TE Lvwg Erkenntnis 2022/12/6 LVwG-S-2517/001-2022

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Veröffentlicht am 06.12.2022
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Entscheidungsdatum

06.12.2022

Norm

WRG 1959 §38
WRG 1959 §137
  1. WRG 1959 § 38 heute
  2. WRG 1959 § 38 gültig ab 31.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  3. WRG 1959 § 38 gültig von 01.10.1997 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  4. WRG 1959 § 38 gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990
  1. WRG 1959 § 137 heute
  2. WRG 1959 § 137 gültig ab 26.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2017
  3. WRG 1959 § 137 gültig von 19.06.2013 bis 25.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2013
  4. WRG 1959 § 137 gültig von 31.03.2011 bis 18.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  5. WRG 1959 § 137 gültig von 27.07.2006 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2006
  6. WRG 1959 § 137 gültig von 22.12.2003 bis 26.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  7. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2002 bis 21.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2001
  8. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2001 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000
  9. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2001 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2000
  10. WRG 1959 § 137 gültig von 30.12.2000 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000
  11. WRG 1959 § 137 gültig von 08.07.2000 bis 29.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2000
  12. WRG 1959 § 137 gültig von 01.01.2000 bis 07.07.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/1999
  13. WRG 1959 § 137 gültig von 01.10.1997 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  14. WRG 1959 § 137 gültig von 20.06.1997 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/1997
  15. WRG 1959 § 137 gültig von 01.07.1990 bis 19.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde der A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 29. August 2022, ***, soweit es den Spruchpunkt 1. (Bestrafung wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959) betrifft, zu Recht erkannt:

I.  Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in Höhe von € 40,- zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 38 Abs. 1, 137 Abs. 1 Z 16 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959,

BGBI. Nr. 215/1959 i.d.F. BGBl I Nr. 73/2018)

§§ 5 Abs. 1, 19, 25 Abs. 2, 45, 64 Abs. 1 und 2 VStG

(Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBI. Nr. 52/1991 i.d.g.F.)

§§ 32, 33 und 34 StGB (Strafgesetzbuch, BGBI. Nr. 60/1974 i.d.g.F.)

§§ 27, 44 Abs. 1 bis 3, 50, 52 Abs. 1 und 2 VwGVG

(Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBI. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBI. Nr. 1/1930 i.d.g.F)

Zahlungshinweis:

Der von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Erkenntnis zu zahlende Betrag (Strafe/Kosten) beträgt € 260,- und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe

1.   Sachverhalt

1.1. Mit dem Straferkenntnis vom 29. August 2022, ***, wurde A (in der Folge: die Beschwerdeführerin) von der Bezirkshauptmannschaft Mödling (in der Folge: die belangte Behörde) folgendermaßen bestraft:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Tatbeschreibung:

1.   Sie haben auf Ihrem Grundstück Nr. ***, inneliegend der Liegenschaft EZ *** Grundbuch der Katastralgemeinde ***, Baurestmassen, zum Großteil bestehend aus Ziegel- und Betonbruch, Betonsteinen, Holz-, Styropor- und Kunststoffteilen sowie Bewehrungseisen, sowie in den Gewässerverlauf der ***, Grundstück Nr. ***, inneliegend der Liegenschaft EZ *** Grundbuch der Katastralgemeinde ***, Teile der Baurestmassen, insbesondere Ziegel- und Betonbruch ohne wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 38 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 abgelagert, obwohl für die Errichtung besonderer baulicher Herstellungen innerhalb der Grenzen des 30-jährigen Hochwasserabflusses fließender Gewässer, nämlich der ***, eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen ist.

Am 02.06.2021 wurde im Zuge eines Lokalaugenscheins durch einen Vertreter des Fachgebiets Anlagenrechts, Bezirkshauptmannschaft Mödling, gegenständliche Aufschüttung wahrgenommen.

2.   Sie haben auf Ihrem Grundstück Nr. ***, inneliegend der Liegenschaft EZ *** Grundbuch der Katastralgemeinde ***, Baurestmassen, zum Großteil bestehend aus Ziegel- und Betonbruch, Betonsteinen, Holz-, Styropor- und Kunststoffteilen sowie Bewehrungseisen, sowie in den Gewässerverlauf der ***, Grundstück Nr. ***, inneliegend der Liegenschaft EZ *** Grundbuch der Katastralgemeinde ***, Teile der Baurestmassen, insbesondere Ziegel- und Betonbruch und damit nicht gefährliche Abfälle abgelagert, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.

Am 02.06.2021 wurde im Zuge eines Lokalaugenscheins durch einen Vertreter des Fachgebiets Anlagenrechts, Bezirkshauptmannschaft Mödling, gegenständliche Ablagerung wahrgenommen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 137 Abs. 1 Z 16 i.V.m. § 38 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959,

BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 73/2018

zu 2. § 79 Abs. 2 Z 3 i.V.m. § 15 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002,

BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 8/2021

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von  falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafen von

zu 1. € 200,00  19 Stunden    § 137 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz

                                                               1959 – WRG 1959, BGBl. Nr.

                                                               215/1959 idF BGBl. I Nr. 73/2018

zu 2. € 480,00  19 Stunden    § 79 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz

2002 – AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 8/2021

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro      €        68,00

Gesamtbetrag:  €                748,00“

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin des Grundstücks Nr. ***, KG ***, ist; im Zusammenhang mit dem Abbruch einer Stützmauer aufgrund eines behördlichen Auftrages kam Schüttmaterial, bestehend aus Baurestmassen, zu Tage. Diese Anschüttungen erfolgten innerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches (bzw. gelangten teilweise in den „Gewässerbereich“) der ***. Eine wasserrechtliche Bewilligung für diese Anlage lag nicht vor. Hinsichtlich des Verschuldens der Beschwerdeführerin ging die belangte Behörde von Fahrlässigkeit aus; in Bezug auf die Strafbemessung legte sie ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von € 1.500, die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie da Nichtvorliegen von erschwerenden Umständen zugrunde.

1.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit dem Begehren um Nachsicht bzw. Milderung der Strafe aufgrund der Kostenbelastung für die not-wendigen Sanierungsarbeiten und da die Beschwerdeführerin alleinerziehend sei.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde weder von der Beschwerde-führerin (trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung) noch von der belangten Behörde anlässlich der Beschwerdevorlage begehrt.

1.3. Aufgrund der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich in der maßgeblichen Fassung sind unterschiedliche Richter für Angelegenheiten des Wasserrechtsgesetzes und des Abfallwirtschaftsgesetzes zuständig. Die gegenständliche Entscheidung bezieht sich daher lediglich auf den Spruchunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses samt darauf bezüglicher Kostenentscheidung.

1.4. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. hat der dafür zuständige Richter eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Zuge die Beschwerdeführerin Nachweise über die Entsorgung von Baurestmassen im Ausmaß mehrerer LKW-Fuhren vorgelegt und schließlich ihre Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 2. zurückgezogen hat. Das Beschwerdeverfahren wurde in der Folge in diesem Umfang eingestellt.

1.5. Das Gericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

Die bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführerin hat die ihr im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Tathandlung in der Verschuldensform der Fahrlässigkeit gesetzt. Es handelt sich bei den im Hochwasserabflussbereich der *** abgelagerten Materialien um keine bloß geringfügige Menge, sondern um mehrere Kubikmeter Baurestmassen (mehrere LKW-Fuhren). Die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin stellen sich nicht ungünstiger dar, als von der belangten Behörde angenommen (Nettoeinkom-men von € 1.500,- pro Monat). Weiterer Feststellungen zu den von der Beschwerde-führerin nicht näher ausgeführten Sorgepflichten bzw. den Entsorgungskosten erübrigen sich, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird.

2.   Beweiswürdigung

Diese Feststellungen beruhen auf den unbedenklichen Akten der belangten Behörde sowie des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zu den GZ LVwG-S-2517-2022 und LVwG-S-2518-2022.

3.   Rechtliche Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

3.1.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 38. (1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(…)

§ 137. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 2, 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 3 630 € zu bestrafen, wer

        (…)

  1. 16.
    ohne wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß §§ 31a oder 31c bewilligungspflichtige Maßnahme setzt oder eine bewilligungspflichtige Anlage errichtet oder betreibt, nach § 38 bewilligungspflichtige besondere bauliche Herstellungen vornimmt, eine nach § 40 bewilligungspflichtige Entwässerungsanlage errichtet oder betreibt, nach § 41 Abs. 1 oder 2 bewilligungspflichtige Schutz- oder Regulierungswasserbauten errichtet, eine nach § 50 Abs. 8 bewilligungspflichtige Räumung oder Spülung von Kanälen, Stauräumen, Ausgleichsbecken oder ähnliche Maßnahmen vornimmt oder nach § 56 bewilligungspflichtige vorübergehende Eingriffe in den Wasserhaushalt vornimmt;

        (…)

VStG

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(…)

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 25. (…)

(2) Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

(…)

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

      1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

      2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

      3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

      4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

      5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

      6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(2) Wird die Einstellung verfügt, so genügt ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, daß einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wußte.

§ 64. (1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(…)

StGB

§ 32. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

(2) Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

(3) Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

§ 33. (1) Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1.   mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat;

2.   schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist;

3.   einen anderen zur strafbaren Handlung verführt hat;

4.   der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist;

5.   aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen, insbesondere solchen, die sich gegen eine der in § 283 Abs. 1 Z 1 genannten Gruppen von Personen oder ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe richten, gehandelt hat;

6.   heimtückisch, grausam oder in einer für das Opfer qualvollen Weise gehandelt hat;

7.   bei Begehung der Tat die Wehr- oder Hilflosigkeit eines anderen ausgenützt hat;

8.   die Tat unter Missbrauch der personenbezogenen Daten einer anderen Person begangen hat, um das Vertrauen eines Dritten zu gewinnen, wodurch dem rechtmäßigen Identitätseigentümer ein Schaden zugefügt wird.

(2) Ein Erschwerungsgrund ist es außer in den Fällen des § 39a Abs. 1 auch, wenn ein volljähriger Täter vorsätzlich eine strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen eine unmündige Person oder für diese wahrnehmbar gegen eine ihr nahestehende Person begangen hat.

(3) Ein Erschwerungsgrund ist es ferner auch, wenn der Täter vorsätzlich eine strafbare Handlung nach dem ersten bis dritten oder zehnten Abschnitt des Besonderen Teils,

1.   gegen eine Angehörige oder einen Angehörigen (§ 72), einschließlich einer früheren Ehefrau, eingetragenen Partnerin oder Lebensgefährtin oder eines früheren Ehemanns, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten, als mit dem Opfer zusammenlebende Person oder eine ihre Autoritätsstellung missbrauchende Person;

2.   gegen eine aufgrund besonderer Umstände schutzbedürftige Person unter Ausnützung deren besonderer Schutzbedürftigkeit;

3.   unter Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt oder nachdem der Tat eine solche Gewaltanwendung vorausgegangen ist;

4.   unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe

begangen hat.

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1.   die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

2.   bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;

3.   die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;

4.   die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat;

5.   sich lediglich dadurch strafbar gemacht hat, daß er es in einem Fall, in dem das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, unterlassen hat, den Erfolg abzuwenden;

6.   an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt war;

7.   die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen hat;

8.   sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen;

9.   die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat;

10.  durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist;

11.  die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen;

12.  die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird;

13.  trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist;

14.  sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist;

15.  sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern;

16.  sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, daß er unentdeckt bleiben werde;

17.  ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

18.  die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat;

19.  dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.

(2) Ein Milderungsgrund ist es auch, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.

VwGVG

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

  1. 1.
    in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
  2. 2.
    sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
  3. 3.
    im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
  4. 4.
    sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(…)

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses hat überdies zu enthalten:

      1. im Fall der Verhängung einer Strafe die vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten;

      2. im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe.

(3) Jedes Erkenntnis hat einen Hinweis auf die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu enthalten.

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Artikel 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

3.2.     Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdeführerin unter anderem wegen konsensloser Errichtung einer Anlage im 30-jährlichen Hochwasserflussgebiet der *** bestraft. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Tat nicht, sondern wendet sich in ihrem Rechtsmittel dabei ausschließlich gegen die Strafe. Damit ist die Bestrafung dem Grunde nach (betreffend die Schuld) in Rechtskraft erwachsen und vom Gericht nicht mehr zu überprüfen (vgl. zB VwGH 21.10.2022, Ra 2022/09/0043). Das Gericht hat damit vom Vorliegen der von der belangten Behörde angenommenen Übertretung und der dafür maßgeblichen Sachverhalts-feststellungen auszugehen.

3.2.2. Zu prüfen ist daher lediglich, ob die verhängte Geldstrafe (in dieser Höhe) samt Ersatzfreiheitsstrafe berechtigt war.

Zunächst ist vorauszuschicken, dass ein Absehen von der Verhängung einer Strafe in Hinblick auf die Bedeutung des durch die maßgebliche Bestimmung des § 38 WRG 1959 geschützten Rechtsgutes (die Vermeidung von Hochwassergefahren) und dessen nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung (dies angesichts der Ablagerung von Materialien im Ausmaß von mehreren Kubikmetern) unter Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht in Betracht käme. Freilich hat die Beschwerdeführerin das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ohnedies gar nicht geltend gemacht, beruft sie sich mit ihrem Begehren auf Nachsicht bzw. Strafminderung doch ausschließlich auf ihre persönlichen Verhältnisse bzw. die mit der Beseitigung der inkriminierten Ablagerungen verbundenen Kosten. Dies kann jedoch von vornherein ein Absehen von der Verhängung einer Geldstrafe nicht begründen, ist deren Verhängung doch selbst bei völlig mittellosen Personen zulässig (zB VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027)

3.2.3. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde den in Betracht kommenden Strafrahmen gerade einmal zu etwa 5,5 % ausgeschöpft. Aufgrund der Bedeutung des geschützten Rechtsgutes, der nicht bloß geringfügigen Beeinträchtigung desselben und unter Berücksichtigung des Verschuldensgrades der Fahrlässigkeit kann das Gericht nicht finden, dass die verhängte Bestrafung überhöht war, auch wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin neben dem von der belangten Behörde anerkannten Milderungsgrund der Unbescholtenheit eine Belastung der Beschwerdeführerin mit (von ihr nicht näher spezifizierten) Sorgepflichten in Rechnung stellt. Da die verhängte Geldstrafe nach Auffassung des Gerichtes auch bei ungünstigen persönlichen Verhältnissen noch gerechtfertigt wäre, brauchten auch diesbezüglich keine näheren Nachforschungen mehr angestellt zu werden. Auch rechtfertigen die Kosten der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes keine Herabsetzung der ohnedies im unteren Bereich des Strafrahmens angesiedelten Geldstrafe. Daran ändert es auch nichts, dass die Beschwerdeführerin – wenigstens ihrer Behauptung zur Folge – mittlerweile den gesetzmäßigen Zustand hergestellt hat (vgl VwGH 29.02.2012, 2008/10/0339 betr. Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Bewilligungserwerb).

3.2.4. Zusammenfassend ergibt sich also, dass die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe sowie die dazu proportionale Ersatzfreiheitsstrafe mit den Strafzumessungsregeln des § 19 VStG im Einklang stehen.

3.2.5. Daraus folgt, dass der Beschwerde (hinsichtlich des entscheidungs-gegenständlichen Spruchpunktes 1.) kein Erfolg beschieden sein konnte. Sie war daher abzuweisen, sodass auch die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG zum Tragen kommen, wonach der Beschwerdeführer im Bestätigungsfall einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 20 % der verhängten Strafe zu leisten hat.

3.2.6. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche von keiner Seite beantragt wurde, konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 und 3 VwGVG Abstand genommen werden.

3.2.7. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, ging es doch um die Anwendung einer klaren und eindeutigen bzw. durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärten Rechtslage in Bezug auf die Strafzumessung im Einzelfall. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) war daher gegen dieses Erkenntnis nicht zuzulassen.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Verwaltungsstrafe; Ablagerung; Baurestmasse; Hochwasserabfluss;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.2517.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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