Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 23. März 1993, Zl. UVS 30.2-8/92-43, betreffend Zurückweisung der Berufung in Angelegenheit Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 28. November 1991, Zl. 15.1 1991/2002, womit über die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt worden war, als verspätet zurück.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im
wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin am 13. Jänner 1992, bei der Behörde eingelangt am 15. Jänner 1992, ein Schreiben eingebracht habe, das als Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 28. November 1991 anzusehen sei. In diesem Schreiben habe die Beschwerdeführerin die Behauptung aufgestellt, bereits am 12. Dezember 1991 eine ordnungsgemäße Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde eingebracht zu haben. Dieses Schreiben sei jedoch bei der Behörde nie eingelangt und es sei auch der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Postaufgabeschein nicht unbedenklich. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß sie bereits einmal Berufung erhoben hätte und somit die gegenständliche Berufung "wiederholt", somit neuerlich eingebracht sei, treffe nicht zu. Es sei daher davon auszugehen, daß der der Beschwerdeführerin am 3. Dezember 1991 zugestellte Bescheid der Erstbehörde erst mit der vorliegenden Berufung vom 13. Jänner 1992 bekämpft worden sei. Da die Rechtsmittelfrist gemäß § 63 Abs. 5 AVG jedoch bereits am 17. Dezember 1991 abgelaufen sei, sei diese Berufung wegen Verspätung zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin wendet dagegen im wesentlichen ein, daß es ihr gelungen sei, durch Vorlage eines Postaufgabescheines die rechtzeitige Einbringung der Berufung nachzuweisen. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin nicht hinreichend bewiesen hätte, daß sich der Aufgabeschein vom 12. Dezember 1991 auch tatsächlich auf eine Berufung gegen den gegenständlichen erstinstanzlichen Strafbescheid beziehe, sei unhaltbar, zumal es einem Berufungswerber nicht möglich sei, einen weiteren Beweis über diesen Bezug zu liefern. Daß die Beschwerdeführerin nachträglich den Postaufgabeschein (durch Angabe einer Aktenzahl) ergänzt habe, sei nicht relevant. Auch daß die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vorwerfe, daß sie andere behördliche Schreiben bzw. Bescheide gefälscht habe, hindere nicht den Beweis, daß die Beschwerdeführerin die Berufung rechtzeitig eingebracht habe. Wenn die belangte Behörde schließlich im bekämpften Bescheid ausführe, daß die Beschwerdeführerin einen "eher verwirrten und zeitweilig überaus aggressiven Eindruck gemacht" habe, wäre es die Aufgabe der Behörde gewesen, von Amts wegen die Bestimmungen der §§ 3 bis 5 VStG wahrzunehmen.
Gemäß § 24 VStG ist die Bestimmung des § 63 Abs. 5 AVG auch auf Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden, wonach die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen einzubringen ist. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Unbestritten ist, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 28. November 1991 der Beschwerdeführerin zu eigenen Handen am 3. Dezember 1991 zugestellt wurde. Der angegebene Zustelltag war ein Dienstag, die Berufungsfrist endete daher am Dienstag, dem 17. Dezember 1991.
Ebenso ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin das hier zu beurteilende Schreiben am 13. Jänner 1992 verfaßt und am 15. Jänner 1992 bei der belangten Behörde eingebracht hat. Darin führte sie aus, daß sie sich gegen die Vollstreckung des erstinstanzlichen Bescheides (Forderung von S 1.000,-- Geldstrafe und S 100,-- Kosten) wende, weil ihre Mutter W an die Behörde in der Zeit vom 13. August 1991 bis 3. September 1991 die Lenkeranfrage beantwortet habe und im übrigen die Mutter selbst das Kraftfahrzeug gelenkt habe. Die Beschwerdeführerin selbst habe damals keine Lenkerberechtigung besessen. Sie beantrage daher, das Straferkenntnis "abzuweisen und einzustellen". Mit Recht hat die belangte Behörde somit DIESES Schreiben als Berufung angesehen. Unbestritten ist dieses Schreiben auch NICHT am 12. Dezember 1991 zur Post gegeben worden. Es kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde diese Berufung als nach Ablauf der im § 63 Abs. 5 AVG genannten Frist und somit als verspätet eingebracht ansah.
Schließlich ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen, daß weder aus ihrem Vorbringen noch aus dem Inhalt der Verwaltungsstrafakten erkennbar ist, daß der Beschwerdeführerin die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit gefehlt hätte. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführte, daß die Beschwerdeführerin auf konkrete Fragen keine präzisen Antworten geben wollte und überdies einen eher verwirrten und gegenüber den an der Verhandlung teilnehmenden Personen einen zeitweilig "überaus aggressiven Eindruck" gemacht habe und nach Verkündung des Bescheides und Verweigerung der Unterzeichnung der Verhandlungsniederschrift unter Androhung von weiteren Beschwerden und Anzeigen gegen den Verhandlungsleiter den Verhandlungssaal verlassen habe, so bietet dies auch für Bedenken an der Prozeßfähigkeit der Beschwerdeführerin noch keinen konkreten Anhaltspunkt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993030201.X00Im RIS seit
19.03.2001