TE Vwgh Beschluss 1995/10/11 95/03/0211

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Veröffentlicht am 11.10.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LuftfahrtG 1958 §30 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §53;
LuftfahrtG 1958 §56 Abs1;
LuftfahrtG 1958 AbschnC;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):95/03/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, in der Beschwerdesache des K in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigungen des Bundesministers für Landesverteidigung 1.) vom 20. März 1995, Zl. 31.751-10/95, und 2.) vom 18. April 1995, Zl. 66.314/0036-5.9/95, betreffend Militärflugzeugführerschein, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie sich nicht - hinsichtlich der Erledigung vom 20. März 1995 - gegen die Neubemessung (Einstellung) der Nebengebühren richtet, zurückgewiesen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich 1.) gegen folgende, für die belangte Behörde gefertigte Erledigung vom 20. März 1995:

"Herrn

Offiziersstellvertreter

K

Vertragsbediensteter

Mit Ablauf des 31. März 1995 wird die Ihnen gemäß

-

§ 19 a, in Verbindung mit § 15 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der geltenden Fassung, bisher ausbezahlte pauschalierte Erschwerniszulage,

-

§ 19 b, in Verbindung mit § 15 Abs. 2 leg.cit., bisher ausbezahlte pauschalierte Gefahrenzulage und

-

§ 20 Abs. 1, in Verbindung mit § 15 Abs. 2 leg.cit., unter Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 6 leg.cit., bisher ausbezahlte pauschalierte Aufwandsentschädigung

(Nebengebühr für den Ständigen Flugdienst)

im Sinne des § 15 Abs. 6 des Gehaltsgesetzes 1956, mit 0 (Null) neu bemessen.

Gemäß § 15 Abs. 6 des Gehaltsgesetzes 1956, sind pauschalierte Nebengebühren neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Die Neubemessung wird im Falle der Erhöhung der pauschalierten Nebengebühren, mit dem auf die Änderung folgenden Monatsersten, in allen anderen Fällen, mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam.

Mit sofortiger Wirksamkeit wird Ihnen der Militärflugzeugführerschein vorläufig entzogen.

Aufgrund dessen können Sie nicht im militärischen Flugdienst (Ständiger Flugdienst) als Militärpilot verwendet werden, sodaß mit Ablauf des 31. März 1995 gemäß § 15 Abs. 6 GG 1956 die Neubemessung mit Null erforderlich war.

20. März 1995

Für den Bundesminister
im Auftrag:

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

(Unterschrift)"

Mit der vorliegenden Beschwerde wird 2.) (auch) folgende Erledigung der belangten Behörde vom 18. April 1995 bekämpft:

"Militärflugzeugführerschein:

vorläufiger Entzug,

OStv K -

Herrn

Dr. W

Rechtsanwalt

Sehr geehrter Herr Doktor

Das Bundesministerium für Landesverteidigung teilt Ihnen zu Ihrem Schreiben in der Betreffsangelegenheit an das Kommando der Fliegerdivision mit, daß im Bereich der Militärluftfahrtfahrt ein behördliches Verfahren, das die Erteilung einer Erlaubnis, sich als Angehöriger des militärischen Luftfahrtpersonals zu betätigen, zum Gegenstande hat, nicht vorgesehen ist.

Die Ausbildung zum Militärluftfahrer sowie die Betätigung als solcher erfolgt ausschließlich im Interesse der Landesverteidigung.

Mit vorzüglicher Hochachtung

18. April 1995

Für den Bundesminister:

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

(Unterschrift)"

Der vom Beschwerdeführer zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 21. Juni 1995, B 1396, 1397/95-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Zur Erledigung vom 20. März 1995:

Die angefochtene Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet. Der in ihr enthaltene Satz: "Mit sofortiger Wirksamkeit wird Ihnen der Militärflugzeugführerschein vorläufig entzogen." ist vom Wortlaut her einer Auslegung zugänglich, daß damit der Wille zum Ausdruck gebracht werde, einen normativen Abspruch zu treffen. Dieser Inhalt allein führt jedoch dann nicht zwingend zur Deutung einer Erledigung als Bescheid, wenn nach den jeweils als Beurteilungsmaßstab in Betracht kommenden Rechtsvorschriften diese Rechtsfolge (zulässigerweise) nicht durch einen Bescheid herbeizuführen ist (vgl. dazu aus jüngster Zeit den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0091, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Da der Inhalt einer Erledigung in solchen Fällen zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, kommt der Bezeichnung als Bescheid (allenfalls ein dem gleichzuhaltender karstellender Hinweis für den Willen, einen Bescheid zu erlassen) entscheidende Bedeutung zu (vgl. nochmals den vorzitierten hg. Beschluß).

Davon ausgehend ist somit die Frage zu klären, ob rechtens der hier strittige Abspruch - hinsichtlich der Neubemessung (Einstellung) der Nebengebühren wird auf den hg. Beschluß vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0174, verwiesen - in der Rechtsform eines Bescheides ergehen sollte.

Für die Beurteilung dieser Frage kommen folgende Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 656/1994, (im folgenden: LFG) in Betracht:

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erteilung eines Zivilluftfahrerscheines bestimmt § 30 LFG:

"(1) Ein Zivilluftfahrerschein ist zu erteilen, wenn der Bewerber

a)

das erforderliche Mindestalter erreicht hat (§ 31),

b)

verläßlich ist (§ 32),

c)

körperlich und geistig tauglich ist (§ 33) und

d)

fachlich befähigt ist (§ 34).

(2) Weist der Bewerber nach, daß er Inhaber eines Militärluftfahrerscheines ist, der zur Ausübung derselben Tätigkeit, wie der angestrebte Zivilluftfahrerschein berechtigt, so hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt den Zivilluftfahrerschein ohne weiteres Ermittlungsverfahren zu erteilen, wenn der Bundesminister für Landesverteidigung dagegen keinen Einwand erhebt und die Erlangung des Militärluftfahrerscheines mindestens an die gleichen Voraussetzungen geknüpft ist wie die Erlangung des angestrebten Zivilluftfahrerscheines. Die Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung ist vom Bundesamt für Zivilluftfahrt von Amts wegen einzuholen."

In den das militärische Luftfahrtpersonal betreffenden Teil des LFG wird hinsichtlich des Militärluftfahrt-Personalausweises im § 56 des LFG folgende Regelung getroffen:

"(1) Als Militärluftfahrer darf nur verwendet werden, wer einen vom Bundesminister für Landesverteidigung ausgestellten Militärluftfahrerschein besitzt. Die Bestimmungen des § 52 gelten sinngemäß.

(2) Der Bundesminister für Landesverteidigung hat nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt und der Interessen der Landesverteidigung durch Verordnung zu bestimmen, für welche sonstigen Tätigkeiten im Sinne des § 53 ein vom Bundesminister für Landesverteidigung ausgestellter Militärluftfahrt-Personalausweis erforderlich ist."

Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. Nr. 898/1993, hat die Austro Control Ges.m.b.H. sämtliche dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im LFG sowie in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen bisher übertragenen Aufgaben, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b LFG übertragen sind, wahrzunehmen.

Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 LFG ("als Militärluftfahrer nur verwendet werden darf") ergibt, stellt das Gesetz nur auf eine Verpflichtung der militärischen Dienststellen ab, es enthält jedoch keine Verpflichtung für Militärluftfahrer (vgl. hiezu Anm. 1 zu § 56 Abs. 1 LFG in Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht II, sowie die dort angeführte Literatur).

Damit steht auch im Einklang, wenn es in den Gesetzesmaterialien (307 BlgNR 8. GP, 35; abgedruckt bei Halbmayer-Wiesenwasser, a.a.O., unter Anm. 2 zu § 56 LFG) heißt:

"Im Bereich der Militärluftfahrt ist ein behördliches Verfahren, das die Erteilung der Erlaubnis, sich als Angehöriger des militärischen Luftfahrtpersonals zu betätigen, zum Gegenstand hat, nicht vorgesehen. Die Ausbildung zum Militärluftfahrer sowie die Betätigung als solcher geschieht ausschließlich im Interesse der Landesverteidigung. Die Interessen des Einzelnen an der Ausbildung treten hinter die Interessen der Landesverteidigung zurück."

Derart teilt der Verwaltungsgerichtshof aber auch die Auffassung von Halbmayer-Wiesenwasser (a.a.O., Anm. 3 zu § 56 LFG), wonach der Militärluftfahrerschein kein Bescheid ist, weil mit Militärluftfahrscheinen keine Berechtigungen erteilt werden.

Entsprechend den besonderen Erfordernissen (taktischer) militärischer Belange verleiht ein Militärluftfahrerschein (noch) kein Recht, ein Militärluftfahrzeug im Fluge zu führen (vgl. auch Geusau, Die Erlaubnis zur Benutzung von Militärluftfahrzeugen, ZVR 1962, 173). Somit wird auch nicht mit rechtserzeugender Wirkung in die Rechtssphäre des Betroffenen eingegriffen. Insoferne hat der Verwaltungsgerichtshof auch nicht das Bedenken, daß mit einem Militärluftfahrerschein Rechtsverhältnisse von Personen gestaltet würden, ohne daß dies allerdings in den durch das Rechtsschutzsystem geforderten - bekämpfbaren - Rechtssatzformen erfolgte (und unterscheidet sich die hier in Frage stehende Rechtslage nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes etwa von jener, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1992, Slg. Nr. 13223, zugrundelag).

Aber auch die Regelung des § 30 Abs. 2 LFG vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen:

Wie (auch) vom Verfassungsgerichtshof im obzitierten Beschluß vom 21. Juni 1995 hervorgehoben wird, dienen die in Rede stehenden Belange ausschließlich öffentlichen Interessen. Der Umstand, allenfalls vom erleichterten Erwerb eines Zivilluftfahrerscheines ausgeschlossen zu sein, hindert rechtlich nicht dessen Erteilung bei Vorliegen der dafür erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen.

Auch insofern zeigt das LFG, daß ein "Entzug" des Militärluftfahrerscheines nicht in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift.

Dem Versuch des Beschwerdeführers aber, aus § 30 Abs. 2 LFG ein vom Gesetzgeber als schutzwürdig anerkanntes rechtliches Interesse an einem "Nichtentzug" des Militärluftfahrerscheines abzuleiten, steht entgegen, daß § 30 Abs. 2 LFG nur scheinbar dem Inhaber eines Militärluftfahrerscheines ein rechtlich geschütztes Interesse am erleichterten Erwerb eines Zivilluftfahrerscheines einräumt: § 30 Abs. 2 LFG bestimmt nämlich auch, daß der Bundesminister für Landesverteidigung - ohne Angabe von Gründen (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, a.a.O., Anm. 14 zu § 30 LFG) - einen Einwand erheben kann. Aus letzterem ist somit abzuleiten, daß nach dem LFG dem Interesse eines Inhabers eines Militärluftfahrerscheines auf erleichterten Erwerb eines Zivilluftfahrerscheines kein rechtlicher Schutz zukommt.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung führt weiters zu keinem anderen Ergebnis, daß im § 30 Abs. 2 LFG der Gesetzgeber das Wort "berechtigt" (in Ansehung der Ausübung bestimmter Tätigkeiten) verwendet.

Wie oben ausgeführt wurde, lassen sowohl der Wortlaut des § 56 LFG als auch die die Absicht des historischen Gesetzgebers beleuchtenden Gesetzesmaterialien erkennen, daß es dem Gesetzgeber (gerade) darum zu tun war, hinsichtlich des Militärluftfahrerscheines einen rechtsbegründenden Bescheid nicht zu statuieren. Ausgehend davon wird ersichtlich, daß der Gesetzgeber unter der mißverständlichen Verwendung des Wortes "berechtigt" aus der Sicht des im Abschnitt C (militärisches Luftfahrtpersonal; §§ 53 bis 57) niedergelegten Regelungssystem nicht anderes verstanden wissen wollte, als daß der Inhaber des Militärluftfahrerscheines hiezu "befähigt" ist (so auch Halbmayer-Wiesenwasser, a.a.O., Anm. 12 zu § 30 LFG und die dort angegebene Literaturstelle). Ein anderes Auslegungsergebnis würde dem Gesetzgeber einen unerklärbaren Wertungswiderspruch unterstellen.

Auf dem Boden der im Beschwerdefall gegebenen Sach- und Rechtslage ist daher die vom Beschwerdeführer bekämpfte Erledigung vom 20. März 1995 - (auch) in Ansehung des hier in Frage stehenden Teiles - nicht als Bescheid zu werten.

Zur Erledigung vom 18. April 1995:

Die bekämpfte Erledigung vom 18. April 1995 enthält weder die Bezeichnung als Bescheid noch ergibt sich aus ihr ein normativer Abspruch. Sie stellt vielmehr lediglich die Bekanntgabe einer Rechtsansicht der belangten Behörde dar (vgl. hiezu den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A).

Die Beschwerde war daher sowohl hinsichtlich der Erledigung vom 20. März 1995 (in dem hier zu entscheidenden Umfang) als auch hinsichtlich der Erledigung vom 18. April 1995 gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DienstrechtOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DienstrechtBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DiversesAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995030211.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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