Entscheidungsdatum
15.12.2022Norm
WRG 1959 §31Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch B Rechtsanwälte OG in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 19.10.2022, ***, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 50 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß
§ 45 Absatz 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz
B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach bestrafte die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 19.10.2022, ***, wegen folgender Verwaltungsübertretung:
„Zeit: von 24.07.2020 bis zumindest 25.07.2020, um 20:00 Uhr
Ort: Grundstück Nr. ***, KG *** (Liegenschaftsadresse ***, ***)
Tatbeschreibung:
Sie haben durch Außerachtlassung der Sie treffenden Sorgfaltspflichten die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt, indem Sie den mittleren der drei aufgestellten Heizöltanks, eine Anlage, welche eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen kann, in einem undichten Zustand, somit diese Anlage nicht mit der gebotenen Sorgfalt instandgehalten, betrieben haben, weswegen das am 24.07.2020 in diesen Tank gepumpte Heizöl auf den Kellerboden ausgetreten ist, wodurch etwa 300 l Heizöl über den undichten Kellerboden in den Untergrund und das Grundwasser gelangten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 137 Abs 2 Z 4 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 58/2017 iVm § 31 Abs 1 WRG 1959, BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 156/2002
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
€ 700,00 30 § 137 Abs 2 WRG 1959, BGBl
Nr 215/1959 idF BGBl I
Nr 58/2017
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro € 70,00
Gesamtbetrag: € 770,00“
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass die rechtliche Beurteilung der Behörde im Ergebnis dazu führen würde, dass alleine der Umstand der Undichtheit eines Tanks zu einer Bestrafung führen würde wegen Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht. Es bedürfte aber eines subjektiv vorwerfbaren Verhaltens, um eine Strafe verhängen zu können. Weiters verkenne die Behörde, dass die Vorschrift des § 31 Abs. 1 WRG nur die Frage beantworte, von wem die Einhaltung der Sorgfaltspflicht verlangt werde, nicht jedoch, ob dieser Person auch ein vorwerfbares Verhalten in Form einer Außerachtlassung der gebotenen Sorgfaltspflicht angelastet werden könne. Die Beschwerdeführerin hätte regelmäßig ein gewerblich befugtes Unternehmen (die Firma C) mit der Überprüfung der Heizanlage beauftragt und den Inhalt der Arbeitsscheine dieser Firma kontrolliert. Es könne auch nicht erwartet werden, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Alter die Prüfung im Keller selbst durchführe. Der Beschwerdeführerin sei keine Sorgfaltspflichtverletzung vorwerfbar betreffend das Austreten von 300 l Öl am 24.07.2020. Der Beschwerde angeschlossen waren die Arbeitsscheine der Firma C vom 02.03.2017, 07.03.2017 und 28.08.2019.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt ***.
Folgender Sachverhalt wird anhand der Aktenlage als erwiesen festgestellt:
Am 24.07.2020 ist es im Keller des Wohnhauses in ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, an der Anschrift *** aufgrund eines Gebrechens zu einem Austritt von etwa 300 l Heizöl aus einem Tank gekommen, wobei dieses über den undichten Kellerboden in den Untergrund und schließlich in das Grundwasser gelangt ist. Die Beschwerdeführerin hat am 25.07.2020 den Ölaustritt bemerkt und die Feuerwehr verständigt. Es sind regelmäßig jährlich von der C GmbH in ***, ***, Servicearbeiten bei gegenständlicher Heizöltankanlage durchgeführt worden, zuletzt vor dem Schadensereignis am 28.08.2019. Der Öltank ist kontrolliert worden.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten wie folgt:
„Allgemeine Sorge für die Reinhaltung....
1. ...
...
...
...“
Weiters relevant sind folgende Bestimmungen des VStG (auszugsweise):
„Schuld...
...“
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 19.10.2022 wird die Beschwerdeführerin wegen eines Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht iSd § 31 Abs. 1 WRG 1959 bestraft. Angelastet wird ihr, dass durch diesen Verstoß die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeigeführt und sogar das Grundwasser durch 300 l Heizöl verunreinigt worden wäre.
Gewässerverunreinigungen durch Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung des § 31 Abs. 1 WRG sind reine Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG, bei denen der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht erforderlich ist (vgl. VwGH vom 21.06.1994, 91/07/0062).
Bei Ungehorsamsdelikten kommt daher die Verschuldensvermutung des § 5 VStG zur Anwendung. Der Beschuldigte hat aber die Möglichkeit, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Die Beschwerdeführerin hat einerseits vorgebracht, etwa in der Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde, welche bei dieser am 16.08.2021 einlangte, dass sie regelmäßige Wartungs- bzw. Servicearbeiten durch eine Fachfirma jedes Jahr beauftrage. In der Beschwerde werden außerdem Arbeitsberichte dieser Firma C GmbH angeführt und waren dieser auch beigelegt. Im letzten Arbeitsbericht vor dem Eintritt des Schadensereignisses am 24.07.2020, welcher mit 28.08.2019 datiert ist, wird die Kontrolle des Öltanks angeführt. Es wird die Tätigkeit, welche vom Techniker an diesem Tag durchgeführt worden ist, mit „Service“ angegeben. Damit aber wird klar, dass die Beschwerdeführerin ein fachkundiges Unternehmen mit der Durchführung von Servicearbeiten an der gegenständlichen Öltankanlage beauftragt hat.
Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes hat die Beschwerdeführerin damit den Sorgfaltsanforderungen, welche an den Inhaber oder Betreiber einer Öltankanlage gestellt werden, entsprochen.
Dem Arbeitsbericht vom 28.08.2019 kann kein Hinweis auf einen Mangel an den Öltanks entnommen werden. Die Beschwerdeführerin trifft lediglich die Sorgfaltspflicht nach § 1297 ABGB und nicht eine besondere iSd § 1299 ABGB. Nach erstgenannter Bestimmung kann von einem besonnenen und einsichtig handelnden Menschen bei durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen, also ohne eine spezielle Ausbildung aufweisen zu müssen, nicht erwartet werden, selbst eine Prüfung des technisch einwandfreien Zustandes eines Öltanks durchführen zu müssen. Die Beschwerdeführerin konnte sich auf die Richtigkeit der Angaben im Arbeitsbericht vom 28.08.2019 verlassen. Es gab für sie keinen Anlass, ernste Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Tanks hegen zu müssen.
Der Entlastungsbeweis iSd § 5 Abs. 1 VStG ist damit erbracht.
Die Beschwerdeführerin hat daher keine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 2 Z 4 iVm § 31 Abs. 1 WRG 1959 begangen, weshalb das Straferkenntnis vom 19.10.2022 ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach zur Zl. *** gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen war.
Da eine Entscheidung in Form eines Erkenntnisses ergeht, ist auch die Einstellung des Verfahrens davon erfasst und ein gesonderter Beschluss nach § 31 Abs. 1 VwGVG nicht erforderlich.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Verwaltungsstrafe; Gewässerverunreinigung; Sorgfaltspflicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.3124.001.2022Zuletzt aktualisiert am
14.04.2023