Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des B in M, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1994, Zl. 4.316.338/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, der am 2. Dezember 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat am 3. Dezember 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz einen Asylantrag gestellt. Hiezu wurde er zunächst am 10. April 1991 zur Zahl FrA 4360/1990 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark einvernommen, und diese Behörde erließ zur gleichen Zahl den Bescheid vom 24. Mai 1991, zugestellt am 27. September 1991, mit dem festgestellt wurde, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung vom 30. September 1991 zog der Beschwerdeführer im Zuge einer Vorsprache bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 19. April 1994 niederschriftlich zurück.
Am 13. September 1991 führte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark zur Zahl FrA 4294/1990 eine weitere als Ersteinvernahme zu wertende niederschriftliche Befragung des Beschwerdeführers durch und stellte mit zur letztangeführten Zahl ergangenem Bescheid vom 5. Oktober 1992, postamtlich hinterlegt am 23. Oktober 1992, neuerlich fest, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung vom 30. Oktober 1992 zog der Beschwerdeführer im Zuge seiner Vorsprache bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 19. April 1994 ausdrücklich nicht zurück.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz vom 5. Oktober 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe Folge, daß der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat den erstinstanzlichen Bescheid vom 5. Oktober 1992 mit der Begründung aufgehoben, daß infolge der im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides anhängigen Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Mai 1991 die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers auf die belangte Behörde übergegangen sei, weshalb der erstinstanzliche Bescheid vom 5. Oktober 1992 mit funktioneller Unzuständigkeit der Behörde belastet sei. Außerdem stehe einer meritorischen Entscheidung über die Berufung vom 30. Oktober 1992 das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache entgegen.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer ausschließlich am 3. Dezember 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag war Grundlage sowohl der zu Zahl 4360/1990 am 10. April 1991 durchgeführten Einvernahme als auch der zu Zahl 4294/1990 am 13. September 1991 vorgenommenen Befragung des Beschwerdeführers. Entgegen der erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Argumentation des Beschwerdeführers ist ein weiterer Asylantrag aus den Akten nicht ersichtlich, sondern wird in der Niederschrift vom 13. September 1991 ausdrücklich angeführt, daß sich der Beschwerdeführer am 3. Dezember 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz gemeldet habe. Dies hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner Vorsprache bei der Behörde erster Instanz am 19. April 1994 auch bestätigt, indem er nach Hinweis auf seinen am 3. Dezember 1990 erhobenen Asylantrag ausdrücklich angab, "aus mir unerklärlichen Gründen wurde ich ein zweites Mal zur erforderlichen Asyleinvernahme vorgeladen". Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer nur einen Asylantrag gestellt hat. Die in der Beschwerde geltend gemachten Ausführungen darüber, daß der Beschwerdeführer "in weiterer Folge .... offensichtlich .... einen weiteren Antrag auf Asylgewährung gestellt" hat, entsprechen somit nicht dem Akteninhalt.
Damit erweist sich aber auch die Rechtsanschauung der belangten Behörde, die Behörde erster Instanz sei zur Erlassung des Bescheides vom 5. Oktober 1992 funktionell unzuständig gewesen, als richtig. Denn während der Anhängigkeit einer Berufung ist die Behörde erster Instanz nicht berechtigt, in derselben Sache neuerlich zu entscheiden, weil durch die Erhebung der Berufung die Befugnis zur Entscheidung in der Sache auf die Berufungsbehörde übergegangen ist (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 539, zitierte Judikatur). Schon aus diesem Grund hatte die belangte Behörde in Behandlung der gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 5. Oktober 1992 erhobenen und anläßlich der Vorsprache des Beschwerdeführers vom 19. April 1994 ausdrücklich nicht zurückgezogenen Berufung diesen Bescheid ersatzlos zu beheben.
Der belangten Behörde ist auch darin zu folgen, daß einer meritorischen Behandlung der Berufung vom 30. Dezember 1992, also einem Abspruch über den Asylantrag, infolge der Zurückziehung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Mai 1991 und infolge des dadurch bewirkten Erwachsens dieses Bescheides in Rechtskraft im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache entgegenstand.
Soweit der Beschwerdeführer Vermutungen über Motive anstellt, aus denen der Beschwerdeführer seine Berufung gegen den Bescheid vom 24. Mai 1991 zurückgezogen haben könnte, sind diese nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Der Beschwerdeführer verkennt auch die Grundsätze des Verfahrens über Bescheidbeschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn er beantragt, in Stattgebung seiner Beschwerde inhaltlich über seinen Asylantrag zu entscheiden. Dieses auf die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden beschränkte Verfahren läßt eine Entscheidung in der Sache selbst nicht zu.
Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200811.X00Im RIS seit
20.11.2000