TE Lvwg Erkenntnis 2023/3/22 LVwG-2022/37/3326-3

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Veröffentlicht am 22.03.2023
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Entscheidungsdatum

22.03.2023

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WRG 1959 §10
WRG 1959 §137
VStG §5
VStG §19
VStG §20
VStG §31
VStG §32
VStG §45
VwGVG §29
VwGVG §50
VwGVG §52
  1. WRG 1959 § 137 heute
  2. WRG 1959 § 137 gültig ab 26.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2017
  3. WRG 1959 § 137 gültig von 19.06.2013 bis 25.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2013
  4. WRG 1959 § 137 gültig von 31.03.2011 bis 18.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  5. WRG 1959 § 137 gültig von 27.07.2006 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2006
  6. WRG 1959 § 137 gültig von 22.12.2003 bis 26.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  7. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2002 bis 21.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2001
  8. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2001 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000
  9. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2001 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2000
  10. WRG 1959 § 137 gültig von 30.12.2000 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000
  11. WRG 1959 § 137 gültig von 08.07.2000 bis 29.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2000
  12. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2000 bis 07.07.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/1999
  13. WRG 1959 § 137 gültig von 01.10.1997 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  14. WRG 1959 § 137 gültig von 20.06.1997 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/1997
  15. WRG 1959 § 137 gültig von 01.07.1990 bis 19.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990
  1. VStG § 31 heute
  2. VStG § 31 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 31 gültig von 01.07.2013 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 31 gültig von 26.03.2009 bis 30.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. VStG § 31 gültig von 01.01.1999 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. VStG § 31 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995
  7. VStG § 31 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. VStG § 32 heute
  2. VStG § 32 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 32 gültig von 01.07.2013 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 32 gültig von 01.01.1999 bis 30.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  5. VStG § 32 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der DIin (FH) AA, vertreten durch Dr. BB, Rechtsanwalt in **** Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z (= belangte Behörde) vom 22.11.2022, Zl ***, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch die verletzte Rechtsvorschrift wie folgt anzuführen ist: 

„§ 10 Abs 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I
Nr 74/1997, iVm § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959, BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 58/2017 iVm § 9 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1951 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I
Nr 3/2008“

2.   Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 436,00 zu leisten.

3.   Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis vom 22.11.2022 legte die belangte Behörde DIin (FH) AA (= der Beschwerdeführerin) zur Last, es als verantwortliche Beauftragte gemäß
§ 9 Abs 2 VStG der CC WohnungsGmbH mit Sitz in
**** Z, Adresse 1, zu verantworten, dass die mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Z vom 27.06.2008, Zl ***, bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³/a im Zeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest den 14.12.2021 in einem näher definierten Ausmaß überschritten worden sei. Durch die CC WohnungsGmbH sei daher entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung vom 27.06.2008 über den auf dem Gst Nr **1, GB ***** Y, befindlichen Entnahmebrunnen mit der amtlichen Katasternummer *** im Zeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest 14.12.2021, sohin in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021, jeweils eine die bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³/a erheblich übersteigende Menge an Grundwasser erschlossen worden. Dieses jeweils über die bewilligte Jahreskonsenswassermenge hinausgehend erschlossene Grundwasser sei in weiterer Folge zu einem unbekannten, jedoch nicht bloß geringfügigen Teil auch zu Heiz- und Kühlzwecken für die auf den Gste Nr **1 und **2, beide
GB ***** Y, befindlichen Gebäude („Passivhäuser CC“) verwendet worden. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 iVm § 9 Abs 2 VStG verletzt worden, weswegen über die Beschwerdeführerin gemäß § 137 Abs 2 WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.180,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) verhängt wurde.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2022 hat DI (FH) AA, vertreten durch Dr. BB, Rechtsanwalt in **** Z, Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 22.11.2022, Zl ***, eingebracht und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; hilfsweise wird beantragt, die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen. Der Beschwerde war der Schriftsatz des Mag. DD vom 30.08.2022 beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 28.12.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 22.11.2022 vorgelegt und sich zum Beschwerdevorbringen geäußert.

Am 22.03.2023 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin verwies auf das bisherige Vorbringen, insbesondere in der Stellungnahme vom 29.09.2022 und der Beschwerde vom 19.12.2022. Ergänzend hob er hervor, dass in der Zwischenzeit mit Bescheid vom 28.02.2023, Zl ***, eine erhöhte Jahreskonsenswassermenge genehmigt worden sei (Jahresbedarf Sommerbetrieb: 7.520 m³; Jahresbedarf Winterbetrieb: 65.550 m³). Im Rahmen des Wiederverleihungsverfahrens habe die kulturbautechnische Amtssachverständige Dr.in EE das Gutachten vom 23.01.2023, Zl ***, erstattet. Aus diesem Gutachten gehe hervor, dass die nunmehr festgelegte erhöhte Jahreskonsens-wassermenge keine nachteiligen Auswirkungen für nach dem WRG 1959 zu schützende Rechtsgüter habe.

Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die Darlegungen im angefochtenen Straferkenntnis und in der Stellungnahme vom 28.12.2022. Zum ergänzenden Vorbringen der Beschwerdeführerin hielt der Vertreter der belangten Behörde fest, dass im Falle einer erheblichen Schädigung des Wasserhaushaltes durch Verstöße gegen die §§ 9 und 10 WRG 1959 die strengere Strafbestimmung § 137 Abs 3 Z 9 WRG 1959 anzuwenden sei. Das Unterbleiben einer erheblichen Schädigung des Wasserhaushaltes im gegenständlichen Fall sei daher nicht strafmildernd zu werten, die Strafbestimmung des § 137 Abs 3 Z 9 WRG 1959 sei ohnedies nicht herangezogen worden.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei, durch die Einvernahme der kulturbautechnischen Amtssachverständigen Dr.in EE sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.

Weitere Beweise wurden nicht beantragt und auch nicht aufgenommen.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat unmittelbar nach der Verkündung des Erkenntnisses dessen Ausfertigung beantragt. Der Vertreter der belangten Behörde gab kein Erklären ab.

II.      Beschwerdevorbringen und Vorbringen der belangten Behörde:

1.       Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerdeführerin macht die Beschwerdegründe der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die Beschwerdeführerin moniert, dass die belangte Behörde ihr die Stellungnahme der kulturbautechnischen Amtssachverständigen Dr.in EE vom 31.10.2022 nicht zur Stellungnahme übermittelt habe. Wie sich aus der vorgelegten Stellungnahme des Mag. DD vom 30.08.2022 ergebe, sei die Wasserentnahme auf einem Drucksollwert von 0,5 bar geregelt, wobei der minimalste notwendige Durchfluss 7 m³/h sein müsse, um eine Kühlung der Grundwasserpumpe gewährleisten zu können. Diese Schwelle sei von der entsprechenden Fachfirma an der Grundwasserregelung eingestellt worden und könne nicht unterschritten werden. Bei einem Verbrauch unter 7 m³/h könne es daher zu einem direkten Rückfluss von Wasser über einen Bypass in den Rückgabebrunnen kommen, sodass dieses Wasser ungenutzt bleibe und nicht zu Heiz- und Kühlzwecken verwendet werde. Darüber hinaus sei – auch dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Mag. DD – der eklatante Mehrverbrauch im Jahr 2021 durch ein defektes Grundwasserventil verursacht worden, das man am 11.04.2022 ausgetauscht habe. Ihr [= der Beschwerdeführerin] könnten daher die bauartbedingten Durchflüsse und das defekte Ventil nicht vorgeworfen werden.

Wäre ihr [= der Beschwerdeführerin] die kulturbautechnische Stellungnahme zur Stellungnahme übermittelt worden, hätte sie darlegen können, dass kein oder zumindest kein schuldhafter Verstoß gegen § 10 iVm § 137 Abs 2 Z 2 WRG 1959 vorgelegen sei.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass unter Berücksichtigung der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 und dem angefochtenen Straferkenntnis vom 22.11.2022, zugestellt am 28.11.2022, für die Tatzeiträume 02.02.2017 bis 27.12.2018 (2017 und 2018) sowohl Strafbarkeits- als auch Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Für den Zeitraum 27.12.2018 bis 03.01.2020 (2019) sei ebenso wie für den Zeitraum vom 03.01.2020 bis 31.12.2020 (2020) Verfolgungsverjährung eingetreten. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei bei dem ihr [= der Beschwerdeführerin] vorgeworfenen Verhalten von keinem Dauerdelikt auszugehen, welches vom 02.02.2017 bis 14.12.2021 angedauert habe. Entsprechend dem Bewilligungsbescheid vom 27.06.2008, Zl ***, sei eine jährliche Konsenswassermenge von 19.406 m³ festgelegt worden. Ab Jahresbeginn bis zur Erreichung der jährlichen Konsenswassermenge liege somit keine Verwaltungsübertretung vor. Eine allfällige Überschreitung der Konsenswassermenge eines Jahres werde mit jedem Jahresende beendet. Entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei im Hinblick auf die ihr [= der Beschwerdeführerin] zur Last gelegten Verwaltungsübertretung unter Berücksichtigung des § 31 Abs 1 und 2 VStG von keinem Dauerdelikt auszugehen.

Die Beschwerdeführerin hebt zudem hervor, die belangte Behörde habe ihr sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022 als auch in dem angefochtenen Straferkenntnis die Erschließung von Grundwasser über die Jahreskonsenswassermenge von 19.406 m³ vorgeworfen. Unter einer bewilligungspflichtigen Erschließung im Sinne des
§ 10 Abs 2 WRG 1959 sei nur eine Maßnahme zu verstehen, die auf Grundwasser hinziele. Eine „Benutzung“ des Grundwassers liege dem gegenüber bei dessen Inanspruchnahme vor.

Unter Erschließung seien sohin jene Maßnahmen zu verstehen, die darauf abzielen würden, in weiterer Folge Grundwasser zu nutzen. Die ihr [= der Beschwerdeführerin] zur Last gelegte Erschließung des Grundwassers sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.06.2008,
Zl ***, bewilligt worden. Demgegenüber sei ihr [= der Beschwerdeführerin] eine über die jährliche Konsenswassermenge hinausgehende Benutzung des Grundwassers nicht vorgehalten worden. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei zudem nicht von Benutzung (§ 10 Abs 2 Z 2 WRG 1959), sondern von Verwendung die Rede. Eine Bestrafung, die auf die unzulässige Benutzung des Grundwassers abziele, sei rechtswidrig, da dieser Vorwurf von der Verfolgungshandlung nicht gedeckt wäre.

Die Beschwerdeführerin macht zudem die Mangelhaftigkeit des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses geltend. Da – wie bereits aufgeführt – kein einheitliches Dauerdelikt vorliege, sei der angenommene Tatzeitraum 10.01.2017 bis 14.12.2021 denkunmöglich. Die Tatzeit sei somit unrichtig angegeben. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde auch nähere Feststellungen zur Überschreitung der Konsenswassermenge zu treffen gehabt. Zudem widerspreche sich der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses selbst. Laut dem ersten Absatz würde ihr [= der Beschwerdeführerin] ein Tatzeitraum vom 10.01.2017 bis zumindest 14.12.2021 vorgeworfen. Die im zweiten Absatz aufgezählten Entnahmemengen würden auf einen Zeitraum vom 02.02.2017 (anstelle 10.01.2017) bis 14.12.2021 abstellen. Demgegenüber sei in der Aufforderung zur Rechtfertigung ein Tatzeitraum vom 04.01.2017 bis 14.12.2021 angenommen worden. Zudem würden sich aus der Anführung der Entnahmemengen zeitliche Überlappungen ergeben, da jeweils der Endtermin für die festgestellten Entnahmemengen als Anfangstermin für den neuen Zeitraum herangezogen worden sei.

Die Beschwerdeführerin hebt hervor, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ziele auf die unzulässige Erschließung des Grundwassers ab. Sollte man im zweiten Satz des dritten Absatzes im Spruch auch den Vorwurf der unzulässigen Verwendung von Grundwasser sehen, sei auch dies widersprüchlich. Gemäß § 10 Abs 2 WRG 1959 sei zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich. Es könne daher ein und dieselbe Tathandlung nicht die unzulässige Erschließung und die unzulässige Benutzung von Grundwasser darstellen. Darüber hinaus sei im Spruch nicht von Benutzung (§ 10 Abs 2 Z 2 WRG 1959), sondern von Verwendung die Rede.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche daher nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG und sei somit mangelhaft. Folglich sei die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben und seien ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt.

Die Beschwerdeführerin bringt abschließend vor, die über sie verhängte Geldstrafe im Ausmaß von Euro 2.398,00 sei nicht tat- und schuldangemessen. Ihr könne die Bauarteigenheit der Wasserpumpe und das Versagen eines Ventils nicht vorgeworfen werden, sodass maximal von einem geringen Verschulden auszugehen sei. Die belangte Behörde habe zudem Milderungsgründe nicht berücksichtigt. Insbesondere habe sie [= die Beschwerdeführerin] maßgebend zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), da im Antrag auf Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes die jeweiligen Jahresentnahmemengen detailliert angeführt worden seien. Darüber hinaus habe die Überschreitung der Jahreskonsenswassermenge keinen Schaden herbeigeführt (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und habe sie [= die Beschwerdeführerin] sich ernstlich bemüht, weitere nachteilige Folgen zu verhindern (§ 34 Abs 1 Z 15 StGB).

2.       Vorbringen der belangten Behörde:

Die belangte Behörde bringt vor, dass entgegen den Darlegungen der Beschwerdeführerin wegen der Überschreitungen der maximalen Jahreskonsenswassermenge in den Jahren 2017 bis 2020 keine Verjährung eingetreten sei. Der konsenslose Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage bilde ein (fortgesetztes) Dauerdelikt. Im gegenständlichen Fall sei die wasserrechtlich bewilligte maximale Jahreskonsenswassermenge in fünf aufeinander folgenden Jahren überschritten worden. Die Beschwerdeführerin habe daher mehrere gleichartige, in einem engen zeitlich und räumlichen Zusammenhang stehenden Verletzungshandlungen gesetzt, die sich gegen dasselbe Rechtsgut richten würden. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beginne mit Beendigung des letzten tatbildmäßigen Verhaltens. Die Aufforderung zur Rechtfertigung sei daher auch für die Überschreitungen in den Jahren 2017 bis 2020 rechtzeitig erfolgt.

Die belangte Behörde hebt unter Hinweis auf den Bericht des Mag. DD vom 27.06.2022 hervor, dass die maximale Jahreskonsenswassermenge im Jahr 2021 bereits zum 01.02.2021 deutlich überschritten worden sei. Die Entnahmemenge sei zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits bei 29.555,4 m³ gelegen. Bei Einhaltung der Nebenbestimmung 12. des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides hätte der eklatante Mehrverbrauch spätestens zu diesem Zeitpunkt bemerkt werden müssen. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen oder solche zu veranlassen und mit der zuständigen Wasserrechtsbehörde in Kontakt zu treten. Der Austausch des Ventils sei mehr als ein Jahr danach am 11.04.2022 erfolgt.

Die belangte Behörde bestreitet zudem, der Beschwerdeführerin in der Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 22.08.2022 keine unzulässige Benutzung des Grundwassers vorgeworfen zu haben. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin stehe nicht im Einklang mit dem Text der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22.08.2022.

III.     Sachverhalt:

1.       Allgemeine Feststellungen:

Die am XX.XX.XXXX geborene Beschwerdeführerin, wohnhaft Adresse 2, **** X, ist österreichische Staatsangehörige. Sie verfügt derzeit über ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 4.660,00 und Spareinlagen bzw Wertpapiere im Wert von
ca Euro 43.000,00. Dem steht ein Kreditbetrag in der Höhe von etwas weniger als
Euro 5.000,00 mit einer monatlichen Tilgungsrate von Euro 320,00 (inkl Versicherung
Euro 384,00) gegenüber. Der Verwaltungsstrafregisterauszug der Beschwerdeführerin weist eine Eintragung wegen einer Übertretung nach dem WRG 1959 auf.

Die Beschwerdeführerin ist Bereichsleiterin Hausverwaltung und kaufmännische Prokuristin. Ihr nachgeordnet sind drei Gruppenleiter und zwölf Hausverwaltungen, wobei aus dem Kreis der Hausverwaltungen die Gruppenleiter stammen. Seit 10.01.2017 ist sie verantwortliche Beauftragte für Angelegenheiten nach dem WRG 1959 der CC Wohnungs GmbH und hat in diesem Zusammenhang auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übernommen. Ihre verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bezieht sich auch auf die wasserrechtlichen Angelegenheiten betreffend die „Passivhäuser CC“.

2.       Zum Tatvorwurf:

Mit Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, hat die belangte Behörde der CC Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH, Rechtsvorgängerin der CC Wohnungs GmbH, die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser für die thermische Grundwassernutzung und Einwirkung auf das Grundwasser durch Versickerung über einen Rückgabebrunnen und zur Durchführung eines Pumpversuches auf den Gste Nr **1 und **2, beide GB ***** Y, unter Vorschreibung von Auflagen befristet bis zum 31.12.2022 erteilt. Gemäß Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 27.06.2008, eingetragen unter Postzahl 1/795 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Z-Stadt, erstreckt sich das Wasserbenutzungsrecht auf maximal 12,14 l/s, 43,7 m³/h und 19.406 m³/a, sowie die Rückgabe derselben Menge über den Rückgabebrunnen in den Grundwasserleiter und auf eine maximale Wassermenge von 18 l/s für einen Pumpversuch in der Dauer von maximal drei Tagen.

Die Nebenbestimmung 12. des Spruchpunktes I. des Bescheides vom 27.06.2008, Zl ***, lautet wie folgt:

„Für die Grundwasserentnahmeanlage ist ein Betriebsbuch zu führen. In dieses Betriebsbuch sind sämtliche Wartungsarbeiten, Reparaturen und besondere Vorkommnisse der gesamten Anlage, einschließlich der Entnahme und Rückgabe einzutragen. Monatlich ist der Wasserzählerstand abzulesen mit Angabe des Datums und der Unterschrift in das Betriebsbuch einzutragen. Außerdem sind monatlich sowohl Temperaturen der Entnahme und Rückgabe sowie die entnommene Wassermenge mit Datum und Unterschrift im Betriebsbuch aufzuzeichnen.“

Im Entnahmebrunnen sind vier Pumpen, je zwei für die Häuser *** und *** untergebracht. Die beiden Pumpen für das Haus *** und Haus *** sind mit einem Grundwasserzähler ausgestattet, und zwar mit dem Wasserzähler 144 (Zähler-Nr ***) betreffend Haus E-H und den Wasserzähler 145 (Zähler-Nr ***) betreffend Haus F-J.

Entgegen den dem ursprünglichen Antrag zugrundeliegenden Berechnungen stellte sich heraus, dass für den Winterbetrieb eine viel höhere Leistung und dadurch auch eine viel höhere Grundwassermenge benötigt wurde und wird. Bei der Berechnung der benötigten Energie wurde auch nicht berücksichtigt, dass größere Teilwasserströme in Folge der zweistufigen Pumpenregelung nicht nutzbar sind und ungenützt in den Rücklaufbrunnen gepumpt werden. Zudem wird die benötigte Energie aus Grundwasser im Winter anstelle von 0 °C schon bei
5 °C benötigt und muss die minimale Zulufttemperatur 22 °C betragen.

Wenn die Grundwasserfilter verschmutzt sind, wird mehr Grundwasser gepumpt, um den höheren Druckwiderstand auszugleichen. Dabei wird auch mehr Wasser gefördert, welches jedoch nicht benötigt wird und über den Filterkurzschluss ungenützt in den Rückgabebrunnen gelangt.

Um eine Kühlung der Grundwasserpumpe zu gewährleisten, muss der minimalste notwendige Durchfluss 7 m³/h sein. Diese Schwelle wurde an der Grundwasserregelung eingestellt und kann auch nicht unterschritten werden. Bei einem Verbrauch unter 7 m³/h kann es zu einem direkten Rückfluss von Wasser über einen bypass in den Rückgabebrunnen kommen.

Die Grundwasserzähler 144 und 145 zeichnen die dem Grundwasser entnommene Wasser-menge auf. Nach den beiden Wasserzählern ist keine (weitere) Einrichtung installiert, die aufzeichnet, welche Menge an Wasser in welchem Gebäude zu Kühl- und/oder Heizzwecken verwendet wird und welche Menge an Wasser direkt – etwa über den Bypass – zum Rückgabebrunnen gelangt. Im Rückgabebrunnen erfolgt eine Vermischung des zu thermischen Zwecken verwendete Wassers mit dem über den Bypass direkt weitergeleiteten Wassers.

In den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 wurde die bewilligte Jahreskonsenswasser-menge von maximal 19.406 m³/a deutlich überschritten. Die Entnahme von Grundwasser stellt sich nach den vorliegenden Aufzeichnungen wie folgt dar:

Datum

WZ *** (Haus E-H)

WZ *** (Haus F-J)

Gesamt:

02.02.2017

213.312,40 m3

248.871,40 m3

462.183,80 m3

02.01.2018

236.193,90 m3

273.590,70 m3

509.784,60 m3

27.12.2018

277.026,90 m3

297.901,40 m3

574.928,30 m3

03.01.2020

317.980,30 m3

326.111,90 m3

644.092,20 m3

31.12.2020

346.180,20 m3

351.830,20 m3

698.010,40 m3

14.12.2021

380.135,00 m3

437.048,00 m3

817.183,00 m3

Hieraus ergeben sich die nachfolgenden Entnahmemengen:

Entnahmemenge im Zeitraum von 02.02.2017 bis 02.01.2018: 47.600,80 m3

Entnahmemenge im Zeitraum von 02.01.2018 bis 27.12.2018: 65.143,70 m3

Entnahmemenge im Zeitraum von 27.12.2018 bis 03.01.2020: 69.163,90 m3

Entnahmemenge im Zeitraum von 03.01.2020 bis 31.12.2020: 53.918,20 m3

Entnahmemenge im Zeitraum von 31.12.2020 bis 14.12.2021: 119.172,60 m3

Bezogen auf den Zeitraum vom 02.02.2017 bis 14.12.2021 wurden in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 über den Gst Nr **1, GB ***** Y, befindlichen Entnahmebrunnen mit der amtlichen Katasternummer *** die bewilligte Jahreskonsenswassermenge von maximal 19.406 m³ erheblich überschritten. Das über die bewilligte Jahreskonsenswassermenge hinausgehend entnommene Grundwasser wurde in weiterer Folge zu einem unbekannten, jedoch nicht bloß geringfügigen Teil auch zu Heiz- und Kühlzwecken für die Gste Nrn **1 und **2, beide GB ***** Y, befindlichen Gebäude („Passivhäuser CC“) verwendet.

Das Grundwasserventil im Haus A, NH-*** war im Jahr 2021 defekt. Der Austausch erfolgte am 11.04.2022.

Für die Aufzeichnungen laut dem Betriebsbuch (Nebenbestimmung 12. in Spruchpunkt I. des Bescheides vom 27.06.2008) war grundsätzlich die Hausverwaltung verantwortlich. Die Eintragungen selbst hatte der technische Hausbetreuer vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin hat stichprobenartig in die Betriebsbücher eingesehen. Allerdings erfolgte eine derartige Einsicht eher selten, da die CC WohnungsGmbH über 640 Gebäude verfügt. Die Beschwerdeführerin wurde jedenfalls bis zum Jahr 2021 über die Überschreitung der Jahreskonsenswassermengen nicht informiert.

In der Zwischenzeit – im zweiten oder dritten Quartal des Jahres 2022 – wurde ein (neues) Kontrollsystem eingerichtet. Dieses stellt sicher, dass die Beschwerdeführerin automatisch informiert wird, sobald eine Überschreitung von festgelegten Wasserkonsensmengen möglich ist.

IV.      Beweiswürdigung:

Die allgemeinen Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin sowie den eingeholten Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister. Ihre Funktion als verantwortliche Beauftragte für die Bereiche des WRG 1959 hat die Beschwerdeführerin hinreichend erläutert.

Der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 27.06.2008, Zl ***, ist Bestandteil des behördlichen Aktes. Die Führung des Betriebsbuches und allfällige Kontrollen durch sie hat die Beschwerdeführerin im Rahmen der heutigen Verhandlung erläutert. Die nähere Beschreibung der Grundwasserpumpen, die bei den ursprünglichen Berechnungen falschen Annahmen sowie der Defekt der Grundwasserpumpe beim Haus *** sind in der Stellungnahme des Ing. EE, FF GmbH, vom 14.06.2022 sowie in der Stellungnahme des Mag. DD vom 30.08.2022 dokumentiert.

Die Überschreitungen der Jahreskonsenswassermengen in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 ergeben sich aus den dem Antrag auf Wiederverleihung des verfahrens-gegenständlichen Wasserbenutzungsrecht vom 27.06.2008, Zl ***, beigefügten Beilagen. Zu den Überschreitungen äußerte sich die Beschwerdeführerin selbst, aber auch die kulturbautechnische Amtssachverständige. Beide erläuterten übereinstimmend die Funktion der Grundwasserzähler 144 und 145. Insbesondere die kulturbautechnische Amtssachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass zwar die Entnahme der Grundwassermengen über die Wasserzähler aufgezeichnet wird, danach aber keine weiteren Aufzeichnungen mehr erfolgen. Folglich lässt sich auch nicht feststellen in welchem Ausmaß Wasser über den Bypass direkt zum Rückgabebrunnen geführt wird. Die deutlichen Überschreitungen der im Bescheid vom 27.06.2008, Zl ***, festgelegten Jahreswassermengen und der gegenüber den ursprünglichen Berechnungen maßgeblich höhere Bedarf an Grundwasser, insbesondere für den Winterbetrieb, rechtfertigen die Annahme, dass jedenfalls ein beträchtlicher Teil des über die wasserrechtliche Bewilligung hinaus gewonnen Grundwassers für thermische Zwecke verwendet wurde.

Zur Führung des gemäß der Nebenbestimmung 12. des Spruchpunktes I. des Bescheides vom 27.06.2008, Zl ***, vorgeschriebenen Betriebsbuches und der von ihr vorgenommenen Kontrollen äußerte sich die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.03.2023. Dabei erläuterte sie das im Jahr 2022 eingerichtete Kontrollsystem.

Auf der Grundlage der angeführten Beweismittel traf das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkanntnisses.

V.       Rechtslage:

1.       Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idFn BGBl I Nr 74/1997 (§ 10) und BGBl I Nr 58/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Benutzung des Grundwassers

§ 10. (1) Der Grundeigentümer bedarf zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht.

(2) In allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.

[…]“

„Strafen

§ 137

[…]

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

         […]

2.  ohne gemäß § 10 Abs. 2 oder 3 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Grundwasser erschließt oder benutzt, in den Grundwasserhaushalt eingreift, hiefür dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt oder artesische Brunnen errichtet oder betreibt;

         […]“

2.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1992 in den Fassungen BGBl Nr 52/1991 (§ 20),

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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