Entscheidungsdatum
28.03.2023Index
41/02 MelderechtNorm
VStG §9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, 6020 Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BB, Adresse 2, **** Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 16.02.2023, ***, betreffend eine Übertretung nach dem Meldegesetz,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden der Beschwerdeführerin zwei Übertretungen nach § 22 Abs 2 Z 5 iVm § 8 Abs 2 Meldegesetz zur Last gelegt und Geldstrafen in Höhe von jeweils Euro 40,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 1 Tag und 13 Stunden) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als juristische Person nicht straffähig sei. Zudem sei der Vorwurf der Behörde, dass die Beschuldigte Grund zur Annahme gehabt habe, dass die Mieter ihren Verpflichtungen nicht nachkamen, reine Spekulation. Es wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in eventu lediglich eine Ermahnung zu erteilen, in eventu die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfiel gemäß § 44 Abs 2 VStG, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.
I. Sachverhalt:
Bei der Beschwerdeführerin AA GmbH, FN ***, handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Auszug aus dem Unternehmensregister vom 27.03.2023).
Das angefochtene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 16.02.2023, ***, wurde gegenüber der AA GmbH erlassen. Im Tatzeitraum war der Ing. CC vertretungsbefugtes Organ der GmbH (Auszug aus dem Unternehmensregister vom 27.03.2023).
II. Beweiswürdigung:
Vorangeführter Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten unbedenklichen Urkunden und dem Behördenakt.
III. Rechtslage:
Die verfahrenswesentlichen Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl Nr 9/1992 idF BGBl I Nr 120/2016 lauten wie folgt:
Besondere Pflichten des Unterkunftgebers
§ 8.
(…)
(2) Hat der Unterkunftgeber Grund zur Annahme, daß für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, so ist er verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen.
Straf-, Übergangs- und Schlußbestimmungen
Strafbestimmungen
§ 22.
(…)
(2) Wer (…)
5. als Unterkunftgeber gegen § 8 Abs. 2 verstößt, (…)
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 1 090 Euro, zu bestrafen.
Die verfahrenswesentliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 3/2008 lautet wie folgt:
Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9.
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. (…)
IV. Erwägungen:
Verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für eine Übertretung nach § 8 Abs 2 MeldeG ist der Unterkunftgeber. Sofern dieser eine juristische Person ist, ist verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich iSd § 9 Abs 1 VStG das vertretungsbefugte Organ der juristischen Person, im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung daher der handelsrechtliche Geschäftsführer derselben. Diesbezüglich abweichende Verwaltungsvorschriften sind im MeldeG nicht normiert.
Die Beschwerdeführerin AA GmbH, gegenüber welcher das angefochtene Straferkenntnis ergangen ist, kann sohin für eine (allenfalls vorliegende) Übertretung nach dem Meldegesetz nicht als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche herangezogen werden, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren wider die Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Kantner
(Richterin)
Schlagworte
Strafrechtlich VerantwortlicherEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.29.0842.1Zuletzt aktualisiert am
07.04.2023