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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags des BVwG auf Aufhebung einer "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG" der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich, Stand September 2021, mangels PräjudizialitätSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, "die 'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG' Stand: September 2021 im gesamten Umfang als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu für rechtswidrig zu erklären".
II. Rechtslage
1. §49 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (im Folgenden: AlVG), BGBl 609/1977, idF BGBl I 106/2015 lautet wie folgt:
"Kontrollmeldungen
§49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.
(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."
2. Die – in ihrem gesamten Umfang – angefochtene "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand September 2021, der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) Niederösterreich, lautet:
"Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AIVG
Werden Kontrollmeldungen von der Regionalen Geschäftsstelle ausdrücklich für eine der folgenden Meldestellen vorgeschrieben, so hat die persönliche Meldung an dieser Stelle zu erfolgen.
Wird eine für die angeführten Meldestellen rechtmäßig vorgeschriebene Kontrollmeldung ohne triftigen Grund nicht eingehalten, so verlieren Sie vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe.
Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich bezeichnet die folgenden Örtlichkeiten als
Meldestellen im Sinne des §49 AIVG:
Mozartstraße 9, 3300 Amstetten – AMS Amstetten
Josefsplatz 7, 2500 Baden – AMS Baden
Lagerstraße 7, 2460 Bruck/Leitha – AMS Bruck/Leitha
Friedensgasse 4, 2230 Gänserndorf – AMS Gänserndorf
Bahnhofstraße 33, 3950 Gmünd – AMS Gmünd
Winiwarterstraße 2a, 2020 Hollabrunn – AMS Hollabrunn
Prager Straße 32, 3580 Horn – AMS Horn
Teiritzstraße 1, 2100 Korneuburg – AMS Korneuburg
Südtiroler Platz 2, 3500 Krems – AMS Krems
Liese Prokop-Straße 13, 3180 Lilienfeld – AMS Lilienfeld
Babenbergerstraße 6-8, 3390 Melk – AMS Melk
Oserstraße 29, 2130 Mistelbach – AMS Mistelbach
Bachgasse 18, 2340 Mödling – AMS Mödling
Stockhammergasse 31, 2620 Neunkirchen – AMS Neunkirchen
Schacherlweg 2, 3270 Scheibbs – AMS Scheibbs
Sendnergasse 13a, 2320 Schwechat – AMS Schwechat
Daniel Gran-Straße 10, 3100 St. Pölten – AMS St. Pölten
Nibelungenplatz 1, 3430 Tulln – AMS Tulln
Thayastraße 3, 3830 Waidhofen/Thaya – AMS Waidhofen/Thaya
Schöffelstraße 4, 3340 Waidhofen/Ybbs – AMS Waidhofen/Ybbs
Neunkirchner Straße 36, 2700 Wr. Neustadt – AMS Wr. Neustadt
Weitraer Straße 17, 3910 Zwettl – AMS Zwettl
Beethovenstraße 2, 3300 Amstetten – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Schöffelstraße 2-4, 2514 Traiskirchen – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Florianigasse (Feuerwehr), 2460 Bruck an der Leitha – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Eichamtstraße 15, 2230 Gänserndorf – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Weitraer Straße 19, 3950 Gmünd – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Amtsgasse 9, 2020 Hollabrunn – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Spitalgasse 25, 3580 Horn – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Hauptplatz 24, 2100 Korneuburg – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Arbeitergasse 6-8, 3500 Krems an der Donau – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Babenbergerstraße 13, 3180 Lilienfeld – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck
Abt-Karl-Straße 19, 3390 Melk – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Pater Helde Straße 19, 2130 Mistelbach – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Guntramsdorferstraße 101, 2340 Mödling – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Hans Czettl Platz 2, 2630 Ternitz – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Mariazellerstraße 97, 3100 St. Pölten – WIFl NÖ (BBE Perspektivencheck)
Rathausplatz 8, 3270 Scheibbs – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Schmidgasse 6, 2320 Schwechat – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Hauptplatz 15, 3430 Tulln – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Moritz Schadek-Gasse 30a, 3830 Waidhofen/Thaya – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Kapuzinergasse 6, 3340 Waidhofen/Ybbs – WIFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Lise-Meitner-Straße 1, 2700 Wiener Neustadt – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Gerungserstraße 31, 3910 Zwettl – BFI NÖ (BBE Perspektivencheck)
Preinsbacherstr. 12/1, 3300 Amstetten – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Wienerstr. 10/2/2, 2320 Schwechat – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Hans Kudlichgasse 12, 2230 Gänserndorf – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Schremser Str. 19, 3950 Gmünd – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Rapfstraße 1, 2020 Hollabrunn – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Hauptplatz 9/0G 1, 3580 Horn – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Wienerstraße 32/2, 2100 Korneuburg – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Rechte Kremszeile 2-4, 3500 Krems – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Babenbergerstraße 6/8, 3390 Melk – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Bahnstraße 23, 2130 Mistelbach – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Hauptstraße 17/6, 3270 Scheibbs (Praxis Mag. Rothner) – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Brunngasse 14, 3100 St. Pölten – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Hauptplatz 28-29, 3830 Waidhofen/Thaya – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Kapuzinergasse 6, 3340 Waidhofen/Ybbs – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Gartenstraße 13, 3910 Zwettl – zb- Zentrum für Beratung (BBE zb Beratungen)
Wienerstrasse 22, 3430 Tulln (BBEN Trendwende)
Daniel Gran Straße 36, 3100 St. Pölten (BBEN Trendwende)
Kaiser Josef Straße 4, 3002 Purkersdorf (BBEN Trendwende)
Frauentorgasse 72-74, 3430 Tulln (BBEN Trendwende)
Dörflerstraße 2, 3180 Lilienfeld (BBEN Trendwende)
Hauptplatz 7, 3390 Melk (BBEN Trendwende)
Kapuzinerplatz 1, 3270 Scheibbs (BBEN Trendwende)
Rutesheimerstraße 3, 3270 Scheibbs (BBEN Trendwende)
Kapuzinergasse 6, 3340 Waidhofen/Ybbs (BBEN Trendwende)
Hauptplatz 21 - 1.0G (Eingang Apothekengasse 2), 3300 Amstetten (BBEN Trendwende)
Hans Kudlich Gasse 11 / 2. Stock / Tür 1, 2230 Gänserndorf (BBEN Trendwende)
Hauptplatz 12 / 1. Stock / Top 6, 2020 Hollabrunn (BBEN Trendwende)
Stockerauerstraße 28 / 2. Stock, 2100 Korneuburg (BBEN Trendwende)
Liechtensteinstraße 8 / 1. Stock / Top 3, 2130 Mistelbach (BBEN Trendwende)
Kirchengasse 23, 2460 Bruck/Leitha (BBEN Trendwende)
Dipl. Ing. W. Haßlingerstraße 3 / Stiege 2 / 2. OG, 2340 Mödling (BBEN Trendwende)
Fabriksgasse 6 (Zugang Innenhof), 2620 Neunkirchen (BBEN Trendwende)
Schneeberggasse 90 /1.Stock / Top 4 (Eingang Zehnergürtel), 2700 Wr. Neustadt (BBEN Trendwende)
Erzherzog-Wilhelm-Ring 6, 2500 Baden (BBEN Trendwende)
Hauptplatz 7a (Innenhof), 2320 Schwechat (BBEN Trendwende)
Göglstraße 11b, 3. Stock (Eingang Schumachergasse), 3500 Krems (BBEN Trendwende)
Am Hauptplatz 28-29 / 1. Stock, 3830 Waidhofen (BBEN Trendwende)
Wienerstraße 2, 3580 Horn (BBEN Trendwende)
Stadtplatz 20 / 1. Stock, 3950 Gmünd (BBEN Trendwende)
Hamerlingstraße 17, 3910 Zwettl (BBEN Trendwende)
Schrannenplatz 6/Elisabethstraße 1 2340 Mödling – ppc-training (Matchpoint BBEN)
Dörflstraße 2, 3180 Lilienfeld (Casemanagement)
Wienerstraße 22, 3430 Tulln (Casemanagement)
Nibelungengasse 7, 3430 Tulln ((Casemanagement))
Werkstraße 4/Top 5, 2630 Ternitz (Casemanagement)
Promenade 1 (Stadtpark- Europahaus), 2700 Wiener Neustadt (Casemanagement)
Wienerstraße 23, 2620 Neunkirchen (Casemanagement)
Wienerstraße 91 A2. OG Top 6+7 – Intensivbetreuung Baden/Mödling (BBE Casemanagement Hanreich&Partner)
Ringstraße 9, 3500 Krems – itworks (Jobserviceplus Krems)
Stockerauerstraße 19, 2100 Korneuburg – Verein Initiative NÖ (Vorbereitungs-BBE Initiative NÖ)
Badstraße 3, 2340 Mödling – Verein Initiative NÖ (Vorbereitungs-BBE Initiative NÖ)
Julius-Raab-Promenade 14, 3100 St. Pölten – Verein Initiative NÖ (Vorbereitungs-BBE Initiative NÖ)"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Beim Bundesverwaltungsgericht ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des AMS Baden vom 4. Februar 2022 anhängig. Mit diesem Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß §49 AlVG ab 1. Februar 2022 keine Notstandshilfe mehr erhält, weil er am 1. Februar 2022 nicht zum Informationstag "Trendwende" erschienen sei.
1.2. In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Ausschreibung einer Informationsveranstaltung nichts mit dem Wesen einer Kontrollmeldung nach §49 AlVG zu tun habe. Ihm seien keine Gründe genannt worden, die eine Teilnahme an diesem Informationstag notwendig oder nützlich erscheinen ließen. Die Einstellung der Notstandshilfe sei nicht gerechtfertigt.
1.3. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge eine Beschwerdevorentscheidung vom 13. April 2022, mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 27. Jänner 2022 der 1. Februar 2022 als Kontrollmeldetermin vorgeschrieben und er damit zur Teilnahme an der Informationsveranstaltung der Beratungsstelle Trendwende in 2500 Baden, Erzherzog-Wilhelm-Ring 6, verpflichtet worden. Der Beschwerdeführer sei nicht zu diesem Termin erschienen. Die Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich habe gemäß §49 AlVG neben den regionalen Geschäftsstellen weitere Meldestellen bezeichnet und diese bekannt gegeben sowie durch Aushang im Eingangsbereich der regionalen Geschäftsstellen kundgetan. Der Beschwerdeführer beantragte fristgerecht die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
"III. Zur Zulässigkeit des Antrags
[…]
3. Präjudizialität
Bei seiner Entscheidung darüber, ob die Beschwerde in der Sache erfolgreich ist, hat der Senat jene Rechtsvorschriften anzuwenden, die diese Entscheidung gesetzlich determinieren. Im Beschwerdefall gehört zu diesen Rechtsvorschriften die 'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG' Stand: September 2021. Die angefochtene Rechtsvorschrift ist daher präjudiziell.
IV. Bedenken
1. Zusammenfassung
Das Bundesverwaltungsgericht hält die 'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG' Stand: September 2021 für gesetzeswidrig, weil von keiner ausreichenden Verordnungsdokumentation und von keiner rechtmäßigen Kundmachung dieser Verordnung auszugehen ist.
[…]
3. Bedenken gegen die 'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG' Stand: September 2021 – Darstellung der Sicht des antragstellenden Senats
[…]
Aus Sicht des erkennenden Senats liegt keine rechtmäßige Kundmachung der Verordnung vor. In dem […] Email der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich vom 10.06.2021 wurde avisiert, dass die Liste der Meldestellen auch auf der Website des AMS Niederösterreich veröffentlicht werden wird. Eine solche Veröffentlichung ist jedoch nicht erfolgt und liegt daher keine Kundmachung im Internet auf der Website des AMS Niederösterreich vor. Gibt man auf der Homepage des AMS unter der Rubrik 'Arbeitssuchende Österreich' bzw 'Arbeitssuchende in Niederösterreich' den Begriff 'Meldestellen' in das Suchfenster ein, so erhält man jeweils null Treffer. Ebenso verhält es sich, wenn man auf der Homepage des AMS unter der Rubrik 'Organisation Österreich' bzw 'Organisation in Niederösterreich' den Begriff 'Meldestellen' in das Suchfenster eingibt; auch hier erhält man jeweils null Treffer. Gibt man in Google den Suchbegriff 'meldestellen site:ams.at' ein, so findet man ebenfalls keine Liste der Meldestellen. In einer Gesamtschau liegt daher keine Kundmachung der Verordnung im Internet vor.
Wie sich aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt, liegt aus Sicht des Senates ebenso wenig eine Kundmachung an der Amtstafel der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich vor. Zumal Art18. Abs2 B-VG eine Verordnungserlassungskompetenz der Verwaltungsbehörden nur 'innerhalb ihres Wirkungsbereichs' begründet, hat eine Kundmachung der Verordnung durch die Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich zu erfolgen. Eine Kundmachung der Verordnung an der Amtstafel der regionalen Geschäftsstelle Baden (und allfälliger hier nicht weiter relevanter anderer Amtstafeln von regionalen Geschäftsstellen in Niederösterreich) ist nach Ansicht des Senates nicht ausreichend.
Abgesehen davon ist festzuhalten, dass hinsichtlich der 'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG' Stand: September 2021, keine ausreichende Verordnungsdokumentation vorhanden ist. Es gibt weder eine Dokumentation hinsichtlich des Aushangdatums noch hinsichtlich des Abnahmedatums bei der regionalen Geschäftsstelle Baden.
Zuletzt ist, abseits der Kundmachungsmängel, darauf zu verweisen, dass keine Genehmigung der Verordnung durch den Geschäftsführer der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich ersichtlich ist. Aus dem erwähnten Email der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich an die regionalen Geschäftsstellen vom 06.10.2021 ist eine Genehmigung durch den Landesgeschäftsführer nicht nachvollziehbar. Dieses Email vom 06.10.2021 ist unterzeichnet mit 'Mit lieben Grüßen, Das SfA-Team'. Auch das Mitteilungsdokument selbst enthält keinen Unterschriftenteil. Somit kann die Versendung allenfalls der Abteilungsleiterin des Service für Arbeitskräfte zugeordnet werden. Ein Hinweis für eine Genehmigung durch den Landesgeschäftsführer findet sich in diesem Email nicht. Mangels Dokumentation ist eine Überprüfung jedoch unmöglich."
3. Die Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich als verordnungserlassende Behörde hat den Akt betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der die Abweisung des Antrages beantragt und den darin erhobenen Bedenken auszugsweise wie folgt entgegengetreten wird:
"[…]
Der Beschwerdeführer […] wurde mit Schreiben der regionalen Geschäftsstelle Baden vom 27.01.2022, laut eAMS-Sendeprotokoll nachweislich am selben Tag empfangen und gelesen, (Beilage D) zur Teilnahme an der Informationsveranstaltung der Beratungsstelle Trendwende in 2500 Baden, Erzherzog Wilhelm-Ring 6, am 01.02.2022 um 09:00 Uhr eingeladen. In diesem Schreiben wurde er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Termin um eine Kontrollmeldung und bei dem Veranstalter um eine Meldestelle gemäß §49 AlVG handelt und eine Nichteinhaltung ohne triftigen Grund den Verlust des Leistungsanspruches ab diesem Tag bis zur neuerlichen persönlichen Wiedermeldung zur Folge hat. In der regionalen Geschäftsstelle Baden war die Liste am 'schwarzen Brett' ausgehängt. Trotz nachweislicher Rechtsfolgenbelehrung hat er den Termin nicht wahrgenommen.
Die verfahrensgegenständliche Liste Stand Jänner 2022 lautet wie folgt:
'Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG
Werden Kontrollmeldungen von der Regionalen Geschäftsstelle ausdrücklich für eine der folgenden Meldestellen vorgeschrieben, so hat die persönliche Meldung an dieser Stelle zu erfolgen.
Wird eine für die angeführten Meldestellen rechtmäßig vorgeschriebene Kontrollmeldung ohne triftigen Grund nicht eingehalten, so verlieren Sie vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe.
Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich bezeichnet die folgenden Örtlichkeiten als
Meldestellen im Sinne des §49 AlVG:
[…]
Erzherzog-Wilhelm-Ring 6
2500 Baden
itworks (BBEN Trendwende)
[…]'
Die nächste Aktualisierung erfolgte im Juli 2022.
Sämtliche Listen wurden auf der Homepage des Arbeitsmarktservice (https://www.ams.at/arbeitsuchende/arbeitslos-was-tun/wichtige-informationen-zu-ams-leistungen#niederoesterreich) veröffentlicht, auch jene vom September 2021 und die verfahrensgegenständliche vom Jänner 2022. Auf der Homepage https://web.archive.org/ sind Archivierungen frei im Internet zugänglich. Beispielsweise gibt es 'Captures' vom 20.01.2022 und vom 04.02.2022 (https://web.archive.org/web/20220000000000*/https://www.ams.at/arbeitsuchende/arbeitslos-was-tun/wichtige-informationen-zu-ams-leistungen), aus welchen ersichtlich ist, dass die verfahrensgegenständliche Liste im verfahrensrelevanten Zeitraum im Internet veröffentlicht war (Beilage E).
Da im Gesetz keine bestimmte Form, wie die Bezeichnung der anderen Meldestellen gemäß §49 Abs1 letzter Satz AlVG zu erfolgen hat, vorgesehen ist, ist diese – wie vom Arbeitsmarktservice Niederösterreich vorgenommen – aus Sicht des Arbeitsmarktservice ordnungsgemäß und ausreichend erfolgt. Aus dem E-Mail vom 21.06.2021 ergibt sich, dass die Liste von der Landesgeschäftsführung genehmigt war. Die durch die zuständigen, für die Landesgeschäftsführung agierenden Abteilungen vorgenommenen Schritte bedurften daher nicht einer weiteren expliziten Genehmigung der Landesgeschäftsführung. Das Büro der Landesgeschäftsführung hat die Liste für den Landesgeschäftsführer im Internet veröffentlicht.
Die Kund_innen des Arbeitsmarktservice gehen grundsätzlich nur in die für sie gesetzlich zuständige regionale Geschäftsstelle und werden auch nur durch diese und in dieser betreut. Ein Parteienverkehr mit Leistungsbezieher_innen besteht in der Landesgeschäftsstelle in der Regel nicht. Ein Aushang der Liste in der Landesgeschäftsstelle würde aus Sicht des Arbeitsmarktservice Niederösterreich den Zweck der Kundmachung, die Adressat_innen über deren Inhalt in Kenntnis zu setzen, keineswegs erfüllen und ist somit kein notwendiges Kriterium für eine ordnungsgemäße Kundmachung. Zusammenfassend erfolgte die Kundmachung der Bezeichnung ordnungsgemäß und in geeigneter Weise, um deren Adressat_innen von deren Inhalt in Kenntnis zu setzen, nämlich sowohl durch Aushang auf dem 'schwarzen Brett' im Eingangsbereich der regionalen Geschäftsstellen als auch Veröffentlichung auf der Homepage des Arbeitsmarktservice."
IV. Erwägungen
1. Der Antrag ist nicht zulässig:
2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
3. Das Bundesverwaltungsgericht wendet sich gegen die "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG" der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich, Stand September 2021, im gesamten Umfang.
4. Diese "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand September 2021, wurde durch die "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand Jänner 2022, ersetzt. Wie sich aus dem von der Landesgeschäftsstelle des AMS Niederösterreich vorgelegten Akt ergibt, war die "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand Jänner 2022, zumindest im Zeitraum vom 20. Jänner 2022 bis zum 4. Februar 2022 auf der Website des AMS Niederösterreich veröffentlicht.
5. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des dem Anlassverfahren zugrunde liegenden Sachverhaltes (vgl Punkt III.1.) ist es ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht die zur Gänze angefochtene "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand September 2021, anzuwenden und seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Die "Bekanntmachung zu Meldestellen im Sinne des §49 AlVG", Stand September 2021, ist sohin in ihrem gesamten Umfang für das Bundesverwaltungsgericht nicht präjudiziell. Ihre Anfechtung erweist sich damit schon aus diesem Grund sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des Eventualantrages als unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Arbeitslosenversicherung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Gerichtsantrag, Geltungsbereich (zeitlicher) einer VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2023:V221.2022Zuletzt aktualisiert am
24.04.2023