichtlich beschlagnahmt worden und würden an die geschädigte Bank zurückgezahlt.
Gegen die in der Sache ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, der der Besteuerung unterzogene Betrag sei dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Stellung als Filialleiter einer Bank zugeflossen, weswegen ein enger Konnex zwischen der Straftat und dem damaligen Dienstverhältnis bestehe. Dies rechtfertige die Beurteilung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 EStG, weil solche Einkünfte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann anzunehmen seien, wenn ein Dienstnehmer die ihm durch das Dienstverhältnis gebotene Gelegenheit nütze, um sich zu bereichern. An dieser rechtlichen Würdigung ändere auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer einen Teil der ihm aus der Veruntreuung zugeflossenen Geldbeträge zur Abdeckung eines von ihm gewährten illegalen Bankkredites verwendet habe, nichts, da der Zufluß als tatsächlicher Vorgang nicht voraussetze, daß dem Empfänger der Wert endgültig verbleibe. Da nicht einmal das Entstehen eines Rückforderungsanspruches infolge rechtsgrundloser Leistung den Zufluß einer Einnahme hindere (da der Empfänger zunächst wirtschaftlich über die bei ihn eingegangenen Zahlungen verfügen könne und das "Behaltendürfen" keine Voraussetzung für die Bejahung des Zuflusses darstelle), sei dies umsoweniger bei der hier vorliegenden (freiwilligen) Einkommensverwendung der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch schon ausgesprochen, daß im Falle von Rückzahlungen ungerechtfertigt erlangter Beträge die Geltendmachung als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG in Betracht komme. Auf Rückzahlungen brauche jedoch im vorliegenden Fall nicht Rücksicht genommen werden, weil solche erst nach dem Jahr 1992 geleistet worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde bestreitet nicht, daß dem Beschwerdeführer der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommene Betrag als Erlös aus der Einreichung von Travellerschecks im Jahr 1992 zugeflossen ist, meint aber, damit nicht steuerpflichtig zu sein, weil der Einkommensteuer immer nur das unterliegen dürfe, was dem Steuerpflichtigen "auf Grund einer nicht strafbaren Tätigkeit" zugeflossen sei.
Dem steht jedoch entgegen, daß gemäß § 23 Abs. 2 BAO die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit sind nicht negative (die Besteuerung ausschließende) Tatbestandsmerkmale der Abgabenvorschriften und daher im Bereich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise prinzipiell unbedeutsam (siehe Stoll, BAO-Kommentar, 272).
Daß im Falle von Rückzahlungen der ungerechtfertigt erlangten Beträge (nur) die Geltendmachung als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG in Betracht kommt, hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, Zl. 90/13/0285, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgeführt. Daß der Beschwerdeführer als Strafhäftling über kein entsprechend hohes Einkommen verfügt, hindert allenfalls die alsbaldige Rückzahlung, ändert aber nichts daran, daß Werbungskosten nicht schon im Streitjahr zu berücksichtigen waren.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995150080.X00Im RIS seit
20.11.2000