TE Lvwg Erkenntnis 2023/4/11 LVwG-1-398/2022-R16

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Veröffentlicht am 11.04.2023
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Entscheidungsdatum

11.04.2023

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §20 Abs1
VStG §44a Z1
  1. StVO 1960 § 20 heute
  2. StVO 1960 § 20 gültig ab 01.07.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2005
  3. StVO 1960 § 20 gültig von 22.07.1998 bis 30.06.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/1998
  4. StVO 1960 § 20 gültig von 01.10.1994 bis 21.07.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 518/1994
  5. StVO 1960 § 20 gültig von 01.03.1989 bis 30.09.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 86/1989
  6. StVO 1960 § 20 gültig von 01.10.1988 bis 28.02.1989 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 573/1987

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Claudia Schuler über die Beschwerde des A P, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 12.05.2022 betreffend Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die Spruchpunkte 1. und 3. aufgehoben werden und das Strafverfahren diesbezüglich eingestellt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt 2. die Wortfolge „Sie sind die Straße auf und ab gefahren und haben permanent gehupt.“ entfällt.

Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens beträgt nunmehr 10 Euro. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 10 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft F zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten unter Spruchpunkt 1. vorgeworfen, er habe am 06.02.2022 um 00.46 Uhr in B, Fstraße, Fahrtrichtung B, als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XXX (A) seine Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Sichtverhältnissen angepasst, da er nachts mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei. Laut Zeuge habe er ein Straßenrennen veranstaltet. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 20 Abs 1 StVO. Es wurde eine Geldstrafe von 300 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und 18 Stunden festgesetzt.

Unter Spruchpunkt 2. wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 06.02.2022 um 00.46 Uhr in B, Fstraße, Fahrtrichtung B, Schallzeichen abgegeben, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert habe. Er sei die Straße auf und ab gefahren und habe permanent gehupt. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 22 Abs 2 StVO. Es wurde eine Geldstrafe von 30 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Stunden festgesetzt.

Unter Spruchpunkt 3. wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 06.02.2022 um 00.46 Uhr in B, Fstraße, Fahrtrichtung B, optische Warnzeichen (Warnblinkanlage eingeschaltet), abgegeben, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert habe. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 22 Abs 1 letzter Satz StVO. Es wurde eine Geldstrafe von 50 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, das Straferkenntnis werde sowohl im Grunde als auch der Höhe nach zur Gänze bestritten. Der Beschuldigte habe sich nichts vorzuwerfen, da dieser vom Strafverfahren durch den gegenständlichen Bescheid Kenntnis erlangt habe. Es würden nachstehende Anträge gestellt werden. Die Bezirkshauptmannschaft (Anmerkung gemeint wohl das Landesverwaltungsgericht) wolle das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu die Strafe deutlich herabsetzen.

3.              Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschuldigte lenkte am 06.02.2022 um 00.46 Uhr das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XXX (A) in B, auf der Fstraße in Fahrtrichtung B.

Der Beschuldigte hat Schallzeichen abgegeben, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert hat.

4.              Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der mündlichen Verhandlung am 06.12.2022 als erwiesen angenommen.

Dass der Beschuldigte am 06.02.2022, um 00:46 Uhr, das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XXX (A) in B, auf der Fstraße in Fahrtrichtung B lenkte, ergibt sich aus der Anzeige der Stadtpolizei B vom 07.02.2022 in Zusammenschau mit dem Schreiben des Beschuldigten vom 04.04.2022. Der Beschuldigte bestreitet nicht, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur angeführten Zeit am angeführten Ort gelenkt zu haben, weshalb unter Pkt 3. die entsprechende Feststellung zu treffen war.

Die Feststellung, dass der Beschuldigte Schallzeichen abgegeben hat, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte, beruht auf der Aussage der Zeugin R F in Zusammenschau mit der Anzeige der Stadtpolizei B vom 07.02.2022. Die Zeugin R F führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht glaubhaft aus, dass sie um diese Uhrzeit geschlafen habe und im Schlaf die Hupgeräusche wahrgenommen habe. Nachdem dieses Hupen und auch das Geschrei immer lauter geworden seien und nicht aufgehört hätten, sei sie dann aufgestanden. Sie habe wahrgenommen, dass da mehrere Autos standen. Sie habe dann 133 angerufen und zeitgleich habe vor dem Fenster ein Formel-1-arter Tumult stattgefunden. Mit Aufheulen und Tumult seien die Fahrzeuge Richtung B gefahren. Die Situation habe sich derart gestaltet, dass wenn sie aus dem Fenster sehe, sei es so, dass sich darunterliegend ein Bauernhaus mit einem großen Vorplatz befinde. Vor diesem Vorplatz befinde sich dann die Straße. Dort seien dann die drei Autos gestanden, wobei alles so schnell abgelaufen sei. Es sei ein Hupkonzert gewesen. Es sei einfach abwechselnd von allen Fahrzeuglenkern gehupt worden.

Das Landesverwaltungsgericht folgt den Angaben der im Rahmen der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugin, die einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterließ und der Wahrheitspflicht unterliegt. Die Zeugin schilderte klar und eindrücklich, dass sich beim angeführten Tatort drei Autos aufhielten, ein Hupkonzert stattgefunden habe und dass abwechselnd von allen Fahrzeuglenkern gehupt worden sei. Laut Anzeige der Stadtpolizei B vom 07.02.2022 sind drei PKW, ua auch der Beschuldigte, angehalten und kontrolliert worden. Nachdem der Beschuldigte unbestritten das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XXX zur angeführten Tatzeit lenkte und die obgenannte Zeugin darlegte, dass alle drei Fahrzeuglenker abwechseln gehupt hätten und ein Hupkonzert stattgefunden habe, war unter Pkt 3 festzustellen, dass der Beschuldigte Schallzeichen abgegeben hat, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte. Dass keine Verkehrssituation vorlag, die die Abgabe von Schallzeichen erforderte, ergibt sich auch aus dem Schreiben des Beschuldigten vom 04.04.2022, wonach zur angegebenen Zeit keine weiteren Fahrzeuge (ausgenommen seiner Kollegen in ihren Autos) oder Personen unterwegs gewesen seien, für die ein Hupzeichen erforderlich gewesen wäre, um sie vor einer Gefahr zu warnen.

5.1.           Zu Spruchpunkt 1.

Nach § 99 Abs 3 lit a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 154/2021 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Nach § 20 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 52/2005, hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, dass er den übrigen Verkehr behindert.

Nach § 44a Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr 52/1991, hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es gemäß § 44a Z 1 VStG rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dient nach der Rechtsprechung dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl VwGH 17.2.2016, Ra 2016/04/0006, mwN). Welche Tatbestandsmerkmale die Tatumschreibung demnach zu enthalten hat, ist vom betreffenden Tatbestand des zur Anwendung gelangenden Materiengesetzs und den jeweiligen Begleitumständen abhängig (vgl dazu VwGH 12.02.2020, Ra 2020/04/0034).

§ 20 Abs 1 StVO stellt auf einen relativen Maßstab ab, nämlich eine den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragende Geschwindigkeit. Unter Bedachtnahme auf den der Straßenverkehrsordnung innewohnenden Gedanken der größtmöglichen Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer ist diese Vorschrift der Inhalt beizumessen, dass der Lenker eines Kraftfahrzeuges seine Fahrgeschwindigkeit so einzurichten hat, dass er den sich aus der besonderen Verkehrssituation ergebenden Verhältnissen jederzeit gerecht werden kann.

Im vorliegenden Fall wird dem Beschuldigten lediglich vorgeworfen er habe als Lenker eines näher bezeichneten Fahrzeuges seine Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Sichtverhältnissen angepasst, da er nachts mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei.

Zur Beurteilung der Frage, ob ein Lenker eine iSd § 20 Abs 1 StVO unzulässige Geschwindigkeit eingehalten hat, muss jedenfalls diese Geschwindigkeit erhoben, ziffernmäßig festgestellt und als Teil „als erwiesen angenommenen Tat“ im Spruch des Straferkenntnisses angeführt werden. Es genügt nicht, als erwiesen anzunehmen, der Lenker habe eine in Bezug auf die gegebenen Straßen- und Sichtverhältnisse überhöhte Geschwindigkeit eingehalten.

Aufgrund dessen, dass die belangte Behörde dem Beschuldigten lediglich zur Last gelegt hat, dass er als Lenker eines näher bezeichneten Fahrzeuges seine Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umstände, insbesondere den Sichtverhältnissen nicht angepasst habe, da er nachts mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei, wurde den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Dem Landesverwaltungsgericht war es nicht möglich eine Richtigstellung der Tatanlastung vorzunehmen, da innerhalb der Verfolgungsverjährung keine alle der Bestrafung zur Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

5.2.           Zu Spruchpunkt 2:

Nach § 99 Abs 3 lit a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 154/2021 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Nach § 22 Abs 1 StVO 1960, BGBl 159, 1960, BGBl Nr 518/1994, hat der Lenker eines Fahrzeuges andere Straßenbenützer mit der zum Abgeben von akustischen Warnzeichen bestimmten Vorrichtungen durch deutliche Schallzeichen, sofern solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört sind, durch deutliche Zurufe zu warnen, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Der Lenker darf auch durch Blinkzeichen warnen, wenn sie ausreichen und nicht blenden.

Nach § 22 Abs 2 StVO ist die Abgabe von Schallzeichen (Abs 1) unbeschadet der Bestimmungen über das Hupverbot (§ 43 Abs 2) verboten, wenn es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert. Schallzeichen dürfen insbesondere vor Kirchen und gekennzeichneten Schulen und Krankenhäusern sowie zur Nachtzeit nicht länger als unbedingt nötig gegeben werden.

Warnzeichen sind nur dann abzugeben, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Die Betätigung der akustischen Warneinrichtungen hat ansonsten zu unterbleiben. Es ist verboten solche Zeichen abzugeben, die mit der Sicherheit des Verkehrs nicht zusammenhängen.

Die Abgabe von Schallzeichen ist nicht nur dann verboten, wenn ein entsprechendes Hupverbot angeordnet wurde und „zur Abwendung einer Gefahr von einer Person ein anderes Mittel ausreicht“, sondern auch dann, wenn ein derartiges Verbot nicht besteht, jedoch „es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert“ (vgl dazu VwGH 21.10.1983, 83/02/0089).

Demnach dürfen akustische Warnzeichen nur dann abgegeben werden, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Ansonsten hat die Betätigung der akustischen Warneinrichtung unbedingt zu unterbleiben. Es ist auch verboten solche Zeichen zu Zwecken abzugeben, die mit der Sicherheit des Verkehrs nicht zusammenhängen. Die Abgabe von Schallzeichen in Form eines „Hupkonzertes“ ist somit verboten und dient gerade nicht dazu andere Verkehrsteilnehmer auf eine Gefahr hinzuweisen, weshalb der Beschuldigte in subjektiver Hinsicht den Tatbestand verwirklicht hat.

Zur subjektiven Tatseite ist darzulegen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Es liegt ein sogenanntes Unbehorsamsdelikt vor zu dessen Verwirklichung fahrlässiges Verhalten ausreicht und zu dessen Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. Bei solchen Delikten ist von fahrlässigem und daher schuldhaften Verhalten auszugehen, wenn nicht glaubhaft gemacht wird, dass den Beschuldigten an der Verwirklichung des Tatbestandes kein Verschulden trifft. Seitens des Beschuldigten wurde während des Verfahrens diesbezüglich kein Vorbringen erstattet.

5.3.           Zu Spruchpunkt 3:

Nach § 99 Abs 3 lit a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159/1960 idF BGBl I Nr 154/2021 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Nach § 22 Abs 1 StVO 1960, BGBl 159, 1960, BGBl Nr 518/1994, hat der Lenker eines Fahrzeuges andere Straßenbenützer mit der zum Abgeben von akustischen Warnzeichen bestimmten Vorrichtungen durch deutliche Schallzeichen, sofern solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört sind, durch deutliche Zurufe zu warnen, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Der Lenker darf auch durch Blinkzeichen warnen, wenn sie ausreichen und nicht blenden.

Nach § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 33/2013 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Laut Judikatur des VfGH enthält die Bestimmung des § 22 Abs 1 StVO 1960 das Gebot an den Lenker eines Fahrzeuges, andere Straßenbenützer unter den angeführten Voraussetzungen mit bestimmte Vorrichtungen durch Schallzeichen, sind solche nicht vorhanden, durch deutliche Zurufe zu warnen. Der letzte Satz des Abs 1 eröffnet für den Lenker, sofern eine Verpflichtung zur Warnung iSd ersten Satzes des Abs 1 gegeben ist, die Möglichkeit auch durch Blinkzeichen zu warnen, wenn sie ausreichen und nicht blenden. Die Bestimmung des § 22 Abs 2 StVO enthält ausschließlich ein Verbot für die Abgabe von Schallzeichen. Ein Verbot für die Abgabe von Blinkzeichen ist weder in der Bestimmung des § 22 StVO noch in einer anderen Bestimmung des Gesetzes enthalten. Es fehlt demnach an einer Norm, nach der die Abgabe von Blinkzeichen dann, wenn die Verkehrssicherheit deren Abgabe nicht erfordert, mit Strafe bedroht ist (VfGH 11.10.1975, B 227/1975, VfSlG 7642/ 1975). Der VwGH schließt sich dieser Rechtsanschauung des VfGH an (VwGH 30.10.2006, 2006/02/0168).

Demnach ist die Abgabe von Blinkzeichen mangels ausdrücklichen Verbotes nicht nach § 22 StVO strafbar. Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat bildet keine Verwaltungsübertretung nach § 22 StVO, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

6.              Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bestimmung des § 22 Abs 2 StVO dient insbesondere dem Schutz vor der mit Abgabe von Schallzeichen verbundenen Lärmbelästigung und der besonderen Störung der Ruhe. Der Beschuldigte hat diesem Schutzzweck nicht unerheblich zuwidergehandelt. Es wird von Fahrlässigkeit ausgegangen. Im vorliegenden Fall waren weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen.

Der Beschuldigte hat keine Angaben zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnisse gemacht. Das Landesverwaltungsgericht würde die verhängte Geldstrafe, die sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes auch bei einer Person mit ungünstigen persönlichen Verhältnissen für angemessen ansehen.

Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

7.              Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Im Erkenntnis wurde unter Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe von 300 Euro, unter Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe von 30 Euro und unter Spruchpunkt 3. eine Geldstrafe von 50 Euro ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Straßenverkehrsordnung, Geschwindigkeitsübertretung, Tatumschreibung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2023:LVwG.1.398.2022.R16

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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