TE Lvwg Erkenntnis 2023/3/24 LVwG-2023/32/0064-2

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Veröffentlicht am 24.03.2023
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Entscheidungsdatum

24.03.2023

Index

70/05 Schulpflicht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

SchPflG 1985 §24 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs4
AVG §18
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 28.11.2022, ***, betreffend eine Übertretung nach dem Schulpflichtgesetz 1985

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird mit der Maßgabe der beiden nachfolgenden Spruchpunkte als unbegründet abgewiesen.

2.   Bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

„§ 24 Abs 1 und 4 iVm § 11 Abs 4 und 5 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 96/2022

3.   Bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

㤠24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 96/2022

4.   Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 30,00 zu leisten

5.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin eine Übertretung nach dem Schulpflichtgesetz 1985 zur Last gelegt, da sie als Erziehungsberechtigte des schulpflichtigen Kindes BB, geboren XX.XX.XXXX, ihrer Verpflichtung gemäß § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985 in der Zeit vom 01.06.2022 bis 08.07.2022 für die Ablegung der gemäß § 11 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 vorgesehenen Externistenprüfung, mit der der zureichende Erfolg des häuslichen Unterrichts für das Schuljahr 2021/22 nachzuweisen gewesen wäre, nicht nachgekommen ist. Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage 18 Stunden) verhängt. Zudem wurde ein Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten festgesetzt.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die behördlichen Schriftstücke der belangten Behörde unter bestimmten Mängeln leiden würden. Es würden unter anderem Unterschriften auf den Schriftstücken fehlen und eine qualifizierte Amtssignatur sei auch nicht gegeben.

Ergänzende Ausführungen, wonach gegenständlich keine behördlichen Erledigungen vorlägen, erfolgte mit der Eingabe vom 15.03.2023.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichts.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist als Erziehungsberechtigte des schulpflichtigen Kindes BB, geboren am 09.11.2010, ihrer Verpflichtung nach § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985, in der Zeit von 01.06.2022 bis 08.07.2022 für die Ablegung der gemäß § 11 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 vorgesehenen Externistenprüfung ihres schulpflichtigen Kindes, mit der der zureichende Erfolg des häuslichen Unterrichts für das Schuljahr 2021/22 nachzuweisen gewesen wäre, nicht nachgekommen.

Dem behördlichen Akt liegt ein Beiblatt zur Strafverfügung vom 12.09.2022, ***, ein, aus dem hervorgeht, dass diese Strafverfügung vom Organwalter der belangten Behörde, nämlich CC, am 12.09.2022 und 13:40:39 Uhr elektronisch genehmigt wurde.

Zudem liegt dem Akt eine amtssignierte Ausfertigung dieser Strafverfügung ein.

Laut dem im behördlichen Akt einliegenden Postrückschein wurde das genannte Strafverfügung am 15.09.2022 übernommen.

Des Weiteren liegt dem behördlichen Akt ein Beiblatt zum Straferkenntnis vom 28.11.2022, ***, ein, aus dem hervorgeht, dass dieses Straferkenntnis vom Organwalter der belangten Behörde, nämlich DD, am 28.11.2022 und 14:40:27 Uhr elektronisch genehmigt wurde.

Zudem liegt dem Akt eine amtssignierte Ausfertigung des Straferkenntnisses vom 09.11.2022 ein. Laut dem im behördlichen Akt einliegenden Postrückschein wurde das genannte Straferkenntnis am 05.12.2022 übernommen.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Feststellungen lassen sich unzweifelhaft anhand der bezüglichen, dem behördlichen Akt und dem Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol einliegenden Schriftstücke treffen.

Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 96/2022, lauten:

„Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren

§ 5

(1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

(2) Schüler, die dem Pflichtsprengel einer Mittelschule angehören und den schulrechtlichen Aufnahmsbedingungen für diese Mittelschule genügen, können die allgemeine Schulpflicht im 5. bis 8. Schuljahr nicht durch den Besuch einer Volksschule erfüllen.

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§ 11

(1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(…)

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Ergänzend dazu hat bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2, ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien an jener Schule, die bei Untersagung des häuslichen Unterrichts zu besuchen wäre, stattzufinden. Wenn das Kind vor dieser Frist aus dem Sprengel dieser Schule verzogen ist, so hat das Reflexionsgespräch mit der Prüfungskommission gemäß Abs. 5 zu erfolgen.

(5) Die Prüfung des zureichenden Erfolges gemäß Abs. 4 erster Satz muss an einer Schule im örtlichen Zuständigkeitsbereich jener Schulbehörde abgelegt werden, die für die Einhaltung der Schulpflicht zuständig ist. Die Schulbehörden haben mit Verordnung gemäß § 42 Abs. 4 des Schulunterrichtsgesetzes zumindest zwei Prüfungskommissionen einzurichten.

Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Schulpflicht und Strafbestimmungen

§ 24

(1) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Minderjährige Schulpflichtige treten, sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich dieser Pflichten neben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten. Sofern es sich um volljährige Berufsschulpflichtige handelt, treffen sie diese Pflichten selbst.

(…)

(4) Die Nichterfüllung der in den Abs. 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Setzung geeigneter Maßnahmen gemäß § 25 Abs. 2 und je nach Schwere der Pflichtverletzung, jedenfalls aber bei ungerechtfertigtem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht, bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen ist und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 € bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist.“

Die wesentlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

„Erledigungen

§ 18

(1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

(2) Erledigungen haben jedenfalls schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird.

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

(5) Für Bescheide gilt der III. Teil, für Ladungsbescheide überdies § 19.

Die wesentlichen Bestimmungen des EGVG, BGBl I Nr 87/2008 idF BGBl I Nr 561/2018, lauten:

„Artikel I

(…)

(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind anzuwenden:

1.       das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden;

2.       das VStG auf das Strafverfahren der Verwaltungsbehörden mit Ausnahme der Finanzstrafbehörden des Bundes;

3.       das VVG auf das Vollstreckungsverfahren der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung, der Organe der Städte mit eigenem Statut und der Landespolizeidirektionen.

…“

Die wesentlichen Bestimmungen des E-Gov-Gesetzes – E-GovG, BGBl I Nr 10/2004 idF BGBl I Nr 119/2022, lauten:

Amtssignatur

§ 19

(1) Die Amtssignatur ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder ein fortgeschrittenes elektronisches Siegel, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat oder Zertifikat für elektronische Siegel ausgewiesen wird.

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs. Sie darf daher ausschließlich von diesem Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihm erzeugten Dokumente verwendet werden.

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Verantwortliche des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur oder des elektronischen Siegels sind vom Verantwortlichen des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.

Beweiskraft von Ausdrucken

§ 20

Ein auf Papier ausgedrucktes elektronisches Dokument einer Behörde hat die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 292 der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895), wenn das elektronische Dokument mit einer Amtssignatur versehen wurde. Die Amtssignatur muss durch Rückführung des Dokuments aus der ausgedruckten in die elektronische Form prüfbar oder das Dokument muss durch andere Vorkehrungen der Behörde verifizierbar sein. Das Dokument hat einen Hinweis auf die Fundstelle im Internet, wo das Verfahren der Rückführung des Ausdrucks in das elektronische Dokument und die anwendbaren Prüfmechanismen enthalten sind, oder einen Hinweis auf das Verfahren der Verifizierung zu enthalten.

Die wesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

㤠46

(…)

(2) Die schriftliche Ausfertigung des Bescheides hat die Bezeichnung der Behörde, den Vornamen und den Familiennamen sowie den Wohnort der Parteien, den Spruch, die Begründung, die Rechtsmittelbelehrung, die Belehrung über das Recht auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 44b und das Datum des Bescheides zu enthalten.

(…)

4. Abschnitt: Abgekürztes Verfahren

Strafverfügung

§ 47

(1) Wenn von einem Gericht, einer Verwaltungsbehörde, einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder einem militärischen Organ im Wachdienst auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung oder eines vor ihnen abgelegten Geständnisses eine Verwaltungsübertretung angezeigt oder wenn das strafbare Verhalten auf Grund von Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen festgestellt wird, dann kann die Behörde ohne weiteres Verfahren durch Strafverfügung eine Geldstrafe bis zu 600 Euro festsetzen. In der Strafverfügung kann auch auf den Verfall beschlagnahmter Sachen oder ihres Erlöses erkannt werden, wenn der Wert der beschlagnahmten Sachen 200 Euro nicht übersteigt.

(2) Das oberste Organ kann, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die die Behörde durch Strafverfügung eine unter Bedachtnahme auf § 19 Abs. 1 im Vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 500 Euro verhängen darf.

§ 48

In der Strafverfügung müssen angegeben sein:

1. die Behörde, die die Strafverfügung erläßt;

2. der Vorname und der Familienname sowie der Wohnort des Beschuldigten;

3. die Tat, die als erwiesen angenommen ist, ferner die Zeit und der Ort ihrer Begehung;

4. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

5. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

6. allenfalls der Ausspruch über die vom Beschuldigten zu ersetzenden Kosten (§ 64 Abs. 3);

7. die Belehrung über den Einspruch (§ 49).

§ 49

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

Im Übrigen wird auf die Internetseite ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

V.       Erwägungen:

Nachdem die Verwaltungsorgane gegenständlich Aufgaben in einem Verwaltungsstrafverfahren besorgt haben, kann nicht zweifelhaft sein, dass dabei behördliche Aufgaben besorgt wurden (vgl Art 1 Abs 1 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG). Die belangte Behörde hat dabei gemäß Art I Abs 2 Z 2 EGVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) auch die Bestimmungen nach § 18 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) anzuwenden.

Grundsätzlich ist zwischen einer Erledigung (§ 18 Abs 3 AVG) der schriftlichen Ausfertigung (einer Erledigung) zu unterscheiden (Abs 4 par cit).

Diese Bestimmungen (§ 18 AVG) wiederum nehmen Bezug auf das E-Government-Gesetz, welches unter anderem auch die Amtssignatur regelt.

Dem gegenständlichen Akt ist anhand der einliegenden Protokollierungen unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Erledigungen elektronisch genehmigt wurden.

Die vollständige Amtssignatur hat nach den §§ 19 und 20 E-GovG neben der Bildmarke auch Hinweise, dass das Dokument amtssigniert wurde, und dass das ausgedruckte Dokument verifiziert werden kann, zu enthalten.

Direkt unterhalb der Bildmarke ist angeführt, dass das jeweilige Schriftstück amtssigniert ist und unter der Internetadresse amtssinatur.tirol.gv.at Informationen abrufbar sind. Unter einem weiterführenden Link auf der genannten Internetseite findet sich wie folgt:

„Unter Verifizierung im Sinn des § 20 E-Government-Gesetz ist die Bestätigung zu verstehen, dass die als Ausdruck vorliegende Erledigung von der entsprechenden Organisationseinheit bzw. Behörde stammt. Die zu prüfende Erledigung muss dafür der Organisationseinheit bzw. Behörde zur Gänze vorliegen, wobei eine Kopie bzw. ein Scan ausreicht.

Zur Verifizierung des Ausdrucks eines amtssignierten elektronischen Dokuments kann dieser an die im Briefkopf angeführte Organisationseinheit wie folgt übermittelt werden:

Elektronisch mit

Online-Formular

E-Mail

elektronischem Zustelldienst

(jeweils mit eingescanntem Ausdruck als Anlage)

am Postweg (samt Ausdruck oder Kopie als Anlage)

persönlich (mit dem Ausdruck oder einer Kopie)“

Somit sind mehrere Möglichkeiten beschrieben, wie der jeweilige Ausdruck verifiziert, dh nachgeprüft werden kann, dass dieser Ausdruck von der Bezirkshauptmannschaft Y stammt.

Die verwendete Amtssignatur ist vollständig im Sinn des E-Government-Gesetzes. Die zusätzliche Anbringung der SID-Nummer (Security Identifier) schadet nicht.

Die Ausfertigungen (Ausdrucke) weisen somit eine vollständige Amtssignatur auf, sodass den Bestimmungen nach § 18 Abs 4 AVG entsprochen wird.

Das Straferkenntnis ist der Bescheid am Ende eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens (vgl § 43 Abs 1 VStG). Auch eine Strafverfügung ist ein Bescheid (vgl VwGH 01.02.1989, 88/01/0294).

Gemäß § 46 Abs 2 VStG hat die schriftliche Ausfertigung des Bescheides – ergänzend zu den Regelungen der §§ 18, 58 und 61 AVG – die Bezeichnung der Behörde, den Vornamen und den Familiennamen sowie den Wohnort der Parteien, den Spruch (vgl § 44 a), die Begründung, die Rechtsmittelbelehrung und das Datum des Bescheides zu enthalten.

Der notwendige Inhalt einer Strafverfügung ist in der Bestimmung nach § 48 VStG normiert.

Der vorliegende Bescheid ist als Straferkenntnis tituliert und enthält einen Spruch sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Er ist datiert, enthält eine Begründung und ist die erlassende Behörde, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Y angeführt. Ebenso angeführt sind der Name und der Wohnort der Beschuldigten. Der Bescheid wurde vom Unterzeichnenden genehmigt und ist die der Beschuldigte und nunmehrigen Beschwerdeführerin zugegangene Ausfertigung ordnungsgemäß amtssigniert.

Somit liegen allen formalen Voraussetzungen für einen Bescheid vor. Der Bescheid (das Straferkenntnis) ist somit rechtswirksam erlassen worden.

Die vorliegende Strafverfügung enthält auch alle Merkmale, wie sie in § 48 VStG normiert sind. Die Strafverfügung wurde daher ebenfalls rechtswirksam erlassen.

Die Beschwerdeführerin hat nach der Zustellung der Strafverfügung vom 12.09.2022 das Schreiben vom 23.09.2022 bei der belangten Behörde eingebracht. Dieses Schreiben trägt das Einlaufdatum der belangten Behörde vom 27.09.2022. Nachdem die Strafverfügung am 15.09.2022 zugestellt wurde, ist dieses jedenfalls innerhalb der Rechtsmittelfrist von 2 Wochen (vgl § 49 Abs 1 VStG) ergangen und somit rechtzeitig.

Die Beschwerdeführerin bringt mit diesem Schreiben klar zum Ausdruck, dass es sich mit dieser Zurückweisung der Strafverfügung gegen eine Bestrafung ausspricht. Sie nennt darin auch Datum und Zahl der Strafverfügung. Höhere Anforderungen sind an einen Einspruch nach den Bestimmungen des § 49 VStG nicht zu stellen, da dieser nicht begründet sein muss. Insofern ist dieses Schreiben als rechtzeitiger Einspruch gegen die genannte Strafverfügung zu qualifizieren. Dies hat zur Folge, dass die Strafverfügung außer Kraft getreten ist (vgl § 49 Abs 2 VStG) und die belangte Behörde das ordentliche Verfahren einzuleiten hatte. In der Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 15.03.2023 an das Landesverwaltungsgericht Tirol moniert, dass eine Verifizierung des Ausdrucks von den amtssignierten elektronischen Dokumenten (Strafverfügung, Straferkenntnis) als Ergebnis die Bildmarke – Land Tirol – erbracht hat, ist auf die Bekanntmachung des Bezirkshauptmannes Y vom 23.08.2019 über die Amtssignatur nach §§ 19 und 20 E-Government-Gesetz auf der Internetseite, wie auch auf den bereits oben angeführten zum weiterführenden Link zu verweisen.

Grundsätzlich ist zwischen der 1) Überprüfung eines amtssignierten elektronischen Dokuments und der 2) Verifizierung des Ausdrucks eines amtssignierten elektronischen Dokuments zu unterscheiden.

Unter www.signaturpruefung.gv.at steht ein durch die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) betriebenes zentrales Prüfservice für amtssignierte elektronische Dokumente zur Verfügung. Dort kann das elektronische Dokument hochgeladen und die Amtssignatur geprüft werden.

Unter Verifizierung im Sinne des § 20 E-GovG ist die Bestätigung zu verstehen, dass die als Ausdruck vorliegende Erledigung der Dienststelle von dieser stammt. Die zu prüfende Erledigung muss dafür der Dienststelle zur Gänze vorliegen, wobei ein Abbild (Scan, Kopie) ausreicht.  

Somit führt nur die die Überprüfung eines amtssignierten elektronischen Dokuments (maW eines digital vorliegenden amtssignierten Dokuments) unmittelbar online zu einem Ergebnis (vgl www.signaturpruefung.gv.at ).

Ausdrucke (somit in Papierform vorliegende Schriftstücke) von amtssignierten elektronischen Dokumenten können nicht direkt online verifiziert werden, sondern ist dabei eine der Möglichkeiten zu wählen, wie sie in der vorgenannten Bekanntmachung und auch unter dem oben angeführten weiterführenden Link beschrieben sind: Eingescannte Schriftstücke können elektronisch mit Online-Formular, E-Mail oder elektronischem Zustelldienst zur Prüfung übermittelt werden. Ausdrucke derartiger elektronisch signierter Dokumente (somit in Papierform vorliegende Schriftstücke) können im Original oder in Kopie am Postweg übermittelt oder können persönlich zur Überprüfung bei der Bezirkshauptmannschaft Y abgegeben werden.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass – wie auf Sachverhaltsebene – festgestellt - die Beschwerdeführerin nicht dafür Sorge getragen hat, dass ihre schulpflichtige Tochter die erforderliche Externistenprüfung am Ende des Schuljahres 2021/22 abgelegt hat, weshalb sie den objektiven Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

Dies wird mit der Beschwerde auch nicht bestritten.

Zur der subjektiven Tatseite und der Strafbemessung ist auszuführen, dass die belangte Behörde in beiden Punkten ihrer Entscheidung grundsätzlich eine vertretbare Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, der die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist.

Verwaltungsgerichtlich hatte eine Präzisierung des Spruches bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) und der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) zu ergehen. Hierzu war das Verwaltungsgericht verpflichtet (VwGH 17.12.2021, Ra 2019/17/0033;27.06.2022, 2021/03/0328).

Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Externistenprüfung nicht abgelegt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.32.0064.2

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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