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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des B in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. Mai 1995, Zl. VwSen-221179/10/Gu/Atz, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, soweit er die Übertretung nach § 367 Z. 12 Gewerbeordnung 1973 ("Faktum 2") betrifft.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Punkt 2. des am 2. Jänner 1995 dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "als verantwortlicher Inhaber einer Taxi-Konzession mit 2 PKW im Standort H, X-Straße 1, wie von Organen des Gendarmeriepostens H festgestellt wurde, ... nach Verlegung des Taxigewerbes vom Standort H, X-Straße 1, nach T, S-Straße 9, ohne die gemäß § 49 Abs. 2 GewO 1973 erforderliche Bewilligung das Taxigewerbe ab 25.1. bzw. 11.3.1993 im neuen Standort ausgeübt, indem, wie von Organen des Gendarmeriepostens H festgestellt wurde, im Standort H, X-Straße 1, kein Hinweis auf die Ausübung des Taxigewerbes gefunden werden konnte und somit das Gewerbe nicht (mehr) im Standort H, X-Straße 1, sondern vom weiteren Gewerbestandort in T, S-Straße 9, aus ausgeübt wurde."
Er habe dadurch "§ 367 Ziff. 12 i.V.m. § 49 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973" verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn eine Geldstrafe verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis "bezüglich des Faktums 2" bestätigt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.
Die von der belangten Behörde als durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z. 2 VStG) herangezogene Bestimmung des § 367 Z. 12 GewO 1973 hatte in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, folgenden Wortlaut:
"Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, begeht, wer ... nach Verlegung des Betriebes eines konzessionierten Gewerbes in einen anderen Standort ohne die gemäß § 49 Abs. 2 erforderliche Bewilligung das konzessionierte Gewerbe im neuen Standort ausübt".
Durch die Gewerberechtsnovelle 1992 wurde § 367 Z. 12 GewO 1973 mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1993 novelliert. Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides lautete sie aufgrund der Wiederverlautbarung der Gewerbeordnung 1973 (BGBl. Nr. 194/1994) als § 367 Z. 12 GewO 1994:
"Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, begeht, wer ... nach Verlegung des Betriebes eines Waffengewerbes (§ 178) oder eines Gewerbes nach § 193 oder § 198 in einen anderen Standort das Gewerbe im neuen Standort ohne die gemäß § 184 erforderliche Bewilligung ausübt".
Gemäß § 49 Abs. 2 (in Verbindung mit § 46 Abs. 2 und 4) GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 bedurfte die Verlegung des Betriebes eines konzessionierten Gewerbes in einen anderen Standort der behördlichen Bewilligung.
Mit der Gewerberechtsnovelle 1992 wurde auf den Typ der konzessionierten Gewerbe verzichtet. Für die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes in einen anderen Standort bedarf es nunmehr gemäß § 49 Abs. 1 GewO 1994 lediglich einer Anzeige, deren Nichterstattung gemäß § 368 Z. 1.12 leg. cit. strafbar ist. Lediglich die Inhaber einer Bewilligung für die Ausübung eines Waffengewerbes, einer Bewilligung gemäß § 193 oder einer Bewilligung gemäß § 198 leg. cit. bedürfen für die Verlegung des Betriebes einer Bewilligung der Behörde (§§ 184, 196 und 200 leg. cit.).
Gemäß § 1 Abs. 2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. Nr. 85/1952 in der Fassung BGBl. Nr. 223/1994 (in Kraft getreten mit 1. Juli 1993) gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1973 mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten.
Zufolge dieser Rechtslage war die dem Beschwerdeführer angelastete Tat, nämlich die Ausübung des Taxigewerbes nach Verlegung des Betriebes dieses Gewerbes in einen anderen Standort ohne behördliche Bewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht mehr strafbar. Für dieses Verhalten kann der Beschwerdeführer daher im Grunde des § 1 Abs. 2 VStG nicht mehr bestraft werden (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1957, Slg. Nr. 4275/A; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 295; Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 691). Ob der Beschwerdeführer allenfalls gegen § 368 Z. 1.12 GewO 1994 verstoßen hat, ist nicht zu prüfen, da es sich hiebei um eine andere Tat handeln würde.
Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde. Ihr Bescheid war daher - im Umfang der Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995030194.X00Im RIS seit
20.11.2000