Norm
DSG §1 Abs1Text
GZ: 2020-0.677.015 vom 11. November 2020 (Verfahrenszahl: DSB-D213.1117)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Der Text dieses Bescheides wird ohne Pseudonymisierung vollständig veröffentlicht. Aus dem Zusammenhang und den zitierten Rechtsvorschriften geht eindeutig hervor, an welches Staatsorgan (Bundesminister) sich der Bescheid richtet. Eine sinnvolle und sinnerhaltende Pseudonymisierung in dieser gemäß § 23 Abs. 2 DSG zu veröffentlichenden Entscheidung war daher nicht möglich.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet im amtswegigen Prüfverfahren gegen den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wie folgt:
- Die Datenschutzbehörde spricht eine Warnung dahingehend aus, dass die beabsichtigten Verarbeitungsvorgänge im Rahmen des „Elektronischen Impfpasses“ (5. Abschnitt, 2. Unterabschnitt GTelG 2012, BGBl. I Nr. 111/2012 idF BGBl. I Nr. 115/2020) voraussichtlich gegen die DSGVO verstoßen.
Rechtsgrundlagen: Art. 4 Z 7, Art. 5, Art. 6, Art. 9, Art. 23, Art. 57 Abs. 1 lit. h und Art. 58 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; §§ 1 und 22 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRC), ABl. Nr. C 202 vom 7.6.2016, S. 389.
BEGRÜNDUNG
A. Verfahrensgang
1. Die Datenschutzbehörde hat den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 (im Folgenden: GTelG 2012 oder Novelle) geändert wird (zwischenzeitig kundgemacht durch BGBl. I Nr. 115/2020) sowie die mündlichen Stellungnahmen der informierten Vertreter des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (im Folgenden: BMSGPK) in der Sitzung des Datenschutzrates am 14. Juli 2020 zum Anlass genommen, ein amtswegiges Prüfverfahren gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. h iVm Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO iVm § 22 Abs. 1 DSG in Bezug auf die geplante Einführung des „Elektronischen Impfpasses“ einzuleiten.
2. Mit Schreiben vom 27. Juli 2020 wurde das BMSGPK zur Beantwortung zahlreicher Fragen im Hinblick auf den technischen Prozess der Anwendung „Elektronischer Impfpass“ sowie den damit korrespondierenden datenschutzrechtlichen Implikationen, aufgefordert.
3. Mit Stellungnahme vom 28. August 2020 teilte das BMSGPK mit, dass nicht das Bundesministerium, sondern der Bundesminister Verantwortlicher der Datenverarbeitung sei. Darüber hinaus erscheine der Prüfungsgegenstand der Datenschutzbehörde unklar, da die Novelle zur Regelung der überprüften Datenverarbeitung noch nicht in Kraft getreten sei und zusätzlich noch einer Durchführungsverordnung bedürfe, die ebenso nicht in Kraft getreten sei. Es folgten Ausführungen zur „Involvierung der DSB im bisherigen Gesetzgebungsprozess“ sowie zur „Kontrolltätigkeit der DSB im gegenständlichen Fall“. Darüber hinaus wurde auf die Erläuterungen zur Novelle sowie die durchgeführte Datenschutz-Folgeabschätzung mit dem Hinweis auf die verfassungsrechtlich gebotene Effizienz hingewiesen, weshalb die seitens der Datenschutzbehörde aufgeworfen Fragen, jeweils unter Hinweis auf ergänzenden Ausführungen in den Erläuterungen, beantwortet wurden. Der Stellungnahme angeschlossen war die Stellungnahme der ELGA GmbH zum technischen Prozess der Anwendung, die Erläuterungen zur verfahrensgegenständlichen Regierungsvorlage sowie ein als „Anhang“ bezeichnetes Dokument betreffend die „Stellungnahme der DSB vom 17.01.2020 zum Begutachtungsentwurf und deren Berücksichtigung in der Regierungsvorlage“.
4. Mit Schreiben vom 7. September 2020 forderte die Datenschutzbehörde nun den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (im Folgenden: Bundesminister), der im Vollbetrieb für die Betreibung des Elektronischen Impfpasses als datenschutzrechtlich Verantwortlicher bezeichnet wird (§ 24c Abs. 1 der Novelle) auf, datenschutzrechtliche Fragen, die sich aus der Novelle ergeben, zu beantworten.
5. Dieser Aufforderung kam der Bundesminister mit Schreiben datiert vom 13. Oktober 2020 (eingelangt am 16. Oktober 2020) nach. Darin führte dieser im Wesentlichen aus, dass an seiner Stellung als datenschutzrechtlich Verantwortlicher kein Zweifel bestehen könne, da er nicht nur mit der Vollziehung des Gesetzes betraut sei und die Anwendung finanziere, sondern auch das Instrument für die Datenverarbeitung bereitstelle. Er sei daher gemeinsamer Verantwortlicher mit den Gesundheitsdiensteanbietern. Zwar könnten auch Bürger selbstständig Eintragungen in den Elektronischen Impfpass vornehmen, dies würde jedoch zu keiner diesbezüglichen datenschutzrechtlichen Verantwortung führen und sei dies von der Haushaltsausnahme im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO erfasst. Die Eintragung durch den Bürger diene der Dokumentation der Impfungen für den Bürger, habe keinen beruflichen oder wirtschaftlichen Konnex und würde im Übrigen keine Rechtswirkung nach außen entfalten. Bezüglich der Nutzung von ELGA-Komponenten und der speziellen Zugriffsberechtigungen nach § 24f der Novelle führte der Bundesminister aus, dass die Zugriffsberechtigten im Gesetz abschließend aufgezählt seien und diese gleichsam Empfänger im Sinne des Art. 4 Z 9 DSGVO seien. Entsprechend der Systematik des GTelG 2012 werde im Gesetzestext jedoch nicht die Verantwortlichkeit für die Erhebung und (Weiter-)Verarbeitung aus dem zentralen Impfregister festgeschrieben, weil die lokale Verarbeitung von Gesundheitsdaten und genetischen Daten nicht in den Anwendungsbereich des GTelG 2012 falle und die Benennung der Verantwortlichkeit für die Erhebung und Weiterverarbeitung daher zu unterbleiben hatte. Schließlich ergebe sich die Nichtanwendung zahlreicher Betroffenenrechte direkt und unmittelbar aus der DSGVO und würden Ausführungen dazu, wo allfällige Betroffenenrechte konkret geltend gemacht werden könnten, noch durch eine Verordnung betreffend die gemeinsame Verantwortlichkeit festgelegt werden.
B. Prüfgegenstand
Zu überprüfen ist, ob die beabsichtigten Datenverarbeitungsprozesse im Rahmen des Elektronischen Impfasses, eingefügt durch die Novelle des GTelG 2012 BGBl. I Nr. 115/2020, voraussichtlich den Vorgaben der DSGVO entsprechen oder nicht.
Anzuführen ist diesbezüglich, dass die betreffenden Bestimmungen zwar zwischenzeitlich im BGBl. kundgemacht wurden, jedoch der elektronische Impfpass selbst – wie sich aus § 27 Abs. 17 iVm § 28 Abs. 2a Z 2 lit. c GTelG 2012 ergibt – noch nicht in den Vollbetrieb übergegangen ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen / in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmungen
Mit BGBl. I Nr. 115/2020 wurde das GTelG 2012 u.a. dergestalt geändert, dass ein neuer 5. Abschnitt „5. Abschnitt: eHealth-Anwendungen“ eingefügt wurde. In einem 2. Unterabschnitt wurden Bestimmungen betreffend „Elektronischer Impfpass“ eingefügt.
Die Bestimmungen betreffend den Elektronischen Impfpass lauten wie folgt:
2. Unterabschnitt
Elektronischer Impfpass
Ziele des Elektronischen Impfpasses
§ 24b. Die Verwendung des Elektronischen Impfpasses erfüllt ein erhebliches öffentliches Interesse gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g bis j DSGVO. Dieses erhebliche öffentliche Interesse ergibt sich insbesondere aus:
1. der Optimierung der Impfversorgung der Bevölkerung, vor allem durch
a) eine einheitliche, flächendeckende und lückenlose digitale Impfdokumentation sowie eine verbesserte, schnellere Verfügbarkeit von Impfinformationen,
b) die Steigerung der Prozess- und Ergebnisqualität von Impfungen und die Wirksamkeit von öffentlichen Impfprogrammen,
c) die Erhöhung der Durchimpfungsraten,
d) die Erhöhung der Arzneimittel- und Patient/inn/en/sicherheit;
2. der Verfügbarkeit digitaler Impfinformationen für die Steuerung des öffentlichen Gesundheitswesens, vor allem zur
a) Bestimmung von Impfstatus und Durchimpfungsraten sowie des daraus ableitbaren Handlungsbedarfs,
b) Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf Ausbrüche von durch Impfungen vermeidbaren Krankheiten,
c) Einhaltung von Verpflichtungen zur Verfolgung internationaler Eliminations- und Eradikationsziele sowie
3. der Reduktion von Aufwänden für Bürger/innen, Gesundheitsdiensteanbieter und das Gesundheitssystem.
Zentrales Impfregister
§ 24c. (1) Zur Sicherstellung der in § 24b genannten Ziele ist von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister als Verantwortlichem (Art. 4 Z 7 DSGVO) die eHealth-Anwendung Elektronischer Impfpass zu betreiben. Wesentlicher Bestandteil dieser Anwendung ist ein zentrales Impfregister, das der elektronischen Dokumentation aller durchgeführten Impfungen dient. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann für Betrieb, Wartung und technische Weiterentwicklung des Elektronischen Impfpasses einen oder mehrere Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) heranziehen.
(2) Zur Erfüllung der in § 24d Abs. 2 genannten Zwecke sind im zentralen Impfregister ab dem Zeitpunkt gemäß § 28 Abs. 2a Z 2 lit. c und lit. h sublit. aa
1. durch alle Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 2 Z 2, die Impfungen durchführen, das sind die mit Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, mit der nähere Regelungen für die Gesundheitstelematik getroffen werden – Gesundheitstelematikverordnung 2013 (GTelV 2013), BGBl. II Nr. 506/2013, Anlage 1 festgelegten Rollen gemäß Teil 1 (Rollen für Personen)
– Z 1 (Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin),
– Z 2 (Approbierte Ärztin/Approbierter Arzt),
– Z 3 (Fachärztin/Facharzt),
– Z 4 (Fachärztin/Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) und
– Z 11 (Hebamme)
sowie gemäß Teil 2 (Rollen für Organisationen)
– Z 1 (Allgemeine Krankenanstalt),
– Z 2 (Sonderkrankenanstalt),
– Z 3 (Pflegeanstalt),
– Z 4 (Sanatorium),
– Z 5 (Selbstständiges Ambulatorium),
– Z 6 (Ärztliche Gruppenpraxis),
– Z 8 (Straf- und Maßnahmenvollzug),
– Z 10 (Pflegeeinrichtung),
– Z 18 (Arbeitsmedizinisches Zentrum) und
– Z 24 (Öffentlicher Gesundheitsdienst),
2. die Angaben
a) zum Impfstoff (Klassifikation, Handelsname, Hersteller, Zulassungsnummer, Chargennummer, Verfallsdatum, Serialisierungsnummer, Pharmazentralnummer und Anatomisch-Therapeutisch-Chemische Zuordnung),
b) zur verabreichten Impfung (Datum der Verabreichung, Dosierung und Dosis, angewandtes Impfschema, Impfempfehlung und Zuordnung zu Impfprogrammen),
c) zur Bürgerin/zum Bürger (Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Wohnadresse, Angaben zur Erreichbarkeit, Angaben zu einer allfälligen Vertretung, Sozialversicherungsnummer, bereichsspezifisches Personenkennzeichen Gesundheit, Gemeindecode, Titerbestimmung, impfrelevante Vorerkrankungen und besondere Impfindikationen) sowie
d) zum impfenden bzw. speichernden Gesundheitsdiensteanbieter (Name, Rolle, Berufsadresse und Datum der Speicherung)
zu speichern. Unbeschadet bestehender Pflichten zur Dokumentation auf Papier erfüllt die Speicherung dieser Angaben im zentralen Impfregister die jeweilige berufsrechtliche Dokumentationspflicht (z. B. § 51 Abs. 1 ÄrzteG 1998).
(3) Verantwortlicher (Art. 4 Z 7 DSGVO) für die Speicherung, Aktualisierung, Stornierung, Nachtragung und Vidierung der Daten ist der jeweilige Gesundheitsdiensteanbieter. Bereits im zentralen Impfregister gespeicherte Daten dürfen von den Gesundheitsdiensteanbietern nicht gelöscht werden. Treten Umstände hervor, die unter Berücksichtigung der jeweiligen Berufspflichten (z. B. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998) eine Berichtigung (Art. 16 DSGVO) der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten erfordern, sind diese vom Gesundheitsdiensteanbieter, der diese Daten gespeichert hat, zu aktualisieren oder zu stornieren. Sollte der Gesundheitsdiensteanbieter, der die Daten im zentralen Impfregister gespeichert hat, nicht mehr verfügbar sein, so ist die Aktualisierung oder Stornierung auf Verlangen der Bürgerin/des Bürgers von den Bezirksverwaltungsbehörden vorzunehmen. Die stornierten Daten müssen für Gesundheitsdiensteanbieter und Bürger/innen abrufbar bleiben. Aktualisierte und stornierte Daten werden als solche gekennzeichnet.
(3a) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister (Abs. 1) und der jeweilige für die Speicherung, Aktualisierung, Stornierung, Nachtragung und Vidierung verantwortliche Gesundeitsdiensteanbieter (Abs. 3) sind gemeinsam für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne des Art. 26 DSGVO. Sofern von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister ein Auftragsverarbeiter gemäß Abs. 1 herangezogen wird, ist dieser auch Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) des jeweiligen Gesundheitsdiensteanbieters gemäß Abs. 3.
(4) Gesundheitsdiensteanbieter, die zur Speicherung der Angaben gemäß Abs. 2 im zentralen Impfregister verpflichtet sind, dürfen unter Berücksichtigung der jeweiligen Berufspflichten (z. B. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998) verabreichte und schriftlich dokumentierte, aber nicht im zentralen Impfregister gespeicherte Impfungen nachtragen sowie gemäß § 24e Abs. 1 Z 2 eingetragene Impfungen vidieren. Gesundheitsdiensteanbieter gemäß Z 11 Teil 1 Anlage 1 zur GTelV 2013 (Hebammen) dürfen nur solche Impfungen nachtragen und vidieren, die sie aufgrund ihrer Berufspflichten (§ 5 Abs. 4 HebG) auch verabreichen dürfen.
(5) Daten aus bestehenden digitalen Impfdokumentationen, insbesondere jenen der Länder, dürfen unter der Voraussetzung, dass diese Daten in valider Qualität vorliegen und dafür insbesondere eindeutige elektronische Identitäten (§ 2 Z 2 E-GovG) von Bürger/inne/n verfügbar sind, von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister in das zentrale Impfregister übernommen werden.
(6) Die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten sind von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister 10 Jahre nach Sterbedatum, spätestens jedoch 120 Jahre nach der Geburt der Bürgerin/des Bürgers zu löschen.
(7) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat zu den in § 24d Abs. 2 Z 2 und 3 genannten Zwecken den jeweils aktuellen Impfplan Österreich im zentralen Impfregister sowie, um den Zugriff auf die zusammenfassende Darstellung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24d Abs. 2 Z 1 in ELGA zu ermöglichen und ELGA-Anwendungen gemäß § 2 Z 16 oder andere eHealth-Anwendungen gemäß diesem Abschnitt zu unterstützen, standardisierte elektronische Schnittstellen zur Verfügung zu stellen.
(8) Die aufgrund dieser Bestimmung vorzunehmenden Datenverarbeitungen erfüllen die Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 10 DSGVO für einen Entfall der Datenschutz-Folgenabschätzung, sodass insbesondere die in Abs. 2 genannten Gesundheitsdiensteanbieter keine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen müssen.
Grundsätze der Impfdatenverarbeitung
§ 24d. (1) Die Verarbeitung (Art. 4 Z 2 DSGVO) von Daten im zentralen Impfregister gemäß § 24c Abs. 2 bis 7 sowie zu den in Abs. 2 genannten Zwecken ist nur zulässig, wenn
1. die Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 4 Abs. 4 oder § 4a eindeutig identifiziert wurden,
2. die Vertraulichkeit (§ 6) der zu verarbeitenden Daten gewährleistet ist,
3. die Integrität (§ 7) der zu verarbeitenden Daten gewährleistet ist,
4. eine spezifische Zugriffsberechtigung gemäß § 24f Abs. 4 besteht sowie
5. die Bürger/innen, soweit es sich um Zwecke gemäß Abs. 2 Z 1, Z 2, Z 5, Z 6 oder Z 7 handelt, gemäß § 18 Abs. 4 oder durch Abgleich von Daten mit dem oder Abfrage des Stammzahlenregisters gemäß § 2 Z 9 E-GovG eindeutig identifiziert wurden. Für den Abgleich von Daten mit dem Stammzahlenregister gilt § 18 Abs. 4 Z 5 sinngemäß.
(2) Die im Impfregister gespeicherten Daten dürfen personenbezogen ausschließlich für folgende Zwecke verarbeitet werden:
1. Zusammenfassende Darstellung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten,
2. Darstellung persönlicher Impfkalender auf Basis dokumentierter Impfungen und des jeweils aktuellen Impfplans Österreich,
3. Erinnerung an empfohlene Impfungen gemäß dem jeweils aktuellen Impfplan Österreich,
4. statistische Auswertungen von im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24g,
5. Krisenmanagement, sowohl im Rahmen des Ausbruchsmanagements in Zusammenhang mit anzeigepflichtigen Krankheiten gemäß § 1 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950, als auch im Rahmen der Pharmakovigilanz,
6. Abrechnung im Rahmen von Impfprogrammen sowie
7. Wahrnehmung der Rechte der Bürger/innen gemäß § 24e Abs. 1.
Rechte der Bürger/innen
§ 24e. (1) Bürger/innen sowie deren gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter/innen haben das Recht
1. elektronisch im Wege des Zugangsportals (§ 23) oder schriftlich gegenüber der ELGA-Ombudsstelle (§ 17) Auskunft (Art. 15 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO) über die sie betreffenden, im zentralen Impfregister gespeicherten Daten (§ 24d Abs. 2 Z 1 und Z 2) und Protokolldaten (§ 24f Abs. 5) zu erhalten und sich die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten selbst auszudrucken oder sich von der ELGA-Ombudsstelle ausdrucken zu lassen, wobei § 17 Abs. 2 und 4 Anwendung finden,
2. Impfungen in das zentrale Impfregister einzutragen, wobei diese selbsteingetragenen Impfungen als solche gekennzeichnet werden und für Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 24c Abs. 2 Z 1 nur zur Information dienen, sowie
3. vom jeweils impfenden Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 24c Abs. 2 Z 1 die Dokumentation von Impfungen iSd Art. 31 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) im internationalen Impfausweis (Internationale Bescheinigungen über Impfungen und Impfbuch der WHO) zu verlangen.
(2) Die Wahrnehmung der in Abs. 1 genannten Rechte steht im Zweifelsfall ab Vollendung des 14. Lebensjahres (mündige Minderjährige) ausschließlich der Bürgerin/dem Bürger zu.
Nutzung von ELGA-Komponenten
§ 24f. (1) Die ELGA-Komponenten gemäß § 24 Abs. 3 sind nach Maßgabe der folgenden Absätze zu nutzen.
(2) Soweit der Patientenindex (§ 18) zur Überprüfung der eindeutigen Identität der Bürger/innen (§ 24d Abs. 1 Z 5, 1. Fall) genutzt wird, gilt die Frist des § 18 Abs. 6 Z 1 für die Fälle gemäß Abs. 4 Z 1 lit. a bis c und Z 4 und die Frist des § 18 Abs. 6 Z 2 für die Fälle gemäß Abs. 4 Z 2.
(3) Der Gesundheitsdiensteanbieterindex (§ 19) dient der Überprüfung der eindeutigen Identität von Gesundheitsdiensteanbietern gemäß § 24d Abs. 1 Z 1.
(4) Das Berechtigungssystem (§ 21) dient der Verwaltung der spezifischen Zugriffsberechtigungen und Steuerung der Zugriffe. Eine spezifische Zugriffsberechtigung auf die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten haben
1. Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 24c Abs. 2 Z 1
a) zur Speicherung, Aktualisierung, Stornierung und Nachtragung der in § 24c Abs. 2 Z 2 genannten Daten im zentralen Impfregister,
b) auf die zusammenfassende Darstellung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24d Abs. 2 Z 1,
c) auf die auf Basis dokumentierter Impfungen und des jeweils aktuellen Impfplans Österreich erstellten persönlichen Impfkalender gemäß § 24d Abs. 2 Z 2,
d) für die Abrechnung im Rahmen von Impfprogrammen gemäß § 24d Abs. 2 Z 6 und,
e) sofern es sich um den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Sinne der Z 6 handelt, für das Krisenmanagement im Rahmen des Ausbruchsmanagements gemäß § 24d Abs. 2 Z 5,
2. Apotheken gemäß § 1 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907
a) auf die zusammenfassende Darstellung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24d Abs. 2 Z 1 und
b) auf die auf Basis dokumentierter Impfungen und des jeweils aktuellen Impfplans Österreich erstellten persönlichen Impfkalender gemäß § 24d Abs. 2 Z 2,
3. gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter/innen zur Wahrnehmung der Rechte der Bürger/innen gemäß § 24e Abs. 1,
4. Mitarbeiter/innen der ELGA-Ombudsstelle zur Wahrnehmung der Rechte der Bürger/innen gemäß § 24e Abs. 1 Z 1,
5. der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister für das bundesweite Krisenmanagement gemäß § 24d Abs. 2 Z 5,
6. der Landeshauptmann und die Bezirksverwaltungsbehörden in ihrem jeweiligen gesetzlichen Wirkungsbereich
a) für das Krisenmanagement gemäß § 24d Abs. 2 Z 5 und
b) für die Abrechnung im Rahmen von Impfprogrammen gemäß § 24d Abs. 2 Z 6 sowie
7. die Bezirksverwaltungsbehörden zur Aktualisierung oder Stornierung von im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24c Abs. 3.
(5) Das Protokollierungssystem (§ 22) dient der Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Verarbeitung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten unter Anwendung des § 22 Abs. 3 bis 6; zu protokollieren sind gemäß Art. 32 DSGVO
1. die in § 22 Abs. 2 Z 1 bis 3, 7 und 8 genannten Daten,
2. die eindeutige elektronische Identität des Gesundheitsdiensteanbieters, der den Vorgang ausgelöst hat,
3. der Name der natürlichen Person, die die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten tatsächlich verarbeitet hat,
4. die eindeutige Kennung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten.
(6) Das Zugangsportal (§ 23) dient der zusammenfassenden Darstellung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 24e Abs. 1 Z 1 und muss
1. die Überprüfung der eindeutigen Identität der Bürger/innen gemäß § 18 Abs. 4 Z 2 gewährleisten sowie
2. Funktionen zur Wahrung der Rechte der Bürger/innen gemäß § 24e Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 anbieten.
Statistische Auswertungen
§ 24g. (1) Für statistische Auswertungen, vor allem zur Bestimmung von Durchimpfungsraten, sind die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten zur Personenidentifikation, ausgenommen Geschlecht, Geburtsjahr und -monat sowie Gemeindecode, durch ein nicht rückführbar verschlüsseltes eindeutiges Personenkennzeichen zu ersetzen, wobei die Identität der betroffenen Person (Art. 4 Z 1 DSGVO) mit rechtlich zulässigen Mitteln nicht bestimmt werden kann.
(2) Zur Verfolgung der in § 24b genannten Ziele dürfen die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten mit in anderen Registern gespeicherten Daten verknüpft werden, wenn in diesen anderen Registern die Daten zur Personenidentifikation durch ein nicht rückführbar verschlüsseltes eindeutiges Personenkennzeichen ersetzt wurden.
(3) Die Art. 15, 16, 18 und 21 DSGVO finden vorbehaltlich der Bedingungen und Garantien gemäß Art. 89 Abs. 1 DSGVO unter den Voraussetzungen des Art. 89 Abs. 2 DSGVO auf die Daten gemäß Abs. 1 und 2 keine Anwendung.
§ 27.
[…]
(17) Verantwortliche (Art. 4 Z 7 DSGVO) für den Pilotbetrieb des Elektronischen Impfpasses ist die ELGA GmbH. Die Verantwortlichkeit des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers für die eHealth-Anwendung Elektronischer Impfpass sowie eine allfällige Übertragung von Betrieb, Wartung und technischer Weiterentwicklung des Elektronischen Impfpasses auf einen oder mehrere allfällige Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) gemäß § 24c Abs. 1 und 3a gelten ab Übergang in den Vollbetrieb (§ 28 Abs. 2a Z 2 lit. c). Die ELGA GmbH hat vor Übergang in den Vollbetrieb für eine reibungslose Portierung von Software (Anwendung) und Daten (Impfregister) zum für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu sorgen. Allfällige Auftragsverarbeiter gemäß § 24c Abs. 1 und Abs. 3a sind im Zuge der Portierung bereits vor Übergang in den Vollbetrieb zur Datenverarbeitung gemäß § 24b ff GTelG 2012 berechtigt, soweit dies zur Sicherstellung eines reibungslosen Beginns des Vollbetriebs erforderlich ist. Die ELGA GmbH und der jeweilige am Piloten teilnehmenden Gesundheitsdiensteanbieter sind gemeinsam für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne des Art. 26 DSGVO.“
§ 28.
[…]
(2a) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat auf Grundlage des 5. Abschnittes mit Verordnung Folgendes festzulegen:
1. für die eHealth-Anwendung „Primärversorgung“ (§ 24a)
a) die Standards für Inhalt, Struktur, Format und Terminologien gemäß § 27 Abs. 7, 8 und 9, die im Rahmen dieser Anwendung zu verwenden sind, wobei international anerkannte Standards, die wirtschaftliche Vertretbarkeit sowie der Stand der technischen Möglichkeiten hinsichtlich des Detaillierungsgrades der Strukturen bei den jeweiligen Gesundheitsdiensteanbietern zu berücksichtigen sind,
b) den jeweiligen Zeitpunkt, ab dem die technisch-organisatorischen Spezifikationen gemäß lit. a jedenfalls anzuwenden sind, sowie
c) sofern Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) der Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 24a als Verantwortliche (Art. 4 Z 7 DSGVO) tätig werden, die Details dieser Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 DSGVO, sowie
2. für die eHealth-Anwendung „Elektronischer Impfpass“ (§§ 24b ff)
a) die Standards für Inhalt, Struktur, Format und Terminologien, die für
aa) die gemäß § 24c Abs. 2 Z 2 im zentralen Impfregister zu speichernden Angaben und
bb) die in der zusammenfassenden Darstellung gemäß § 24d Abs. 2 Z 1 ersichtlichen Daten
im Rahmen dieser Anwendung zu verwenden sind, wobei international anerkannte Standards, die wirtschaftliche Vertretbarkeit sowie der Stand der technischen Möglichkeiten hinsichtlich des Detaillierungsgrades der Strukturen bei den jeweiligen Gesundheitsdiensteanbietern zu berücksichtigen sind,
b) den jeweiligen Zeitpunkt, ab dem die technisch-organisatorischen Spezifikationen gemäß lit. a jedenfalls anzuwenden sind,
c) den jeweiligen Zeitpunkt, ab dem die Angaben gemäß § 24c Abs. 2 Z 2 von den betreffenden Gesundheitsdiensteanbietern zu speichern, zu aktualisieren sowie zu stornieren sind und diese für die in § 24d Abs. 2 genannten Zwecke verarbeitet werden dürfen, wobei der Beginn funktional, regional, zeitlich und nach Rollen gestaffelt erfolgen kann,
d) allenfalls andere, weniger oder weitere gemäß § 24c Abs. 2 Z 1 zur Speicherung im zentralen Impfregister verpflichtete Gesundheitsdiensteanbieter und spezifische Zugriffsberechtigungen von Gesundheitsdiensteanbietern gemäß § 24f Abs. 4 sowie
e) allenfalls andere, weniger oder weitere gemäß § 24c Abs. 2 Z 2 im zentralen Impfregister zu speichernde Detaildatenarten,
f) allenfalls einen oder mehrere Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) gemäß § 24c Abs. 1 und 3a,
g) sofern Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) der Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 24c Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 3a tätig werden, die Details dieser Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 DSGVO für die Speicherung, Aktualisierung, Stornierung und Nachtragung der Angaben gemäß § 24c Abs. 2 Z 2 im zentralen Impfregister,
h) für die Pilotierung
aa) den Zeitpunkt, ab dem die Angaben gemäß § 24c Abs. 2 Z 2 von den am Piloten teilnehmenden Gesundheitsdiensteanbietern zu speichern sind und diese für die in § 24d Abs. 2 genannten Zwecke verarbeitet werden dürfen und
bb) den Zeitpunkt, ab dem die technisch-organisatorischen Spezifikationen gemäß lit. a. anzuwenden sind,
cc) die Verpflichtung der ELGA GmbH, die Portierung gemäß § 27 Abs. 17 direkt an allfällige Auftragsverarbeiter gemäß § 24c Abs. 1 und 3a vorzunehmen und dabei sicherzustellen, dass ein reibungsloser Wechsel des Auftragsverarbeiters für die am Piloten teilnehmenden Gesundheitsdiensteanbieter erfolgt,
i) den Zeitpunkt, ab dem die Selbsteintragung von Impfungen in das zentrale Impfregister gemäß § 24e Abs. 1 Z 2 möglich ist sowie
j) die Details der gemeinsamen Verantwortlichkeit gemäß § 24c Abs. 3a und allenfalls gemäß § 27 Abs. 17 letzter Satz.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Anforderung an Rechtsgrundlagen
1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen Regelungen, die in die Rechte nach Art. 7 (Achtung des Privat und Familienlebens) oder Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten) EU-GRC eingreifen, klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung dieser Maßnahme vorsehen und Mindestanforderungen aufstellen, sodass die Personen, deren personenbezogene Daten betroffen sind, über ausreichende Garantien verfügen, die einen wirksamen Schutz ihrer Daten vor Missbrauch sowie vor jedem unberechtigten Zugang zu diesen Daten und jeder unberechtigten Nutzung, ermöglichen. Das Erfordernis solcher Garantien ist umso bedeutsamer, wenn die personenbezogenen Daten automatisch verarbeitet werden und eine erhebliche Gefahr des unberechtigten Zugangs zu ihnen besteht (vgl. EuGH vom 6. Oktober 2015, C-362-14, Rz. 91 mwN).
Diese Garantien sind umso wichtiger, wenn Daten automationsunterstützt verarbeitet werden und wenn es sich um sensible Daten handelt (vgl. EuGH vom 6. Oktober 2020, verb. Rs C-511/18, C-512/18 und C-520/18, Rz 132).
Bei den im zentralen Impfregister zu verarbeitenden Daten handelt es sich zweifelsfrei um Gesundheitsdaten nach Art. 4 Z 15 DSGVO, sohin um „sensible Daten“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1, deren Verarbeitung sich nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO richtet.
Auch der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Qualität einer Eingriffsnorm im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG ist zu entnehmen, dass diese bestimmte Anforderungen zu erfüllen hat (vgl. dazu zuletzt die Erkenntnisse vom 11. Dezember 2019, G 72/2019 u.a, und vom 12. Dezember 2019, G 164/2019 u.a.).
Die Datenschutzbehörde stellt ausdrücklich klar, dass es nicht (Anmerkung Bearbeiter/in: im Original aufgrund eines offensichtlichen Redaktionsversehens: „weder“) ihre Aufgabe ist – und auch von ihrer Kompetenz nicht erfasst ist –, abschließend festzustellen, ob die angegebenen Bestimmungen im Widerspruch zu § 1 Abs. 2 DSG bzw. Art. 8 EU-GRC stehen.
Jedoch kann die Datenschutzbehörde im Rahmen eines amtswegigen Prüfverfahrens prüfen, ob eine geplante – aber noch nicht realisierte – Datenverarbeitung voraussichtlich Deckung in den Vorgaben der DSGVO und Art. 8 EU-GRC findet, weil ansonsten die Abhilfebefugnis nach Art. 58 Abs. 2 lit. a keinen Anwendungsbereich hätte. Ist eine geplante Datenverarbeitung gesetzlich festgelegt, muss diese Prüfkompetenz auch die gesetzlichen Grundlagen, auf welchen eine Datenverarbeitung fußen soll, einbeziehen.
Ungeachtet dessen wäre die Datenschutzbehörde verpflichtet, innerstaatliche Regelungen, die in einem offenkundigen Widerspruch zum Unionsrecht stehen, im Konfliktfall unangewendet zu lassen.
Es gilt der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts gegenüber nationalem Recht (Anwendungsvorrang). Besondere Bedeutung hat dieser dort, wo unmittelbar anwendbares Unionsrecht – wie bspw. die DSGVO – auf entgegenstehendes nationales Recht trifft. Der Anwendungsvorrang bedeutet, dass im Konfliktfalle der Regel des (unmittelbar anwendbaren) Unionsrechts, nicht jener des österreichischen Rechts zu folgen ist (vgl. VfSlg. 15.448/1999, 19.661/2012 mwN; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 [2015] Rz 246/9).
Dieser Grundsatz ist von allen österreichischen Behörden zu beachten, sie haben das nationale Recht in solchen Fällen daher unangewendet zu lassen. Auf den Rang des österreichischen Rechts kommt es nicht an, Unionsrecht geht im Konfliktfall auch nationalem Verfassungsrecht vor (vgl. VfSlg. 15.427/1999; 17.347/2003; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 [2015] Rz 246/9).
1.2. Der Bundesminister beruft sich in seinen Stellungnahmen darauf, dass sich die Tragweite der Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz (nach § 1 DSG und Art. 8 EU-GRC) vor allem aus den Erläuterungen sowie der durchgeführten Datenschutz-Folgenabschätzung ergebe.
Dem ist entgegenzuhalten, dass Erläuterungen und Datenschutz-Folgenabschätzungen – im Gegensatz zum Normtext – nicht verbindlich sind und sich die Tragweite eines Eingriffs aus dem Normtext selbst ergeben muss. Wenn nämlich zur Sinnermittlung subtile datenschutzrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung und geradezu archivarischer Fleiß – v.a. durch intensives Studium von Gesetzesmaterialien und Datenschutz-Folgenabschätzungen – von Nöten ist (vgl. dazu sinngemäß VfSlg. 12.420/1990), kann nicht gesagt werden, dass sich die Auswirkungen einer geplanten Datenverarbeitung einfach nachvollziehen lassen.
Die (einfache) Nachvollziehbarkeit ist aber wiederum Voraussetzung für Betroffene, sich der Tragweite eines Eingriffs bewusst zu werden und ihre Rechte in Anspruch nehmen zu können. Dies wird bereits in Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO festgelegt (Grundsatz der Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz).
Nach der Rechtsprechung des EuGH genügt es nicht, wenn eine Datenverarbeitung auf einen der in Art. 6 DSGVO – oder wie hier: Art. 9 Abs. 2 – abschließend genannten Rechtmäßigkeitstatbestände gestützt werden kann; es müssen zusätzlich alle Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 5 DSGVO eingehalten werden (vgl. noch zur Rechtslage nach der RL 95/46/EG das Urteil vom 11. Dezember 2019, C-708/18, Rz 36).
Die geplanten Datenverarbeitungen nach Abschnitt 5, Unterabschnitt 2 GTelG 2012 zum elektronischen Impfpass sind daher in diesem Lichte zu prüfen.
2. Zur geplanten Datenverarbeitung im vorliegenden Fall
Abschnitt 5, Unterabschnitt 2 GTelG 2012 weist nach Ansicht der Datenschutzbehörde in drei Bereichen Mängel auf, die im Ergebnis dazu führen, dass die geplanten Datenverarbeitungsvorgänge voraussichtlich gegen die DSGVO verstoßen:
a) Zur datenschutzrechtliche Rollenverteilung
i) Die eindeutige und möglichst zweifelsfreie Festlegung von Verantwortlichen ist für die Ausübung von Betroffenenrechten (Kapitel III DSGVO) sowie für die Einhaltung von Pflichten (Kapitel IV DSGVO) von Relevanz.
Betroffene müssen wissen, wem gegenüber sie ihre Rechte geltend m