TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/10 95/20/0212

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §13 Abs1;
AsylG 1991 §13 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des A, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie für den 22. Bezirk in Wien, Schrödinger Platz 1, dieses wiederum vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 1995, Zl. 4.345.638/1-III/13/1995, betreffend die Zurückweisung der Berufung in einer Asylsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines irakischen Staatsangehörigen, gegen die seinen Antrag auf Asylgewährung vom 7. Oktober 1994 abweisende Entscheidung des Bundesasylamtes vom 21. Dezember 1994 als verspätet zurückgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies damit, daß der Bescheid des Bundesasylamtes dem gesetzlichen Vertreter, dem zuständigen Amt für Jugend und Familie, am 27. Dezember 1994 zugestellt und dagegen innerhalb der 14-tägigen Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG ein Rechtsmittel nicht erhoben worden sei. Die erst am 13. Jänner 1995 eingebrachte Berufung sei demgemäß als verfristet zurückzuweisen gewesen.

Die vorliegende Beschwerde ficht den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an und führt dazu - zusammengefaßt - aus: Er sei am 6. Oktober 1994 nach Österreich eingereist und habe hier einen Antrag auf Asylgewährung gestellt. Seine Eltern seien im Irak verblieben. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1994 habe das Bundesasylamt diesen Antrag abgewiesen. Der Bescheid sei zwar dem für seine gesetzliche Vertretung zuständigen Amt für Jugend und Familie in Wien am 27. Dezember 1994 zugestellt, von diesem ihm jedoch erst am 30. Dezember 1994 mit dem Bemerken weitergeleitet worden, daß die Ergreifung einer Berufung wegen Aussichtslosigkeit abgelehnt werde. Der Beschwerdeführer habe deshalb mit Hilfe einer Betreuungsstelle die von der belangten Behörde zurückgewiesene Berufung verfaßt und am 12. Jänner 1995 zur Post gegeben. In rechtlicher Hinsicht ergebe sich aus § 13 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 1991, daß Asylanträge auch von unbegleiteten Fremden, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gestellt werden könnten. Da der noch minderjährige Beschwerdeführer ohne seinen gesetzlichen Vertreter nach Österreich eingereist sei, habe er selbständig einen Asylantrag einbringen können. Im übrigen obliege gemäß Abs. 2 leg. cit. die Vertretung von Asylwerbern, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger. Diese Bestimmung diene ausschließlich dem Schutz des Minderjährigen, sodaß sich die Auslegung dieser Norm daran zu orientieren habe. Dies führe zur Berechtigung des Minderjährigen, ein Rechtsmittel auch ohne Einschreiten des gesetzlichen Vertreters erheben zu können. Aufgrund der Ablehnung durch das Amt für Jugend und Familie, eine Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes zu erheben, müsse die gesetzliche Vertretung als beendet angesehen werden. Damit sei aber die rechtswirksame Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes erst mit Einlangen beim Beschwerdeführer selbst am 30. Dezember 1994 als bewirkt anzusehen, sodaß die am 12. Jänner 1995 eingebrachte Berufung rechtzeitig gewesen sei.

Die belangte Behörde hätte vor Erlassung des bekämpften Bescheides abklären müssen, ob nicht wegen der Ablehnung der Erhebung eines Rechtsmittels durch den Jugendwohlfahrtsträger das Vertretungsverhältnis beendet worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die 14-tägige Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG beginnt mit der rechtswirksamen Zustellung des anzufechtenden Bescheides. Da der Beschwerdeführer im Grunde des § 13 Abs. 1 Asylgesetz 1991 im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides am 27. Dezember 1994 prozeßunfähig war und daher eine Berufung rechtswirksam ausschließlich von seinem gesetzlichen Vertreter - das ist im vorliegenden Fall unbestritten der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger, der gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz 1991 die Interessen des Beschwerdeführer von Amts wegen wahrzunehmen hat - erhoben werden konnte, bedurfte es nicht der (persönlichen) Kenntnisnahme des anzufechtenden Bescheides durch den Beschwerdeführer, um den Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang zu setzen. Die dem Beschwerdeführer mitgeteilte Auffassung des Jugendwohlfahrtsträgers, wonach die Einbringung einer Berufung aussichtslos erscheine, änderte nichts an der mit 27. Dezember 1994 erfolgten rechtswirksamen Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes. Dem Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen oblag gerade auch die Beurteilung, ob die Einbrigung eines Rechtsmittels Aussicht auf Erfolg habe. Jedenfalls konnte die Einschätzung des Jugendwohlfahrtsträgers über die Erfolgsaussicht der Berufung keinen Einfluß auf das zum Zeitpunkt der Zustellung gesetzlich bestandene Vertretungsverhältnis haben, sodaß die belangte Behörde keine Veranlassung hatte, über die vom Jugendwohlfahrtsträger beabsichtigte (weitere) prozessuale Vorgangsweise Erhebungen anzustellen. Die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1981, Zl. 365/79, betraf einen anders gelagerten und hier für die Frage der rechtswirksamen Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes nicht relevanten Sachverhalt. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung am 13. Jänner 1995 war vielmehr die mit der am 27. Dezember 1994 erfolgten Zustellung an den Jugendwohlfahrtsträger rechtswirksam in Gang gesetzte 14-tägige Berufungsfrist abgelaufen, sodaß die belangte Behörde die Berufung mit Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

Da somit nach dem Inhalt der Beschwerde die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200212.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten