TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/11 95/03/0175

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Veröffentlicht am 11.10.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde 1.) der F Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. und 2.) des F, beide in Salzburg und vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 21. Oktober 1994, Zl. 5/11-99/667/2-1994, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Salzburg),

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, zurückgewiesen;

2) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug namens des Gemeinderates ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Salzburg vom 28. Juni 1994 wurde gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 "der Antrag von der F Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. vom 14.06.1993, in der Fassung vom 23.08.1993 auf Erteilung der straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung von den Kurzparkzonen je 100 m rechts und links des Einganges des Hauses Ernest-Thun-Straße 12a" für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde davon ausgegangen, der Sitz der Erstbeschwerdeführerin liege im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone mit einer höchstzulässigen Parkdauer von drei Stunden. Zweifellos benötige die Erstbeschwerdeführerin zur wirtschaftlichen Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben ein privates Kraftfahrzeug und es müßte dieses fallweise auch länger als die höchstzulässige Parkzeit im Nahbereich ihres Sitzes geparkt werden. Innerhalb dieses Nahbereiches, nämlich in einer Entfernung von ca. 300 m, befänden sich die Mirabellgarage mit zugehörigem Parkplatz sowie die Kieselgarage und seien beide Garagen öffentlich und zeitlich unbeschränkt benützbar. Es sei insbesondere in der Mirabellgarage bzw. auf dem zugehörigen Parkplatz jederzeit ein Pkw-Abstellplatz erhältlich und bestünde darüber hinaus in der Mirabellgarage auch die Möglichkeit der Anmietung eines Dauerparkplatzes. Der in diesem Zusammenhang erforderliche Zeitaufwand (Gehzeit: ca. 5 Minuten) bzw. die damit verbundenen sonstigen Erschwernisse seien nicht so gravierend, daß bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes das erforderliche erhebliche bzw. besondere Ausmaß im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO 1960 erreicht werden würde. Auch die von der Erstbeschwerdeführerin geltend gemachten Erschwernisse bei der Inanspruchnahme der Kieselgarage bzw. der Mirabellgarage und dem dazugehörigen Parkplatz erreichten kein Ausmaß, welches im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO 1960 "als besonders" zu qualifizieren wäre. Insbesondere stelle weder die zwischen dem Sitz der Erstbeschwerdeführerin und diesen Parkmöglichkeiten zurückzulegende Wegstrecke ein derart gravierendes Hindernis dar noch der Umstand, daß das Fahrzeug von mehreren Personen verwendet werden müsse. Die Lösung einer organisatorischen Aufgabe könne kein besonderes Erschwernis darstellen, das die Erteilung der beantragten Ausnahmebewilligung erforderlich machen würde.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung - der Erstbeschwerdeführerin - als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 2629/94-6 und B 867/95-4, die Behandlung (unter anderem) dieser Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, nicht zulässig, weil dieser unabhängig von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch ihn in seinen Rechten nicht verletzt sein kann. Eine Möglichkeit der Rechtsverletzung besteht nämlich nicht, wenn der angefochtene Bescheid weder an den Beschwerdeführer gerichtet ist, noch auch diesem gegenüber auf Grund von Rechtsvorschriften wirkt (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0271). Keiner dieser beiden Fälle ist hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers gegeben.

Die Beschwerde war daher, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Bezüglich der Beschwerde, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Vorweg ist auf den Beschwerdeeinwand einzugehen, im erstinstanzlichen (gemeindebehördlichen) Verfahren sei ein befangener Organwalter eingeschritten. Dazu genügt der Hinweis, daß, wie die belangte Vorstellungsbehörde zutreffend erkannt hat, die Mitwirkung eines befangenen Organes bei der Entscheidung der ersten Instanz durch die Entscheidung eines unbefangenen Behördenorgans in der Berufungsstufe gegenstandlos wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1984, Zlen. 83/03/0070, 83/03/0072).

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 19. StVO-Novelle) kann die Behörde in anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Annahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0259, dargelegt hat, hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung nur dann, wenn die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen zutreffen. Mangelt es schon an einer dieser Voraussetzungen, ist also das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen, ist die Bewilligung nicht zu erteilen.

Die belangte Vorstellungsbehörde stützte ihren abweislichen Bescheid (u.a.) darauf, daß die im Instanzenzug angerufene Gemeindebehörde umfassend und schlüssig dargelegt habe, warum ihrer Meinung nach die vom Gesetz geforderten Erteilungsvoraussetzungen bei Anlegung des erforderlichen strengen Maßstabes nicht gegeben seien. Die belangte Vorstellungsbehörde ging damit im Sinne des von der hg. Rechtsprechung geforderten "strengen Maßstabes" im Rechtsbereich davon aus, daß eine solche nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen sei. Sie ist damit im Recht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279, das in einem vergleichbaren, einen Rechtsanwalt betreffenden Fall erging; vgl. auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0078, wonach ein wirtschaftliches Interesse im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht durch Umstände begründet werden kann, die alle Mitbewerber des Antragstellers im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf in gleicher Weise betreffen und damit eine wirtschaftliche Benachteiligung des Antragstellers gegenüber seinen Konkurrenten nicht bewirken). Mit dem bloß allgemeinen, die oben dargestellten Ergebnisse des (gemeindebehördlichen) Ermittlungsverfahrens gar nicht (konkret) bekämpfenden Beschwerdevorbringen, "das Aufsuchen von Parkgaragen in der Umgebung ist auf Grund der Entfernung, der hohen Kosten und des Umstandes, daß in den Parkgaragen häufig keine Plätze frei sind, nicht zumutbar", vermag das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses im Sinne der dargestellten Rechtslage nicht aufgezeigt zu werden.

Soweit aber dabei die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, wird in der Beschwerde nicht dargelegt, was sich ergeben hätte, wenn der beantragte Lokalaugeschein durchgeführt und der namhaft gemachte Zeuge vernommen worden wäre; dies unabhängig von der Frage, inwieweit diese Beweise überhaupt zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hätten beitragen können, was in den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides verneint wird (und dem in der Beschwerde nicht entgegengetreten wird). Damit vermag der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu finden, daß die belangte Aufsichtsbehörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet hat.

Sollte aber mit dem Hinweis, für Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater habe Gleiches zu gelten wie für Ärzte hinsichtlich einer Ausnahmegenehmigung vor ihrer Ordination, der Tatbestand angesprochen werden, daß sich die dem Antragsteller "gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen", so wird diesbezüglich in der Beschwerde nichts ausgeführt und kann derartiges vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht von sich aus - im Sinne des geforderten "strengen Maßstabes" - erkannt werden.

Wenn sich schließlich die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 beruft, so ist dem zu erwidern, daß über einen dahingehenden Antrag im Beschwerdefall gar nicht abgesprochen wurde. Es war daher auch nicht auf die Frage einzugehen, ob die Erstbeschwerdeführerin als juristische Person die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 4 StVO 1960 überhaupt erfüllen kann.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Erstbeschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben wurde, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995030175.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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