Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §113;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des A in N, Deutschland, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 11. April 1994, Zl. 6-1a/W1/1/1991/Ha, betreffend die Finanzvergehen des versuchten und vollendeten Schmuggels, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid den Schuldspruch des vollendeten Schmuggels in fünf Fällen in der Zeit zwischen 1. Jänner 1979 und März 1989 sowie den Ausspruch einer Geldstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe, einer Wertersatzstrafe sowie der an die Stelle des Wertersatzes tretenden Ersatzfreiheitsstrafe und von Kosten betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Beschwerdeführer reiste am 8. April 1989 mit einem Personenkraftwagen beim Zollamt B ein. Nachdem der Beschwerdeführer die Frage des Abfertigungsbeamten nach Waren, die der Beschwerdeführer in Österreich belassen oder durchführen wolle, verneint hatte, wurde bei der anschließenden Beschau ein Motor für eine Speedwaymaschine der Marke "Godden" vorgefunden.
Am 12. April 1989 wurde der Beschwerdeführer von Organen des Zollamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz als Verdächtiger vernommen. Als Gegenstand der Vernehmung wurde in der darüber aufgenommenen Niederschrift ausdrücklich der Verdacht des versuchten und des vollendeten Schmuggels, begangen durch die Verbringung des Motorradmotors der Marke "Godden" "sowie durch die Verbringung von Motorrädern für Speedwayzwecke als auch Motorradmotoren ebenfalls der Marke "Godden" angeführt". Bei dieser Vernehmung gab der Beschwerdeführer an, er habe selbst früher den Speedwaymotorsport ausgeübt. Bei den jeweiligen Grenzübertritten hätte er mit Speedwaymaschinen und deren Ersatzteilen keine Schwierigkeiten gehabt, weil er diese bei der Einreise gestellt habe. Vielfach habe er mit den Sportmaschinen ohne jegliche Zollbehandlung ein- und ausreisen können. Bei der Einreise in Frankreich, Italien und "teilweise auch in Österreich" habe er jeweils ein formelles Vormerkverfahren für die vorübergehende Benützung der Speedwaymaschinen durchgeführt. Seit dem Jahre 1984 habe er den in Österreich wohnhaften Heinrich S. mehrmals mit Speedwaymaschinen und deren Ersatzteilen versorgt. So habe er ihm 1985 eine Speedwaymaschine der Marke "Godden" leihweise überlassen. Mitte 1986 und im März 1989 habe er Heinrich S. je eine weitere Maschine überlassen. Am 8. April 1989 habe er einen Motorradmotor mit 500 cm3 der Marke "Godden" zu einem Treffpunkt mit Heinrich S. in Ansfelden bringen wollen. Der Motor sei zum Einbau in eine Rennmaschine bestimmt gewesen.
Weiters gab der Beschwerdeführer an, er sei seit dem Jahre 1975 ca. 20 mal mit Speedwaymaschinen nach Österreich eingereist. Über ausdrückliches Befragen gab der Beschwerdeführer an, es sei davon in ca. 15 Fällen eine Vormerkung zur vorübergehenden Benützung in Österreich erfolgt. Wenn der Beschwerdeführer vom Zollorgan nicht nach mit geführten Waren gefragt wurde, sei er ohne jede Formalität eingereist. Seit dem Jahre 1975 habe er in ca. 40 Fällen Speedwaymotoren der Marke "Godden" eingeführt. In keinem dieser Fälle sei eine Vormerkbehandlung beantragt worden. Alle Maschinen, Motoren und Ersatzteile seien nach den jeweiligen Speedwayrennen wieder nach Deutschland verbracht worden. Über entsprechende Frage gab der Beschwerdeführer an, er wisse, daß er bei der Einbringung von Speedwaymaschinen zu Wettbewerbszwecken und von Motorradmotoren, die bei Wettbewerben benötigt werden, eine Vormerkung zu Wettbewerbszwecken beantragen müsse. Von den Grenzspeditionen sei die Durchführung einer Vormerkbehandlung meistens abgelehnt worden; daraufhin habe das Zollamt die Vormerkung durchgeführt, wofür der Beschwerdeführer eine Sicherstellung habe erlegen müssen. Diese Zollformalitäten seien ihm nicht angenehm gewesen. Er habe auch von anderen Rennfahrerkollegen gewußt, daß sie bei der Einreise nach Österreich oftmals Schwierigkeiten gehabt hätten.
Am 7. Mai 1990 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von Organen der Finanzstrafbehörde erster Instanz vernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer schließlich an, daß er in der Zeit von 1. Jänner 1979 bis zum April 1989 insgesamt
vier Speedwaymaschinen der Marke "Godden" sowie fünf verschiedene Motore nach Österreich eingebracht habe. Zwei dieser Rennmaschinen und einen Motor habe er erst zwei Wochen vor der Einreise vom 8. April 1989 ohne Zollverfahren nach Österreich eingeführt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz des am 8. April 1989 erfolgten versuchten Schmuggels eines Motorradmotors der Marke "Godden" schuldig erkannt. Weiters wurde er schuldig erkannt, in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis März 1989 vier Speedwayrennmaschinen sowie einen Motor der Marke Godden für Speedwayrennmaschinen dem Zollverfahren durch Nichtstellung entzogen zu haben und damit das Finanzvergehen des Schmuggels begangen zu haben.
In der Berufung gegen dieses Straferkenntnis wandte sich der Beschwerdeführer insbesondere gegen die Annahme eines vorsätzlichen Verhaltens. Weiters verwies er auf den zwischenzeitig durch Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 4. Jänner 1991 erfolgten, auf § 182 Abs 2 ZollG gestützten Erlaß eines Teilbetrages der entstandenen Zollschuld im Ausmaß von 80 vH. des Gesamtbetrages.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes verwies die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides insbesondere darauf, daß der Beschwerdeführer nach seinen Vernehmungen ein Zollverfahren nur auf ausdrückliches Befragen durch das Zollorgan oder bei äußerer Auffälligkeit des Transportes habe durchführen lassen. Nach Auffassung der belangten Behörde habe daher die Annahme der Finanzstrafbehörde erster Instanz, der Beschwerdeführer habe mit - wenn auch nur - bedingtem Vorsatz gehandelt, nicht rechtswidrig sein können.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht. Dabei erschöpft sich das Tatbild des Schmuggels in dem Umstand, daß die Ware dem Zollverfahren entzogen worden ist. Insbesondere kommt es auch auf den Beweggrund für die Tathandlung nicht an. So gehört es nicht zum Tatbestand des Schmuggels, daß die eingeschmuggelte Ware für "ständig" im Zollgebiet belassen oder zum Verkauf angeboten werden soll (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1993, 92/16/0141).
In subjektiver Hinsicht verkennt der Beschwerdeführer, daß der Vorsatz beim Schmuggel keineswegs auf die Hinterziehung von Eingangsabgaben gerichtet sein muß. Vielmehr genügt es, daß sich der Vorsatz des Täters darauf richtet, daß die Ware dem Zollverfahren entzogen wird. Bei seiner Vernehmung hat der Beschwerdeführer ausdrücklich zugestanden, daß er von der Notwendigkeit, eine Vormerkbehandlung der in Rede stehenden Waren vornehmen zu lassen, Kenntnis hatte. Als Motiv dafür, daß er - bei sich bietender Gelegenheit - regelmäßig von der Durchführung eines Vormerkverfahrens Abstand genommen hat, hat der Beschwerdeführer angegeben, dies sei ihm "unangenhem" gewesen. Damit ist aber schon klargestellt, daß die Vereitelung des Zollverfahrens vom Vorsatz des Beschwerdeführers - und zwar in der Form des direkten Vorsatzes - umfaßt gewesen ist.
Auch der Beschwerdeführer selbst gesteht in der Beschwerdeschrift zu, es sei "die feste und erklärte Absicht" des Beschwerdeführers gewesen, den Motorradmotor für eine an einem kommenden Wochenende stattfindende sportliche Veranstaltung einem bestimmten Dritten zur Verfügung zu stellen. Auch daraus ist ersichtlich, daß die Vereitelung des Zollverfahrens vom direkten Vorsatz des Beschwerdeführers umfaßt gewesen ist. Ebenso wie etwa die (heimliche) Durchfuhr von eingangsabgabepflichtigen Waren als Schmuggel anzusehen ist (vgl. z.B. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19. Jänner 1988, 10 Os 39/87, JBl 1988, 800), erfüllt auch die bloß vorübergehende Verbringung einer Ware zu einem bestimmten Zweck ohne Durchführung eines entsprechenden Zollverfahrens den Tatbestand des Schmuggels.
Erstmals in der Beschwerde wird weiters gerügt, daß im Straferkenntnis erster Instanz als Tatzeit der insgesamt fünf Fakten vollendeten Schmuggels mit 1. Jänner 1975 (richtig: 1979) bis März 1989 angegeben worden ist. Dabei ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugestehen, daß zur Umschreibung der Tat grundsätzlich auch die Angabe der Tatzeit gehört. Ist jedoch - wie hier im Beschwerdefall - eine genaue zeitliche Begrenzung der Tat nicht möglich, so kann dies nicht zur Straflosigkeit der Tat führen. Vielmehr ist die Tat auf andere Weise so zu umschreiben, daß Verwechslungen ausgeschlossen sind. Im Falle des Beschwerdeführers ist die Finanzstrafbehörde erster Instanz bei ihrer Sachverhaltsdarstellung erkennbar von den vom Beschwerdeführer selbst gemachten Angaben im Untersuchungsverfahren ausgegangen. Dabei hat der Beschwerdeführer, der selbst die genaue Tatzeit nicht mehr angeben konnte, den ungefähren Wert der einzelnen Waren (vier Speedwaymaschinen und einen Ersatzmotor) angeführt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist von der belangten Behörde in Verbindung mit den Wertangaben die jeweilige dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tathandlung so ausreichend umschrieben worden, daß die Unverwechselbarkeit der Tat gegeben und in der Folge die Rechtskraftwirkung des angefochtenen Bescheides eingetreten sind.
Soweit der Beschwerdeführers hinsichtlich der fünf Fakten von vollendetem Schmuggel den Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach dem ausdrücklichen Gegenstand der mit dem Beschwerdeführer am 12. April 1989 aufgenommenen Niederschrift dieser bereits bei Beginn der Vernehmung - über den versuchten Schmuggel vom 8. April 1989 hinaus - auch weiterer Finanzvergehen verdächtig war. Bereits bei dieser Vernehmung gab der Beschwerdeführer zu, er habe in einer Reihe von Fällen die Stellungspflicht verletzt. Bei der weiteren Vernehmung am 7. Mai 1990 machte der Beschwerdeführer zunächst unterschiedliche Angaben über die Anzahl der ohne Durchführung eines Zollverfahrens eingeführten Maschinen und Ersatzteile. Schließlich korrigierte er seine Angaben insoweit, als er angab, in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis zum April 1989 insgesamt vier Rennmaschinen und fünf Motoren eingeführt zu haben (- wobei dem Beschwerdeführer in der Folge von der Finanzstrafbehörde nur der Schmuggel von vier Maschinen und einem Motor zur Last gelegt worden ist).
Wenn auch für die Erstattung einer Selbstanzeige im Gesetz keine besondere Form vorgesehen ist, so erfordert sie nach dem klaren Wortlaut des § 29 Abs. 1 FinStrG doch die Darlegung der begangenen Verfehlung. Ein bloßes Eingestehen einer Tat im Zuge einer Vernehmung kann daher schon begrifflich nicht als eine Selbstanzeige angesehen werden. Abgesehen davon stellt diese Vernehmung eine Verfolgungshandlung auch wegen der in Rede stehenden vollendeten Tathandlungen dar, die die Rechtzeitigkeit einer Selbstanzeige ausschließen würde (vgl. § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG). Ob die Vernehmung der Feststellung von weiteren - nach der Sachlage vermuteten oder bereits wahrscheinlichen - Finanzvergehen (ihrer Erkundung, wie der Beschwerdeführer meint) gedient hat, ist dabei nicht weiter von Belang.
Aus dem Vorwurf, der angefochtene Bescheid leide insoferne an einem Begründungsmangel, weil die belangte Behörde nicht dargelegt habe, warum sie die - im Verwaltungsverfahren nicht relevierte - Bestimmung des § 25 FinStrG nicht angewendet habe, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Er hat in keiner Weise dargelegt, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände auf das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe geschlossen werden könnte.
Wenn der Beschwerdeführer weiters als Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides rügt, die Behörde habe zu Unrecht auf S. 2 ihres Bescheides die Feststellung getroffen, es sei richtig, gewußt zu haben, daß er (der Beschwerdeführer) die verfahrensgegenständlichen Waren einer Vormerkung zu Wettbewerbszwecken zuführen hätte müssen, so übersieht er, daß es sich dabei nicht um eine Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde in ihrem Erwägungsteil, sondern um die Wiedergabe der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz gehandelt hat. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Ebensowenig besteht der Vorwurf, die belangte Behörde hätte § 9 FinStrG anwenden müssen, zu Recht. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Beschwerdeführer offenkundig auf sein Vorbringen, er sei bei verschiedenen Einreisen von Zollorganen auch "durchgewunken" worden. Der Beschwerdeführer hat selbst im Verwaltungsverfahren keineswegs geltend gemacht, er sei auf Grund derartiger Erfahrungen - für die er im übrigen keinerlei Beweis erbracht hat - in einem entschuldbaren Irrtum verfangen gewesen. Wenn die belangte Behörde demgegenüber auf Grund der eindeutigen Aussagen des Beschwerdeführers vom Vorliegen eines Vorsatzes ausgegangen ist, so entspricht diese Folgerung wie ausgeführt den Denkgesetzen.
Der Beschwerdeführer macht - ebenfalls erstmals in der Beschwerde - geltend, er sei am 8. April 1989 (nach Entdeckung der Tat und Beschlagnahme des Motorradmotors) unverzüglich nach Deutschland zurückgefahren und habe damit die Ausführung der Tat aufgegeben (vgl. § 14 Abs. 1 FinStrG). Bei diesem an sich schwer verständlichen Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß das Fehlschlagen des Versuchs einer Straftat einen Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 14 Abs. 1 FinStrG begrifflich ausschließt. Denn ein solcher ist nur möglich, solange der tatbestandliche Erfolg auf Grund der Handlung des Täters bzw. in deren Folge noch eintreten kann (vgl. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19. November 1981, 13 Os 113/81, SSt 52/59).
Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (richtig: Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften) weiters, er sei vor seiner Vernehmung nicht darauf hingewiesen worden, daß er sich mit den Angaben zu einer "Erkundungsfrage" selbst belasten könne. Der Beschwerdeführer übersieht damit, daß sich die Manuduktionspflicht des § 57 Abs. 3 FinStrG auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen beschränkt. Diese Verpflichtung der Finanzstrafbehörde erstreckt sich aber nicht darauf, der Partei Ratschläge über den Inhalt der von ihr gegenüber der Behörde - die gemäß § 57 Abs. 1 FinStrG zur Verfolgung der Finanzvergehen verpflichtet ist - zu erstattenden Aussagen zu machen. Die Anleitungspflicht erstreckt sich nicht darauf, der Partei Tatsachenbehauptungen in den Mund zu legen, die zu einer für sie günstigeren materiell-rechtlichen Beurteilung führen können (vgl. das Erkenntnis vom 20. November 1989, 89/14/0191).
Dennoch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, insoweit damit der Beschwerdeführer des vollendeten Schmuggels in fünf Fakten in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis März 1989 schuldig erkannt wurde, mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet: Gemäß § 31 Abs 5 FinStrG erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, seit dem Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre verstrichen sind. Das Erlöschen der Strafbarkeit wegen Ablaufes der Frist ist von der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz auch bei Fristablauf während des Rechtsmittelverfahrens wahrzunehmen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, daß die Rechtsmittelbehörde den Schuldausspruch nur zu bestätigen hatte (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, 89/14/0073).
Im Beschwerdefall wurde der angefochtene Bescheid am 21. April 1994 zugestellt und damit erlassen. Insoweit somit der Erfolg der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tathandlungen bereits in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 1979 und dem 20. April 1984 eingetreten ist, war aber der Strafanspruch des Staates erloschen. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie auch keine Ermittlungen darüber angestellt, welche der Tathandlungen von der Verjährung der Strafbarkeit im Sinne des § 31 Abs. 5 FinStrG betroffen waren und welche nicht. Obgleich diese Rechtswidrigkeit vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde, war sie vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Beschwerdepunktes - der Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf "Nichtbestrafung" - aufzugreifen (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 566 und die dort angeführte Judikatur). Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich des Schuldspruches des vollendeten Schmuggels in insgesamt fünf Fällen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Ebenso ist der angefochtene Bescheid hinsichtlich der im Sinne des § 21 Abs. 1 FinStrG verhängten einheitlichen Geldstrafe sowie des Ausspruchs über die Wertersatzstrafe und der Kosten wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Im übrigen - also hinsichtlich des Faktum des versuchten Schmuggels vom 8. April 1989 - wird die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen. Zur Klarstellung wird darauf verwiesen, daß im Bereich des Finanzstrafrechtes eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich ist (vgl. das Erkenntnis vom 4. September 1992, 91/13/0021).
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160123.X00Im RIS seit
11.07.2001