Index
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan SalzburgNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Dipl.-Ing. S M in H, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 18. September 2020, 405-3/705/1/5-2020, betreffend eine raumordnungsrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Marktgemeinde Bad Hofgastein; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 2020, mit welchem ihr aus Anlass der von ihr erstatteten Meldung vom 24. Juli 2019 die „zweitwohnsitzliche Nutzung“ einer näher bezeichneten Wohnung nicht bewilligt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die Revisionswerberin Wohnungseigentümerin der gegenständlichen Wohnung sei, die ihr von ihrer Mutter, welche seit 12. September 2012 Wohnungseigentümerin dieser Wohnung gewesen sei, mit Schenkungsvertrag vom 13. November 2017 übertragen worden sei. Die Wohnung sei nie als Hauptwohnsitz verwendet worden und liege nicht in einem ausgewiesenen Zweitwohnungsgebiet. Die Marktgemeinde B. sei Zweitwohnung-Beschränkungsgemeinde.
3 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe als Eigentümerin der gegenständlichen Wohnung rechtzeitig im Sinn des § 86 Abs. 15 Z 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2017, die zukünftige Verwendung als Zweitwohnung angezeigt und die Wohnung sei von 1. Jänner 2019 bis zur Anzeige nicht als Hauptwohnsitz, aber nach bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig (Leerstand) verwendet worden. Allerdings liege der Erwerb der Wohnung durch die Revisionswerberin zum Stichtag der Anzeige nicht länger als drei Jahre zurück. Aus der Zugehörigkeit der Revisionswerberin zum Kreis der gesetzlichen Erben hinsichtlich ihrer Mutter sei für sie nichts gewonnen, da eine solche Ausnahme in § 86 Abs. 15 ROG 2009 nicht enthalten sei. Mangels zehnjähriger Hauptwohnsitznutzung sei im Revisionsfall auch eine Zweitwohnsitzverwendung gemäß § 31 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 nicht möglich. Da auch die übrigen Ausnahmetatbestände der Z 2 bis 4 des § 31 Abs. 2 ROG 2009 nicht vorlägen, sei der Beschwerde keine Folge zu geben gewesen.
4 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob für den Kreis der gesetzlichen Erben die in § 86 Abs. 15 ROG 2009 genannten Einschränkungen unter Zugrundelegung des Sachlichkeitsgebotes anzuwenden seien oder nicht.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher aus Anlass dieser Beschwerde beschlossen hat, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022, G-366/2021-9, hat der Verfassungsgerichtshof § 31 Abs. 2 Z 5 ROG 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2017, und § 86 Abs. 15 ROG 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 62/2021 als verfassungswidrig aufgehoben und festgestellt, dass § 86 Abs. 15 ROG 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2017, verfassungswidrig war; unter einem hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.
6 In den Entscheidungsgründen führte der Verfassungsgerichtshof - hier auf das Wesentlichste zusammengefasst - aus, dass eine gezielte partielle Ausnahme bestehender Zweitwohnungsnutzungen von dem (näher dargestellten) Regelungssystem des ROG 2009, indem diese Nutzung durch § 86 Abs. 15 ROG 2009 ungeachtet der Voraussetzungen des ROG 2009 für eine zulässige Zweitwohnsitznutzung „legalisiert“ werde, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Es bestehe keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass der Landesgesetzgeber mit den in Prüfung gezogenen Bestimmungen nach dem „Regelungssystem alt“ unzulässige Zweitwohnungsnutzungen im „Regelungssystem neu“ für zulässig erkläre und sie dabei von allen Zweitwohnungsbeschränkungen, insbesondere des § 31 Abs. 2 ROG 2009 (keine Zweitwohnungen in Zweitwohnung-Beschränkungsgemeinden bzw. Zweitwohnung-Beschränkungsgebieten außerhalb zulässiger Zweitwohnungsgebiete), freistelle.
7 Mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022, E 3788/2020-16, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
8 In seiner Begründung führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Verfassungswidrigkeit des § 86 Abs. 15 ROG 2009 behauptet werde, sei es im Hinblick auf das zur Zahl G 366/2021 durchgeführte Gesetzesprüfungsverfahren, mit dem „§ 31 Abs. 2 Z 5 idF LGBl. 82/2017 und § 86 Abs. 15 idF LGBl. 62/2021“ als verfassungswidrig aufgehoben und festgestellt worden sei, dass „§ 86 Abs. 15 idF LGBl. 82/2017“, verfassungswidrig gewesen sei, sohin diese Ausnahmeregelung in Bezug auf Zweitwohnsitzbeschränkungen im Land Salzburg gänzlich beseitigt worden sei, einerseits und den Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses andererseits - das Verwaltungsgericht habe ausgesprochen, dass die Revisionswerberin die Voraussetzungen des § 86 Abs. 15 ROG 2009 nicht erfüllt hatte - ausgeschlossen, dass die Anwendung dieser Bestimmung für die Rechtsstellung der Revisionswerberin nachteilig gewesen sei.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
12 Ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt ist, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 29.6.2020, Ro 2019/11/0003, mwN). Gleiches gilt, wenn das rechtliche Schicksal der Revision nicht (mehr) von der Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage abhängt.
13 Der Revisionsfall stellt einen Anlassfall (vgl. Art. 140 Abs. 7 B-VG) dar und ist somit nach der bereinigten Rechtslage zu beurteilen. Hinsichtlich des Anlassfalles ist daher so vorzugehen, als ob die mit dem oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2022 als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des ROG 2009 bereits zum Zeitpunkt der Erstattung der Meldung durch die Revisionswerberin nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätten (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 4.8.2021, Ro 2020/11/0023, und VwGH 7.12.2020, Ra 2019/21/0163, mwN). Vor diesem Hintergrund ist die für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision angeführte Rechtsfrage, ob die in § 86 Abs. 15 ROG 2009 genannten Einschränkungen unter Zugrundelegung des Sachlichkeitsgebotes auf den Kreis der gesetzlichen Erben anzuwenden seien oder nicht, der sich die Revisionswerberin mit näherer Begründung anschloss, im Revisionsfall nicht mehr von Bedeutung.
14 Im Übrigen hat die revisionswerbende Partei in der ordentlichen Revision von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern sie der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ro 2015/05/0009, mwN). In der Revision wird kein über die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes hinausgehendes Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit erstattet.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 23. März 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022060021.J00Im RIS seit
25.04.2023Zuletzt aktualisiert am
25.04.2023