Entscheidungsdatum
15.03.2023Norm
ÄrzteG 1998 §113Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seinen Richter Dr. Marvin Novak, LL.M., als Einzelrichter in der Beschwerdesache von Herrn A, aktuell vertreten durch die C Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 14. April 2020, Zl. ***, nach Beschwerdevorentscheidung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 29. Juli 2020, Zl. ***, und Vorlageantrag des Beschwerdeführers vom 13. August 2020, den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision zulässig.
Rechtsgrundlagen:
ad 1.: §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
ad 2.: § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Begründung:
1. Maßgeblicher Verfahrensgang:
1.1. Der nunmehrige Beschwerdeführer beantragte als Zahnarzt mit Schreiben vom 2. März 2020 beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich die Gewährung der Altersversorgung ab 1. Jänner 2020.
1.2. Dieser Antrag war Gegenstand der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich am 11. März 2020. Mit als Bescheid bezeichneter Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 14. April 2020, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass die Altersversorgung per 1. Jänner 2020 im Ausmaß einer Grundrente in der Höhe von monatlich 1.615,-- Euro brutto und einer Zusatzleistung in der Höhe von monatlich 2.742,85 Euro brutto gewährt und 14mal jährlich ausbezahlt werde.
1.3. Mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 23. April 2020 ersuchte der Beschwerdeführer um Übermittlung der Berechnung zur angenommenen versicherungsmathematischen Unterdeckung. Mit Schreiben des Verwaltungsausschusses vom 7. Mai 2020 wurde dem Beschwerdeführer eine Aufstellung zur individuellen Unterdeckung übermittelt.
1.4. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2020, am darauffolgenden Tag zur Post gegeben und am 2. Juni 2020 beim Verwaltungsausschuss eingelangt, erhob der Beschwerdeführer eine rechtsanwaltliche Beschwerde gegen die Erledigung vom 14. April 2020. Auf das Wesentlichste zusammengefasst, brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Altersversorgung in weit höherem Umfang zuerkannt werden müsse und dass auch die übermittelte Aufstellung zur individuellen Unterdeckung keine nachvollziehbare Begründung ergebe.
1.5. Mit Schreiben des Verwaltungsausschusses vom 23. Juni 2020 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ergebnis einer erfolgten behördlichen Beweisaufnahme eingeräumt.
1.6. Am 8. Juli 2020 erfolgte eine Sitzung des Verwaltungsausschusses, bei der beschlossen wurde, die Beschwerde mit näherer Begründung abzuweisen. Mit auf 29. Juli 2020 datierter Beschwerdevorentscheidung des Verwaltungsausschusses wurde ausgesprochen, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde und dass der angefochtene Bescheid unverändert aufrecht bleibe. Dazu brachte der Beschwerdeführer fristgerecht binnen zwei Wochen ab Zustellung einen Vorlageantrag ein.
1.7. Der Verwaltungsausschuss legte dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schreiben vom 4. November 2020 den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
1.8. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ersuchte den Verwaltungausschuss in Folge mit Schreiben vom 28. November 2022 um Stellungnahme und Erläuterung der Berechnung der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung der Zusatzleistung. Des Weiteren wurde um Mitteilung ersucht, inwiefern sowohl Spruch als auch Begründung der Erledigung vom 14. April 2020 einer kollegialen Beschlussdeckung unterzogen worden seien. Dabei wurde insbesondere auch um Mitteilung ersucht, ob das in der Entscheidung genannte Hinweisblatt der Kollegialbehörde zum Beschlusszeitpunkt vorgelegen sei.
1.9. Der Verwaltungsausschuss brachte dazu ein auf 14. Dezember 2022 datiertes Schreiben ein. Darin wurde zur versicherungsmathematischen Unterdeckung der Zusatzleistung Stellung genommen. Zur Beschlussfassung wurde ausgeführt, dass in der Sitzung am 11. März 2020 beschlossen worden sei, die Altersversorgung dem Grunde nach zu gewähren, wobei der Akt samt Berechnungsgrundlagen im Rahmen der Sitzung aufgelegen sei. Dem Beschwerdeführer sei dann mit Schreiben vom 23. Juni 2020 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Stellungnahme übermittelt worden, wobei alle entscheidungswesentlichen Parameter der Pensionsberechnung dargelegt worden seien. Diese Parameter seien der Beschlussfassung am 8. Juli 2020 zu Grunde gelegt worden, wie sich auch aus dem Beschlussprotokoll vom 8. Juli 2020 ergebe.
1.10. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte dem Beschwerdeführer das zuletzt genannte Schreiben des Verwaltungsausschusses vom 14. Dezember 2022 zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme binnen gesetzter Frist. Der Beschwerdeführer ersuchte mit E-Mail vom 17. Jänner 2023 um Fristerstreckung. Die Fristerstreckung wurde hg. gewährt. Am 22. Februar 2023 wurde telefonisch bekannt gegeben, dass keine Stellungnahme abgegeben werde.
2. Feststellungen und Beweiswürdigung:
2.1. Feststellungen:
2.1.1. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. März 2020 auf Gewährung der Altersversorgung war Gegenstand der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich am 11. März 2020. Der Verwaltungsakt lag im Rahmen der Sitzung auf. Eine konkrete Berechnung zur Altersversorgung (Grundrente und Zusatzleistung) war im Verwaltungsakt aber nicht vorhanden und auch nicht alle für die Berechnung erforderlichen Sachverhaltselemente (etwa die Bemessungsgrundlage für die Zusatzleistung oder die Höhe der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung).
Das Beschlussprotokoll enthält zum Antrag des Beschwerdeführers (nur) folgenden Eintrag:
*** A *** * 01 01.2020 Alle Voraussetzungen erfüllt
Es wurde in dieser Sitzung beschlossen, dem Beschwerdeführer die Altersversorgung dem Grunde nach zu gewähren. Eine Willensbildung hinsichtlich der genauen Höhe der Grundrente und der Zusatzleistung erfolgte ebensowenig wie eine Willensbildung hinsichtlich des Sachverhaltes und der Bescheidbegründung.
2.1.2. Mit als Bescheid bezeichneter Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 14. April 2020, Zl. ***, wurde ausgesprochen, dass die Altersversorgung per 1. Jänner 2020 im Ausmaß einer Grundrente in der Höhe von monatlich
1.615,-- Euro brutto und einer Zusatzleistung in der Höhe von monatlich 2.742,85 Euro brutto gewährt und 14mal jährlich ausbezahlt werde. Begründend wurde wörtlich Folgendes ausgeführt:
Gemäß § 27 Abs. 1 Satzung WFF ist die Altersversorgung allen WFF-Mitgliedern auf Antrag zu gwähren, wenn a) sie das 65. Lebensjahr vollendet haben und b) alle Beitragsvorschreibungen zum Wohlfahrtsfonds gedeckt sind.
Gemäß §§ 28b und 29b Satzung WFF kommt bei Inanspruchnahme der Versorungsleistungen nach Vollendung des Regelpensionsalters für Monate bis 31.12.2019 ein Zuschlag von 0,5 % pro Monat, um den das Regelpensionsalter überschritten wird, zur Anwendung.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen erfüllt. Da das 65. Lebensjahr bereits vor dem 01.01.2020 vollendet wurde, kann die Altersversorgung in Anspruch genommen werden.
Die Berechnung der Versorgungsleistung aufgrund der angeführten Bestimmungen ergibt sich aus den erworbenen Anwaltschaften und einbezahlten Beiträge, die Sie dem beiliegenden Hinweisblatt entnehmen.
Beigefügt war der Entscheidung das in der Begründung genannte Hinweisblatt:
Hinweise
Berechnung der Altersversorgung - A
Grundrente (GR):
Berechnungsposition
Betrag in € pro Monat
Gesamtanwartschaft
(100,000% x max. Grundrente gem. § 24 Satzung WFF € 1.472,87
1.472,87
Absenkung der Grundrente
(120 Monate von 1.4.09 – 31.3.19 x 0,125% x Gesamtanwartschaft
-220,93
Zwischensumme GR
1.251,94
Zuschlag Regelpensionsalter GR
(58 Monate nach 65. LJ bis 12/2019 x 0,5 % x Zwischensumme GR)
363,06
Grundrente gesamt brutto
1.615,00
Zusatzleistung (ZL):
Berechnungsposition
Betrag in € pro Monat
Zusatzleistung aus Beiträgen bis 3/2009
(Bemessungsgrundlage per 31.03.2009 lt. Beilage „Jährliche Einzahlungen in die Zusatzleistung bis zum 31.03.2009“ x 0,8%)
3.209,42
Reduktion des Verrentungsfaktors bzgl. Beiträge bis 3/2009
(entsprechend der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung der Zusatzleistung in Höhe von 34,15%)
-1083,18
Zusatzleistung aus Beiträgen bis 3/2009 gesamt
2.126,24
Zusatzleistung aus Beiträge ab 4/2009
(lt. Beilage „Monatliche Einzahlungen in die Zusatzleistung ab 01.04.2009“)
-
Zwischensumme ZL
2.126,24
Zuschlag Regelpensionsalter ZL
(58 Monate nach 65. LJ bis 12/2019 x 0,5% x Zwischensumme ZL)
616,61
Zusatzleistung gesamt brutto
2.742,85
Nach Ihrem Pensionsantritt auf Ihr Beitragskonto geleistete Beitragszahlungen zur Zusatzleistung werden nach ihrem Einlagen bei der Ärztekammer für Niederösterreich gemäß § 22 Satzung WFF refundiert.
Es wird darauf hingewiesen, dass mit dem Beginn der Versorgungsleistung kein Anspruch mehr auf Krankenunterstützung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich besteht. Weiters endet die Mitgliedschaft in der ggf. bestehenden Krankheitskostenversicherung (Krankenpflichtversicherung). Eine allfällige Sonderklassenversicherung bleibt vom Pensionsantritt unberührt.
2.1.3. Am 8. Juli 2020 erfolgte eine Sitzung des Verwaltungsausschusses, bei der beschlossen wurde, die gegen die zuvor genannte Erledigung vom 14. April 2020 erhobene Beschwerde mit näherer Begründung abzuweisen. Das diesbezügliche Beschlussprotokoll enthält eine Darlegung des Verfahrensganges, den maßgeblichen Sachverhalt und eine Abweisungsbegründung. Mit auf 29. Juli 2020 datierter Beschwerdevorentscheidung des Verwaltungsausschusses wurde ausgesprochen, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde und dass der angefochtene Bescheid unverändert aufrecht bleibe. Dazu brachte der Beschwerdeführer fristgerecht binnen zwei Wochen ab Zustellung einen Vorlageantrag ein.
2.2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die vorliegende Aktenlage. Zur für die Beurteilung des vorliegenden Falles zentralen Frage der Beschlussdeckung der Entscheidung vom 14. April 2020 ist Folgendes auszuführen:
Zur Sitzung des Verwaltungsausschusses am 11. März 2020 ist das Beschlussprotokoll aktenkundig und es findet sich darin auch ein Eintrag zum Antrag des Beschwerdeführers. Es steht demgemäß fest, dass der Antrag Gegenstand der Sitzung war. Der Verwaltungsausschuss hat in seinem Schreiben vom 14. Dezember 2022 angegeben, dass der Akt samt Berechnungsgrundlagen im Rahmen der Sitzung aufgelegen sei. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, waren aber bei der Sitzung keine konkrete Berechnung zur Altersversorgung (Grundrente und Zusatzleistung) und auch nicht alle für die Berechnung erforderlichen Sachverhaltselemente (etwa die Bemessungsgrundlage für die Zusatzleistung oder die Höhe der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung) vorhanden. Der Verwaltungsausschuss hat Gegenteiliges in seinem Schreiben nicht dargelegt und es wurde – obwohl im hg. Schreiben vom 28. November 2022 um entsprechende Mitteilung ersucht wurde – insbesondere auch nicht vorgebracht, dass das Hinweisblatt bei Beschlussfassung vorgelegen sei (das Vorliegen zum Beschlusszeitpunkt ist darüber hinaus auch deshalb zu verneinen, weil das Hinweisblatt bei der Zusatzleistung hinsichtlich der Bemessungsgrundlage auf die Beilage „Jährliche Einzahlungen in die Zusatzleistung bis zum 31.03.2009“ verweist, wobei nach dem Verwaltungsakt die Mitteilung über den Kontostand der Zusatzleistung an den Beschwerdeführer erst mit Schreiben vom 9. April 2020 erging). Es ist daher festzustellen, dass eine konkrete Berechnung zur Altersversorgung (Grundrente und Zusatzleistung) im Verwaltungsakt nicht vorhanden war und auch nicht alle für die Berechnung erforderlichen Sachverhaltselemente (etwa die Bemessungsgrundlage für die Zusatzleistung oder die Höhe der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung). Die weiteren Feststellungen zur Willensbildung gründen sich einerseits auf das aktenkundige Beschlussprotokoll und andererseits auf das Schreiben des Verwaltungsausschusses vom 14. Dezember 2022. Dem Beschlussprotokoll kann nicht entnommen werden, dass mehr beschlossen worden wäre als die bloße grundsätzliche Gewährung der Altersversorgung an den Beschwerdeführer. Auch im Schreiben des Verwaltungsausschusses vom 14. Dezember 2022 wurde ausdrücklich angeführt, dass beschlossen worden sei, die Altersversorgung „dem Grunde nach zu gewähren“. Es steht daher zweifelsfrei fest, dass in der Sitzung nur beschlossen wurde, die Altersversorgung dem Grunde nach zu gewähren, und dass eine Willensbildung hinsichtlich der genauen Höhe der Grundrente und der Zusatzleistung ebensowenig erfolgte wie eine hinsichtlich des Sachverhalts und der Bescheidbegründung. Darauf hinzuweisen ist schließlich im Rahmen der Beweiswürdigung noch, dass dem Inhalt eines Beratungsprotokolles große Bedeutung zuzusprechen ist, zumal es auch der Kontrolle des Stimmverhaltens der einzelnen Mitglieder dient (vgl. etwa VwGH 17.6.1993, 92/09/0391). Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Behörde hg. mit der Frage der kollegialen Beschlussdeckung konfrontiert wurde und eben nicht vorgebracht hat, dass sowohl Spruch als auch Begründung einer kollegialen Beschlussdeckung unterzogen worden wären (vgl. dazu etwa VwGH 12.6.1991, 90/13/0028, Punkt III.2. letzter Satz).
3. Maßgebliche Rechtslage:
3.1. § 113 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idgF, lautet:
„Verwaltung des Wohlfahrtsfonds
§ 113. (1) Die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds ist von der Verwaltung des übrigen Kammervermögens getrennt zu führen und obliegt einem Verwaltungsausschuß, der sich zur Unterstützung eines Dritten bedienen darf. Die Betrauung eines Dritten ist in der Satzung des Wohlfahrtsfonds zu regeln.
(2) Der Verwaltungsausschuss besteht aus dem Präsidenten und Finanzreferenten (stellvertretenden Finanzreferenten) der Ärztekammer, einem Mitglied des Landesvorstands der jeweiligen Landeszahnärztekammer sowie aus mindestens drei weiteren Mitgliedern der Erweiterten Vollversammlung, von denen mindestens einer ein Zahnarzt sein muss. Die Zahl der weiteren Mitglieder wird von der Erweiterten Vollversammlung festgesetzt. Die weiteren Mitglieder werden für die Dauer ihrer Funktionsperiode
1. hinsichtlich der zahnärztlichen Vertreter von der zuständigen Landeszahnärztekammer nach den Bestimmungen des ZÄKG bestellt und
2. hinsichtlich der übrigen Mitglieder von der Vollversammlung aus dem Kreis der Kammerräte der Ärztekammer nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts gewählt.
Scheidet eines der weiteren Mitglieder aus dem Verwaltungsausschuss aus, so hat die Gruppe, aus der das scheidende Mitglied stammt, unverzüglich die Nominierung eines Nachfolgers vorzunehmen. Mit der Nominierung vor dem Verwaltungsausschuss gilt das betreffende Verwaltungsausschussmitglied als bestellt.
(3) Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses wählen aus ihrer Mitte in getrennten Wahlgängen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter. Wird bei der ersten Wahl des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters keine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielt, so findet eine engere Wahl statt. In diese kommen jene beiden Personen, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Soweit bei der ersten Wahl mehrere Personen gleich viele Stimmen erhalten haben, entscheidet das Los, wer von ihnen in die engere Wahl kommt. Ergibt sich auch bei der engeren Wahl Stimmengleichheit, so hat ebenfalls das Los zu entscheiden. Der Vorsitzende hat die Verwaltungsgeschäfte nach den Beschlüssen des Verwaltungsausschusses zu führen. Der Verwaltungsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Die Bestimmungen des § 83 Abs. 10 sind sinngemäß anzuwenden.
(4) Die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst.“
3.2. § 8 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich lautete zum Zeitpunkt der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 11. März 2020 (Satzung WFF in der ab 20. Dezember 2012 gültigen Fassung, beschlossen am 5. Dezember 2012, kundgemacht auf www.arztnoe.at am 10. Dezember 2012, idF des Beschlusses der Erweiterten Vollversammlung vom 4. Dezember 2013, kundgemacht auf *** am 6. Dezember 2013):
„§ 8
Verwaltungsausschuss
(1) Die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds ist von der Verwaltung des übrigen Kammervermögens getrennt zu führen und obliegt einem Verwaltungsausschuss. Zur administrativen Vorbereitung und Durchführung seiner Rechtsakte darf sich dieser eines Dritten bedienen, sofern diesbezüglich ein Beschluss des Verwaltungsausschusses vorliegt.
(2) Der Verwaltungsausschuss besteht aus dem Präsidenten und Finanzreferenten (stellvertretenden Finanzreferenten) der Ärztekammer, einem Mitglied des Landesvorstands der jeweiligen Landeszahnärztekammer sowie aus mindestens drei weiteren Mitgliedern der Erweiterten Vollversammlung, von denen mindestens einer ein Zahnarzt sein muss. Die Zahl der weiteren Mitglieder wird von der Erweiterten Vollversammlung festgesetzt. Die weiteren Mitglieder werden für die Dauer ihrer Funktionsperiode
1. hinsichtlich der zahnärztlichen Vertreter von der zuständigen Landeszahnärztekammer nach den Bestimmungen des Zahnärztekammergesetz bestellt und
2. hinsichtlich der übrigen Mitglieder von der Vollversammlung aus dem Kreis der Kammerräte der Ärztekammer nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts gewählt.
Scheidet eines der weiteren Mitglieder aus dem Verwaltungsausschuss aus, so hat die Gruppe, aus der das scheidende Mitglied stammt, unverzüglich die Nominierung eines Nachfolgers vorzunehmen. Mit der Nominierung vor dem Verwaltungsausschuss gilt das betreffende Verwaltungsausschussmitglied als bestellt.
(3) Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses wählen aus ihrer Mitte in getrennten Wahlgängen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter. Wird bei der ersten Wahl des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters keine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielt, so findet eine engere Wahl statt. In diese kommen jene beiden Personen, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Soweit bei der ersten Wahl mehrere Personen gleich viele Stimmen erhalten haben, entscheidet das Los, wer von ihnen in die engere Wahl kommt. Ergibt sich auch bei der engeren Wahl Stimmengleichheit, so hat ebenfalls das Los zu entscheiden. Der Vorsitzende hat die Verwaltungsgeschäfte nach den Beschlüssen des Verwaltungsausschusses zu führen. Der Verwaltungsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Die Bestimmungen des § 83 Abs. 10 Ärztegesetz sind sinngemäß anzuwenden.
(4) Der Vorsitzende hat die Verwaltungsgeschäfte nach den Beschlüssen des Verwaltungsausschusses zu führen. Die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsausschusses steht den Betroffenen das Recht der Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht des Landes zu.
(5) Zu den Obliegenheiten des Verwaltungsausschusses gehören insbesondere
1. die Entscheidung über
a) Leistungsansuchen,
b) Anträge, zur freiwilligen Leistung von Fondsbeiträgen,
c) Anträge über Ermäßigungsansuchen,
d) Befreiungsansuchen;
2. die Überwachung des Fortbestandes der Voraussetzungen für die gewährten Leistungen und Unterstützungen;
3. die Erstattung von Vorschlägen zur Festsetzung der Beiträge zum, und der Leistung aus dem Wohlfahrtsfonds, sowie die Bildung und Veräußerung von
Vermögensbestandteilen für Zwecke des Wohlfahrtsfonds;
4. die Erstattung von Vorschlägen zur Entscheidung über die Wertsicherung von Versorgungsleistungen gemäß § 25 der Satzung des WFF;
5. sowie alle ihm sonst durch das Ärztegesetz oder die Satzung des WFF übertragenen Aufgaben.“
4. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
4.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Wie aus der wiedergegebenen maßgeblichen Rechtslage ersichtlich, obliegt die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds dem Verwaltungsausschuss, bei dem es sich gemäß seiner Konzeption um ein Kollegialorgan handelt. Eine Kollegialbehörde kann ihren Willen nur durch Beschluss bilden, der durch Abgabe der Stimmen der Mitglieder zustande kommt (vgl. etwa VfSlg. 12.951/1991).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umfasst die Willensbildung durch eine Kollegialbehörde nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung. In seinem Erkenntnis vom 27. April 2015, Zl. 2012/11/0082, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Vorschreibung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds wörtlich ausgeführt:
„2.3.3.1. Eine Entscheidung über die Festsetzung des vom Kammermitglied zu leistenden Fondsbeitrags erschöpft sich nicht in der Willensbildung über den vorgeschriebenen Betrag, sie schließt auch eine Willensbildung hinsichtlich des angenommenen Sachverhaltes sowie der tragenden Gründe der Entscheidung mit ein; andernfalls wären schon die Grenzen der Rechtskraft einer solchen Entscheidung nicht erkennbar. Wie sich aus Pkt. I der Beitragsordnung ergibt, gehören zu diesen unabdingbaren Bestandteilen jedenfalls die Sachverhaltsmomente, aus denen sich die Bemessungsgrundlage ergibt, aus welcher sich je nach den Umständen des Einzelfalls der vorzuschreibende Fondsbeitrags ergibt.
2.3.3.2. Die an die Beschwerdeführerin ergangene Erledigung vom 6. Mai 2011 (vgl. oben Pkt. I. 1.1.) enthält eine Begründung, die zahlreiche Sachverhaltsmomente umfasst (z.B. das Jahresbruttogrundgehalt, anteilige Werbungskosten, den Gewinn, erfolgte Beitragszahlungen), aus denen die Bemessungsgrundlage ermittelt wurde, von welcher ausgehend ein bestimmter Prozentsatz als zu leistender Fondsbeitrag ausgewiesen wird. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Begründung von der Willensbildung des Verwaltungsausschusses umfasst gewesen wäre.
Abgesehen vom ziffernmäßig bestimmten Fondsbeitrag fehlt für alles Weitere eine Willensbildung des Verwaltungsausschusses.“
Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt nach den getroffenen Feststellungen auch im vorliegenden Fall vor. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Altersversorgung war zwar Gegenstand der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 11. März 2020, es wurde aber lediglich beschlossen, dem Beschwerdeführer die Altersversorgung dem Grunde nach zu gewähren. Eine Willensbildung hinsichtlich der genauen Höhe der Grundrente und der Zusatzleistung erfolgte ebensowenig wie eine Willensbildung hinsichtlich des Sachverhaltes und der Bescheidbegründung. Die an den Beschwerdeführer ergangene Erledigung vom 14. April 2020 ist somit nicht von einer entsprechenden behördlichen Willensbildung getragen. Dass der Verwaltungsakt im Rahmen der Sitzung aufgelegen ist, vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil darin keine konkrete Berechnung zur Altersversorgung (Grundrente und Zusatzleistung) und auch nicht alle für die Berechnung erforderlichen Sachverhaltselemente (etwa die Bemessungsgrundlage für die Zusatzleistung oder die Höhe der individuellen versicherungsmathematischen Unterdeckung) vorhanden waren. Davon abgesehen ist nicht das bloße Aufliegen des Aktes maßgeblich, sondern es ist entscheidend, dass die wesentlichen Bestandteile der Erledigung von der Willensbildung umfasst sind (vgl. etwa VwGH 3.11.2017, Ra 2017/11/0246, Rn 22).
Nach dem zuvor zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2015 ist mangels entsprechender behördlicher Willensbildung vom Vorliegen eines Nichtbescheides auszugehen (s. VwGH 27.4.2015, 2012/11/0082, Punkt 2.3.3.3. und Punkt 2.3.3.4.; vgl. auch VwGH 10.6.2015, 2012/11/0211; 19.8.2015, 2012/11/0232; 1.12.2015, Ra 2015/11/0096).
Die Beschwerde ist daher mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.
Darauf hinzuweisen ist, dass der vorliegende Zurückweisungsbeschluss an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (vgl. etwa VwSlg. 19.271 A/2015).
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Davon abgesehen ist auch – zumal betreffend die Frage der kollegialen Willensbildung von niemandem eine Verhandlung begehrt wurde und den Parteien ausreichend Möglichkeit zur Stellungnahme bzw. Erstattung von Vorbringen zur Verfügung stand – nicht zu erkennen, dass eine mündliche Erörterung fallbezogen eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließe und es stehen einem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. zu einer angemessenen Entscheidung anhand des schriftlichen Vorbringens und der Aktenlage auch etwa EGMR 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Appl. 56.422/09).
4.2. Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis – und zufolge Art. 133 Abs. 9 B-VG grundsätzlich auch gegen einen Beschluss – eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist im vorliegenden Fall der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt und hat diese auf den konkreten Einzelfall angewendet. Allerdings erscheint die Rechtslage im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob die im vorliegenden Fall angefochtene Erledigung tatsächlich als Nichtbescheid zu qualifizieren ist, im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur bloßen Vernichtbarkeit von Erledigungen (Bescheiden), welche nach ihrem Erscheinungsbild intendieren einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden ohne dass ihnen ein entsprechender Beschluss dieses Organs zu Grunde liegt, nicht zweifelsfrei klar (s. etwa VwGH 12.6.1991, 90/13/0028; 20.10.1992, 92/04/0188; 12.7.2012, 2011/06/0099; 5.11.2015, 2013/06/0086; vgl. auch etwa Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 [2019] Rn 661, mwH). Es wird vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass die Revision zur Klarstellung der Rechtslage in dieser Frage zulässig ist (vgl. dazu etwa VwGH 6.12.2022, Ra 2020/11/0069, Rn 47).
Schlagworte
Freie Berufe; Ärzte; Wohlfahrtsfonds; Kollegialorgan; Willensbildung; Beschlussdeckung; Nichtbescheid;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2023:LVwG.AV.1402.001.2020Zuletzt aktualisiert am
14.04.2023