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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, in der Revisionssache des R S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2022, I417 2199492-1/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 12. Jänner 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 20. März 2017 wurde dieser Antrag, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Unter einem wurde die Außerlandesbringung des Revisionswerbers angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Ungarn demzufolge zulässig sei.
3 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2017 wurde der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
4 Mit Bescheid vom 24. Mai 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag vom 12. Jänner 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung dreier Tagsatzungen zur mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Dabei ging das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung davon aus, dass der Revisionswerber eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht habe glaubhaft machen können. Es lägen auch vor dem Hintergrund der Länderberichte und den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung bei der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat vor.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Soweit sich der Revisionswerber in der Begründung zur Zulässigkeit seiner Revision gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis richtet, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 25.11.2022, Ra 2022/14/0203, mwN).
11 Das Bundesverwaltungsgericht legte - nach Durchführung dreier Tagsatzungen zur mündlichen Verhandlung, in denen es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte - in einer ausführlichen Beweiswürdigung dar, aus welchen Erwägungen es zum Ergebnis gelangte, der Revisionswerber habe eine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner politischen Tätigkeit bei der Oppositionspartei nicht glaubwürdig vorgebracht. Dabei verwies es unter anderem auf detailarme Schilderungen und unplausible Angaben des Revisionswerbers sowie auf fehlende Anhaltspunkte für eine gegenwärtige, konkrete Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat. Es setzte sich auch mit den vom Revisionswerber vorgelegten Urkunden auseinander und führte ins Treffen, dass der Verbleib der Originale dieser Urkunden trotz Nachforschungsarbeit sowohl durch die Rechtsvertretung als auch das Bundesverwaltungsgericht nicht habe geklärt werden können. Eine Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung im Rahmen des dargelegten Maßstabes für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zeigt die Revision mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen daher nicht auf.
12 Soweit in der Revision erkennbar in Zusammenhang mit der Versagung der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vor dem Hintergrund der in das Verfahren eingebrachten Länderberichte und der sich daraus ergebenden Sicherheitslage in der Republik Kongo unterlassene Ermittlungen sowie fehlende Feststellungen - und damit Verfahrensmängel - gerügt werden, muss auch schon in diesem Fall in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 5.12.2022, Ra 2022/20/0221, mwN).
13 Diesen Anforderungen wird die Revision, deren Zulässigkeitsbegründung zu den behaupteten Verfahrensmängeln jegliche Relevanzdarstellung vermissen lässt, nicht gerecht.
14 Soweit der Revisionswerber hingegen in seinem Zulässigkeitsvorbringen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf die Situation in seinem Herkunftsstaat in mehreren Aspekten eine eigene Beurteilung entgegensetzt, entfernt es sich dabei vom festgestellten Sachverhalt und vermag schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 19.12.2022, Ra 2022/14/0328, mwN).
15 Weiters ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 7.12.2022, Ra 2021/20/0387, mwN). Derartiges zeigt die Revision nicht auf.
16 Schließlich wendet sich der Revisionswerber gegen die im Zuge der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung und bringt vor, es sei keine vollständige Abwägung sämtlicher aktueller Interessen an seinem Verbleib im Bundesgebiet erfolgt.
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 17.11.2022, Ra 2022/14/0288, mwN).
18 Dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung unvertretbar wäre, vermag der Revisionswerber mit dem bloßen Hinweis auf eine Abweichung von der von ihm zitierten Rechtsprechung ohne jeglichen fallbezogenen Kontext nicht darzutun.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 23. März 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023140009.L00Im RIS seit
19.04.2023Zuletzt aktualisiert am
19.04.2023