Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
VwGG §42 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der A GmbH in G, vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 18. August 2022, VGW-104/040/17350/2021-2, betreffend Angelegenheit nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Die belangte Behörde erließ aufgrund des Antrags der revisionswerbenden Partei einen Bescheid mit folgendem Spruch (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
„Die A GmbH [] verfügt in den unten genannten Standorten über
Bewilligungen als Wettunternehmerin konkret
a) als Buchmacherin (= gewerbsmäßiger Abschluss von Wetten aus Anlass
sportlicher Veranstaltungen) und
b) als Totalisateurin (= gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten zwischen Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen)
Mit Schreiben vom 18.05.2021 suchte die A GmbH um Bewilligung der Neubestellung von Frau M N [...]
A) als weitere verantwortliche Person für die angeführten Betriebsstätten im 20. Bezirk in [...]
und B) als Stellvertreter (verantwortliche Person) in folgenden Betriebsstätten
in Wien [...]
an.
Der Magistrat der Stadt Wien weist das Ansuchen der A GmbH um Bewilligung der Neubestellung des Frau M N gemäß §11 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 lit c des Wiener Wettengesetzes, LGBl für Wien Nr. 26/2016 idgF, ab.“
2 2.1. Die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem und über rechtzeitigen Antrag schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig.
3 2.2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass bezüglich Frau M N ein Schuldenregulierungsverfahren anhängig gewesen sei (am 9. Mai 2018 sei ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden; Ende der Zahlungsfrist sei der 15. September 2025) und in der Insolvenzdatei noch Einsicht für diesen Insolvenzfall gewährt werde. Frau M N sei Dienstnehmerin der A GmbH. Nach Darlegung seiner beweiswürdigenden Überlegungen und Darstellung der Rechtslage führte das Verwaltungsgericht u.a. begründend aus, § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz erkläre einen Bewilligungswerber, einen Geschäftsführer und eine verantwortliche Person als unzuverlässig, wenn Tatsachen vorlägen, die es zweifelhaft machen, ob diese die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit biete.
4 Eingeräumt werde, dass die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung, die nachfolgend nur noch den Bewilligungswerber, nicht aber den Geschäftsführer und die verantwortliche Person anführe, gesetzestechnisch verbesserungswürdig erscheinen könne. § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz gelte durch die dargestellte Verweisungskette auch für verantwortliche Personen und erkläre diese als nicht zuverlässig (keine Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit), wenn über ihr Vermögen schon einmal ein Konkursverfahren eröffnet worden sei oder das Insolvenzverfahren mangels hinreichenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben worden sei und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht für diesen Insolvenzfall gewährt werde, noch nicht abgelaufen sei. Für diese Rechtsansicht spreche auch § 11 Abs. 4 Wr. Wettengesetz, der nicht zwischen Bewilligungswerber, Geschäftsführer oder verantwortlicher Person unterscheide und als Nachweise der Zuverlässigkeit auch einen Auszug aus der Insolvenzdatei aufliste. Eine systematische Auslegung dieser Normen ergebe, dass auch verantwortliche Personen im Sinne des § 11 Wr. Wettengesetz zuverlässig sein müssten. Damit sei auch der Regelungsinhalt des § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz umfasst. Auch eine teleologische Auslegung führe zu diesem Ergebnis. Das Wr. Wettengesetz solle unter anderem präventiv gegen Geldwäsche wirken. Zudem stünden der Spieler- und Jugendschutz im Vordergrund. In der Praxis komme der verantwortlichen Person aufgrund ihrer persönlichen Anwesenheit in den Wettlokalen besondere Bedeutung bezüglich der Einhaltung dieser Schutzzwecke zu. Es könne der Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung bei verantwortlichen Personen § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz heranziehe.
5 Würde nur § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz, nicht aber die Absätze 2 bis 4 leg. cit., auf verantwortliche Personen anwendbar sein, ergäbe sich eine Gesetzeslücke, da diesfalls lediglich für Bewilligungswerber nähere Kriterien für die (Un)Zuverlässigkeit definiert wären. Für verantwortliche Personen (und Geschäftsführer) gäbe es dann keine gesetzlichen Vorgaben. Das könne dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden und sei auch - wie oben dargestellt - nicht der Fall.
6 Aber selbst wenn die Rechtsansicht der revisionswerbenden Partei zuträfe, wäre die dann vorliegende Lücke im Gesetz durch Analogie zu schließen und wären die Absätze 2 bis 4 des § 11 Wr. Wettengesetz analog auf verantwortliche Personen anzuwenden. Das Verwaltungsgericht vertrete die Ansicht, dass keine Gesetzeslücke vorliege und § 11 Wr. Wettengesetz auf verantwortliche Personen unmittelbar anzuwenden sei.
7 Das gelte daher auch für § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz, der die Wirkung eines Schuldenregulierungsverfahrens zeitlich mit jenem Zeitraum einschränke, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht für dieses Insolvenzverfahren gewährt werde. Das Verwaltungsgericht habe die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Da die Einsicht in die Insolvenzdatei im relevanten Schuldenregulierungsverfahren noch immer gewährt werde, liege nach § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz ein Grund vor, die Zuverlässigkeit der angezeigten Person auszuschließen. Die Bestellung der Frau M N zur verantwortlichen Person sei von der Behörde zu Recht nach § 7 Abs. 3 Wr. Wettengesetz untersagt worden.
8 2.3. Die Revision sei zulässig, weil keine Leitentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage vorliege, ob § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz (unmittelbar oder analog) auf verantwortliche Personen Anwendung finde.
9 3.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
10 3.2. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 4.1. Die Revision erweist sich angesichts der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes als zulässig.
12 4.2. Sie ist aber nicht begründet:
13 4.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 26/2016 idF LGBl. für Wien Nr. 52/2020, lauten auszugsweise:
„Voraussetzungen für die Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer
§ 4. (1) Die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer durch eine natürliche Person sind gegeben, wenn diese Person
a) eigenberechtigt ist,
b) die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des EWR-Abkommens, der Schweiz oder eines Drittstaates ist, dessen Staatsangehörige nach dem Recht der Europäischen Union Inländerinnen bzw. Inländern gleichzustellen sind, oder Drittstaatsangehörige oder Staatenlose ist, sofern diese Person im Besitz eines Aufenthaltstitels mit entsprechendem Zweckumfang ist,
c) die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 11),
[...]
Feststellung der Eignung der Betriebsstätte
§ 5. (1) Eine Betriebsstätte ist für die Ausübung der Tätigkeit einer Wettunternehmerin oder eines Wettunternehmers geeignet, wenn
a) für jede Betriebsstätte jeweils mindestens eine verantwortliche Person bestellt wird, welche die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 lit. a bis c erfüllt und in der Lage ist sowie die entsprechende Anordnungsbefugnis besitzt, die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes zu gewährleisten; betreibt eine Wettunternehmerin oder ein Wettunternehmer mehrere Betriebsstätten, so muss je Wiener Gemeindebezirk nur eine verantwortliche Person namhaft gemacht werden;
[...]
Erteilung der Bewilligung
§ 6. (1) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen der §§ 4 und 5 erfüllt sind und unter Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen und Bedingungen insbesondere die Wahrung der in § 5 Abs. 1 lit. b aufgezählten sowie anderer öffentlicher Interessen, insbesondere Jugendschutz, Schutz für Wettkundinnen und Wettkunden, Schutz vor Spielsucht, Vermeidung von Geldwäsche sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, gewährleistet ist.
(2) Die Bewilligung ist mit Bescheid zu erteilen. Der Spruch hat zumindest Folgendes zu enthalten:
[...]
5. Angabe jeder verantwortlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a für jede Betriebsstätte;
[...]
Anzeigepflicht
§ 7. (1) Die Inhaberin oder der Inhaber einer Bewilligung nach § 3 hat folgende Umstände der Behörde unverzüglich schriftlich anzuzeigen:
a) die Neubestellung oder den Austausch einer Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers gemäß § 4 Abs. 2 lit. b unter Anschluss der Nachweise gemäß § 4 Abs. 1 lit. a bis c;
b) die Neubestellung oder den Austausch einer verantwortlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a unter Anschluss der Nachweise gemäß § 4 Abs. 1 lit. a bis c sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 und 4;
c) die Auflassung einer Betriebsstätte sowie das Zurücklegen der Bewilligung.
(2) Die Behörde hat Anzeigen binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Der Bescheid über die Kenntnisnahme einer Anzeige gemäß Abs. 1 lit a und b bildet einen Bestandteil des Bewilligungsbescheides.
(3) Sind die gesetzlichen Voraussetzungen im Falle einer Anzeige nach Abs. 1 lit. a oder b nicht erfüllt, hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid festzustellen und die Bestellung der Person zu untersagen.
Erlöschen und Entziehung der Bewilligung
§ 8. (1) Die Bewilligung erlischt
[...]
(2) Die Bewilligung ist von der Behörde zu entziehen, wenn
a) die Voraussetzungen für ihre Erteilung weggefallen sind, insbesondere, wenn die Zuverlässigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers oder der verantwortlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a oder der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers gemäß § 4 Abs. 2 lit. b nicht mehr gegeben ist oder
b) sich nachträglich herausstellt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen schon zum Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung nicht gegeben waren oder
c) festgestellt wird, dass in einer Betriebsstätte illegales Glücksspiel betrieben wird oder
d) zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen nach § 24 Abs. 1 Z 1, 16 und 17 oder des Wiener Jugendschutzgesetzes gegen die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer, gegen die Geschäftsführerin oder den Geschäftsführer gemäß § 4 Abs. 2 lit. b oder gegen eine sonstige zur Vertretung nach außen berufene Person, gegen die verantwortliche Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a, gegen eine verantwortliche Beauftragte oder einen verantwortlichen Beauftragten, oder gegen eine natürliche Person, die über maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb verfügt, vorliegen oder
e) die Anzeige der Neubestellung oder des Austauschs einer verantwortlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a oder einer Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers gemäß § 4 Abs. 2 lit. b unter Anschluss der Nachweise gemäß § 4 Abs. 1 lit. a bis c sowie gegebenenfalls gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 und 4 nach Ablauf von zwei Monaten nach Ausscheiden der verantwortlichen Person bzw. der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers nicht erfolgt oder
f) es sich bei Übertretungen nach § 24 Abs. 1 Z 14 um schwerwiegende, wiederholte oder systematische Übertretungen oder eine Kombination davon handelt.
Bewilligungsantrag
§ 10. (1) Der Antrag auf Bewilligung einschließlich der Feststellung der Eignung der Betriebsstätte ist schriftlich einzubringen und hat folgenden Mindestinhalt sowie folgende Nachweise zu enthalten:
[...]
5. Nachweise über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 lit. a bis c, g und h sowie gegebenenfalls des § 4 Abs. 2 und sämtliche Nachweise die für die Beurteilung der Eignung der Betriebsstätte gemäß § 5 Abs. 1 erforderlich sind;
[...]
8. Nachweise über die Zuverlässigkeit gemäß § 11;
[...]
Zuverlässigkeit
§ 11. (1) Die Zuverlässigkeit einer Bewilligungswerberin, eines Bewilligungswerbers oder einer Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers gemäß § 4 Abs. 2 lit. b oder einer verantwortliche Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob die Bewilligungswerberin oder der Bewilligungswerber die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bietet.
(2) Die Zuverlässigkeit einer Bewilligungswerberin oder eines Bewilligungswerbers ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn
a) sie oder er von einem Gericht wegen einer mit Vorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen oder wegen Verstoßes gegen § 168 des Strafgesetzbuches rechtskräftig verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist, noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes) unterliegt. Dies gilt auch, wenn mit dem angeführten Versagungsgrund vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden;
b) sie oder er wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes, der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht oder der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes von einer Finanzstrafbehörde rechtskräftig bestraft worden ist und über sie oder ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als 800 € oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wenn seit der Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind. Dies gilt auch, wenn mit den angeführten Versagungsgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden;
c) sie oder er wegen Verstößen gegen Bestimmungen dieses Gesetzes, wegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes oder wegen eines Verstoßes gegen abgabenrechtliche Bestimmungen, sofern diese Verstöße Abgaben im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer im Sinne dieses Gesetzes betreffen, mehr als einmal rechtskräftig bestraft worden ist und seit der letzten rechtskräftigen Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind. Dies gilt auch dann, wenn vergleichbare Tatbestände in anderen Bundesländern oder im Ausland verwirklicht wurden.
(3) Die Bewilligungswerberin oder der Bewilligungswerber ist nicht zuverlässig, wenn über ihr oder sein Vermögen schon einmal ein Konkursverfahren oder zweimal ein Sanierungsverfahren eröffnet worden ist, oder das Insolvenzverfahren mangels eines hinreichenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wurde (es sei denn, die diesen Fällen zugrundeliegende Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ist durch ein Insolvenzverfahren einer oder eines Dritten unmittelbar verursacht worden) und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht für diesen Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch dann, wenn vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
(4) Zum Nachweis der Zuverlässigkeit sind dem Antrag eine Strafregisterbescheinigung, ein Auszug aus der Insolvenzdatei sowie eine Erklärung, dass keine Umstände nach Abs. 2 lit. a bis c vorliegen, anzuschließen. Dem Antrag sind zusätzlich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des jeweils örtlich zuständigen Finanzamtes sowie eine von einem Gläubigerschutzverband erteilte Auskunft über die wirtschaftliche Situation und die finanzielle Leistungsfähigkeit anzuschließen. Diese genannten Nachweise dürfen bei der Vorlage nicht älter als zwei Monate sein.
(5) Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates eines EWR-Abkommens, der Schweiz oder eines Drittstaates, dessen Staatsangehörige nach dem Recht der Europäischen Union Inländerinnen bzw. Inländern gleichzustellen sind, oder Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, sofern diese Personen im Besitz eines Aufenthaltstitels mit entsprechendem Zweckumfang sind, können die Strafregisterbescheinigung sowie den Auszug aus der Insolvenzdatei durch entsprechende Bescheinigungen aus deren Herkunftsland erbringen; werden dort solche nicht ausgestellt, können diese durch eine eidesstattliche Erklärung der Bewilligungswerberin oder des Bewilligungswerbers ersetzt werden.“
14 4.2.2. Die Materialien zum Wiener Wettengesetz, Beilage Nr. 3/2016 zu LGBl. für Wien Nr. 26/2016, lauten auszugsweise:
„Zu § 11: Hier wird in den Abs. 1 bis 3 näher bestimmt, in welchen Fällen die Zuverlässigkeit nicht vorliegt. In der Praxis wird in „Wettbüros“ immer wieder auch illegales Glücksspiel angeboten. Vor diesem Hintergrund wird mit dieser Bestimmung unter anderem angeordnet, dass eine gerichtliche Verurteilung, insbesondere wegen des Verstoßes gegen § 168 StGB (Glücksspiel), zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen ist. Die Zuverlässigkeit der Bewilligungswerberin oder des Bewilligungswerbers ist auch dann nicht gegeben, wenn sie oder er wegen Verstößen gegen die im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer zu beachtenden Vorschriften mehr als zweimal rechtskräftig bestraft worden ist. Vor dem Hintergrund, dass in Wettbüros immer wieder auch illegales Glücksspiel angeboten wird, sind auch Verstöße gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen. Schließlich ist künftig auch auf den Tatbestand der Abgabenhinterziehung Bedacht zu nehmen. Die Zuverlässigkeit ist nach dieser Bestimmung künftig dann nicht mehr gegeben, wenn die Bewilligungswerberin oder der Bewilligungswerber mehr als einmal wegen einer der angeführten Tatbestände bestraft wurde. Falls die Zuverlässigkeit erst nach der Erteilung der Bewilligung nicht mehr gegeben ist, ist diese mit Bescheid zurückzunehmen (siehe § 8 Abs. 2 lit. a). Abs. 3: Die bestehende Vorschrift enthält die mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 - IRÄG 2010, BGBl. I Nr. 29/2010 geschaffene Rechtslage. In Abs. 4 ist geregelt, womit die Zuverlässigkeit jeweils nachzuweisen ist. Die maximal zwei Monate alte Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes sowie die Auskunft eines Gläubigerschutzverbandes betreffend die wirtschaftliche Situation und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewilligungswerberinnen und Bewilligungswerber soll die Abwicklungssicherheit für die Auszahlung von Wettgewinnen in einer landesweiten Durchschnittsbetrachtung sicherstellen und weiters die Verwendung von Schwarzgeld verhindern. Die mit der Geschäftsführung betrauten Personen sowie die verantwortlichen Personen müssen auf Grund der besonderen Verantwortlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den zu gewährleistenden Schutz für Wettkundinnen und Wettkunden, hohen Anforderungen entsprechen. Weiters will man damit Insolvenzverfahren der Wettunternehmerinnen und Wettunternehmer verhindern. Im Abs. 5 ist u.a. eine entsprechende Regelung für Unionsbürger vorgesehen.“
15 4.2.3. Eine Betriebsstätte ist demnach dann für die Ausübung der Tätigkeit eines Wettunternehmers geeignet, wenn für jede Betriebsstätte jeweils mindestens eine verantwortliche Person bestellt ist, welche u.a. die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 lit. a bis c Wr. Wettengesetz erfüllt. § 4 Abs. 1 lit. c Wr. Wettengesetz sieht nun im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Wettunternehmer vor, dass eine natürliche Person die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen muss; dies wird durch einen Verweis auf § 11 Wr. Wettengesetz klargestellt. Eine Person, die als verantwortliche Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a Wr. Wettengesetz bestellt werden soll, muss daher die Voraussetzungen des § 11 Wr. Wettengesetz erfüllen.
16 Gemäß § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz ist die Zuverlässigkeit einer verantwortlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 lit. a leg. cit. jedenfalls dann nicht gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewilligungswerber die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bietet. § 11 Abs. 1 Wiener Wettengesetz legt daher den generellen Maßstab fest, an dem zu prüfen ist, ob eine Person zuverlässig ist, wobei Abs. 1 jene „Tatsachen“, bei deren Vorliegen die volle Vertrauenswürdigkeit „zweifelhaft“ ist, nicht näher definiert. § 11 Abs. 1 leg. cit. räumt der Behörde daher einen weiten Beurteilungsspielraum ein; wesentlich ist nur, dass Tatsachen vorliegen, d.h. es müssen nachprüfbare Umstände vorliegen, die es - im Hinblick auf die Zielsetzungen des Gesetzes - nahelegen, dass keine volle Vertrauenswürdigkeit vorliegt.
17 Der Gesetzgeber hat in der Folge in § 11 Abs. 2 leg. cit. eine Aufzählung jener „Tatsachen“ vorgenommen, bei deren Vorliegen er selbst jedenfalls von der fehlenden Zuverlässigkeit des Bewilligungswerbers ausgeht. In diesen Fällen bleibt der Behörde kein Beurteilungsspielraum, vielmehr liegt keine Zuverlässigkeit vor. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber selbst beim Bewilligungsinhaber jedoch keine abschließende Regelung getroffen hat. Abs. 2 sieht vor, dass die Zuverlässigkeit des Bewilligungswerbers „insbesondere“ bei den dort näher geregelten „Tatsachen“ (Verurteilung zu einer gerichtlichen Freiheitsstrafe; rechtskräftige Bestrafung wegen bestimmter Finanzvergehen) nicht gegeben ist. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ schließt daher nicht aus, dass die Behörde bei der Prüfung der Zuverlässigkeit eines Bewilligungswerbers auch andere „Tatsachen“ ins Kalkül zieht und zum Ergebnis kommt, dass die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit nicht gegeben ist. § 11 Abs. 2 leg. cit. legt nämlich lediglich fest, dass bei Vorliegen der dort geregelten „Tatsachen“ im Sinne des Abs. 1 die Zuverlässigkeit jedenfalls „nicht gegeben“ ist.
18 § 11 Abs. 3 Wr. Wettengesetz wiederum sieht nunmehr vor, dass der Bewilligungswerber nicht zuverlässig ist, wenn über sein Vermögen schon einmal ein Konkursverfahren oder zweimal ein Sanierungsverfahren eröffnet worden ist, oder das Insolvenzverfahren mangels eines hinreichenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht für diesen Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Der Revisionswerberin ist darin zuzustimmen, dass im Gesetzestext tatsächlich nur der Bewilligungsinhaber genannt ist.
19 Daraus ist für die Revisionswerberin jedoch nichts gewonnen: Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat gemäß § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz umfassend zu prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob die verantwortliche Person die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bietet. Der finanzielle Hintergrund einer Person ist dabei - wie das Verwaltungsgericht und die belangte Behörde in der Revisionsbeantwortung zur Recht ausführen - vor dem Hintergrund der auch europarechtlich gebotenen Geldwäscheprävention von besonderer Bedeutung. Die Heranziehung der „Tatsache“ des Vorliegens eines Schuldenregulierungsverfahrens zur Prüfung der Zuverlässigkeit einer - potentiellen - verantwortlichen Person gemäß § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz ist angesichts der Zielsetzungen des Wr. Wettengesetzes daher nicht zu beanstanden und keinesfalls „irrelevant“, wie die Revision vermeint. Nähere Ausführungen, warum die als verantwortliche Person konkret ausgewählte Person trotz des Schuldenregulierungsverfahrens im vorliegenden Fall dennoch vertrauenswürdig sein solle, sind weder der Beschwerde noch der Revisionsbeantwortung zu entnehmen; die bloße Behauptung, die „bestellten verantwortlichen Personen“ seien im Zusammenhang mit Wettkundenschutz geschult und sensibilisiert, die Gefahr von Wettsucht frühzeitig zu erkennen sowie Kinder und Jugendliche davor zu schützen, mit der Wetttätigkeit in Berührung zu kommen“, reicht dafür nicht aus.
20 4.3. Der Revision gelingt es nach dem Gesagten daher nicht, eine Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts in Ansehung der Beurteilung der Zuverlässigkeit gemäß § 11 Abs. 1 Wr. Wettengesetz aufzuzeigen.
21 4.4. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1VwGG als unbegründet abzuweisen.
22 4.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 16. März 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2023020004.J00Im RIS seit
19.04.2023Zuletzt aktualisiert am
19.04.2023