TE Vfgh Beschluss 1993/9/27 B641/93

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Veröffentlicht am 27.09.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Nö GVG 1989 §1 Z3 lita
Nö GVG 1989 §3 Abs2 lita

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung einer Eigentumsübertragung mangels Legitimation; keine Parteistellung der als Interessenten nach dem Nö GVG 1989 auftretenden Pächter des Grundstücks im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die erstbeteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens veräußerte mit Kaufvertrag vom 25. November bzw. 11. Dezember 1991 an die zweitbeteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens mehrere Grundstücke im Gesamtausmaß von 1,4460 ha.

Die Grundverkehrs-Bezirkskommission für den Wirkungsbereich der Bezirksbauernkammer Mautern am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Krems versagte dem Kaufvertrag mit Bescheid vom 5. Juni 1992 unter Berufung auf §2 Abs1, §3 Abs2 litg und §12 des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. 6800-1 (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. 6800-2; im folgenden: NÖ GVG 1989) die Zustimmung der Sache nach mit der Begründung, es lägen Gründe zur Annahme vor, daß eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt sei.

Der dagegen (allein) von der zweitbeteiligten Partei (dem Käufer) erhobenen Berufung gab die Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der NÖ Landesregierung mit Bescheid vom 17. Februar 1993 unter Berufung auf §11 Abs9, §2, §3 Abs1 und §21 Abs1 NÖ GVG 1989 Folge und erteilte dem Kaufvertrag die Zustimmung.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde von A und F K.

Die Beschwerdeführer bringen insbesondere vor, daß sie auf Grund eines langjährigen Vertrages Pächter der - mit Apfel- und Birnbäumen bepflanzten - Kaufgrundstücke seien, auf denen sie eine "Obstbioanlage" betrieben. Sie seien im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde erster Instanz als Interessenten iS des §1 Z3 lita NÖ GVG 1989 aufgetreten und hätten im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift glaubhaft gemacht, daß sie bereit und in der Lage seien, an Stelle der zweitbeteiligten Partei (des Käufers) die in dieser Vorschrift festgesetzten Bedingungen zu erfüllen. Es hätte daher die grundverkehrsbehördliche Zustimmung gemäß §3 Abs1 iVm §3 Abs2 lita NÖ GVG 1989 nicht erteilt werden dürfen. Die Beschwerdeführer erachten sich mit näherer Begründung durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

3.a) Die Erhebung einer auf Art144 Abs1 erster Satz B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat ua. zur Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht (das kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht sein muß: VfSlg. 3084/1956, 5583/1967, 7599/1975) verletzt sein könnte (VfSlg. 3304/1958, 9915/1984, 10605/1985). Die Möglichkeit der Verletzung in einem subjektiven Recht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 8692/1979, 8746/1980, 8968/1980, 9064/1981) nur bei Personen gegeben, denen in dem zur Erlassung des angefochtenen Bescheides führenden Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei zugekommen ist.

b) Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 6257/1970 ausgeführt, daß das (NÖ) Grundverkehrsgesetz 1969, LGBl. 140, einem Landwirt, der Interessent iS des §8 Abs2 lita dieses Gesetzes ist, im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde nicht die Stellung einer Partei einräumt. §8 Abs2 des (NÖ) Grundverkehrsgesetzes 1969 bestimmte, daß ein Rechtsgeschäft jedenfalls dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerspricht, wenn der Erwerber, Fruchtnießer oder Pächter eines oder mehrerer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke kein Landwirt ist und in der Gemeinde, in der das Grundstück oder die Grundstücke liegen, oder in den umliegenden Gemeinden ein oder mehrere Landwirte bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert oder Pachtzins zu bezahlen. Der Verfassungsgerichtshof hat das Fehlen der Parteistellung eines Interessenten iS des §8 Abs2 lita des (NÖ) Grundverkehrsgesetzes 1969 einerseits aus dem Fehlen einer Vorschrift über seine Beiziehung im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde, zum anderen aber aus dem Umstand abgeleitet, daß das Gesetz nur den Vertragsparteien, nicht aber auch einem Interessenten das Berufungsrecht zuerkennt. "Das Gesetz bestimmt nur", so führte der Verfassungsgerichtshof abschließend aus, "daß einem Rechtsgeschäft bei Zutreffen der Voraussetzungen von §8 Abs2 lita die Zustimmung nicht zu erteilen ist, Rechte des Interessenten werden aber dadurch weder begründet noch auch berührt."

Diese Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes ist auch auf die im wesentlichen gleichartige Rechtslage nach dem NÖ GVG 1989 zu übertragen: Interessenten sind nach der Begriffsdefinition des §1 Z3 lita dieses Gesetzes Landwirte, die bereit sind, an Stelle des Erwerbers oder des Nutzungsberechtigten ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft abzuschließen, wenn sie glaubhaft machen, daß die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses oder die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer (Verpächter, Fruchtgenußgeber udgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Das NÖ GVG 1989 sieht nicht vor, daß ein Interessent dem Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde (als Partei) beizuziehen wäre. Es steht ihm gemäß §11 Abs5 dieses Gesetzes lediglich frei, innerhalb der dort festgesetzten Frist sein Interesse am Erwerb schriftlich anzumelden. §22 lita räumt - von hier nicht in Betracht kommenden Personen abgesehen - nur den Vertragsparteien, nicht aber auch einem Interessenten ein Berufungsrecht ein. Im übrigen bestimmt §3 Abs2 lita NÖ GVG 1989 lediglich, daß ein Widerstreit mit den durch §3 Abs1 des Gesetzes geschützten Interessen jedenfalls gegeben ist, wenn der Erwerber, Pächter oder Fruchtgenußberechtigte einer Liegenschaft kein Landwirt ist und ein oder mehrere Interessenten vorhanden sind.

Mangels Parteistellung im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden kommt dem Interessenten somit nicht die Legitimation zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof zu.

b) Es vermag aber auch der Umstand, daß die Beschwerdeführer Pächter der den Gegenstand des Kaufvertrages bildenden Grundstückes sind, nicht ihre Beschwerdelegitimation zu begründen. Das NÖ GVG 1989 räumt nämlich dem Pächter eines Grundstückes, das Gegenstand einer der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung bedürftigen vertraglichen Eigentumsübertragung zwischen Dritten ist, keine Parteistellung ein (s. in diesem Zusammenhang etwa auch die zum oberösterreichischen Grundverkehrsrecht ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dem Miteigentümer im Verfahren über die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zur Übertragung von Eigentumsanteilen anderer Miteigentümer keine Parteistellung zukommt, zB VfSlg. 6216/1970, 8882/1980; vgl. ferner das zum Tiroler Grundverkehrsgesetz 1970 ergangene Erkenntnis VfSlg. 9000/1980, wonach der grundbücherliche Eigentümer einer Liegenschaft, über die zwischen anderen Personen ein Veräußerungsgeschäft abgeschlossen wurde, der selbst jedoch nicht Vertragspartner dieses Rechtsgeschäftes ist, durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des zwischen diesen anderen Personen abgeschlossenen Veräußerungsgeschäftes nicht berührt wird; s. zB auch das gleichfalls zum Tiroler Grundverkehrsgesetz 1970 ergangene Erkenntnis VfSlg. 6540/1971).

c) Den Beschwerdeführern fehlt somit die Legitimation, den angefochtenen Bescheid mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen.

Die Beschwerde war darum zurückzuweisen.

4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Grundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B641.1993

Dokumentnummer

JFT_10069073_93B00641_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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