TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/12 95/06/0146

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Veröffentlicht am 12.10.1995
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Index

L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des F und der M D in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. Mai 1995, Zl. 1/02-32.850/1-1995, betreffend Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde und aus dem vorgelegten, angefochtenen Bescheid ergibt sich:

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft im Gemeindegebiet von E (in der Folge kurz: betreibende Gemeinde). Sie haben auf dieser Liegenschaft einen Getreidekasten aufgestellt und ihn zur Unterbringung von Brennholz und Gerätschaften verwendet. Mit Bescheid des Bürgermeisters der betreibenden Gemeinde vom 17. Juli 1975 wurde beiden Beschwerdeführern gemäß den §§ 16 Abs. 3, 21 und 22 Abs. 1 lit. a des Salzburger Baupolizeigesetzes aufgetragen, diesen Getreidekasten binnen einer Frist von zwei Monaten abzutragen. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, der mit Bescheid vom 11. Mai 1987 keine Folge gegeben wurde. Mit weiteren Bescheiden vom 1. Dezember 1987 und vom 1. Dezember 1988 wurde die festgelegte Demolierungsfrist verlängert und zuletzt mit 31. Dezember 1989 festgelegt. Mit Schreiben vom 30. April 1991 beantragte die betreibende Gemeinde bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die Durchführung eines entsprechenden Vollstreckungsverfahrens, woraufhin die Bezirkshauptmannschaft den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 13. Mai 1991 die Ersatzvornahme unter Setzung einer Nachfrist von drei Monaten androhte. In der Folge holte die Bezirkshauptmannschaft eine Kostenschätzung des Ing. M.W. sowie eine weitere Kostenschätzung eines bautechnischen Amtssachverständigen ein, ohne sie den Beschwerdeführern zur Kenntnis zu bringen.

Mit Bescheid vom 8. April 1992 ordnete die Bezirkshauptmannschaft gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin einerseits die Ersatzvornahme (Abtragung und Entfernung des strittigen Bauwerkes) an, und trug ihr andererseits auf, als Vorauszahlung für die Kostenersatzvornahme einen Betrag von S 12.384,-- zu erlegen.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer Berufung mit folgender Begründung (zitiert nach der wörtlichen Wiedergabe im angefochtenen Bescheid):

"Wir, F und M D sind je zur Hälfte Eigentümer der Grst. Nr. 160/3 und 165/2, je KG H.

Den Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme bekam aber lediglich die Hälfteeigentümerin M D. Die Berufung geht daher in erster Linie gegen die unrichtige rechtliche Beurteilung.

Der zum Abbruch vorgesehene GETREIDEKASTEN wurde von uns vom Nachbarbauern B käuflich zur Erhaltung

wertvollen Volksgutes erworben und nach ausdrücklicher mündlicher Genehmigung des Herrn Exbürgermeisters T auf unserer Liegenschaft aufgestellt. Dieser Getreidekasten, über 300 Jahre alt, wird von uns lediglich zur Unterbringung von Brennholz und Gerätschaften verwendet. Ohne Bewilligung des Herrn Ex.-Bürgermeisters T hätten wir diesen Geräte- und Holzschuppen nie zur Aufstellung erbracht. Die seinerzeitige Bedingung des Bürgermeisters war nur, den alten bestehenden Holzschuppen abzutragen, denn der Getreidekasten dient ja als Wirtschaftsgebäude.

Es ist unrichtig in der Begründung angeführt, daß es sich um einen Riegelbau handelt, der Getreidekasten hat nur als Wetterschutz eine Schwedenschalung. Wir könnten keinesfalls verstehen, wenn ein so wertvolles Volksgut, ein Getreidekasten, einfach zu Brennholz verwertet wird.

Wir haben unseren diesjährigen Urlaub vom 23.4. bis 18.6.1992 bereits im Februar 1992 gebucht. Trotz Bemühungen haben wir keinen anderen Standplatz für den Getreidekasten gefunden und auch keinen Platz, wo das Brennholz witterungssicher gelagert werden könnte.

In Anbetracht der Notwendigkeit der ordnungsgemäßen Lagerung von Brennholz und Geräteschaften zu einer Liegenschaft ersuchen wir daher höflich, von der Beseitigung dieses wirtschaftlichen Nebengebäudes Abstand zu nehmen oder wenigstens den Abbruch des Wirtschaftsgebäudes AUFZUSCHIEBEN."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

1. die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und

2. die Berufung des Erstbeschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Gesetzeslage (§ 4 Abs. 1 und 2 VVG) wurde begründend ausgeführt, daß gegen beide Hälfteeigentümer (beide Beschwerdeführer) der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft vollstreckbare Titelbescheide vorlägen. Den Eigentümern fielen die Kosten der Vollstreckung zur gesamten Hand zur Last. Dies bedeute, daß beide Hälfteeigentümer in gleicher Weise zur Tragung dieser Kosten verpflichtet seien und die Vorschreibung dieser Kosten vorerst an einen der Verpflichteten nicht rechtswidrig sei. Die weiteren Einwendungen bezögen sich darauf, daß die Errichtung des gegenständlichen Getreidekastens durch den seinerzeitigen Bürgermeister der betreibenden Gemeinde mündlich "bewilligt" (im Original unter Anführungszeichen) worden wäre. Die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides könne jedoch im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht mehr aufgeworfen werden; ebensowenig könne eine "mündliche" Bewilligung die baubehördliche Bewilligung im Sinne des Baupolizeigesetzes ersetzen, weshalb die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

Festzuhalten sei jedoch, daß ein Kostenvorauszahlungsauftrag im Sinne des § 4 Abs. 2 VVG keine Vollstreckungsverfügung darstelle, sondern ein im Zuge des Vollstreckungsverfahrens ergehender Bescheid sei, auf den die Bestimmungen des AVG voll anzuwenden seien. Hinsichtlich der eingeholten Kostenschätzung wäre somit jedenfalls das Parteiengehör zu wahren gewesen. Da die Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich der Kostenschätzung jedoch keinerlei Berufungsgründe geltend mache, und die belangte Behörde in ihrer Entscheidung an das Berufungsvorbringen gebunden sei, sei darauf nicht weiter einzugehen gewesen.

Zur Berufung des Erstbeschwerdeführers sei festzuhalten, daß der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid nicht an ihn gerichtet gewesen sei, und dem Erstbeschwerdeführer somit - weil ihm, obwohl Hälfteeigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, keine Parteistellung zukomme - auch keine Legitimation zur Erhebung einer Berufung zukomme.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Beide Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht, daß hinsichtlich der Abtragung und Entfernung des gegenständlichen Objektes keine Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere keine Ersatzvornahme angeordnet werde, verletzt; die Zweitbeschwerdeführerin weiters in ihrem Recht, daß sie nicht zur Leistung einer Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme verpflichtet werde, hilfsweise, daß die Höhe einer derartigen Vorauszahlung mit einem geringeren Betrag als S 12.384,-- festgesetzt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil sich die Ersatzvornahme zweifelsfrei gegen beide Miteigentümer der Liegenschaft richte und auch der Vollstreckungstitel gegen beide Miteigentümer gerichtet sei, sodaß die Ersatzvornahme rechtens nur gegenüber beiden Miteigentümern angeordnet hätte werden dürfen, was auch für den Kostenvorauszahlungsauftrag gelte.

Diese Auffassung ist deshalb unzutreffend, weil es diesbezüglich lediglich darauf ankommt, daß gegenüber allen Miteigentümern ein vollstreckbarer Titelbescheid vorliegt (siehe dazu das Erkennntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0031), wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat. Daß ein vollstreckbarer Titelbescheid gegen alle Miteigentümer (gegen beide Beschwerdeführer) vorliegt, ist unstrittig.

Das hat auch zur Folge, daß die belangte Behörde rechtens die Berufung des Erstbeschwerdeführers zurückgewiesen hat.

Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Richtigkeit ihres Vorbringens zu prüfen, daß sie das fragliche Objekt infolge mündlicher Genehmigung des seinerzeitigen Bürgermeisters der Gemeinde aufgestellt hätten, versuchen die Beschwerdeführer einen Mangel des Titelbescheides geltend zu machen, auf den zulässigerweise im Vollstreckungsverfahren nicht mehr eingegangen werden kann.

Weiters wird gerügt, daß die Behörde erster Instanz zu den Kostenschätzungen kein Parteigehör gewährt, sowie auch, daß sie die Angemessenheit des Betrages von S 12.384 nicht geprüft habe. Die Beschwerdeführer hätten in ihrer Berufung auch ausgeführt, daß es sich bei der Substanz des fraglichen Objektes um einen Getreidekasten handle, der über 300 Jahre alt sei und "wertvolles Volksgut" (im Original unter Anführungszeichen) darstelle. Sie hätten weiters ausgeführt, daß die Begründung des Bescheides erster Instanz, wonach es sich um einen Riegelbau handle, unrichtig sei, "sondern nur ein Wetterschutz als Schwedenschalung des Getreidekastens gemacht worden sei". Die Behörde hätte jedenfalls diesen Einwand prüfen müssen, weil davon auch die Frage abhänge, ob die vorgeschriebenen Kosten der Höhe nach angemessen sein. Mit ihrem Vorbringen hätten die Beschwerdeführer nämlich sinngemäß zum Ausdruck gebracht, daß die Entfernung des in Rede stehenden Objektes durch Abtragung und Zerstörung desselben ("Verwertung zu Brennholz") nicht sachgerecht sei. Tatsächlich sei es wesentlich kostengünstiger, den gesamten Getreidekasten mit einem Kran aufzuheben und mittels LKW wegzubringen. Dadurch würden geringere Kosten auflaufen als bei Demolierung des Objektes gemäß der Kostenschätzung des Ing. M.W.

Dem ist folgendes zu entgegnen: Die in erster Instanz unterlaufene Verletzung des Parteiengehöres wurde dadurch saniert, daß die Zweitbeschwerdeführerin (nur deren Berufung war nach dem Gesagten von der belangten Behörde meritorisch zu behandeln) die Möglichkeit hatte, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und somit an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (siehe dazu Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 62 und 63 zu § 37 AVG). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand für die belangte Behörde auf Grund des (oben wiedergegebenen) Berufungsvorbringens kein Anlaß, die betragsmäßige Angemessenheit der vorgeschriebenen Kosten in Zweifel zu ziehen, zumal auch das Wesen eines Abbruches nicht darin besteht, ein ohne Bewilligung errichtetes Bauwerk mit einem LKW unversehrt abzutransportieren, sondern das Bauwerk auf eine solche Art zu beseitigen, daß auch die Entsorgung seiner Bauteile problemlos möglich ist, wobei es auch der Vollstreckungsbehörde weder zugemutet werden kann, noch es ihre Aufgabe ist, das abzubrechende Bauwerk anderwertig zu lagern, und damit in Wahrheit wohl neuerlich eine bewilligungspflichtige Bauführung vorzunehmen (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1992, Zl. 92/06/0066).

Die belangte Behörde hat somit zutreffend die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Da schon das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - und ohne daß den Beschwerdeführern weitere Kosten entstünden - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995060146.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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