TE Vwgh Beschluss 2023/3/28 Ra 2022/19/0002

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Veröffentlicht am 28.03.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des G G, vertreten durch die Neulinger Mitrofanova Ceovic Rechtsanwälte OG in 1020 Wien, Taborstraße 11B, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2021, W268 2238414-2/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Georgiens, stellte am 4. November 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, in Georgien aufgrund prorussischer politischer Aktivitäten verfolgt und unter Druckt gesetzt worden zu sein.

2        Mit Bescheid vom 9. Dezember 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers als unbegründet ab, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig sei, erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab und erließ gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

3        Nachdem das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Beschwerde des Revisionswerbers diesen Bescheid aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen hatte, wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 16. Juni 2021 erneut ab, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig sei, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest, erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab und stellte fest, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe.

4        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5        Begründend führte das BVwG - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, eine individuelle Verfolgung des Revisionswerbers aufgrund seiner ehemaligen politischen Tätigkeit in Georgien könne infolge der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens nicht festgestellt werden. Eine aktuelle und allgemein drohende Gefahr, in Georgien aufgrund einer (ehemaligen) Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Partei staatlich verfolgt zu werden, sei den zitierten Länderberichten nicht zu entnehmen.

6        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die das BVwG dem Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss des Gerichts- und des Verwaltungsaktes vorlegte.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen die Beweiswürdigung des BVwG und bringt vor, die Ausführungen des BVwG seien ohne Begründungswert geblieben, weil sich der Revisionswerber im gesamten Verfahren gleichbleibend darauf berufen habe, aufgrund seiner politischen Tätigkeit verfolgt zu werden und ihm auch zugestanden worden sei, politisch aktiv gewesen zu sein. Aus dem angefochtenen Erkenntnis gehe nicht hervor, welchen Sachverhalt das BVwG für maßgeblich erachtet habe. Weder dem Bescheid des BFA noch dem angefochtenen Erkenntnis lasse sich entnehmen, warum die Angaben des Revisionswerbers unglaubwürdig gewesen sein sollten, obwohl auf Nachfrage der erkennenden Richterin jeder Widerspruch aufgeklärt worden sei. Das BVwG habe auch die vom Revisionswerber vorgelegten Videodateien und schriftlichen Zeugenaussagen zu Unrecht als nicht relevant angesehen.

11       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 21.9.2022, Ra 2022/19/0021, mwN).

12       Das BVwG kam - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber zu seinem Fluchtvorbringen befragte - zum Ergebnis, dass das Fluchtvorbringen aufgrund diverser Widersprüche und Ungereimtheiten nicht glaubhaft sei und dem Revisionswerber eine individuelle Verfolgung infolge seiner ehemaligen politischen Tätigkeit in Georgien nicht drohe. Das BVwG setzte sich im Rahmen der Beweiswürdigung auch mit der vom Revisionswerber vorgelegten Videodatei und den schriftlichen Zeugenaussagen auseinander. Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen nicht auf, dass diese Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre. Entgegen dem Vorbringen der Revision legte das BVwG in dem angefochtenen Erkenntnis offen, welche Sachverhaltsannahmen es seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legte.

13       Soweit die Revision im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung einen Verfahrensmangel mit dem Vorbringen geltend macht, das BVwG habe die vom Revisionswerber in der Beschwerde beantragten Zeugen zu den vorgebrachten Verfolgungshandlungen nicht vernommen, ist darauf hinzuweisen, dass im Fall einer unterbliebenen Vernehmung - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen - in der Revision konkret darzulegen ist, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 10.3.2021, Ra 2021/19/0042, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision, die nicht darlegt, durch welche Aussagen welcher Zeugen sich konkrete Hinweise zu den damals und aktuell noch drohenden Verfolgungshandlungen gegen den Revisionswerber ergeben hätten, nicht gerecht.

14       Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit des Weiteren vor, die Rechtsansicht des BVwG zur asylrelevanten Verfolgung hinsichtlich Georgien sei korrekturbedürftig, weil sich aus den vom BVwG herangezogenen Länderberichten zu Georgien Misshandlungen durch Strafverfolgungsbehörden und politische Justiz ergeben würden und der Revisionswerber wegen seiner Mitgliedschaft zu eine oppositionellen, pro-russischen Partei keine Chance auf ein faires Verfahren hinsichtlich der fingierten Vorwürfe des Drogenhandels habe. Mit diesem Vorbringen übersieht die Revision, dass das BVwG das Verfolgungsvorbringen des Revisionswerbers als nicht glaubhaft erachtete und davon ausging, dass der Revisionswerber aufgrund seiner ehemaligen politischen Tätigkeit in seinem Heimatland einer Verfolgung durch staatliche Behörden oder nichtstaatliche Personen nicht ausgesetzt sein werde. Die Revision entfernt sich mit diesem Vorbringen somit vom festgestellten Sachverhalt, ohne aufzuzeigen, dass die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre. Entfernt sich die Revision - wie hier - mit ihren Ausführungen vom festgestellten Sachverhalt, vermag sie schon aus diesem Grund eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufzuzeigen (vgl. VwGH 13.7.2020, Ra 2020/19/0231, mwN).

15       Die Revision bringt schließlich in der Zulässigkeitsbegründung vor, das BVwG habe seiner Entscheidung nicht aktuelle Länderberichte zu Grunde gelegt und auch nicht konkretisiert, welche Stelle in den umfangreichen Länderberichten für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen sei.

16       Dem ist zum einen zu entgegen, dass das BVwG das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien herangezogen hat. Zum anderen legt die Revision nicht dar, welche anderen, für den Revisionswerber günstigeren Länderinformationen das BVwG seiner Entscheidung zu Grunde hätte legen sollen und zeigt damit die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht auf (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarstellung vgl. etwa VwGH 6.9.2022, Ra 2022/19/0121, mwN).

17       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. März 2023

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022190002.L00

Im RIS seit

20.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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