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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, vom 9. November 1994, Zl. IIc/6702 B/16259/MÜ, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 15. Juli 1994 beim Arbeitsamt Angestellte in Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den bulgarischen Staatsangehörigen S.I. als "Verkaufshelfer".
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 26. Juli 1994 gemäß § 4 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Verkaufshelfer Arbeitssuchende vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt spreche daher gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Regionalbeirat habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Da das Ermittlungsverfahren auch keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen ergeben habe, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, seine Firma liege im 21. Wiener Gemeindebezirk und damit im Einzugsgebiet osteuropäischer Kunden. Daher sei zur Durchführung von Verkaufsgesprächen eine männliche Verkaufskraft mit Vorkenntnissen in der Automobilbranche, die einige Fremdsprachen sowie Deutsch spreche, dringend nötig. S. I. sei für diese Stelle bestens geeignet, da er neben seiner Muttersprache Bulgarisch, auch Russisch, Serbokroatisch, Tschechisch sowie Deutsch spreche und KFZ-Kenntnisse vorweisen könne. Er sei aber auch gerne dazu bereit, eine andere Verkaufskraft unter diesen Voraussetzungen zu beschäftigen.
Im Berufungsverfahren erteilte der Beschwerdeführer einen Auftrag zur Vermittlung einer "Verkaufskraft mit KFZ-Kenntnissen" mit folgender Arbeitsplatzbeschreibung:
"Ausbildung als KFZ-Mechaniker; Hilfe im Verkauf/Einkauf, KFZ-Kenntnisse (auch technisch), Fremdsprachen: Bulgarisch, Russisch, Serbokroatisch, Tschechisch, Deutsch, KFZ-Wartung-Serviceleistungen; Dienstzeit 9.00 Uhr bis
12.30 Uhr, 15.00 Uhr bis 18.30 Uhr, Samstag 9.00 Uhr bis
12.30 Uhr; Alter 18 bis 22 Jahre; Zusatzerfordernisse:
Führerschein, eigener Pkw, flexibel betreffend Arbeitszeit, bereit zu Dienstreisen".
Im Rahmen des Parteiengehörs setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. September 1994 von der "Tendenz der Überschreitung der Landeshöchstzahlen in Wien" samt entsprechender Statistik und den daraus resultierenden Erteilungsvoraussetzungen im Überziehungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG in Kenntnis und teilte dem Beschwerdeführer mit, für die Einstellung einer Ersatzarbeitskraft keine KFZ-Mechanikerausbildung verlangen zu dürfen, da S. I. als "Helfer" beantragt worden sei. Weiters ersuchte die belangte Behörde um Aufklärung mittels Vorlage von entsprechenden Geschäftsunterlagen, wozu eine derartige "Allroundkraft mit inzwischen fünf Fremdsprachen" gewünscht werde. Hinsichtlich der gewünschten flexiblen Dienstzeit behielt sich die belangte Behörde die Überprüfung der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften vor, da in Österreich bekanntlich Dienst auf Abruf nicht erlaubt sei.
In seinem Antwortschreiben wiederholte der Beschwerdeführer seinen Bedarf nach einer Arbeitskraft mit diesen Sprachkenntnissen "zur Verkaufsunterstützung" und erwiderte, daß er mit der flexiblen Arbeitszeit lediglich darauf aufmerksam habe machen wollen, daß es vorkommen könne, daß manche Kundengespräche nach Arbeitsschluß weitergeführt müßten. Als Nachweis seiner Geschäfte mit Ausländern könne er entsprechende Kaufverträge übersenden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. November 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 4 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG keine Folge.
Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellte die belangte Behörde fest, die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien sei für 1994 mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. November 1993, BGBl. Nr. 794/1993, auf 91.000 gesenkt worden. Hinsichtlich des Umstandes der Überschreitung der Landeshöchstzahl sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales keine Änderung eingetreten. Somit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung jedenfalls sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Es bestehe der Eindruck, daß das Anforderungsprofil auf S. I. zugeschnitten sei. Zum Berufsbild eines Verkaufshelfers gehörten weder die Wartung eines Kraftfahrzeuges noch Fremdsprachenkenntnisse. Aufgekommene Zweifel hinsichtlich der Arbeitszeit hätten nicht beseitigt werden können. Vor allem jedoch habe der Bedarf an einem Beschäftigten mit fünf Fremdsprachen nicht nachgewiesen werden können. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für S. I. zu begründen. Da außerdem weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt, noch in der Berufung vorgebracht worden seien, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für S. I. verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Antrages des Beschwerdeführers auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und des § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon das Zutreffen auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
§ 4 Abs. 6 AuslBG hat (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) folgenden Wortlaut:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Auslnders frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Der Beschwerdeführer hat weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung seines Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat behauptet, noch hat er die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme der Überschreitung der für 1994 festgesetzten Landeshöchstzahl bestritten.
Die belangte Behörde ist daher im Beschwerdefall zu Recht vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen. Damit wäre es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren hätten maßgebend sein können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 94/09/0081, und die dort angeführte Vorjudikatur). Im Rahmen des Parteiengehörs war er von der belangten Behörde auch ausdrücklich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht worden.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, durch die Formulierung des § 4 Abs. 6 AuslBG werde der entscheidenden Behörde vom Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, "auf besondere betriebliche Voraussetzungen und Erfordernisse hinsichtlich der Einstellung von ausländischen Arbeitskräften Bedacht zu nehmen", stellt dieser Hinweis auf einzelbetriebliche ("firmeninterne") Verhältnisse für sich kein taugliches Vorbringen im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 (besonders wichtiger Grund) und Z. 3 AuslBG (Erfordernis durch öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen) dar, zumal diese Voraussetzungen nur dann erfüllt sind, wenn an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein QUALIFIZIERTES Interesse besteht, das ÜBER das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht (ständige Rechsprechung beginnend mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1988, Slg. 12.798/A; siehe z.B. die Erkenntnisse vom 15. September 1994, 93/09/0330 und 93/09/0318, vom 21. September 1995, 94/09/0379, sowie zum grundsätzlich sehr hoch angesetzten Kalkül der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 AuslBG auch das Erkenntnis zum 21. April 1994, 94/09/0001).
Die Beschwerde vermag somit auf der Grundlage des § 4 Abs. 6 AuslBG keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß es einer weiteren Erörterung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG (und des dazu allenfalls überzogenen Anforderungsprofils) bedurfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090367.X00Im RIS seit
20.11.2000