TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/12 94/06/0272

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Veröffentlicht am 12.10.1995
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs4 Z4;
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
BauO Stmk 1968 §1 Abs2;
BauO Stmk 1968 §2;
BauO Stmk 1968 §3 Abs1;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §5;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 litf;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 lite;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauRallg;
VwGG §39 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

DerVerwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) des Dieter S und 2) der Margarete S, beide in München, 3) des Horst V und 4) der Ingeborg V, beide in R, Bundesrepublik Deutschland, sowie 5) des Karl R vlg. P in G, alle vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Juni 1994, Zl. 03-12 Ha 143 94/2, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsänderungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister; 2) H in K, Bundesrepublik Deutschland), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen von insgesamt S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 3. Juni 1993 kam die zweitmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Widmungswerberin) mit Zustimmung der Grundeigentümer um Widmungsänderung bezüglich eines Grundstückes im Gemeindegebiet ein (zwischenzeitig wurde sie, wie sich aus den Bauakten ergibt, als Eigentümerin verbüchert).

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer benachbarter Grundstücke:

Der Widmungsgrund grenzt im Osten zum größten Teil an das Grundstück des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin (zum geringeren Teil an ein weiteres Grundstück), im Norden an das Grundstück des Drittbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin, und im Westen an eine Straße, die ihrerseits entlang des Grundstückes des Fünftbeschwerdeführers verläuft. Der Widmungsgrund, die Grundstücke der erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien sowie auch weitere Grundstücke (nicht aber das Grundstück des Fünftbeschwerdeführers) waren Teil eines Areals, das parzelliert wurde. Diesbezüglich hatte der seinerzeitige Grundeigentümer um die Erteilung der Widmungsbewilligung zwecks Errichtung von Einfamilienwohnhäusern angesucht, die mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. November 1974 nach Maßgabe des zugrundeliegenden Lageplanes unter Vorschreibung von Bedingungen erteilt wurde, nämlich

1.

die Verbauung der zu widmenden Grundstücksfläche habe wie im vorgelegten Widmungsplan dargestellt, zu erfolgen. Situierung und Giebelrichtung seien wie im Widmungsplan dargestellt einzuhalten;

2.

es werde, wie im Befund bereits erwähnt, eine näher bezeichnete Grundstücksfläche anstelle einer anderen, ebenfalls näher bezeichneten Grundstücksfläche verbaut.

Die Punkte 3.-5. betreffen Festsetzungen hinsichtlich der Verkehrsflächen, wobei es darin auch heißt, daß die Aufschließungsstraßen einschließlich des Umkehrplatzes auf einem näher bezeichneten Grundstück mit einem Mischgutteppich zu versehen seien.

Punkt 7. bezieht sich auf die Einfriedungen; im Punkt 8. heißt es, daß Garagen entweder im Objekt selbst oder in unmittelbarer Verbindung mit dem Bauobjekt bzw. an der Anrainergrundgrenze zu errichten seien. Gemäß Punkt 9. sind die Dachneigung und die Dacheindeckung bei sämtlichen Objekten einheitlich zu gestalten (hart, dunkelgrau).

Gemäß Punkt 10. sei bei der Gestaltung der Einzelobjekte auf die ortsübliche Bauführung Rücksicht zu nehmen.

Außenputzflächen seien mit einem naturfarbigen Reib- oder Kratzputz zu versehen. Alle sichtbaren Holzteile seien mit einem braunen Holzschutzanstrich auszustatten. Die Dachvorsprünge an den Traufen und Giebelseiten seien der für diese Gegend typischen Dachkonstruktion anzugleichen.

Im Punkt 11. heißt es, daß "die endgültige Situierung der einzelnen Objekte" von Seiten der Baubehörde "im Zuge der Baugenehmigung und aufgrund des jeweiligen Einreichplanes erfolgen" werde.

Über das Widmungsänderungsgesuch der Widmungswerberin vom 3. Juni 1993 wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde eine Verhandlung anberaumt, zu der unter anderem die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen wurden (anzumerken ist hier, daß die Widmungswerberin am 4. Juni 1993 ein entsprechendes Bauansuchen eingebracht hatte, das aber nicht Gegenstand der Widmungsverhandlung war. Entsprechende Baupläne wurden aber auch im Widmungsverfahren vorgelegt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die angestrebte und in der Folge auch erteilte Baubewilligung sind Gegenstand des zur Zl. 95/06/0057 protokollierten Beschwerdeverfahrens). In der Widmungsverhandlung erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Vorhaben. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer sprachen sich insbesondere gegen die Situierung des Hauses, die Firstrichtung, sowie die Höhenlage aus; ein Kompromiß mit der Widmungswerberin kam diesbezüglich nicht zustande. Der Fünftbeschwerdeführer brachte vor, er spreche sich gegen die Umwidmung und gegen die Baubewilligung mit folgender Begründung aus: "Wenn das Gebäude wie im Lageplan situiert ausgeführt wird, macht es meinen landwirtschaftl. Flächen keinen Schaden. Ich bin gegen die Drehung der Firstrichtung, wegen einer eventuellen Beeinträchtigung meines landwirtschaftlichen Grundes. Der Einspruch geht auch dahin, daß auch die Aufschließungsarbeiten nicht soweit sind".

Mit Bescheid vom 25. August 1993 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde die angestrebte Widmungsänderungsbewilligung zwecks Schaffung eines Bauplatzes für die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit Doppelgaragen unter verschiedenen Vorschreibungen, nämlich

1)

daß das Grundstück mit einem Ferienwohnhaus mit zwei Wohnungen bebaut werden dürfe, wobei das Gebäude ein Kellergeschoß, ein Erdgeschoß und ein ausgebautes Dachgeschoß aufweisen dürfe. Die maximale Kniestockhöhe werde mit 50 cm festgelegt;

2)

entgegen dem Lageplan werde der Abstand zur nördlichen Grundgrenze mit 5,0 m und der Abstand zur westlichen Grundgrenze im Bereich der Garage - Zufahrtsstraße ebenfalls mit 5,0 m festgelegt;

3)

"Höhenlage Garagenfußboden maximal 50 cm tiefer als das Niveau der westlich vorbeiführenden Straße. Die Zufahrtsrampe darf nicht mehr als 10 % Steigung aufweisen. Das nächst der Garage gelegene Wohnhaus muß eine Fußbodenhöhe aufweisen, die 75 cm tiefer liegt als das Niveau der westlich vorbeiführenden Straße und der ostseitigst gelegene Teil muß eine Erdgeschoß-Fußbodenhöhe aufweisen, die 1,25 m tiefer liegt als das Niveau der westlich vorbeiführenden Straße".

4)

"Als Dächer sind Satteldächer aufzusetzen und mit einer Neigung von 30 Grad und Firstrichtung wie im Plan dargestellt annähernd Ost-West. Die Eindeckung muß mit kleinformatigen Dachbauteilen in dunkelgrauer Farbe erfolgen";

5)

"Die Gebäudehöhe darf im Bereich der Garage 2,50 m und im Bereich der Wohnhäuser 3,50 m nicht übersteigen";

Gemäß Punkt 6) obliege die Herstellung, Erhaltung und Schneeräumung der Servitutszufahrt den Interessenten gemeinsam, gemäß Punkt 7) sei auf dem Grundstück eine Abstellmöglichkeit für mindestens drei Pkw vorzusehen, gemäß den Punkten 8) bis 10) seien verbleibende Restflächen zu humusieren und zu begrünen, Regenwässer auf eigenem Grund zur Versickerung zu bringen und auf Dachflächen über den Eingangsbereichen Schneefänge anzuordnen; Punkt 11) trifft Vorschreibungen für die Einfriedung des Grundstückes, gemäß Punkt 12) wird die maximal zulässige Bebauungsdichte mit 0,3 festgelegt, nach Punkt 13) sind die Fäkalabwässer der Ortskanalisation zuzuleiten. Gemäß Punkt 14) sind sämtliche Giebelflächen mit senkrechter Holzverschalung in hell- bis mittelbrauner Farbe zu versehen. Putzflächen des Erdgeschosses seien in hellen Farben herzustellen. Vor Baubeginn sei der Baubehörde ein Färbelungsvorschlag vorzulegen. Schließlich sei gemäß Punkt 15) vor Baubeginn das Einvernehmen mit der EVU herzustellen.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, daß sich die Entscheidung auf die beigebrachten Pläne und Unterlagen sowie das Ergebnis der örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung vom 19. August 1993 gründe.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer (nebst anderen Nachbarn) Berufung, die mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Jänner 1994 als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer (nebst weiteren Nachbarn) Vorstellung, die mit dem nun angefochtenen Bescheid ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, die Beschwerdeführer hätten erstmals in der Berufung den im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen bautechnischen Amtssachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Sie hätten ausgeführt, daß sie erst zu diesem Zeitpunkt vom Verwandtschaftsverhältnis des Sachverständigen mit dem Projektanten Kenntnis erlangt hätten. Die Beiziehung dieses befangenen Sachverständigen (wird näher ausgeführt) stelle einen Verfahrensmangel dar, nur seien dadurch keine subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführer verletzt worden: Die Errichtung eines Ferienhauses in der Widmungskategorie "Ferienwohngebiet" sei jedenfalls zulässig. Bei einer Ausführung mit Keller- und Erdgeschoß sowie ausgebautem Dachboden mit einer Kniestockhöhe von 50 cm sei für die Berechnung der Abstände ein abstandbegründendes Geschoß heranzuziehen, sodaß der Grenzabstand von 5 m zur nördlichen und westlichen Grundgrenze jedenfalls ausreiche. Die in der Auflage Punkt 3) getroffenen Festsetzungen für das Fußbodenniveau berührten ebensowenig Nachbarrechte wie die Auflage Punkt 4). Die höchstzulässige Bebauungsdichte von 0,3 überschreite die im Flächenwidmungsplan mit 0,1 bis 0,4 vorgesehene Dichte nicht. Bezüglich der weiteren Vorschreibungen stünde den Beschwerdeführern kein Mitspracherecht zu. Die Ansicht der Beschwerdeführer, der Widmungsbewilligungsbescheid vom 14. November 1974 sei unabänderlich, sei unzutreffend (wird näher ausgeführt). Keine Nachbarrechte erwüchsen aus den Vorschriften über die Berücksichtigung und Beachtung des Orts- und Landschaftsbildes, der Besonnung, der Versickerung von Niederschlagswässern sowie der Eignung der Zufahrt zum Bauplatz. Der Nachbar habe auch kein Recht, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig und der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt würden. Die von den Beschwerdeführern angezogene Gebäudehöhe sei gemäß § 61 Abs. 2 lit. e der Steiermärkischen Bauordnung (BO) ein Nachbarrecht; sie könne jedoch immer nur im Zusammenhang mit den Abstandsbestimmungen relevant werden, die aber eingehalten würden. Das Vorbringen hinsichtlich einer möglichen Entwertung der Grundstücke sowie einer Servitutsüberschreitung bei der Ableitung von Abwässern sei (zu ergänzen: an sich) auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, wobei aber die Unterlassung der ausdrücklichen Verweisung keine Rechtsverletzung bedeute. Eine Verletzung der Manuduktionspflicht der Behörde liege nicht vor (wird näher ausgeführt). Durch den Umstand, daß über die Einwendungen nicht im Spruch der Bescheide der Gemeindebehörden abgesprochen worden sei, seien die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verkürzt worden, weil die formellen Rechte einer Partei nicht weitergingen als deren materiellen Rechte und solche nicht verletzt worden seien.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 26. September 1994, B 1624/94-6, ablehnte und sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (bzw. im Widmungsbewilligungsverfahren oder auch - wie vorliegendenfalls - im Widmungsänderungsbewilligungsverfahren nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung) in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A uva.).

Gemäß § 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 54/1992 (BO), bedarf die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder eine Widmungsänderung der Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz BO sind im Widmungsverfahren die Bestimmungen über die Bauverhandlung (§ 61) sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 61 Abs. 2 BO kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen; diese sind in dieser Bestimmung taxativ aufgezählt.

Die Beschwerdeführer erachten sich dadurch für beschwert, daß bezüglich des Gebietes der sogenannten Mautsiedlung eine Widmungsbewilligung vom 14. November 1974 bestehe, "wobei verschiedene Punkte dieses alten Widmungsbescheides nicht eingehalten worden sind. Durch die Nichterfüllung dieser Auflagen und Bedingungen vom 14.11.1974 in Verbindung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde eine unklare Rechtslage geschaffen, die in der besonderen Art einer Behördenwillkür entspricht". Die im gegenständlichen Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheide ließen nicht erkennen, ob sie an die Stelle des Widmungsbescheides vom 14. November 1974 getreten seien. "Der in diesem Beschwerdeverfahren angefochtene Bescheid" sei deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil er inhaltlich vom Bescheid vom 14. November 1974 derart abweiche, daß nunmehr nicht feststehe, "welche Teile des früheren Bescheides auch heute noch Gültigkeit haben und welche Teile abgeändert worden sind, sodaß nunmehr eine völlig unklare Rechtslage geschaffen ist, weil beide Bescheide zum Teil andere Regelungen enthalten".

Dem ist folgendes zu entgegen: Wohl ist richtig, daß in den von den Gemeindebehörden erlassenen Bescheiden nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, inwiefern die Widmungsbewilligung vom 14. November 1974 aufrecht bleibe oder abgeändert werde. Damit ist für die Beschwerdeführer aber nichts gewonnen: Das Wesen einer Widmungsänderungsbewilligung besteht ja gerade darin, daß damit eine frühere Widmungsbewilligung abgeändert wird. Soweit demnach der Widmungsbescheid vom 14. November 1974 durch die nunmehrige Widmungsänderungsbewilligung abgeändert wurde, ist letztere maßgeblich; sofern dies nicht der Fall ist, besteht die frühere Widmungsbewilligung fort (tritt insoweit neben die nunmehrige Widmungsänderungsbewilligung). Jedenfalls können die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen diesbezüglich keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte aufzeigen.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, daß die Widmungswerberin auf ihrem Grundstück Anschüttungen vorgenommen und somit das Niveau des Grundstückes verändert, weiters Wohncontainer und eine Satelitenempfangsanlage errichtet, somit baubewilligungspflichtige Maßnahmen vorgenommen habe. Die Beschreibung des Bauplatzes (in der Verhandlungsschrift) sei demnach unrichtig, unvollständig und mangelhaft, "sodaß zum Nachteil der Beschwerdeführer ein wesentlicher Verfahrensmangel dem bisherigen Verfahren anhaftet, weil im Zuge des Rechtsmittelverfahrens weder der Gemeinderat, noch aber die Landesregierung einen Ortsaugenschein vorgenommen und die örtlichen Gegebenheiten überprüft hat". Dem ist entgegenzuhalten, daß derartige - behauptete - Maßnahmen nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens waren, sie insbesondere nicht bewilligt wurden, sodaß dieses Vorbringen ins Leere geht.

Hinsichtlich der Frage, ob der Widmungsgrund über eine entsprechende Anschlußmöglichkeit zum Bezug von Trinkwasser verfügt (gehörige Wasserversorgung im Sinne des § 1 Abs. 2 BO), steht dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zum 23. Jänner 1986, Zl. 85/06/0126 = BauSlg. Nr. 611, oder auch vom 14. November 1978, Zlen. 271 und 1080/78 jeweils zur Steiermärkischen Bauordnung).

Die Beschwerdeführer rügen weiters, daß am erstinstanzlichen Verfahren ein befangener Amtssachverständiger mitgewirkt habe, und folgern daraus: "Das bisherige Verfahren einschließlich des Bescheides ist daher nichtig, weil im Endergebnis dieses Verwaltungsverfahren wegen Erteilung einer Widmungsänderungsbewilligung ohne Sachverständigen durchgeführt wurde...". Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Die Mitwirkung eines befangenen Sachverständigen bewirkt nicht per se die Rechtsungültigkeit oder Nichtigkeit des in der Folge ergangenen Bescheides, es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob sich sachliche Bedenken gegen den auf dem Gutachten des Sachverständigen beruhenden Bescheid ergeben (siehe dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1991, Zlen. 89/04/0273, 90/04/0003-0010, uam.), wobei schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheide zutreffend darauf verwiesen hat, daß die Verfahrensrechte der Nachbarn nur soweit reichen, als ihnen subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind (siehe etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Schließlich rügen die Beschwerdeführer, daß der Lageplan, der mit dem Widmungsansuchen vorgelegt wurde, nicht den Bestimmungen des § 2 Abs. 2 lit. d BO entspreche: Es fehlten Angaben über die vorgenommene Veränderung der Höhenlage des Bauplatzes durch Anschüttung, die Wohncontainer, ebenso die Bauwerke auf den Nachbarliegenschaften, sowie Eintragungen über die vorhandenen Versorgungsleitungen "sodaß man sich aufgrund dieser Unterlagen kein Bild über das Widmungsvorhaben machen kann". Dieses Vorbringen ist im Zusammenhang mit den Ausführungen an anderer Stelle der Beschwerde zu sehen, wo es heißt, aus dem Lageplan ergebe sich kein bestimmter Gebäudeabstand zu den Nachbargebäuden, ebenso fehlten "Versorgungsleitungen in den Plänen, wie Kanal, Wasser, Elektrizität, sowie hinsichtlich des fallenden Geländes ein Profil mit den konkreten Angaben von welchem Punkt aus die Gebäudehöhen zu messen sind". Wegen Unvollständigkeit der Unterlagen hätte das Widmungsansuchen zurückgewiesen werden müssen.

Dem ist zu entgegnen, daß der Nachbar kein Recht darauf hat, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden. Maßgeblich ist, ob die vorgelegten Planunterlagen ausreichen, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht (siehe dazu Hauer, der Nachbar im Baurecht4, Seite 288, unter Hinweis auf Judikatur). Die behaupteten Anschüttungen, das Aufstellen von Wohncontainern und die Errichtung einer Satelitenempfangsanlage, sind, wie bereits dargestellt, nicht Gegenstand dieses Verwaltungsverfahrens, sodaß dieser Einwand ins Leere geht. Die Beschwerdeführer vermögen auch damit keine Verletzung von Abstandsvorschriften zu ihrem Nachteil bzw., was die Versorgungsleitungen anlangt, keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte aufzuzeigen. Anders verhält es sich hingegen mit dem Einwand in bezug auf die Gebäudehöhen:

Entgegen der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung kommt dem Nachbarn gemäß § 61 Abs. 2 BO ein Mitspracherecht nicht bloß hinsichtlich der Abstände, sondern auch - gesondert - hinsichtlich der Gebäudehöhe zu (lit. d und e). Im erstinstanzlichen Bescheid wurden zu Punkt 3. der Bedingungen Festsetzungen bezüglich der Höhenlage des Garagenfußbodens bzw. der Fußböden beider Teile des Doppelwohnhauses unter Bezugnahme auf "das Niveau der westlich vorbeiführenden Straße" getroffen, darüber hinaus mit Punkt 5. weitere Festsetzungen hinsichtlich der Höhe. Vorliegendenfalls ist davon auszugehen, daß ein innerer Zusammenhang zwischen der Feststellung dieser Höhenlagen im Punkt 3. und der Festsetzung der Gebäudehöhe im Punkt 5. besteht, zumal schon dem Widmungsverfahren ein ganz konkretes Bauvorhaben zugrundegelegt wurde.

Gemäß § 5 BO gilt als Gebäudehöhe das Maß von der Verschneidung mit dem tiefsten Geländepunkt bis zur Dachtraufe. Nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 ist es aber nicht ausgeschlossen, die Gebäudehöhe durch Bezugnahme auf einen anderen Geländepunkt festzusetzen, ja auch unter Bezugnahme auf einen kontruierten, in der Natur noch nicht bestehenden Geländepunkt (siehe dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, Zl. 93/06/0007, und vom 5. Mai 1994, Zlen. 92/06/0168, 0170, 93/06/0025 jeweils unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1972, Zl. 1063/71). In diesem Sinne sind die Festsetzungen im erstinstanzlichen Bescheid vom 25. August 1993 nicht ausreichend bestimmt, weil sie nicht auf einen GeländePUNKT Bezug nehmen, sondern "auf das Niveau der westlich vorbeiführenden Straße", somit auf einen Bereich, von dem nicht feststeht, ob es sich dabei um eine horizontale Ebene handelt (was nicht der Fall wäre, wenn die Straße in der Längs- oder Querrichtung ein Gefälle bzw. eine Steigung aufweisen würde). Da auch im Berufungsverfahren die Unbestimmtheit dieser Festsetzung releviert und auch vorgebracht wurde, daß das Gelände ein Gefälle aufweise, wäre dieser Mangel von der Berufungsbehörde aufzugreifen gewesen (beispielsweise dahin, daß auf einen genau bezeichneten Geländepunkt Bezug genommen wird). Im Hinblick auf den aufgezeigten inneren Zusammenhang zwischen den Punkten 3) und 5) erfaßt der aufgezeigte Mangel auch letztere Festsetzung.

Dadurch, daß die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung war Abstand zu nehmen, weil die Beschwerdeführer diesen Antrag im Sinne des § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG verspätet gestellt haben, nämlich erst im Mängelbehebungsschriftsatz, und, davon abgesehen, die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG vorlägen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Einfluß auf die Sachentscheidung Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Inhalt des Spruches Diverses Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren) Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060272.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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