Entscheidungsdatum
05.12.2022Norm
WRG 1959 §10Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 13. September 2022, ***, in einer Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Die Bauvollendungsfrist wird gemäß § 112 Absatz 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) iVm § 17 VwGVG neu festgelegt bis 30. September 2023.
3. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Landeshauptfrau von NÖ erteilte der Marktgemeinde *** mit Bescheid vom 13.09.2022, *** gemäß § 10 und 38 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für einen Horizontalfilterbrunnen auf Grundstück Nr. ***, KG ***, zur Trink- und Nutzwasserentnahme im Ausmaß von 4 l/s bzw. 345,6 m³/Tag bzw. 65 000 m³/a sowie die Anbindung dieses Brunnens an das bestehende Trinkwassernetz, die Errichtung und Betrieb einer Überlaufleitung vom Brunnen in die ***, weiters für eine Geländeabsenkung auf diesem Grundstück mit einem Volumen von 60 m³ und eine UV-Anlage zur Desinfektion. Das Wasserbenutzungsrecht wurde befristet bis 20.09.2112 erteilt, die Bauvollendungsfrist bis 30.06.2023 festgelegt.
Gleichzeitig legte die Behörde ein Schutzgebiet mit zwei Schutzzonen fest und stellte für die betroffenen Grundstückseigentümer der Schutzzone II eine Entschädigung dem Grunde nach fest. Schließlich wurden der Marktgemeinde *** noch Verfahrenskosten auferlegt.
Dagegen erhob A mit Schreiben vom 22.10.2022 fristgerecht Beschwerde und brachte vor, Eigentümer der Grundstücke ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, alle KG ***, zu sein und dass er durch die Ausweisung seiner Grundstücke vor vollendete Tatsachen gestellt worden wäre. Er müsse strenge Auflagen betreffend Dünger und Spritzmittel dulden sowie Aufzeichnungspflichten bei der Bearbeitung durchführen. Er hätte bis jetzt nicht zugestimmt und wäre nicht nachvollziehbar, dass kein Stalldünger auf dem Acker aufgebracht werden könne. Nach den vorhandenen Wasseruntersuchungen seien keine Keime in der Quellfassung vorhanden, obwohl im letzten Jahr Stallmist am Acker im Schutzgebiet ausgebracht worden wäre.
Durch die auferlegten Maßnahmen würden seine Rechte erheblich eingeschränkt, eine Entschädigung wäre aber noch nicht geklärt worden. Es bestünde ein gültiger Pachtvertrag für die nächsten sechs Jahre, der Pächter hätte aber an der Verhandlung nicht teilnehmen dürfen. Die betroffenen Grundstücke befänden sich im Natura 2000 Schutzgebiet und dürfe nach der Auflage im Schutzgebiet kein Fremdmaterial zugeführt werden. Eine solche wäre aber unbedingt notwendig. Dieser Widerspruch gehöre von einem Sachverständigen geklärt. Außerdem läge der Brunnen in unmittelbarer Nähe der ***.
Die Laufzeit für das Schutzgebiet wäre nur für 30 Jahre möglich, 90 Jahre würden einer Enteignung gleichkommen. Eine angebotene Jahrespauschale mit € 80 wäre nicht wertgesichert, es wären ungefähr 5.000 m² Schutzgebiet, die mit € 0,80 pro Quadratmeter zu berechnen wären.
Beantragt werde, den Bescheid aufzuheben, da nichts mit der Gemeinde und den Grundeigentümern geklärt worden wäre.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.
Folgender Sachverhalt wird anhand der klaren Aktenlage als erwiesen festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke mit den Nrn. ***, ***, ***, ***, ***, ***, *** und ***, alle KG ***. Diese Grundstücke sind Bestandteil der Schutzzone II für einen Entnahmebrunnen auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, zum Zwecke der Trinkwasser- und Nutzwasserversorgung. Mit dem Bescheid vom 13.09.2022 hat die Landeshauptfrau von NÖ einerseits die wasserrechtliche Bewilligung für den genannten Horizontalfilterbrunnen gegenüber der Marktgemeinde *** ausgesprochen, andererseits die Schutzzonen I und II festgelegt sowie eine Entschädigung dem Grunde nach für die betroffenen Grundeigentümer der Grundstücke in der Schutzzone II ausgesprochen. Die Eigentümer einschränkenden Maßnahmen wurden vom geohydrologischen Amtssachverständigen vorgegeben und vom agrartechnischen Amtssachverständigen unter Bezugnahme auf die Nitrataktionsprogramm-Verordnung und die Richtlinie für sachgerechte Düngung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft befürwortet.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
„Benutzung des Grundwassers....
...
...
Fristen....
...“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. September 2022 wird einerseits der Marktgemeinde *** eine wasserrechtliche Bewilligung für einen Horizontalfilterbrunnen sowie eine Geländeabsenkung auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, und eine UV-Anlage erteilt, andererseits im Spruchpunkt II. ein Schutzgebiet, bestehend aus Schutzzone I und II, festgelegt und in Spruchpunkt III. den betroffenen Grundstückseigentümern der Schutzzone II eine Entschädigung dem Grunde nach gemäß § 34 iVm § 117 WRG 1959 ausgesprochen.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einiger Grundstücke der Schutzzone II.
Als Eigentümer eines Grundstückes, welches im Zuge eines Wasserrechtsverfahrens für die Festlegung einer Schutzzone herangezogen wird, hat dieser kein Recht, der Einbeziehung seines Grundstückes erst zuzustimmen. Die Einbeziehung erfolgt amtswegig.
Nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen – hier gegenständlich ist die Errichtung eines Grundwasserbrunnens – Anordnungen über die Bewirtschaftung und Benutzung von Grundstücken zu treffen und Schutzgebiete zu bestimmen.
§ 34 Abs. 1 WRG sieht eine Zustimmung der betroffenen Grundeigentümer zur Festlegung eines Schutzgebietes nicht vor (vgl. VwGH vom 22.04.2010, 2008/07/0099 und VwGH vom 28.01.2016, Ra 2015/07/0146).
Das Vorbringen, der Beschwerdeführer müsse strenge Auflagen betreffend Dünger und Spritzmittel dulden sowie dass er Aufzeichnungspflichten bei der Bearbeitung seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen hätte, wird durch die Einräumung einer Entschädigung unbeachtlich und wurden die Maßnahmen in der Schutzzone II aus geohydrologischer und agrartechnischer Sicht gefordert.
Der Wasserberechtigte hat nämlich nach § 34 Abs. 4 WRG 1959 Grundeigentümer, deren Grundstücke in ein Schutzgebiet einbezogen werden, angemessen zu entschädigen.
Es ist weiters nach der Judikatur des VwGH ausreichend, wenn hinsichtlich des Ausspruches einer Entschädigung lediglich eine Entscheidung dem Grunde nach erfolgt, d.h. dass den betroffenen Grundeigentümern für die durch das eingeräumte Schutzgebiet auferlegten Beschränkungen jedenfalls eine Entschädigung zusteht.
Zumindest die Frage, ob die Bewirtschaftungserschwernis dem Grunde nach einer Entschädigung bedürfe, muss gleichzeitig mit der Festlegung der Schutzgebiete entschieden werden (vgl. VwGH vom 12.12.1996, 96/07/0036).
Der Beschwerdeführer meint, dass er durch die auf seinem Grundstück auferlegten Maßnahmen in seinen Rechten erheblich eingeschränkt werde und eine Entschädigung zustehe, welche aber mit der Marktgemeinde *** nicht geklärt werden hätte können, da es bisher keinen Verhandlungstermin dazu gegeben hätte. Dazu ist festzuhalten, dass nach § 117 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 4 WRG 1959 innerhalb eines Jahres von der Wasserrechtsbehörde ein Nachtragsbescheid über die Festlegung einer Entschädigung zu erlassen sein wird.
Die Anmerkung in der Beschwerde, der Pächter seiner Grundstücke hätte an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen dürfen, ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler aufzuzeigen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind unter anderem Bestandnehmer (Mieter und Pächter) im Verfahren zur Festsetzung eines Schutzgebietes nicht Partei (vgl. VwGH vom 12.12.1996, 96/07/0036 und VwGH vom 29.01.2015, 2013/07/0292).
Der Umstand, dass sich die Grundstücke des Beschwerdeführers allenfalls im Natura-2000-Schutzgebiet befinden könnten, ist im Wasserrechtsverfahren nicht zu erörtern, dafür ist ein Naturschutzverfahren vorgesehen.
Der Beschwerdeführer vermeint einen Widerspruch in den auferlegten Wirtschaftsbeschränkungen darin zu sehen, dass kein Fremdmaterial zugeführt werden dürfe, er aber im Falle des Hochwassers das Grundstück nur wieder bewirtschaftbar machen könne, indem er solches unbedingt zuführen müsse.
Der Beschwerdeführer spricht damit den Auflagenpunkt 13. der Schutzgebietsmaßnahmen in Spruchteil II des angefochtenen Bescheides vom 13.09.2022 an.
Dieser lautet:
„Anlandungen und Erosionsschäden, die infolge von Hochwasserereignissen eintreten, sind so zu sanieren, dass die ursprüngliche Geländeoberkante wiederhergestellt wird. Die Zufuhr von Fremdmaterial ist verboten.“
Der Terminus „Fremdmaterial“ meint, dass nicht Material zugeführt werden darf, um sich etwa Deponiegebühren zu ersparen. Eine exakte Formulierung des Materials, welches als geeignet anzusehen ist und ausschließlich zugeführt werden darf, gestaltet sich schwierig. Es wird mit diesem Terminus zum Ausdruck gebracht, das Material, welches qualitativ gleichwertig ist, sehr wohl zugeführt werden darf, um den Punkt 13. erfüllen zu können. Anders lässt sich diese Vorschreibung auch nicht verstehen, da im Falle des Abschwemmens von Erdreich ein Materialverlust auf gegenständlichem Grundstück vorliegt, welcher ausgeglichen werden muss.
Um einem Vorwurf des unerlaubten Zuführens von fremdem nicht geeignetem Material nicht ausgesetzt zu sein, wird es ratsam sein, allenfalls zuzuführendes Material einer Untersuchung unterziehen zu lassen und den entsprechenden Beleg aufzubewahren.
In der Beschwerde wird auch angeführt, dass der gegenständliche Brunnen in unmittelbarer Nähe des Flusses *** liege und dazu die Naturschutzbehörde Stellung nehmen müsse. Angemerkt wird zu diesem Punkt, dass der gegenständliche Brunnen auf Grundstück Nr. ***, KG ***, laut Projekt 1,5 m über Geländeoberkante hochgezogen werden muss, um auch im Hochwasserfall das Eindringen von Oberflächengewässern zu verhindern. Außerdem ist um den Schacht eine Wallschüttung vorgesehen. Dazu wird auf die Auflagen 1. bis 3. des Bescheides vom 13.09.2022 in Spruchpunkt I. verwiesen.
Diese lauten wie folgt:
„1. Der Brunnen ist gegen das Eindringen von oberflächennahem Sickerwasser abzusichern (z.B. Lehmschlag). Dabei ist gegen Versickerungen entlang der Schachtwand Vorsorge zu treffen.
2. Der Schachtbrunnen ist mindestens 150 cm über das bestehende Gelände (vor der Geändeabsenkung) hochzuziehen.
3. Der Brunnenschacht ist bis zum höchsten Grundwasserspiegel dicht herzustellen. Kabel- und Rohrdurchführungen sind dicht in das Schachtbauwerk einzubinden.“
Das Vorbringen, die Laufzeit des Schutzgebietes wäre nur für 30 Jahre möglich und würde eine solche von 90 Jahren einer Enteignung gleichkommen, kann nicht zum Erfolg führen. Die Festlegung der Bewilligungsdauer erfolgt amtswegig. Rechtsgrundlage dafür ist § 21 WRG 1959. In dessen Absatz 1 wird geregelt, dass bei Wasserentnahmen eine Bewilligungsdauer bis zu 90 Jahren ausgesprochen werden kann.
Auf den noch zu erlassenden Nachtragsbescheid, in dem die Entschädigung für den Beschwerdeführer festzulegen sein wird, wird hingewiesen. Mit der Entschädigung erfolgt die Abgeltung der auferlegten Wirtschaftsbeschränkungen und
– erschwernisse.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und daher eine Verhandlung nicht erforderlich ist. Eine mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache auch nicht erwarten und wurden in der Beschwerde keine Rechts- und Tatsachenfragen solcherart aufgeworfen, welche eine Durchführung erforderlich gemacht hätten. Dem Entfall der Verhandlung stehen daher weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 Grundrechtecharta entgegen. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Tat- und Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, 2014/05/0059 u.a.). Eine mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei beantragt.
Die Frage der Entschädigung ist in einem eigenen Verfahren mit Nachtragsbescheid zu erledigen.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; besondere bauliche Herstellungen; Grundwasser; Wasserschutzgebiet;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1440.001.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2023