Entscheidungsdatum
20.03.2023Norm
EpidemieG 1950 §32Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag.Dr. Wessely, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde der A AG, vertreten durch Herrn B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 14. Dezember 2022, Zl. ***, betreffend Abweisung eines Antrags auf Vergütung nach dem Epidemiegesetz, zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG dahingehend Folge gegeben, dass der zu vergütende Betrag mit € *** festgesetzt wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).
Entscheidungsgründe:
Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:
Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 2022, ***, wurde ein näher bezeichneter Mitarbeiter der Beschwerdeführerin beginnend mit diesem Tag abgesondert, wobei die Absonderung bis einschließlich 1. Mai 2022 erfolgte.
Am 20. Juni 2022 beantragte die Beschwerdeführerin insoweit Vergütung nach dem EpiG und begehrte eine Vergütung im Gesamtausmaß von € ***. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag teilweise Folge, wobei sie der Berechnung ersichtlich ein monatliches Bruttoeinkommen von € *** bzw. eine SV-Bemessungsgrundlage von € *** zugrunde legte. Ausweislich der vorgelegten Lohnzettel für die Monate Februar bis Mai 2022 setzte sich das Einkommen des Mitarbeiters aus einem Gehalt in Höhe von € *** (April) bzw. *** (Mai), einer Funktionszulage in Höhe von je € ***, einer Überstundenpauschale in Höhe von € *** (April) bzw. € *** (Mai), einer Erfolgsprämie in Höhe von je € *** und einem Sachbezug für einen Pkw in Höhe von € *** (lohnsteuer-und sozialversicherungspflichtig) zusammen. Die jährlichen Sonderzahlungen betrugen € ***.
Gegen den angefochtenen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass fälschlich ein zu niedriges Einkommen ihres Mitarbeiters angenommen und der Beitrag in die Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt worden sei. Sie beantrage daher der Beschwerde Folge zu geben und ihr einen Vergütungsbetrag in Höhe von € *** zuzusprechen.
Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden. Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h.M. (i.d.S. auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG ist natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind.
Die Vergütung ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfasst ist, wobei sie für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen ist. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung ist vom Bund zu ersetzen.
Gemäß § 3 Abs. 3 EFZG gilt als regelmäßiges Entgelt jenes, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre, wobei der in diesem Zusammenhang heranzuziehende Entgeltbegriff weit auszulegen ist. Unter ihm ist nach h.M. jede Art von Leistung zu verstehen, die dem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt wird. Dabei kommt es auf die Funktion der jeweiligen Leistung als Abgeltung der Arbeitsleistung, nicht aber auf die Bezeichnung, die steuer- oder die sozialrechtliche Beurteilung an. Dabei ist zu beachten, dass der in diesem Zusammenhang heranzuziehende Entgeltbegriff weit auszulegen ist. Unter ihm ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung jede Art von Leistung zu verstehen, die dem Arbeitnehmer für die zur Verfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt wird. Es kommt auf die Funktion der jeweiligen Leistung als Abgeltung der Arbeitsleistung, nicht aber auf die Bezeichnung, die steuer- oder die sozialrechtliche Beurteilung an. I.d.S. sind vom Entgeltbegriff auch Akkordlöhne und Prämien, Zuschläge, Zulagen (ohne Aufwandersatzcharakter), Provisionen, Sonderzahlungen, Entfernungszulagen und Gewinnbeteiligungen oder anstelle einer Ist-Gehaltserhöhung vereinbarte Mitarbeiterbeteiligungen erfasst. Dabei macht es keinen Unterschied, dass etwa Prämien erstmalig (in einer bestimmten Höhe) ausbezahlt wurden, schließt doch die Einführung eines neuen Gehaltsbestandteils nicht aus, dass dieser vom Arbeitgeber „regelmäßig“ gewährt wird (VwGH 16.12.2021, Ra 2021/09/0204 m.w.N.). Demgegenüber zählen echte Aufwandsentschädigungen, Trinkgelder sowie Sozialleistungen des Arbeitgebers selbst dann nicht zum Entgelt, wenn sie regelmäßig geleistet werden (vgl. abermals VwGH 16.12.2021, Ra 2021/09/0204 m.w.N.). Gleichermaßen sind den Entgeltbegriff Naturalleistungen zu unterstellen, wenn diese nicht bloß der Abgeltung eines konkreten Aufwands des Arbeitnehmers dienen (OGH 28.2.2011, 9 ObA 121/10z), sodass sie als Einkommensbestandteil grundsätzlich auch lohnsteuerpflichtig sind.
Davon ausgehend ergibt sich für den konkreten Fall, dass neben den (Grund-) Gehalt auch mit der Funktion verbundene Zulagen, Überstundenpauschale bzw. Erfolgsprämien, aber auch das zur Verfügung gestellte KFZ erfasst sind, sodass – ausgehend vom unbestritten gebliebenen Zahlenmaterial – für den
? Monat April von einem Einkommen in Höhe von € ***, bestehend aus einem (Grund-) Gehalt in Höhe von € ***, einer Funktionszulage in Höhe von € ***, einer Überstundenpauschale in Höhe von € ***, Sachbezug in Höhe von € *** und einer Erfolgsprämie in Höhe von € ***, bzw. für den
? Monat Mai von einem Einkommen in Höhe von € ***, bestehend aus einem (Grund-) Gehalt von einem in Höhe von € ***, einer Funktionszulage in Höhe von € ***, einer Überstundenpauschale in Höhe von € ***, Sachbezug in Höhe von € *** und einer Erfolgsprämie in Höhe von € ***
auszugehen war.
Ausgehend von den genannten Daten ist darüber hinaus ein Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Sozialversicherung in Höhe von 17,53 % vergütungsfähig, wobei insoweit die 2022 geltende (und auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zutreffend ausgewiesene) Höchstbeitragsgrundlagen vom € *** pro Monat zu berücksichtigen ist. Der Arbeitgeberbeitrag betrug daher für die Monate April und Mai jeweils € ***.
Die monatlichen Aufwendungen des Arbeitgebers sind in weiterer Folge durch die Anzahl der Tage des Monates zu dividieren und mit der Anzahl der Absonderungstage zu multiplizieren.
Zusätzlich waren jährliche Sonderzahlungen im Ausmaß von € *** sowie die daraus resultierenden Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung in Höhe von 17,53 % vergütungsfähig, wobei insoweit die Höchstbeitragsgrundlage von € *** zu berücksichtigen war, sodass 2022 € *** jährlich vergütungsfähig waren. Diese Aufwendungen des Arbeitgebers sind in weiterer Folge durch die Anzahl der Tage des Jahres zu dividieren und mit der Anzahl der Absonderungstage zu multiplizieren.
Demnach sind für den Monat April 2022 ein Einkommen in Höhe von € ***, ein Arbeitgeberanteil davon von € ***, anteilige Sonderzahlungen in Höhe von € *** sowie der darauf entfallende Arbeitgeberanteil von € ***, insgesamt daher € ***, für den Monat Mai 2022 ein Einkommen in Höhe von € ***, ein Arbeitgeberanteil in Höhe von € ***, anteilige Sonderzahlungen in Höhe von € *** sowie der darauf entfallende Arbeitgeberanteil von € ***, insgesamt daher € *** vergütungsfähig. Zumal dieser Betrag über den von der Beschwerdeführerin in der nunmehrigen Beschwerde beantragten liegt, war der in der Beschwerde beantragte Betrag zuzusprechen.
Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus den Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen will, vermag dieses Vorbringen aus zwei Gründen zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Zum einen wird der genannte Beitrag in § 51 ASVG nicht genannt und differenziert der Gesetzgeber darüber hinaus zwischen der gesetzlichen Sozialversicherung des ASVG auf der einen und der Arbeitslosenversicherung des Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) auf der anderen Seite, worauf auch vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen hingewiesen wurde (vgl. u. a. VwGH 16.2.1999, 94/08/0282; 17.11.2004, 2002/08/0068, sowie VwGH 6.7.2016, Ro 2016/08/0008). Zum anderen wurde der von der Beschwerdeführerin nunmehr beantragte Betrag zugesprochen, sodass sich selbst bei Zutreffen der Annahme der Beschwerdeführerin keine Änderung im Spruch ergeben würde.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der obzitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgte.
Schlagworte
Gesundheitsrecht; COVID-19; Vergütung; Verdienstentgang; Unselbständig Erwerbstätiger; Dienstgeberanteil; Sozialversicherung; Sachbezug;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2023:LVwG.AV.1519.001.2023Zuletzt aktualisiert am
17.04.2023