TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/18 95/21/0647

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Veröffentlicht am 18.10.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der C in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. April 1995, Zl. St 107/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 11. April 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 in Verbindung mit den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. In erster Instanz hatte die Bezirkshauptmannschaft Schärding festgestellt, daß stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß die Beschwerdeführerin in der Republik Irak gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz bedroht sei, weiters war gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ausgeschlossen worden.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die Beschwerdeführerin, eine irakische Staatsangehörige, als Mitfahrerin in einem deutschen Reisebus am Grenzübergang Nickelsdorf nach Österreich eingereist sei und in der Folge versucht habe, beim Autobahngrenzübergang Suben das Bundesgebiet der Republik Österreich in Richtung BRD zu verlassen. Dabei habe sie einen gefälschten kroatischen Reisepaß vorgewiesen. In der niederschriftlichen Einvernahme habe sie angegeben, vor ca. einem Monat mit ihrer Schwester mit Hilfe eines irakischen Schleppers in einem Kleinbus ihren Heimatstaat verlassen zu haben. Bei der Einreise nach Österreich sei die Fälschung nicht erkannt worden. Nach ihren Angaben verfüge die Beschwerdeführerin an Barmittel lediglich über US-$ 100,-- und S 15,--. Die Beschwerdeführerin verfüge in Österreich über keinen ordentlichen Wohnsitz und gehe auch keiner Erwerbstätigkeit nach. Es bedürfe deshalb keiner näheren Erörterung, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz als erfüllt anzusehen sei. Sie sei unter Mißachtung der Einreisebestimmungen des Fremdengesetzes ohne gültigen Reisepaß bzw. ohne den für die Einreise in das Gebiet der Republik Österreich erforderlichen Sichtvermerk eingereist und halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Weiters habe sie einen verfälschten kroatischen Reisepaß benützt. In der Folge habe sie versucht, ohne den gemäß § 2 Abs. 1 Fremdengesetz erforderlichen Reisepaß und unter Umgehung der Grenzkontrolle aus dem Gebiet der Republik Österreich in die BRD auszureisen. Diese Übertretungen des Fremdengesetzes bzw. des Grenzkontrollgesetzes wögen besonders schwer, da besagten Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein sehr hoher Stellenwert beizumessen sei. Weiters habe sie sich bei ihrer Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient. Das Vergehen der Schlepperei gehöre zu den schwerwiegendsten Verwaltungsübertretungen, zumal ein geordnetes Fremdenwesen ein sehr hohes Rechtsgut darstelle. Aufgrund der oben angeführten Tatsachen sei die im § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt. Demzufolge sei gegen die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Dadurch werde nicht in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen. Selbst wenn ein solcher Eingriff vorläge, könne es keinem Zweifel unterliegen, daß zur Aufrechterhaltung der Ordnung die Verhinderung des Aufenthalts undokumentierter, mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und hier sich nicht rechtmäßig aufhaltender Fremder dringend geboten sei. Die Bestimmung des § 17 Fremdengesetz schließe jedoch bei illegalem Aufenthalt eines Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes keinesfalls aus. Die Ausweisung knüpfe als aufenthaltsbeendende Maßnahme im wesentlichen an die Rechtmäßigkeit (gemeint wohl: Unrechtmäßigkeit) des Aufenthaltes im Sinne des § 15 Fremdengesetz an, wogegen das Aufenthaltsverbot großteils ordnungs- bzw. sicherheitspolitische Bedenken im Sinne des § 18 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz zur Grundlage habe. Sehr klar gehe aus § 27 Abs. 4 Fremdengesetz hervor, daß die (bisherige) Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keine Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei. Bezüglich der Beschwerdeführerin reiche das gelindere Mittel der Ausweisung nicht aus, weil sie sich nicht bloß illegal im Bundesgebiet befinde, sondern sich auch bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient bzw. mit Hilfe eines verfälschten Reisepasses ihre Identität zu verschleiern versucht habe. Wenn auch stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß sie in der Republik Irak gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz bedroht sei, so sei sie spätestens an der Grenze zu Österreich, ja selbst schon in Ungarn, vor Verfolgung sicher gewesen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei auch gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz nicht ausgeschlossen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die oben dargestellte Sachverhaltsannahme der belangten Behörde unbestritten. Davon ausgehend stößt die Auffassung der belangten Behörde über die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz und demzufolge im Hinblick auf die daraus resultierende Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt auch über das Vorliegen der in § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme auf keine Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0536). Die Gründe, mit denen die Beschwerdeführerin ihre Vorgangsweise bei der Ausreise aus Österreich zu entschuldigen versucht, können - da dieses Verhalten zur Begründung des Tatbestandes des § 18 Abs. 1 leg. cit. nicht erforderlich ist - dahingestellt bleiben. Dazu kommt, daß nach der unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde die Beschwerdeführerin über ein eigenes Reisedokument ihres Heimatstaates verfügt hat. Die Benützung eines verfälschten kroatischen Reisepasses und der Ausreiseversuch unter Umgehung der Grenzkontrolle aus dem Gebiet der Republik Österreich wären nicht erforderlich gewesen und sie bezeugen ein Verhalten der Beschwerdeführerin, welches die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdet. Keinesfalls kann daher die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde über das Vorliegen der im § 18 Abs. 1 Fremdengesetz umschriebenen Annahme als rechtswidrig gesehen werden.

2. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, die Maßnahmen nach § 17 Abs. 1 Fremdengesetz (Ausweisung) und nach § 18 Fremdengesetz (Aufenthaltsverbot) schlössen einander aus. Die Ausweisung knüpfe ausdrücklich an einen rechtswidrigen Aufenthalt an, wogegen § 18 Fremdengesetz nach der Systematik von einem rechtmäßigen Aufenthalt ausgehe. Jede andere Auslegung hätte zur Folge, daß eine Abgrenzung der einzelnen Tatbestände des § 17 oder § 18 Fremdengesetz nicht möglich sei. Diesem Vorbringen ist die unter anderem im Erkenntnis vom 23. März 1995, Zl. 95/18/0151, dargelegte hg. Auffassung entgegenzuhalten, wonach auch bei Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Fremdengesetz die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben sei.

3. Soweit die Beschwerdeführerin als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften das Unterbleiben der Auseinandersetzung mit ihrem Argument der Notwendigkeit der von ihr gewählten Vorgangsweise zur Einreise nach Österreich im Hinblick auf die ihr in ihrer Heimat drohende Verfolgung rügt, ist einerseits auf die obigen Ausführungen über die Verwirklichung der Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und andererseits auf den Umstand zu verweisen, daß die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet, direkt aus dem Gebiet eingereist zu sein, wo sie bedroht sei (vgl. Art. 31 Abs. 1 GFK). Aus diesem Grund durfte die Behörde davon ausgehen, daß die Einreise der Beschwerdeführerin jedenfalls unrechtmäßig war.

4. Soweit sich die Beschwerdeführerin durch die Nichtstattgabe der Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung "nach wie vor" als beschwert erachtet, ist ihr zu entgegnen, daß sie dadurch in keinem subjektiven Recht verletzt wurde, da keine Maßnahme zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes gesetzt wurde.

5. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210647.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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