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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 29. Juni 1993, Zl. B 255-3/91, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1989 (mitbeteiligte Partei: Dr. H in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung beim Mitbeteiligten versagte das Finanzamt in dem von Amts wegen wiederaufgenommenen Einkommensteuerverfahren für die Streitjahre der auf die Hälfte eines bei einer Sparkasse für die Errichtung des zu 50,2 % betrieblich genutzten Gebäudes aufgenommenen Darlehens entfallenden Zinsen die Anerkennung als Betriebsausgaben.
Das Finanzamt wies die dagegen vom Mitbeteiligten erhobene Berufung mittels Berufungsvorentscheidung ab. Begründend führte es darin aus, der Mitbeteiligte habe den Hausbau mit Eigenmitteln, einem Bauspardarlehen und einem Sparkassendarlehen finanziert. Auf Grund der räumlichen Gegebenheiten - es liege e i n Gebäude vor - ließen sich die Rechnungen der bauausführenden Firmen nicht dem betrieblichen oder privaten Teil zuordnen. Bei dieser Sachlage sei es unmöglich, einen bestimmten Teil des Gebäudes mit einem bestimmten Kredit zu finanzieren. Bei einem hergestellten Gebäude sei nur der auf den betrieblich genutzten Teil entfallende Schuldbetrag Betriebsschuld. Für diese Zuordnung der Schuld sei es grundsätzlich auch ohne Bedeutung, ob sie die Herstellungskosten des Gebäudes zur Gänze oder nur zum Teil decke. Diene die Schuld als solche der Herstellung eines einheitlichen Gebäudes, dann könne sie nicht schon deshalb, weil sie geringer sei als die Herstellungskosten des betrieblich genutzten Teiles, als allein den betrieblich genutzten Teil betreffend angesehen werden. Vielmehr sei auch in einem solchen Fall die zur Herstellung des ganzen Gebäudes aufgenommene Schuld seiner Nutzung entsprechend aufzuteilen. Daher seien die Zinsen aller für den Hausbau aufgenommenen Darlehen nur zur Hälfte Betriebsausgaben.
Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und vertrat weiterhin die Auffassung, daß die auf das Bausparkassendarlehen entfallenden Zinsen zur Hälfte, die auf das Sparkassendarlehen entfallenden Zinsen aber zur Gänze Betriebsausgaben darstellten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gegen die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre Folge. Begründend heißt es darin, nach Ansicht des erkennenden Senates stelle das strittige Darlehen zur Gänze eine Betriebsschuld dar, weil der Fremdmitteleinsatz (= halbes Bauspardarlehen zuzüglich des strittigen Sparkassendarlehens) in den auf den betrieblichen Gebäudeanteil entfallenden Herstellungskosten Deckung finde. Daraus folge, daß das strittige Darlehen ausschließlich und eindeutig dem betrieblich genutzten Gebäudeanteil zuzuordenen sei, weshalb die gesamten Zinsen als Betriebsausgaben absetzbar seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Präsidentenbeschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die lückenhaft übermittelte Gegenschrift des Mitbeteiligten erwogen:
Zu der im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfrage, mit welchem Anteil eine zur Finanzierung eines Wirtschaftsgutes aufgenommene Schuld betrieblichen oder privaten Zwecken dient, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 1985, Zl. 85/14/0004, ausgeführt, daß auch bei einem hergestellten Wirtschaftsgut nur der auf den betrieblich genutzten Teil entfallende Schuldbetrag Betriebsschuld ist. In diesem Erkenntnis heißt es weiters, daß es für die Zuordnung der Schuld grundsätzlich auch ohne Bedeutung ist, ob sie die Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes zur Gänze oder nur zum Teil deckt. Dient die Schuld als solche der Herstellung eines einheitlichen Wirtschaftsgutes, dann kann sie nicht schon deshalb, weil sie geringer ist als die Herstellungskosten des betrieblich genutzten Teiles, als allein den betrieblich genutzten Teil betreffend angesehen werden. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall die zur Herstellung des ganzen Wirtschaftsgutes aufgenommene Schuld seiner Nutzung entsprechend aufzuteilen. Diese Betrachtung liege auch dem hg. Erkenntnis vom 20. April 1977, Zl. 1468/76, für den Fall einer Anschaffung zugrunde, zumal der damalige Beschwerdeführer in seiner Berufung ähnlich wie die Beschwerdeführerin im Beschwerdefall Zl. 85/14/0004 die Behauptung aufgestellt habe, den auf den privat genutzten Teil der Liegenschaft entfallenden Kaufpreis habe er ausschließlich aus seinen Privatmitteln bezahlt und das Darlehen sei ausschließlich aufgenommen worden, um Betriebsvermögen zu erwerben. Eine andere Betrachtung wäre allerdings dann geboten, wenn mit einem Darlehen nicht die Errichtung des gesamten Gebäudes, sondern nachweislich allein die Herstellung eines abgrenzbaren, ausschließlich betrieblich genutzten Gebäudeteiles finanziert worden wäre.
Daß letzteres im nunmehrigen Beschwerdefall vorläge, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und behauptet auch der Mitbeteiligte in seiner wie gesagt lückenhaften Gegenschrift nicht. Der bloße Umstand, daß die Hälfte des Bausparkassendarlehens und das gesamte Sparkassendarlehen den auf die betriebliche Nutzung entfallenden Teil der Herstellunskosten des Gebäudes nur um S 51.674,-- überschreiten, erlaubt es aber nicht, die strittigen Darlehensschuldzinsen zur Gänze der betrieblichen Sphäre zuzuordnen.
Da die belangte Behörde sohin das Gesetz verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf das zitierte Vorerkenntnis gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993150130.X00Im RIS seit
20.11.2000