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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/02/0129Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden des O in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 10. Februar 1994, Zl. UVS-8/66/3-1994, und vom 1. März 1994, Zl. UVS-8/80/2-1994, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von "Restjugoslawien" und ethnisch der albanischen Volksgruppe im Kosovo zugehörig. Er gelangte am 27. September 1993 von Italien kommend ohne gültiges Reisedokument nach Österreich und versuchte am selben Tag nach Deutschland weiterzureisen. Kurz nach dem Grenzübertritt wurde er von der bayrischen Grenzpolizei kontrolliert und nach Österreich zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde zunächst in Schubhaft angehalten, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 1994 als rechtswidrig festgestellt wurde. Nach seiner Entlassung aus der Schubhaft wurde er im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle mittellos und ohne gültiges Reisedokument in einer Pension aufgegriffen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 7. Februar 1994 wurde über den Beschwerdeführer neuerlich die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 8. Februar 1994 (zugestellt am 9. Februar 1994) wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen.
Mit Bescheid vom 10. Februar 1994 hat die belangte Behörde der Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers gemäß §§ 51 Abs. 1 und 52 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz (FrG) teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, "Die Festnahme am 6.2.1994 um 21:30 Uhr bis zur Vorführung vor die belangte Behörde wird als rechtmäßig erkannt. Die Anhaltung in Schubhaft wird vom 7.2.1994, 17:00 Uhr, bis 9.2.1994. 09:09 Uhr, als rechtswidrig, danach als rechtmäßig erkannt. Eine weitere Anhaltung ist zulässig" (Beschwerde protokolliert zur hg. Zl. 94/02/0128).
Mit dem (weiters angefochtenen) Bescheid vom 1. März 1994 hat die belangte Behörde der (weiteren) Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, die Anhaltung vom 14. Februar 1994 bis 1. März 1994 als rechtmäßig festgestellt und ausgesprochen, daß die weitere Anhaltung in Schubhaft zulässig sei (Beschwerde protokolliert zur hg. Zl. 94/02/0129).
In seinen gegen diese Bescheide an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide, hinsichtlich des zur hg.
Zl. 94/02/0128 protokollierten Verfahrens jedoch nur insoweit, als ausgesprochen wurde, daß die Schubhaft ab dem 9. Februar 1994, 9.09 Uhr, rechtmäßig und eine weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zulässig sei.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie hinsichtlich der zur hg. Zl. 94/02/0128 protokollierten Beschwerde die Zurückweisung wegen Verspätung und hinsichtlich des zur hg. Zl. 94/02/0128 protokollierten Beschwerde die kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die belangte Behörde die Zurückweisung der zu hg. Zl. 94/02/0128 protokollierten Beschwerde wegen Verspätung begehrt und in ihrer Gegenschrift ausführt, daß der angefochtene Bescheid in der "Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers am 11. Februar zugestellt" wurde, ist darauf hinzuweisen, daß nach dem im Akt erliegenden Rückschein die Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführer am 14. Februar 1994 vorgenommen wurde. Damit werden die Angaben des Beschwerdeführers über das Datum der Bescheidübernahme bestätigt, die Behauptung der Rechtzeitigkeit bleibt unwiderlegt, sodaß auch die gegenständliche Beschwerde einer meritorischen Erledigung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist.
Der Beschwerdeführer führt zunächst aus, die neuerliche Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft sei schon allein deshalb rechtswidrig, weil es die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung unterlassen habe, neuerlich einen Schubhaftbescheid zu erlassen. Da sich aus der im Akt erliegenden Ausfertigung des Bescheides vom 7. Februar 1994 ergibt, daß er sowohl dem Beschwerdeführer als auch seinem Vertreter (vom zuletzt Genannten mit eigenhändiger Unterschrift bestätigt) ausgefolgt wurde, erweist sich dieses Vorbringen als geradezu mutwillig.
Daß keine Notwendigkeit bestanden habe, den Beschwerdeführer in Schubhaft zu nehmen, soll sich daraus ergeben, daß die belangte Behörde die Möglichkeit gehabt habe, dem Beschwerdeführer Weisungen zu erteilen, sich in regelmäßigen Abständen bei der Gendarmerie zu melden oder das Identitätspapier zu hinterlegen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu seit seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 1994, Zlen. 94/02/0170, 0171, in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß die Anwendung eines "gelinderen Mittels" als der Schubhaft bei Vorliegen der Haftgründe gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde hätte die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsverbotes als Vorfrage zu prüfen gehabt und hätte dabei zur Beurteilung kommen müssen, daß im vorliegenden Fall die nachteiligen Auswirkungen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auf die persönliche Lebenssituation des Beschwerdeführers schwerer wiegen als die Folgen einer Abstandnahme. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß im Hinblick auf den in § 41 Abs. 1 FrG umschriebenen Zweck der Schubhaft im Zeitpunkt der Verhängung von der Behörde noch nicht abschließend zu prüfen ist, ob ein Aufenthaltsverbot erlassen werde, sondern daß es genügt, wenn die Behörde aufgrund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände berechtigten Grund für die Annahme haben kann, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0063 und vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0301), d.h. nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1995, Zl. 95/02/0220). Abgesehen davon wurde im Beschwerdefall die Schubhaft auch zur Sicherung einer Ausweisung verhängt, wobei der Beschwerdeführer keine substantiellen Einwendungen dagegen vorbringt, daß die Behörde im Hinblick auf den in § 41 Abs. 1 FrG umschriebenen Zweck der Schubhaft jedenfalls berechtigten Grund für die Annahme haben konnte, daß eine Ausweisung möglich sein werde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Dezember 1994, Zl. 94/02/0360), d.h. nicht von vornherein ausgeschlossen sei.
Ferner meint der Beschwerdeführer, die Fremdenpolizeibehörde habe Vorbereitungen zu einer Abschiebung nach Jugoslawien getroffen und ein Heimreisezertifikat beim Generalkonsulat angefordert. Die Schubhaft könne im vorliegenden Fall daher nur der Sicherung der Abschiebung nach Jugoslawien dienen, eine derartige Abschiebung sei deshalb unzulässig, weil sie gegen § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG verstoße und sich die daraus resultierende Unzulässigeit der Abschiebung bereits aus dem Gesetz ergebe.
Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde zu erfolgen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, und vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0124, 0127). Da die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben war, war der belangten Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die Beurteilung von Abschiebungshindernissen im Rahmen der Schubhaftbeschwerde verwehrt.
Nach Meinung des Beschwerdeführers sei seine direkte Abschiebung nach Jugoslawien deshalb unmöglich, weil sie auf dem Landwege über Ungarn vollzogen werden müsse. Eine Abschiebung nach Ungarn habe die Behörde weder vorbereitet noch betrieben noch hätte eine derartige Abschiebung aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen durchgeführt werden können, weil Ungarn nicht verpflichtet werden könne, den Beschwerdeführer zu übernehmen. Damit sei eine Abschiebung auf dem Landwege nach Ungarn (gemeint in diesem Zusammenhang wohl: Jugoslawien) tatsächlich gar nicht durchführbar und allein aus diesem Grund könne die Schubhaft diesem Abschiebungszweck nicht dienlich sein. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer ebenfalls nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Nach § 36 Abs. 2 erster Satz FrG ist nämlich die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unter anderem aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für einen solchen Fall ist daher ein eigenes Verfahren vorgesehen, welches vor den Fremdenbehörden (§ 65 Abs. 1 FrG) zu führen ist. Die Überprüfung, ob eine Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (scheint), hat daher nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0227).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Unterlassung der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde beschwert. Seinem Vorbringen zufolge wären dabei Umstände zu klären gewesen, die aufgrund der dargestellten Rechtslage ohne Belang für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes waren. Da es dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen ist, die die Relevanz dieser behaupteten Verstöße gegen Verfahrensvorschriften darzutun, erübrigt es sich, auf die diesbezüglichen Ausführungen einzugehen.
Die Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994020128.X00Im RIS seit
03.04.2001