Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §59 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des G A S und 2. der R S, beide in H, beide vertreten durch Mag. Hannes Gabriel, Rechtsanwalt in 9871 Seeboden, Hauptstraße 84, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 21. Oktober 2022, KLVwG-830-831/6/2021, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hermagor), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H-P vom 3. März 1999 wurde gegenüber den Revisionswerbern gemäß § 4 Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz (K-GKG) die Pflicht zum Anschluss ihres auf einem näher bezeichneten Grundstück errichteten Wohnhauses an die Kanalisationsanlage der Stadtgemeinde H-P ausgesprochen. Die Revisionswerber kamen dieser Verpflichtung nicht nach.
2 Mit der sodann am 26. Mai 2009 von der Bezirkshauptmannschaft Hermagor erlassenen Vollstreckungsanordnung, wurde gegenüber den Revisionswerbern die Ersatzvornahme verbunden mit einem Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) angeordnet.
3 Die dagegen von den Revisionswerbern erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 2012, 2009/05/0340, wurden die Beschwerden der Revisionswerber gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 9. November 2009, als unbegründet abgewiesen.
4 Am 10. November 2015 wurde auf der Liegenschaft der Revisionswerber mit den Vorarbeiten zur Errichtung der Hausanschlussleitung begonnen. In der Folge wurden die Arbeiten für die angeordnete Ersatzvornahme aber aufgrund des von den Revisionswerbern beim Bezirksgericht Hermagor am selben Tag erwirkten einstweiligen Bauverbots, welches die Revisionswerber im Rahmen der von ihnen beim Bezirksgericht Hermagor eingebrachten Bauverbotsklage beantragt hatten, eingestellt.
5 Nach Zurückweisung der Klage durch das Bezirksgericht Hermagor ordnete die belangte Behörde mit der „2. Vollstreckungsanordnung“ vom 10. Dezember 2020 gegenüber den Revisionswerbern nochmals die Ersatzvornahmen und erließ einen weiteren Kostenvorauszahlungsauftrag.
6 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis im Spruchpunkt I. Folge und behob die nochmalige Anordnung der Ersatzvornahme wegen rechtskräftig entschiedener Sache ersatzlos. Im Übrigen wurde die Beschwerde der Revisionswerber als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen übergeordneter Titel „Vollstreckungsanordnung“ durch das Wort „Bescheid“ ersetzt werde und der Wortlaut des Kostenvorauszahlungsauftrages dahingehend zu lauten habe, dass im Zusammenhang mit der rechtskräftigen Vollstreckungsverfügung der „Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt“ (richtig: Hermagor) vom 26. Mai 2009, mit dem gegenüber den Revisionswerbern die Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 1 VVG angeordnet worden sei, in Verbindung mit dem den Revisionswerbern mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H-P vom 3. März 1999 erteilten Kanalanschlussauftrag, den Revisionswerbern als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme ein Betrag von € 4.250,00 vorgeschrieben werde (Spruchpunkt II.). Weiter sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt IV.).
7 Begründend führte es zunächst zur Aufhebung (Spruchpunkt I.) aus, dass die mit rechtskräftigen Bescheid vom 26. Mai 2009 angeordnete Ersatzvornahme bisher nicht vollstreckt worden und somit noch aufrecht sei. Wegen des Vorliegens einer entschiedenen Sache könne daher nicht neuerlich über diese Sache entschieden werden. Im Weiteren hielt es zu Spruchpunkt II. fest, dass die Bauarbeiten aufgrund der von den Revisionswerbern beim Bezirksgericht Hermagor erwirkten einstweiligen Verfügung eingestellt worden seien und der Urzustand zur Abwehr von Folgeschäden wiederhergestellt worden sei. Insgesamt seien dafür € 2.225,45 der bei den Revisionswerbern eingehobenen Kostenvorauszahlung aufgewendet worden. Der mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 neuerlich mit einem weiteren Kostenvorauszahlungsauftrag angeordneten Ersatzvornahme habe die belangte Behörde - die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wiedergegebene - Kostenschätzung eines bautechnischen Amtssachverständigen vom 22. August 2018 zugrundegelegt, in welcher die für die Ersatzvornahme erforderlichen Leistungen detailliert aufgelistet worden seien. Hinsichtlich des zweiten Kostenvorauszahlungsauftrages vom 10. Dezember 2020 liege keine entschiedene Sache vor, weil betreffend die Höhe der nunmehr - 13 Jahre nach dem ersten Kostenvorauszahlungsauftrag - erforderlichen Aufwendungen für eine Ersatzvornahme, insbesondere aufgrund der mittlerweile erheblich gestiegenen Baupreise, eine maßgeblich geänderte Sachlage gegeben sei.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision, die sich ausschließlich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wendet, bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, konkret bestehe die hier zu lösende Rechtsfrage darin, ob eine bereits einmal aus nicht in der Sphäre der Revisionswerber liegenden Gründen gescheiterte Vollstreckung durch Ersatzvornahme lediglich durch Vorschreibung eines neuerlichen, allerdings doppelt so hohen Kostenvorauszahlungsbetrages ohne Gewährung von Parteiengehör „nach § 102 WRG 1959“ und Durchführung eines Ermittlungsverfahrens fortgesetzt werden könne, ohne dass ein konkretisierter Vollstreckungsauftrag erteilt werde.
12 Dazu ist vorweg festzuhalten, dass sich die Revision nicht gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wendet, mit dem die ersatzlose Behebung des Spruchpunkts I. des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides ausgesprochen wurde. Der ausschließlich in Revision gezogene Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses enthält lediglich einen Kostenvorauszahlungsauftrag, der auf eine rechtskräftige Vollstreckungsanordnung Bezug nimmt (vgl. zu dieser Vollstreckungsanordnung das dazu ergangene hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, 2009/05/0340, in dem auch die schon in jenem Verfahren vorgebrachten Bedenken gegen die Konkretisierung der Vollstreckungsanordnung als nicht geeignet beurteilt wurden, um eine Rechtswidrigkeit des dort angefochtenen Bescheides aufzuzeigen).
13 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen die Vorschreibung einer höheren Kostenvorauszahlung als bei der erstmaligen Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrags rügt, ist darauf hinzuweisen, dass, wenn sich der Sachverhalt seit der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrags so geändert hat, dass ein Dritter die erforderlichen Maßnahmen nicht mehr zu den seinerzeitigen Bedingungen durchführen kann, nichts gegen die neuerliche Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages spricht (vgl. VwGH 22.9.1998, 97/05/0182). Der vom Verwaltungsgericht mit näherer Begründung getroffenen Annahme, es liege im Hinblick auf den seit Erlassung des ersten Kostenvorauszahlungsauftrags vergangenen Zeitraum von 13 Jahren eine maßgeblich geänderte Sachlage vor, unzutreffend wäre, tritt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen.
14 Im Weiteren bringen die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vor, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Kostenschätzung aufgeschlüsselt und nachvollziehbar sein müsse.
15 Dazu ist festzuhalten, dass die belangte Behörde ihrem Bescheid vom 10. Dezember 2020 die aufgeschlüsselte Kostenschätzung des bautechnischen Amtssachverständigen vom 22. August 2018 zugrunde legte, welche das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis wiedergab. Es ist somit nicht ersichtlich, inwiefern für die Revisionswerber die Möglichkeit der Überprüfung und damit die Konkretisierung der preislichen Unangemessenheit im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.1997, 94/05/0272) nicht möglich gewesen wäre.
16 In diesem Zusammenhang sind die Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass die Beweislast für die Behauptung der preislichen Unangemessenheit dieser Kosten den Verpflichteten trifft. Einwendungen gegen die Kostenvorschreibung kann der Verpflichtete nur unter dem Gesichtspunkt erheben, dass die vorgeschriebenen Kosten unverhältnismäßig hoch seien oder dass die durchgeführten Arbeiten über die Leistung, die von ihm zu erbringen gewesen wäre, unbegründeterweise hinausgegangen seien (VwGH 15.7.2003, 2002/05/0749; sowie das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis VwGH 25.9.2012, 2009/05/0340; jeweils mwN). Die Revision bringt keine konkreten Gründe vor, die eine Unangemessenheit der Kosten belegen würden.
17 Zuletzt behauptet die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit der Trennung der in einem Bescheid angeordneten Ersatzvornahme und der mit dieser konkreten Ersatzvornahme verbundenen Kosten. Das Verwaltungsgericht habe als funktional unzuständige Behörde bei der aufrechten erstinstanzlichen Vollstreckungsanordnung vom 26. Mai 2009 zumindest teilweise in der Sache selbst entschieden, anstatt die gesamte rechtswidrige Vollstreckungsanordnung vom 10. Dezember 2020, also auch den Spruchpunkt betreffend den Kostenvorauszahlungsauftrag ersatzlos aufzuheben.
18 Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass die von der Revision in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.3.1988, 87/09/0166, und VwGH 10.11.2022, Ra 2022/06/0079) keinerlei Bezug zur aufgeworfenen Rechtsfrage der Trennbarkeit der Anordnung der Ersatzvornahme von der Vorschreibung eines Kostenvorauszahlungsbetrages aufweisen. Entgegen dem Vorbringen in der Revision handelt es sich bei der Anordnung der Ersatzvornahme und der Vorschreibung eines Kostenvorauszahlungsbetrages nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um voneinander trennbare Absprüche (vgl. VwGH 27.4.2017, Ro 2015/07/0037, mwH).
19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. März 2023
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022060312.L00Im RIS seit
25.04.2023Zuletzt aktualisiert am
25.04.2023