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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GrEStG 1987 §11 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell über die Beschwerde des S in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 2. März 1995, Zl. 60.226-6/95, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Wohnungseigentumsvertrag vom 28. Juni 1993 vereinbarten der Beschwerdeführer und H (die damals eine Heirat beabsichtigten) mit der P-GesmbH den Kauf von 91/1434 Anteilen bzw. 7/1434 Anteilen an der Liegenschaft EZ 1702 GB 82114 X, je zur Hälfte, wobei mit diesen Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 5 und am Garagenplatz Top TG 5 verbunden sein sollte. Der Kaufpreis betrug S 1,908.000,--. Die Käufer verpflichteten sich auch zur Tragung der Vertragserrichtungskosten.
Auf Grund einer entsprechenden Abgabenerklärung vom 6. Juli 1993 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im folgenden kurz: Finanzamt) mit Bescheid vom 9. August 1993 dem Beschwerdeführer (ausgehend vom halben Kaufpreis und den halben Vertragserrichtungskosten) Grunderwerbsteuer im Ausmaß von S 33.691,-- vor. Ein ebensolcher Bescheid erging an H.
Am 22. Oktober 1993 richtete der Rechtsfreund des Beschwerdeführers an das Finanzamt folgendes Schreiben:
"In der Kaufvertragssache zwischen der Firma P-Gesellschaft m. b.H. sowie Herrn S bringe ich die Veräußerungsanzeige zur Änderungsurkunde zur Vorlage. Gleichzeitig stelle ich die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu 111/4104 - 111/4112 in der Beilage im Original zurück und bitte die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer für Frau H zu stornieren und den frei werdenden Betrag auf den nunmehrigen Erwerber, Herrn S, zu verrechnen und mir sodann eine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung zukommen zu lassen."
Beigeschlossen war diesem Schreiben eine vom Beschwerdeführer, H und der Verkäuferin unterfertigte "Änderungsurkunde" die folgenden Wortlaut hat:
" ÄNDERUNGSURKUNDE
errichtet zwischen der Firma P-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in A, Herrn S in X und Frau H, ebendort, wie folgt.
§ 1
Vertragsvoraussetzung
Herr S und Frau H haben von der Firma P-Gesellschaft m.b.H. mit Vertrag vom 28.6./1.7.1993 eine Eigentumswohnung samt Tiefgaragenplatz erworben. Indessen wurde diese Eigentumswohnung im Grundbuch bereits gebildet und handelt es sich um 91/1434-tel ideellen Anteile, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Wohnung Top 5 sowie um 7/1434-tel ideellen Anteile, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Tiefgarage Top TG 5.
Beim Erwerb der Wohung gingen die gemeinsamen Erwerber davon aus, daß durch eine Heirat der gemeinsame Erwerb möglich sein wird. Eine Heirat unterbleibt jedoch, sodaß sich folgende Erledigungen ergeben.
§ 2
Vertragsaufhebung
Der Kaufvertrag vom 28.6./1.7.1993, soweit er zwischen der Firma P-Ges mbH und Frau H abgeschlossen wurde, wird hiemit einvernehmlich aufgehoben.
§ 3
Neuer Kauf
Die durch das Ausscheiden der Frau H frei gewordenen Anteile der oben angeführten Eigentumswohnung samt Tiefgarage werden nun von Herrn S erworben.
Er ist damit der alleinige Erwerber der Wohnung.
§ 4
Vertragsbedingungen
Alle Vertragsbedingungen des Wohnungseigentumsvertrages vom 28.6./1.7.1993 dehnen sich selbstverständlich nun auf den gesamten Erwerb des Herrn S aus, während umgekehrt Frau H natürlich entlastet wird.
§ 5
Aufsandung
Die Firma P-Gesellschaft m.b.H., Herr S und Frau H erteilen sohin ihre ausdrückliche Einwilligung, daß auf Grund dieser Urkunde ob den 91/1434-tel Anteilen, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Wohnung Top 5 sowie den 7/1434-tel Anteilen, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Tiefgarage Top TG 5, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für S bewilligt wird.
K, am 6.10.1993
Urkund dessen, der Firma P-Gesellschaft m.b.H. firmenmäßige und beglaubigte sowie des Herrn S und der Frau H je beglaubigte Fertigung."
Außerdem legte der Beschwerdeführer dem Finanzamt eine auf die Änderungsurkunde Bezug nehmende Abgabenerklärung vom 22. Oktober 1993 vor, die als Gegenleistung einen Betrag von S 954.000,-- nennt.
Mit Bescheid vom 21. Februar 1994 schrieb daraufhin das Finanzamt dem Beschwerdeführer ausgehend von der Änderungsurkunde (Gegenleistung S 962.586,--; offenbar auch beinhaltend die halben Vertragserrichtungskosten) Grunderwerbsteuer im Ausmaß von S 33.691,-- vor.
Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit dem Argument, der ursprüngliche Vertrag sei zufolge des Unterbleibens der Heirat nicht durchführbar gewesen, sodaß Grunderwerbsteuer nicht anfallen habe können. Die Änderungsurkunde beinhalte keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und H, sondern sei die Rechtsbeziehung zwischen H und der Verkäuferin wegen rechtlicher Unmöglichkeit gelöst worden und habe der Beschwerdeführer von der Verkäuferin erworben. Der angefochtene Bescheid sei "eine Konstruktion zu Lasten des Bürgers".
Auch in seinem, gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung vom 16. August 1994 rechtzeitig erhobenen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, der ursprüngliche Wohnungseigentumsvertrag sei nur unter der Bedingung der Eheschließung zwischen dem Beschwerdeführer und H geschlossen worden. Die Grunderwerbsteuer müsse daher zurückerstattet werden. Ausdrücklich wies der Beschwerdeführer aber darauf hin, daß er "so oder so Käufer ist". Da er als Nichtverheirateter einen halben Mindestanteil nicht erwerben habe können, sei es "ausschließlich in der Überlegung der P-GesmbH gelegen gewesen, ob sie den zweiten Teil an Herrn S verkauft oder die gesamte Wohnung an jemanden anderen, weil der ursprüngliche Kaufvertrag ja ohnehin nicht mehr gültig war".
Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme der Verkäuferin insbesondere zur Frage ein, ob Anhaltspunkte dafür vorgelegen seien, daß beide Käufer (also auch der Beschwerdeführer) vom Vertrag zurückgetreten seien und ob die Verkäuferin die Möglichkeit gehabt hätte, auch von der Verpflichtung gegenüber dem Beschwerdeführer abzugehen und an eine dritte Person zu veräußern.
Die Verkäuferin antwortete dazu mit Schreiben vom 7. Februar 1995 wie folgt:
"Bezüglich Ihres Schreibens teilen wir mit, daß wir über den Änderungswunsch des Grundkaufvertrages S-H lediglich durch das Schreiben (siehe Anlage) des Dr. R informiert wurden, und keine anderweitigen Absprachen bzw. Schriftverkehr bestanden haben."
Das in diesem Brief zitierte Schreiben des Rechtsfreundes des Beschwerdeführers vom 29. September 1993 hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Von den Herrschaften S und H werde ich davon verständigt, daß eine Heirat derzeit nicht vorgesehen ist und daher der Erwerb der Wohnung nach außen hin durch Herrn S alleine erfolgen soll. Ich habe eine entsprechende Änderungsurkunde vorbereitet und darf Sie bitten, diese firmenmäßig beglaubigt zu unterfertigen und sodann an mich zur weiteren Veranlassung wieder zurückzuleiten."
Daraufhin wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und vertrat dazu die Auffassung, der ursprüngliche Wohnungseigentumsvertrag sei ein gültiger Erwerbstitel iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 gewesen, der Beschwerdeführer habe sodann im Wege der Änderungsurkunde abtretungsweise den obligatorischen Erwerbsanspruch der H erworben und sei dadurch der Erwerbstatbestand nach § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG erfüllt worden. Ein Rückgängigmachen des Erwerbsvorganges iS des § 11 GrEStG habe nicht stattgefunden. Die Verkäuferin habe keine Möglichkeit gehabt, nach ihrer Wahl das Kaufobjekt auch an einen Dritten zu veräußern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer formulierte über hg. Verbesserungsauftrag vom 11. Mai 1995 den Beschwerdepunkt wie folgt:
"Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht gemäß § 11 Grunderwerbsteuergesetz auf Nichtfestsetzung oder Abänderung einer zunächst vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer verletzt, und zwar dadurch, daß eine innerhalb der an der angeführten Gesetzesstelle angeführten Frist erfolgte Vertragsaufhebung nicht als solche anerkannt wird. Darüberhinaus erachtet sich der Beschwerdeführer durch eine nicht entprechende Anwendung der Bestimmungen der §§ 166 bis 184 der Bundesabgabenordnung verletzt. Die Behörde hat in einem unvollständig durchgeführten Verfahren darüberhinaus noch durch das Verfahrensergebnis nicht gedeckte Feststellung getroffen, insbesondere in der Richtung, daß die Aufhebungsurkunde keine Aufhebung, sondern eine Abtretung von Rechten wäre."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger hg. Judikatur ist die gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vorzunehmende Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht Selbstzweck sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt ist, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 94/15/0078, sowei vom 24. März 1994, Zl. 94/16/0001, sowie die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 242, referierte hg. Judikatur).
Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.
Da sich der Beschwerdeführer nach dem Inhalt seiner, keiner weiteren Auslegung mehr zugänglichen Formulierung des Beschwerdepunktes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Slg. N.F. Nr. 11.283/A uva) nur dadurch beschwert erachtet, daß die belangte Behörde in der Änderungsurkunde keine Vertragsaufhebung erblickte, ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die vorliegenden Urkunden auch nicht andeutungsweise erkennen lassen, daß die ZWISCHEN DEM BESCHWERDEFÜHRER UND DER VERKÄUFERIN getroffene Vereinbarung jemals aufgehoben worden wäre, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem aus § 11 GrEStG ableitbaren subjektiven öffentlichen Recht nicht verletzt werden konnte. Aufgelöst wurde nämlich nicht die Vertragsbeziehung zwischen dem Beschwerdeführer und der Verkäuferin sondern die vertragliche Bindung der H, deren Antrag auf "Stornierung" der Grunderwerbsteuer vom Finanzamt im übrigen mit Bescheid vom 23. Februar 1994 abweislich entschieden wurde, welche Entscheidung - soweit aus den Verwaltungsakten ersichtlich - unbekämpft blieb.
Mit Rücksicht darauf, daß der vom Beschwerdeführer mit der Verkäuferin geschlossene Vertrag nicht gelöst wurde und daß die hier beschwerdegegenständliche Grunderwerbsteuervorschreibung auf Basis der vom Beschwerdeführer vorgelegten Änderungsurkunde vorgenommen wurde, aus der sich lediglich der zusätzliche Erwerb der zweiten Hälfte des Kaufobjektes ergibt, war jede weitere Auseinandersetzung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen entbehrlich.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die einfache Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995160126.X00Im RIS seit
20.11.2000