Entscheidungsdatum
06.03.2023Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §31Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Luchner über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 14.12.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Bundesstatistikgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zur Einstellung gebracht.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Vorverfahren, Sachverhalt:
Mit Anzeige wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 66 Abs 1 Bundesstatistikgesetz 2000 idgF wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er sei gemäß § 8 Abs 1 der Verordnung BGBl II Nr 111/2010 (EWStV 2010) idgF zur Auskunftserteilung im Rahmen einer Stichprobenerhebung, zu der er verpflichtet gewesen sei, die durch Befragung der Auskunftspflichtigen zu erfolgen habe (§ 7 Abs 5 EWStV 2010 idgF) nicht nachgekommen.
Herr AA sei der Auskunftspflicht im 2. Quartal 2021 weder bis zur letztmöglichen gesetzlichen Bearbeitungsfrist am 23.05.2021 noch bis zur Fristverlängerung nachgekommen.
In der Folge ist das erstinstanzliche Straferkenntnis ergangen dieses lautet spruchgemäß wie folgt:
„1. Datum/Zeit: 05.01.2020
Ort: **** Z, Adresse 1
Aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Erwerbsstatistik und Wohnungsstatistik 2010 (Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 - EWStV 2010), BGBl. II Nr. 111/2010 (Auskunftspflichtige Erhebung MIKROZENSUS), war die Bundesanstalt Statistik Österreich verpflichtet, statistische Erhebungen durchzuführen und auf Grundlage der erhobenen Daten
1. Erwerbsstatistiken und
2. Wohnungsstatistiken
für Kalenderquartale und -Jahre zu erstellen.
Bei der gegenständlichen Erhebung bestand gemäß § 9 der oben genannten Verordnung i.V.m. § 9 des Bundesstatistikgesetzes 2000 i.d.g.F. Auskunftspflicht für alle volljährigen Angehörigen der Privathaushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind.
Sie wurden gemäß § 8 BGBl. II Nr. 111/2010 mit Schreiben der Bundesanstalt Statistik Österreich vom 05.01.2021 auf ihre Auskunftspflicht hingewiesen und dazu aufgefordert, die von der Bundesanstalt aufgelegten Erhebungsformulare innerhalb von 3 Wochen ausgefüllt der Bundesanstalt an die in der Erhebungsunterlage angegebene Adresse zu übermitteln.
Sie sind ihrer Auskunftspflicht trotz Aufforderung und entsprechender Belehrung, zuletzt mittels Schreiben vom 14.05.2021 und unter Setzung einer Nachfrist bis 06.06.2021 zumindest bis zum 26.08.2021 (Anzeige der Statistik Austria) nicht nachgekommen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften(en) verletzt:
1. § 9 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz 2000 i.V.m. § 9 EWStV 2010 i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 200,00
1 Tage(n) 6 Stunde(n) 0 Minute(n)
§ 66 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz 2000, BGBL. I Nr. 163/1999 i.d.g.F.
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 20,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 220,00“
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung zu der sowohl der Beschwerdeführer als auch ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind.
Dabei teilte der Vertreter der belangten Behörde mit, dass es im gegenständlichen Fall um die Befragung des 2. Quartals gehe.
Festgehalten wird, dass als Tatzeitpunkt im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnis der 05.01.2020 festgehalten ist.
Außerdem wurde in der Ausführung des Spruchs die Termine 05.01.2021, 14.05.2021 und 06.06.2021 sowie der 26.08.2021 genannt, diese waren zum Teil Daten der Fristverlängerungen zum Nachkommen der Auskunftspflicht.
Zweifellos wurde als der Tatzeitpunkt der 05.01.2020 im Straferkenntnis festgehalten.
In der Begründung ist allerdings festgehalten, dass die Befragung im 1. Quartal am 18.01.2021 stattgefunden hat und nicht am 05.01.2020 (dies dürften die Daten von der neuerlichen Aufforderung an den Beschwerdeführer sein, seiner Aufforderung nachzukommen).
Dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist allerdings nicht zu entnehmen wann das 2. Quartal (ab 19.04.2021) tatsächlich stattgefunden hat.
II. Rechtliche Bestimmungen:
Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 idgF:
„§ 31
Verjährung
(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;
2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;
3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
(3) Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union;
2. Zeiten, in denen die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war;
3. Zeiten, in denen sich der Bestrafte im Ausland aufgehalten hat.“
III. Rechtliche Erwägungen:
Im gegenständlichen Fall ist die Strafbarkeit nicht gegeben, weil der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntisses mangelhaft war. Er hat die als erwiesen angenommene Tat bezüglich der Tatzeit nicht konkretisiert. Es geht aus dem erstinstanzlichen Spruch nicht hervor ab wann der Beschwerdeführer tatsächlich säumig geworden ist und seine Auskunft nicht erteilt hat.
Richtig wäre gewesen festzuhalten, dass es sich um einen Zeitraum ab dem 19.04.2021 bis zum 19.07.2021 (Beginn des 3. Quartals) bzw bis zum 06.06.2021 (Setzung einer Nachfrist) seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist.
Der Beschwerdeführer musste in seinem Straferkenntnis verschiedenste Tatzeiten zur Kenntnis nehmen. Die erste und wichtigste, die unter Punkt 1. Datum/Zeit angeführt ist, entspricht allerdings überhaupt nicht dem Zeitraum in dem der Beschwerdeführer die Auskunftspflicht unterlassen hat.
Gegen den Beschwerdeführer ist binnen einer Frist von einem Jahr keine konkrete Verfolgungshandlung vorgenommen worden. Die Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Im gegenständlichen Fall war der letztmögliche Tag um seiner Auskunftspflicht noch korrekt nachzukommen der 06.06.2021. Die Frist ist daher für diesen Zeitpunkt zu berechnen.
Zwischenzeitlich ist nunmehr Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG zur Einstellung zu bringen war.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Luchner
(Richterin)
Schlagworte
VerfolgungsverjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.17.0252.3Zuletzt aktualisiert am
20.04.2023