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L37019 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Wien;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell über die Beschwerde des Magistrats der Stadt Wien (Magistratsabteilung 4), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 31. Mai 1995, Zl. UVS-05/26/00236/94, betreffend Bestrafung der mitbeteiligten Partei E, wegen Übertretung des Getränkesteuergesetzes für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die belangte Behörde fällte mit dem angefochtenen Berufungsbescheid gegen die mitbeteiligte Partei den folgenden Spruch:
"Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr. Findeis als Vorsitzende, Mag. Fridl als Berichter und Dr. Hrdliczka als Beisitzerin über die Berufung der Frau E vom 8.6.1994 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4 - Referat 7, vom 17.5.1994, Zahl MA 4/7-70389/4/0, wegen Übertretung des § 10 Abs. 1 i.V.m.
§ 7 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 31.5.1995 entschieden:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung, die sich nurmehr gegen die Strafhöhe richtet, insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von S 39.800,-- auf 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen auf 13 Tage, herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 2.000,-- ermäßigt.
Der Berufungswerberin wird gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt."
Die vorgenommene Strafherabsetzung begründete die belangte Behörde wie folgt:
Die Unbescholtenheit der Mitbeteiligten sei bereits von der Behörde erster Instanz als mildernd gewertet worden. Obwohl das Schreiben vom 23. März 1994 kein reumütiges Geständnis enthalte, sei es im Gegensatz zur Behörde erster Instanz insofern als mildernd zu werten, als wenigstens der Umstand nicht buchhalterisch erfaßter Zukäufe zugegeben worden sei; damit sei ein Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet worden. Als mildernd habe auch der Umstand der Schadensgutmachung durch Bezahlung der nach der Revision festgesetzten Steuerbeträge berücksichtigt werden können; diesem Milderungsgrund sei jedoch im Hinblick darauf, daß ein bedeutender Zeitraum zwischen Fälligkeit der Abgaben und tatsächlicher Abfuhr verstrichen sei, nur nachrangige Bedeutung zuzumessen.
Das als Selbstanzeige titulierte Schreiben der Mitbeteiligten vom 23. März 1994 hat folgenden Wortlaut:
"Vor Beginn der Getränkesteuerprüfung erhebe ich Selbstanzeige und begründe diese wie folgt:
Ich habe bis inklusive Dezember 1991 bei der Firma Brau AG verschiedene Getränke gekauft. Diese Getränke habe ich bei diversen privaten Veranstaltungen, bzw. zum Eigenverbrauch verwendet und war der Meinung, daß dies mit meinem Geschäft nichts zu tun hat.
Da bei diesen privaten Einkäufen immer die Getränkesteuer auf der Rechnung aufschien und von mir auch beglichen wurde, war ich der Überzeugung, daß ich damit alle steuerlichen Verpflichtungen erfüllt habe.
Mein Steuerberater hat mich jedoch über diesen Irrtum aufgeklärt und es werden daher seit Jänner 1992 sämtliche Einkäufe buchhalterisch erfaßt."
Der gemäß § 14a des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien beschwerdeberechtigte Magistrat macht Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit der Begründung geltend, das Schreiben der mitbeteiligten Partei ("Selbstanzeige") und die erfolgte Zahlung der Steuer hätten nicht als mildernd herangezogen werden dürfen.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird; die mitbeteiligte Partei äußerte sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 19 VStG lautet:
"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."
Ein besonderer Milderungsgrund gemäß § 34 StGB liegt ua vor, wenn der Täter "sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern" (Z. 15) bzw. "ein reumütiges Geständnis ablegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat" (Z. 17).
Nach ständiger hg. Judikatur handelt es sich bei der Strafzumessung um eine Ermessensentscheidung und hat die Behörde ihre Ermessensübung so zu begründen, daß eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stattfinden kann. Hat die Behörde dabei von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, so ist die Strafzumessung darüber hinaus einer weiteren Überprüfung nicht zugänglich (vgl. z.B. das von der Beschwerde selbst zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1994, Zl. 94/16/0103).
Die belangte Behörde hat nun im vorliegenden Fall das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 23. März 1994 dahin gewertet, daß damit ein Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet wurde. Auch wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang in der Begründung des angefochtenen Bescheides das Attribut "wesentlich" vermißt, vermag sie damit doch keinen Ermessensfehler aufzuzeigen, weil die belangte Behörde - was die Beschwerde übersieht - mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt hat, daß die mitbeteiligte Partei mit dem genannten Schreiben den im gegebenen Zusammenhang wesentlichen Umstand zugegeben hat, die Zukäufe nicht buchhaltungsmäßig erfaßt zu haben. Da diese Tatsache jedenfalls entsprechenden Ermittlungsaufwand ersparte, konnte die belangte Behörde darin im Ergebnis frei von Ermessensfehler einen Milderungsgrund iS des § 34 Z. 17, zweiter Fall StGB erblicken. Ein "wesentlicher" Beitrag des Täters zur Wahrheitsfindung liegt auch dann vor, wenn ihn die Behörde ohne ausdrückliche Bezeichnung als solchen wertet.
Was die Qualifikation der Entrichtung der verkürzten Abgabe als Schadensgutmachung anlangt, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß dieser Umstand ohnehin schon vom angefochtenen Bescheid selbst unter Hinweis auf den bedeutenden Zeitraum, der zwischen der Abgabenfälligkeit und Zahlung verstrichen ist, nur als nachrangig eingestuft wurde. Unabhängig davon, daß in dem Fall, der dem zitierten hg. Erkenntnis Zl. 94/16/0103 zugrunde lag, der in der nicht rechtzeitigen Abgabenentrichtung gelegene Schaden (Verzögerungsschaden) als durch die spätere Entrichtung der Abgabe nicht beseitigt angesehen worden ist, war die belangte Behörde im vorliegenden Fall keineswegs gehindert, die letztendlich doch erfolgte Entrichtung der Abgabe - wenn auch nur nachrangig - insoweit in ihre Ermessensbegründung einzubeziehen, als berücksichtigt wurde, daß die mitbeteiligte Partei überhaupt Zahlung leistete. Ein den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastender Ermessensfehler ist darin jedenfalls nicht zu erblicken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Begründung von Ermessensentscheidungen Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995160171.X00Im RIS seit
11.07.2001