TE Vwgh Beschluss 2023/3/27 Ra 2023/18/0051

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Veröffentlicht am 27.03.2023
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 28 heute
  2. VwGG § 28 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. VwGG § 28 gültig von 01.01.2017 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2017
  4. VwGG § 28 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 28 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 28 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 28 gültig von 01.01.1991 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  8. VwGG § 28 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des H A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 2021, W260 2189614-1/31E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte im Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er als LKW-Fahrer Baumaterial für eine von Amerikanern durchgeführte Renovierung einer Schule geliefert habe und deshalb von den Taliban bedroht, geschlagen und gefoltert worden sei. Zuletzt habe er einen Drohbrief von den Taliban erhalten, weshalb er geflüchtet sei.

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Soweit vorliegend (also für die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) relevant, stellte das BVwG (teils im Abschnitt „Sachverhalt“, teils im Abschnitt „Beweiswürdigung“) fest, der Revisionswerber habe in Afghanistan als selbständiger LKW-Fahrer Baumaterialien, unter anderem für einen von „den Amerikanern“ finanzierten Schulbau, transportiert. Während der Verhandlung vor dem BVwG habe der Revisionswerber Narben vorgezeigt, die nach seinem Vorbringen auf Verbrennungen zurückgingen, die ihm die Taliban mit einem Zigarettenanzünder zugefügt hätten. Somit stehe fest, dass der Revisionswerber misshandelt bzw. gefoltert worden sei; dass die Taliban für die Verletzungen ursächlich gewesen wären, könne nicht ausgeschlossen werden. Nicht glaubhaft sei jedoch, dass die Taliban ihn fortdauernd bedroht hätten und bei Rückkehr weiterhin verfolgen würden. Der Revisionswerber habe keine besonders wichtige oder exponierte Rolle im Zusammenhang mit einer Tätigkeit für die Amerikaner oder ihre westlichen Verbündeten ausgeübt und sei insbesondere kein Angehöriger von afghanischen oder ausländischen Sicherheitskräften gewesen. Aufgrund seiner bloß untergeordneten Tätigkeit als Lieferant von Baumaterial für einen von Amerikanern betriebenen Schulbau, die er überdies vor vielen Jahren beendet habe, habe der Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Bedrohung durch die Taliban mehr zu befürchten.

5        Gegen das angefochtene Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der dieses mit Erkenntnis vom 28. November 2022, E 3577-3578/2021-11, im Umfang der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten samt den rechtlich davon abhängenden Aussprüchen aufhob. Betreffend die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6        In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten eingebracht.

7        Sie macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, es fehle eine klarstellende und gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zur Auslegung des Asylbegriffes aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse in Afghanistan“ seit Übernahme der Macht durch die Taliban, und zwar hinsichtlich „Personen von untergeordneter Tätigkeit oder Unterstützung von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen“. Außerdem sei das BVwG seiner Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts nicht nachgekommen. Der Drohbrief der Taliban, den der Revisionswerber als Beweismittel vorgelegt habe, sei nicht geprüft und entsprechend gewürdigt worden. Die Beweiswürdigung entspreche nicht den Anforderungen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

8        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Mit dem Vorbringen, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zur Auslegung des Asylbegriffes [...] aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse in Afghanistan seit Übernahme der Macht durch die Taliban“, und zwar hinsichtlich „Personen von untergeordneter Tätigkeit oder Unterstützung von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen“, legt die Revision keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt: Der bloße Hinweis auf eine Änderung der politischen Verhältnisse im Herkunftsstaat des Revisionswerbers - also auf eine Änderung im Bereich des vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhaltes - tut nicht dar, zu welcher konkreten Rechtsfrage im Zusammenhang mit der „Auslegung des Asylbegriffes“ es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

13       Soweit sich der Revisionswerber gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG wendet, ist er darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (VwGH 19.1.2023, Ra 2022/19/0323, mwN). Dass die konkret vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

14       Mit dem übrigen Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit macht die Revision Feststellungs-, Ermittlungs- und Begründungsmängel und damit Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 7.6.2021, Ra 2021/18/0170, mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision mit ihren pauschalen Ausführungen nicht gerecht.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. März 2023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023180051.L00

Im RIS seit

19.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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